Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.04.2004, Az. IX ZB 225/03

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 3434

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[X.][X.]/03

vom 29. April 2004 in dem Insolvenzeröffnungsverfahren

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

[X.] §§ 3, 10, 11

Bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlage für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters sind von ihm entfaltete Bemühungen zur Klärung der Voraus-setzungen von künftigen Ansprüchen zur Masseanreicherung - etwa Ansprüchen aus Insolvenzanfechtung oder auf Erstattung nach § 32b GmbHG - grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Nicht ausgeschlossen ist die Gewährung eines [X.] zur Regelvergütung.

[X.], [X.]uß vom 29. April 2004 - [X.]/03 - [X.] [X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Kreft und [X.] Ganter, [X.], [X.] und [X.]
am 29. April 2004 beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der [X.]uß der 3. Zivilkammer des Landgerichts [X.] vom 29. August 2003 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittelzüge, an das Insolvenzgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 3.000 • festgesetzt.

Gründe:

[X.]

Der Antragsteller wurde mit [X.]uß des Amtsgerichts - Insolvenz-gerichts - vom 31. Juli 2001 zum vorläufigen Insolvenzverwalter in dem Insol-venzverfahren über das Vermögen der [X.] (im Folgenden: Schuldnerin) bestellt. Zugleich wurde er beauftragt, als Sachverständiger unter - 3 - anderem zu prüfen, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt und ein die Kosten des Verfahrens deckendes Vermögen der Schuldnerin vorhanden ist. Unter dem 21. September 2001 erstattete der Antragsteller seinen Bericht als vorläufiger Insolvenzverwalter und sein Gutachten. In diesem äußerte er die Auffassung, der Schuldnerin stünden Ansprüche auf Rückgewähr eigenkapitalersetzender Leistungen und Anfechtungsansprüche zu. Seine Tätigkeit endete mit Eröff-nung des Insolvenzverfahrens durch [X.]uß vom 1. Oktober 2001.

Mit weiterem [X.]uß vom 24. Oktober 2001 hat das Amtsgericht die Vergütung des Antragstellers antragsgemäß auf 25.525,51 DM festgesetzt. Als Berechnungsgrundlage hat es ein Vermögen der Schuldnerin in Höhe von 385.884,02 DM zugrundegelegt. Dabei hat es einen angeblichen Anspruch ge-gen eine Gesellschafterin der Schuldnerin auf Erstattung einer kapitalerset-zenden Leistung in Höhe von 160.000 DM und einen angeblichen Anspruch auf Rückgewähr einer anfechtbaren Leistung in Höhe von 8.763,10 [X.]. Auf die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Land-gericht den [X.]uß des Amtsgerichts aufgehoben und die Sache zur erneu-ten Entscheidung zurückverwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlage für die Vergütung des vorläufigen [X.]s könnten der Anspruch auf Erstattung der kapitalersetzenden Leistung und der Anfechtungsanspruch keine Berücksichtigung finden, weil beide frühestens mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstünden und somit nicht zu dem von dem vorläufigen Insolvenzverwalter verwalteten [X.] im Sinne von §§ 10, 11 [X.] gehörten.

Mit seiner Rechtsbeschwerde erstrebt der Antragsteller die Wiederher-stellung der erstinstanzlichen Entscheidung. - 4 -

I[X.]

Das Rechtsmittel ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr.1 ZPO, § 7 [X.]) und zu-lässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, § 4 [X.]); es führt zur Aufhebung der Be-schwerdeentscheidung und Zurückverweisung an das Insolvenzgericht.

1. Die Frage, ob ein Anspruch des Schuldners auf Erstattung nach § 32b GmbHG bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlage für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters zu berücksichtigen ist, war bislang noch nicht Gegenstand der Erörterung in Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. demgegen-über zu § 32a GmbHG: [X.] ZIP 1999, 1138, 1140; [X.]/Wutzke/[X.], Insolvenzrechtliche Vergütung 3. Aufl. § 11 [X.] Rn. 44). Für Ansprüche aus Insolvenzanfechtung ist die entsprechende Frage, soweit sich dazu Stellungnahmen finden lassen, bejaht worden ([X.] Z[X.] 2002, 623, 624; [X.] Z[X.] 2003, 896; Breutigam/[X.]/Goetsch, [X.] § 11 [X.] Rn. 23; [X.]/Wutzke/[X.], aaO). Eine höchstrichter-liche Entscheidung steht hierzu noch aus.

