Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.04.2016, Az. XII ZB 593/15

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 12285

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:270416BXII[X.]593.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 593/15

vom

27. April 2016

in der Betreuungssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 1903 Abs. 1
Zu
den Anforderungen an die Anordnung eines [X.].

[X.], Beschluss vom 27. April 2016 -
XII [X.] 593/15 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 27. April 2016
durch
den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke
und [X.]
Klinkhammer, [X.] und Guhling
beschlossen:
Auf
die Rechtsbeschwerde der
Betroffenen
wird der Beschluss der 9. Zivilkammer des [X.] vom 30.
November 2015
aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des
Rechtsbeschwerdeverfah-rens, an das [X.]
zurückverwiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.
[X.]: 5

Gründe:
I.
Die 69jährige Betroffene leidet an einer
psychischen Krankheit
in Form eines paranoiden Wahnsystems, wegen derer sie ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann. Das Amtsgericht hat eine Betreuung für die [X.] der Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge, Regelung des Postverkehrs, Vermögensangelegenheiten, Vertretung gegenüber Behörden und Sozialversicherungsträgern und Wohnungsangelegenheiten
eingerichtet 1
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und die Beteiligte als Berufsbetreuerin bestimmt.
Bezüglich der [X.] hat es
einen
Einwilligungsvorbehalt angeordnet.
Das [X.] hat die Beschwerde der Betroffenen zurückgewiesen; hiergegen richtet sich ihre
Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung des [X.] Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landge-richt.
1. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung
unter Be-zugnahme auf das eingeholte Sachverständigengutachten und auf seine
voran-gegangene, in einer Unterbringungssache ergangene Beschwerdeentscheidung
ausgeführt, dass die Einrichtung der Betreuung in der Sache nicht zu [X.] sei.
Es sei auch eine Überprüfungsfrist festgesetzt worden, welche die gesetzliche Dauer nicht überschreite,
und welche der ärztlichen
Empfehlung entspreche.
2. Diese Ausführungen halten
einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Betreuung gegen den Willen der Betroffenen nicht hinreichend festgestellt worden sind, ebenso wie
gegebenenfalls die notwendige Dauer
ei-ner Betreuung und die Voraussetzungen für die
Anordnung eines Einwilligungs-vorbehalts.
a) Gemäß § 1896 Abs. 1a [X.] darf gegen den freien Willen des [X.] ein Betreuer nicht
bestellt werden. Stimmt wie hier der
Betroffene der Ein-2
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richtung einer Betreuung nicht zu, so ist neben der Notwendigkeit einer Betreu-ung stets zu prüfen, ob die Ablehnung durch den
Betroffenen auf einem freien Willen beruht. Das fachärztlich beratene Gericht hat daher festzustellen, ob der Betroffene trotz seiner Erkrankung noch zu einer freien Willensbestimmung fä-hig ist
([X.]sbeschluss vom 21. November 2012 -
XII [X.] 114/12
-
FamRZ 2013, 287 Rn. 13 mwN).
Diesen Anforderungen wird
die angegriffene Entscheidung nicht
gerecht. Feststellungen dazu, ob die Betroffene wegen ihrer Erkrankung nicht mehr in der Lage ist, einen freien Willen zu bilden und die Bedeutung der Einrichtung einer Betreuung für ihre Lebensgestaltung zu erkennen, hat das Beschwerde-gericht
nicht getroffen.
Die Bezugnahme auf eine vorangegangene, in einer vor-läufigen Unterbringungssache ergangene Beschwerdeentscheidung kann ge-sonderte Feststellungen im Betreuungsverfahren über die fehlende Fähigkeit zur freien Willensbildung schon deshalb nicht ersetzen, weil sich die Unfreiheit des Willens insoweit nicht auf die Frage der Unterbringung, sondern auf die Ab-lehnung der Betreuung erstrecken muss.
b)
Ebenso sind die Voraussetzungen für die Anordnung eines Einwilli-gungsvorbehalts nicht ausreichend festgestellt.
Gemäß § 1903 Abs. 1 Satz
1 [X.] ordnet das Betreuungsgericht an, dass der Betreute zu einer Willenserklä-rung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf (Einwilligungsvorbehalt), soweit dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist. Ob dies der Fall ist, hat das Betreuungsgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht festzustellen (vgl. [X.]sbeschluss vom 28. Juli 2015 -
XII [X.] 92/15 -
FamRZ 2015,
1793 Rn. 7 mwN).
Selbst
bei einem umfangreichen Vermögen des Be-treuten kann ein Einwilligungsvorbehalt nur dann angeordnet werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Vermögensgefährdung erheblicher Art vorlie-8
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-
gen (vgl. [X.]sbeschluss vom 28. Juli 2015 -
XII [X.] 92/15 -
FamRZ 2015, 1793 Rn. 9 mwN).
Der Grundsatz der Erforderlichkeit bedeutet dabei auch, dass der Einwilligungsvorbehalt je nach den Umständen auf einen
einzelnen Vermögensgegenstand
oder eine bestimmte Art von Geschäften beschränkt werden kann
([X.]sbeschluss vom 28. Juli 2015 -
XII [X.] 92/15 -
FamRZ 2015, 1793 Rn. 10 mwN).
Diesen Anforderungen wird die angegriffene Entscheidung ebenfalls nicht gerecht. Konkrete Anhaltspunkte für eine Vermögensgefährdung erhebli-cher Art und Feststellungen dazu, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Anordnung des [X.] erforderlich ist, um eine erhebliche Gefahr abzuwenden, hat das Beschwerdegericht nicht getroffen.
3. Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Der [X.] kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da er die erforderli-chen Feststellungen nicht selbst treffen kann.
Bei seiner erneuten Befassung wird das [X.] auch zu berücksich-tigen
haben, dass die verschiedenen Gutachter im vorliegenden Fall unter-schiedliche medizinische
Diagnosen gestellt und darauf fußend unterschiedli-che Angaben über die notwendige Dauer einer Betreuung gemacht haben, so dass es sich, wenn es die Höchstdauer von sieben Jahren bis zur erneuten Überprüfung anordnen will
(§§ 286 Abs. 3, 294 Abs. 3 FamFG), mit denjenigen
Gutachten, die eine kürzere
Dauer empfohlen haben, inhaltlich auseinanderset-zen muss.
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Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeu-tung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
Dose Weber-Monecke Klinkhammer

Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.09.2015 -
51 [X.]/15 -

LG [X.], Entscheidung vom 30.11.2015 -
9 [X.]/15 -

13

Meta

XII ZB 593/15

27.04.2016

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.04.2016, Az. XII ZB 593/15 (REWIS RS 2016, 12285)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12285

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XII ZB 593/15

XII ZB 114/12

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