Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.01.2014, Az. VIII ZR 137/13

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 8924

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 137/13
vom

7. Januar 2014

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der VIII. Zivilsenat des [X.] hat am 7. Januar 2014 durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin Dr.
Hessel sowie die Richter Dr.
Achilles, Dr.
Schneider und Dr.
Bünger

beschlossen:

1.
Der Senat beabsichtigt, die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des [X.] vom 24.
April 2013 durch einstimmigen Beschluss gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.
2.
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der weitergehenden Revision gegen das vorgenannte Urteil des [X.] wird zurückgewiesen.
3.
Die Entscheidung über die Kosten wird der Schlussentschei-dung vorbehalten.

Gründe:
I.
Soweit das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, besteht nach derzeitiger Beurteilung des Senats weder ein Revisionszulassungsgrund noch hat die Revision Aussicht auf Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat die Revision wegen der von ihm für rechts-grundsätzlich erachteten Frage zugelassen, welche Anforderungen bei der von ihm als wirksam angesehenen Gerichtsstandsvereinbarung gemäß Art.
23 1
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3
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Abs.
2 [X.] an die elektronische Übermittlung der zugrunde liegenden [X.] sowie gemäß Art. 23 Abs. 1 Satz 3 Buchst. a [X.] an das Schriftformerfordernis zu stellen sind. Ein in § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO genannter Zulassungsgrund wegen dieser Rechtsfrage, in deren Benennung zugleich eine -
wirksame -
Beschränkung der Revisionszulassung auf die Frage der internati-onalen Zuständigkeit [X.] Gerichte und damit auf die Zulässigkeit der in [X.] erhobenen Klage zum Ausdruck kommt (vgl. [X.], Urteil vom 12.
April 2011 -
XI [X.], NJW-RR 2011, 1287 Rn. 10, 15; Beschluss vom 17. April 2012 -
VI [X.], NJW-RR 2012, 759 Rn.
3
ff.), besteht indessen nicht. Das gilt insbesondere auch für den vom Berufungsgericht angenomme-nen Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung, der voraussetzt, dass die Rechtssache eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungs-fähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt ([X.], [X.], 19, 21; [X.], Beschlüsse vom 24. April 2013 -
XII ZR 159/12, NJW-RR 2013, 897 Rn. 4; vom 8. Februar 2010 -
II
ZR 54/09, [X.], 936 Rn. 3; [X.] mwN).
a) Soweit das Berufungsgericht die Frage problematisiert hat, ob die Schriftformanforderungen des Art. 23 Abs. 2 [X.] nur bei Vorliegen einer elektronischen Verschlüsselung oder Signatur erfüllt sind, fehlt es an der [X.]. [X.] ist eine Rechtsfrage dann, wenn die durch das Berufungsurteil aufgeworfene Rechtsfrage zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen ([X.], [X.] vom 24. April 2013 -
XII ZR 159/12, aaO; vom 8. Februar 2010 -
II ZR 54/09, aaO). Das ist hier -
und zwar im Sinne eines acte clair -
nicht der Fall.