2. Der [X.] tritt der Ansicht des [X.] bei, daß beide Ansprüche grundsätzlich nicht in die Bemessungsgrundlage einfließen können.

a) Eingang in die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des [X.] (§§ 10, 11 i.V.m. § 1 [X.]) können nur solche [X.]swerte finden, die zum Zeitpunkt der Beendigung der zu vergütenden Tätigkeit zu dem gesicherten und verwalteten Vermögen gehört haben ([X.] - 5 - 146, 165, 175; [X.] Z[X.] 2001, 897, 899; [X.]/Wutzke/ [X.], aaO Rn. 42, [X.], [X.]. § 11 Rn. 7; [X.], [X.] gemäß § 11 [X.] 2003 S. 67, 124; MünchKomm-[X.]/[X.], § 11 [X.] Rn. 6 m.w.N. zur älteren Rechtsprechung; [X.], [X.] 2. Aufl. § 10 [X.] Rn. 2). Entscheidend ist die Zugehörigkeit zur "[X.]" ([X.] 146, 165, 174), also zu dem vom [X.] in Besitz zu nehmenden oder sonst für die Masse zu reklamie-renden Vermögen.

b) Sowohl der Anspruch auf Erstattung nach § 32b GmbHG als auch der Anspruch aus Insolvenzanfechtung (§ 143 Abs. 1 Satz 1 [X.]) gehören nicht zu dem von dem vorläufigen Insolvenzverwalter zu sichernden und verwalten-den Vermögen. Denn sie entstehen erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfah-rens, also zu dem Zeitpunkt, in dem die Tätigkeit des vorläufigen Verwalters endet. Vor diesem Zeitpunkt gehören sie auch dann nicht zur "[X.]", wenn bereits "ihr Rechtsboden gelegt" (etwa die anfechtbare Handlung begangen) war.

c) Zwar kann sich die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters auf diese künftigen Ansprüche erstrecken. Oft wird erst deren (dem endgültigen Insolvenzverwalter vorbehaltene) Geltendmachung zur Schaffung einer für die Verfahrenseröffnung hinreichenden (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 1 [X.]) Masse füh-ren. Deshalb hat der vorläufige Insolvenzverwalter - zumindest in seiner Eigen-schaft als Sachverständiger - zu prüfen, ob derartige Ansprüche in Betracht kommen, damit der endgültige Verwalter, der meist mit dem [X.] ist, sogleich die entsprechenden Schritte einleiten kann. Diese Prüfung kann im Einzelfall aufwendig sein. - 6 -

Dies rechtfertigt es jedoch nicht, die Beträge, mit denen der vorläufige Insolvenzverwalter die Ansprüche veranschlagt, der Berechnung seiner Vergü-tung zugrundezulegen. Für die Bemessung dieser Vergütung kann es nicht auf Umstände ankommen, die sich vielleicht nach Beendigung des [X.] ergeben ([X.], [X.]. v. 18. Dezember 2003 - [X.] ZB 50/03, Z[X.] 2004, 265, 266). Die vorläufige Insolvenzverwaltung ist hinsichtlich ihrer Vergü-tung aus sich heraus zu bewerten ([X.], aaO). Bei der Beendigung des Eröff-nungsverfahrens steht noch nicht fest, ob die betreffenden Ansprüche beste-hen und in welcher Höhe. Das Insolvenzgericht, das den Vergütungsfestset-zungsantrag des vorläufigen Insolvenzverwalters prüft, kann dies nicht feststel-len. Wenn sich der in Anspruch genommene Gesellschafter oder der Anfech-tungsgegner streitig stellen, ist dies vielmehr Sache des von dem endgültigen Insolvenzverwalter anzurufenden Prozeßgerichts. Solange nicht feststeht, daß die Bemühungen des vorläufigen Insolvenzverwalters um die Aufklärung des betreffenden Sachverhalts tatsächlich zu einer Anreicherung der Masse beitra-gen, ist es nicht zu verantworten, derartige künftige Ansprüche schon vor ihrer Entstehung in die Bemessungsgrundlage für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters einfließen zu lassen.

