Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.03.2018, Az. IX ZB 46/17

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 13037

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:010318BIXZB46.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS

IX ZB 46/17
vom

1.
März
2018

in dem Rechtsstreit

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2

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Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], die Richter
Prof. Dr. Gehrlein, Prof. [X.], Grupp und die Richterin
Möhring

am 1. März
2018
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] des [X.] vom 3. Juli 2017 wird auf Kosten
der Beklagten als unzulässig verworfen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens
wird auf 18.138,02

festgesetzt.

Gründe:

I.

Der klagende Insolvenzverwalter nimmt die Beklagte aus Insolvenzan-fechtung in Anspruch. Das [X.] hat die Beklagte auf Rückgewähr von Zahlungen des Schuldners in Höhe von 18.038,02

nsen verurteilt. Das Urteil des [X.]s wurde der
Prozessbevollmächtigten
der Beklagten
am 3.
November
2016 zugestellt.
Das von
der
Prozessbevollmächtigten unter-schriebene [X.]
wurde
am 4.
November 2016 an das [X.]. Die Beklagte
legte am 19.
Dezember
2016 Berufung ein
und
beantragte zugleich
Wiedereinsetzung in die versäumte
Frist zur [X.] der
Berufung.
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Zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsbegehrens führte die Klägerin aus, die Versäumung der Frist zur Berufungseinlegung sei nicht mehr aufzuklä-ren. Sie habe entsprechend dem
in ihrer Kanzlei geltenden Standard
in einer Postbesprechung am Tag des Eingangs des Urteils mit der an diesem Tag für die Bearbeitung der Fristsachen zuständigen
langjährigen und sehr zuverlässi-gen
Büroangestellten I.

das [X.] unterzeichnet.
Bei die-ser Besprechung habe sie mit der Angestellten
die Monatsfrist sowie die Vorfrist besprochen.
Anschließend habe sie
das Urteil mit dem [X.] wieder in den
Geschäftsgang gegeben. Von wem und aus welchen Gründen das [X.] zwar am Folgetag
an das Berufungsgericht gefaxt worden sei, das Urteil und das [X.] danach
aber wohl schlicht zur Akte genommen und ins Fach gelegt worden sei, wisse sie nicht.
Im [X.] sei die Sache am 19.
Dezember 2016 dann wieder aufgefunden worden. Die Büroangestellte I.

habe am 4.
November 2016
frei gehabt.
In der Praxis sei
nur eine studentische Hilfskraft
zugegen
gewesen, die mit
dem Scannen und [X.] der eingehenden Post sowie weiteren Hilfsarbei-ten beschäftigt
gewesen sei.
Möglicherweise habe diese eine Anweisung der Büroangestellten
I.

verwechselt und den falschen Vorgang unbemerkt abgeheftet.

Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen
und
die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Beklagte
mit ihrer Rechtsbeschwerde.

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II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §
574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, §
522 Abs.
1 Satz 4, §
238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft, aber nicht zulässig. Die Rechtsbeschwerde macht unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer [X.] Rechtsprechung (§
574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) eine Verletzung der Ver-fahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art.
2 Abs.
1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Ge-hör (Art.
103 Abs.
1 GG) geltend. Solche Rechtsverletzungen liegen jedoch nicht vor.

1. Das Berufungsgericht hat das Wiedereinsetzungsgesuch zurückge-wiesen, weil die Beklagte nicht glaubhaft gemacht habe, dass im Büro ihrer Prozessbevollmächtigten hinreichende organisatorische Maßnahmen für die Eintragung der Fristen getroffen worden seien. Die Darstellung der [X.] lasse nicht erkennen, durch welche organisatorischen Vorkehrungen si-chergestellt sei, dass bei der Postbesprechung erteilte Anweisungen
nicht in Vergessenheit gerieten. Inwieweit die Prozessbevollmächtigte die studentische Hilfskraft, auf die sie sich angesichts der kurzen Dauer ihrer Beschäftigung nicht habe verlassen dürfen, kontrolliert habe, sei nicht ausgeführt. Es stelle eine un-zulängliche Überwachung dar, wenn eine nicht eingearbeitete Hilfskraft derart in Arbeitsabläufe eingreifen könne
und
dies nicht alsbald auffalle.

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.

Von einem für die Fristversäumung ursächlichen anwaltlichen [X.] ist nach der Rechtsprechung des [X.] auszu-gehen, wenn nach dem [X.] nicht festgestellt werden kann, dass nur eine bestimmte qualifizierte Fachkraft für die Fristennotierung im 4
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Kalender und die Fristenüberwachung verantwortlich ist, sondern es möglich ist, dass mehrere Personen hierfür zuständig sind ([X.], Beschluss vom 3.
No-vember 2010 -
XII ZB 177/10, NJW 2011, 385 Rn. 9 mwN).
Das Wiedereinset-zungsgesuch der Beklagten
konnte deshalb
keinen Erfolg haben. In dem Antrag wird zwar ausgeführt, die Prozessbevollmächtigte habe die Fristen mit der [X.] und zuverlässigen Büroangestellten
I.

besprochen und das Ur-teil mit dem [X.] anschließend wieder in den Geschäftsgang gegeben. Aus welchen Gründen es möglich war,
dass die Angestellte I.

die Sache anschließend nicht nach dem in der Kanzlei für "Gerichtspost mit/ohne Urteil"
geltenden Standard bearbeitet hat, sondern die Sache wohl bis zum nächsten Tag liegengeblieben ist, wird aber nicht erklärt. Dies ergibt sich auch nicht aus der eidesstattlichen Versicherung der Büroangestellten. Zu der Frage, welche Vorkehrungen die Prozessbevollmächtigte getroffen hat, damit die nicht eingearbeitete und nur mit Hilfsarbeiten betraute studentische Hilfs-kraft nicht mit der Abwicklung von fristgebundenen Sachen in Berührung kommt
und diese nicht eigenmächtig ablegt, enthält das Wiedereinsetzungsgesuch ebenfalls keine Angaben.

Somit ist die Möglichkeit zumindest offen geblieben,
dass die Einhaltung der Frist durch ein Organisationsverschulden der Prozessbevollmächtigten der Beklagten versäumt worden ist. Das Berufungsgericht
hat
den Antrag auf

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Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beru-fungseinlegungsfrist zu Recht zurückgewiesen und die Berufung dementspre-chend zu Recht verworfen.

Kayser
Gehrlein
Pape

Grupp
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.10.2016 -
2 O 400/15 -

OLG [X.], Entscheidung vom 03.07.2017 -
1 [X.] -

Meta

IX ZB 46/17

01.03.2018

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.03.2018, Az. IX ZB 46/17 (REWIS RS 2018, 13037)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 13037

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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