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Der Wortlaut dieser Bestimmung,
nach der elektronische Übermittlungen, die eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung ermöglichen, der Schrift-form gleichgestellt sind, gibt für ein derart qualifiziertes Formerfordernis nichts her. Auch der Zweck des Schriftformerfordernisses, nämlich
durch bestimmte formale Vorgaben zu gewährleisten, dass zum einen -
im Sinne einer Warn-funktion -
den Vertragsparteien die Einigung über diesen Regelungsgegenstand vor Augen geführt wird (vgl. [X.], [X.] 1999, 441 Rn. 19 -
Castelletti; [X.] 2004, 188 Rn. 50 -
Gasser), und dass zum anderen -
zur Gewährleistung von Rechtssicherheit -
im Falle einer späteren Rechtshängigkeit die Einigung über den Gerichtsstand für die beteiligten Gerichte klar und präzise feststellbar sein soll (vgl. [X.], NJW 1977, 494 -
Estasis Salotti; NJW
1997, 1431 Rn.
15
-
MSG; [X.] 2004, 188 Rn. 51 -
Gasser; [X.], Urteil vom 6. Juli 2004 -
X [X.], [X.], 1049 unter [X.]), erfordert eine Verschlüsselung oder Signa-tur nicht. Dementsprechend wird durchgängig angenommen, dass der von
Art. 23 Abs. 2 [X.] geforderten elektronischen Form genügt ist, wenn die Erklä-rung -
wie etwa bei einer üblichen E-Mail -
in einem sichtbaren Text verkörpert ist, der seinen Urheber erkennen lässt sowie gespeichert ist und zumindest dadurch reproduziert
werden kann ([X.], Urteil vom 22. Februar 2001 -
IX ZR 19/00, [X.], 768 unter [X.]; Musielak/[X.], ZPO, 10. Aufl., Art. 23 VO [[X.]] 44/2001 Rn. 9; [X.], 4. Aufl., Art. 23 [X.] Rn.
32, 46; [X.]/[X.], ZPO, 5.
Aufl., Art.
23 [X.]
Rn. 33; jeweils mwN). Soweit das Berufungsgericht auf eine -
vermeintliche -
Gegenstimme ([X.]/[X.], Kommentar zum [X.], 5. Aufl., Art.
13 Rn. 7) verweist, betrifft diese die mit einem [X.] Wortlaut unterlegte Gleichstellungsregelung des Art. 13 [X.]; für [X.] wird im Falle vereinbarter Schriftform aber inzwischen ebenfalls ganz über-wiegend die Fixierung der Erklärung in einer E-Mail als im Regelfall ausrei-chend angesehen ([X.]/[X.], Kommentar zum 4
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5
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[X.], 6. Aufl., Art.
13 Rn. 7; [X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2013, Art. 13 [X.] Rn. 5; jeweils mwN).
b) Soweit das Berufungsgericht die Revision zur Klärung des in Art. 23 Abs. 1 Satz 3 Buchst. a [X.] geregelten Schriftformerfordernisses [X.] hat, fehlt es bereits an der erforderlichen Entscheidungserheblichkeit. Denn das Berufungsgericht hat diese Frage mit Recht selbst offen gelassen, weil es darauf vor dem Hintergrund des Art. 23 Abs. 2 [X.] nicht ange-kommen ist. Denn dessen Anforderungen sind -
wie nachfolgend ausgeführt -
hier gewahrt.
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Anders als die Revi-sion meint, haben die Parteien für die Lieferung der im Streit stehenden [X.] den Gerichtsstand Köln in einer den Anforderungen des Art.
23 [X.] genügenden Form vereinbart.
a) Art. 23 Abs. 1 [X.] verlangt zur Wirksamkeit einer Gerichts-standsvereinbarung eine dahingehende Vereinbarung zwischen den Vertrags-parteien. Das im Streitfall angerufene Gericht muss deshalb in erster Linie [X.], ob die seine Zuständigkeit begründende Klausel tatsächlich Gegenstand einer Willenseinigung zwischen den Parteien war, ob also -
und zwar unabhän-gig von der materiell-rechtlichen Wirksamkeit des Hauptvertrages ([X.], [X.] 1997, 775 Rn. 29 -
Benincasa) -
eine solche Willenseinigung der Parteien tat-sächlich vorliegt ([X.], IHR 2013, 85 Rn. 27 f. mwN -
Refcomp).
Zwar ist umstritten, ob die Voraussetzungen für das Zustandekommen einer solchen Willenseinigung autonom dahin zu bestimmen sind, dass es allein auf deren -
wie hier -
tatsächliches Bestehen unter Wahrung der in Art.