Allerdings hat der [X.] bei der Bemessungsgrundlage für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters mit Aus- oder Absonde-rungsrechten belastete Gegenstände berücksichtigt, soweit der vorläufige In-solvenzverwalter sich damit in nennenswertem Umfang befaßt hat ([X.] 146, 165, 176). "Angereichert" wird die Insolvenzmasse auch hier erst durch die Abwehr des Aussonderungsanspruchs oder die Verwertung der mit Absonde-rungsrechten belasteten Gegenstände, und die Verwertung obliegt grundsätz-- 7 - lich nicht dem vorläufigen, sondern dem endgültigen Insolvenzverwalter. Indes gehören mit Aus- oder Absonderungsrechten belastete Gegenstände aus-nahmslos zur "[X.]". Sie unterliegen der Sicherung und Verwaltung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter. Wegen dieses Unterschieds kann die ver-gütungsrechtliche Behandlung jener Gegenstände nicht auf die vorliegenden Ansprüche übertragen werden.

3. Andererseits wäre es unangemessen, etwa von dem [X.] entfaltete Bemühungen um die Feststellung der Vorausset-zungen für künftige Ansprüche zur Anreicherung der Masse, die einen erhebli-chen Teil seiner Tätigkeit ausgemacht haben, gänzlich ohne Vergütung zu [X.]. Eine sachgerechte Anknüpfung könnte insoweit über § 10 [X.] die ana-loge Anwendung des § 3 [X.] bieten. Diese Vorschrift ist nicht abschließend ([X.]/Wutzke/[X.], aaO § 3 Rn. 35).

Die Gewährung eines Zuschlags ist jedoch nur möglich, falls der [X.] für die fraglichen Bemühungen nicht schon als Sachverständiger entlohnt worden ist. Wenn beispielsweise der vorläufige Insolvenzverwalter erhebliche Tätigkeiten zur Ermittlung einer Fortführungsmöglichkeit des [X.] entfaltet hat, wird eine Entschädigung nach dem [X.] über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) und keine Vergütung nach der insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung ([X.]) befürwortet ([X.], aaO S. 93). Entsprechendes könnte auch im vorliegen-den Fall gelten, zumal sich der Antragsteller zu den die Insolvenzmasse mögli-cherweise anreichernden Ansprüchen nicht in dem Bericht als vorläufiger In-solvenzverwalter, sondern in seinem als Sachverständiger abgegebenen Gut-- 8 - achten geäußert hat. Zu einer Entschädigung als Sachverständiger fehlen Feststellungen.

Falls der Antragsteller nicht bereits als Sachverständiger für einen Auf-wand entschädigt worden ist, den er zur Feststellung der Anspruchsgrundlagen getrieben hat, wird zu prüfen sein, ob die Tätigkeit einen Zuschlag zur [X.] (§§ 10, 3 [X.]) rechtfertigt. Diese Prüfung hat das [X.] unterlassen. Dem [X.] ist diese Prüfung versagt, weil die Grundlagen nicht festgestellt sind.

Die Beschwerdeentscheidung ist somit aufzuheben. Die Sache ist zur Klärung der Fragen, ob der Antragsteller für die Aufbereitung künftiger Ansprü-che zur Masseanreicherung in außergewöhnlichem, einen Zuschlag zur [X.] rechtfertigenden Umfang tätig geworden und dafür auch nicht bereits als Sachverständiger entschädigt worden ist, zurückzuverweisen. Die [X.] kann an das Ausgangsgericht erfolgen, weil schon dieses den Fra-gen hätte nachgehen müssen (vgl. MünchKomm-[X.]/Ganter, Bd. 3 § 7 n.F. Rn. 106).

Kreft Ganter [X.]

[X.] [X.]

Meta

IX ZB 225/03

29.04.2004

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.04.2004, Az. IX ZB 225/03 (REWIS RS 2004, 3434)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3434

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