23 [X.] beschriebenen Formanforderungen ankommt, oder ob zusätzlich die kollisionsrechtlich nach dem [X.] zu bestimmenden Regeln über ei-5
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6
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nen Vertragsschluss heranzuziehen sind, zu denen sich die [X.] mit [X.] der genannten Formanforderungen nicht näher verhält (zum Streitstand [X.], aaO Rn. 22; [X.]/[X.], aaO Rn. 13
f.; [X.] mwN).
Selbst wenn man -
wovon die Revision ersichtlich ausgeht -
inso-weit an das nach dem [X.] berufene Recht anzuknüpfen hätte, könnte das Vorliegen einer insgesamt wirksamen Willenseinigung der Vertragsparteien über den Gerichtsstand nicht verneint werden.
b) Auf das Vertragsverhältnis der Parteien sind -
wie immer man kollisi-onsrechtlich anknüpfen will -
die Bestimmungen des [X.] ([X.]) mit den in Art. 14 ff. [X.] enthaltenen Regeln über einen Vertragsschluss anwendbar. Das
zieht auch die Revision nicht in Zweifel. Nach diesen Regeln ist entgegen der Auffassung der Revision ein Vertragsschluss, der den Formanforderungen des Art. 23 Abs. 2 [X.] an die darin [X.] gerecht würde, aber nicht schon gemäß Art. 18 Abs. 2 Satz 2 [X.] daran gescheitert, dass die Beklagte die Annahme des ihr unter dem 19. April 2011 mit Annahmefrist bis zum 21. April 2011 per E-Mail übermittelten [X.] erst mit einer bei der Klägerin am 27. April 2011 eingegangenen E-Mail erklärt hat. Vielmehr ist eine verspätete -
hier vom [X.] zudem rechtsfehlerfrei nicht nur als Empfangsbestätigung gewerte-te -
Annahme gemäß Art. 21 Abs. 1 [X.] dennoch als Annahme wirksam, wenn der Anbietende unverzüglich den Annehmenden in diesem Sinne münd-lich unterrichtet oder eine entsprechende schriftliche Mitteilung absendet.
Das ist hier -
und zwar sogar in einer den Anforderungen des Art. 23 Abs. 2 [X.] genügenden Form -
geschehen. Denn die auch von der Revi-sion aufgegriffene Vertragsdurchführung ist -
worauf die Revisionserwiderung zutreffend verweist -
unstreitig etwa mit einer E-Mail der Klägerin vom 28. April 2011 eingeleitet worden, in der diese die Beklagte auf den erfolgten Versand 9
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der zum Druck benötigten Dateien hingewiesen hat. Schon darin liegt eine den Anforderungen des Art. 21 Abs.
1 [X.] genügende Billigung des mit Absen-dung der E-Mail rückwirkend auf den Zeitpunkt des Zugangs der (verspäteten) Annahmeerklärung zwischen den Parteien zustande gekommenen Vertrages unter Einschluss der hierin formgerecht enthaltenen Gerichtsstandsvereinba-rung (vgl. [X.]/[X.], aaO Rn.
11
f.; [X.]/
[X.], aaO, Art. 21 Rn. 9 f.; jeweils mwN).
3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Teil des [X.] binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

II.
Die für den nicht zugelassenen Teil des Berufungsurteils eingelegte Be-schwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision ist zurückzu-weisen, weil auch insoweit weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§
543

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8
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Abs.
2 Satz
1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs.
4 Satz
2 Halbs.
2 ZPO abgesehen.
Ball
Dr.
Hessel
Dr.
Achilles

Dr.
Schneider
Dr.
Bünger
Hinweis:
Das Revisionsverfahren ist durch [X.] erledigt worden.

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.05.2012 -
88 O 57/11 -

O[X.], Entscheidung vom 24.04.2013 -
16 [X.] -

Meta

VIII ZR 137/13

07.01.2014

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.01.2014, Az. VIII ZR 137/13 (REWIS RS 2014, 8924)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8924

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VIII ZR 137/13

XI ZR 341/08

VI ZR 140/11

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II ZR 54/09

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