Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2015, Az. XII ZB 273/13

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 9237

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 273/13

vom

24. Juni 2015

in der Personenstandssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 1616; EGBGB Art. 5 Abs. 1, 10 Abs. 1, 3; PStG § 47
Zur Bestimmung des [X.] für den Familiennamen eines 1984 geborenen Kindes mit zwei ausländischen Staatsangehörigkeiten.
[X.], Beschluss vom 24. Juni 2015 -
XII [X.] 273/13 -
OLG Celle

AG [X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 24. Juni 2015 durch den Vorsitzenden
Richter Dose und [X.]
Klinkhammer, Dr.
Günter, Dr.
Botur und [X.]
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des 17.
Zivilsenats des [X.] vom 22.
April 2013 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Wert: 3.000

Gründe:
I.
Der Betroffene hat die Berichtigung seines Familiennamens im [X.] beantragt. Er wurde 1984 in [X.] als Kind des [X.] Staatsangehörigen
A. Sebbah und der [X.] Staatsangehörigen [X.] geboren. Die Eltern hatten 1977 geheiratet. Sie haben keine Erklärung zur Bestimmung des [X.] abgegeben. Ihre Ehe ist 1995 ge-schieden worden.
Der 1974 [X.] geborene erste [X.] der Eltern wurde zunächst mit dem Nachnamen der Mutter im Geburtenregister eingetragen. Nach der 1974 erfolgten Legitimationserklärung des [X.] und der Eheschließung der Eltern 1
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3
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wurde als Randvermerk eingetragen, dass der [X.] die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes erhält und den Familiennamen
des [X.]
trägt.
Anlässlich der Geburt des Betroffenen wurde entsprechend der schriftli-chen Anzeige durch die Geburtsklinik der Name des [X.], Sebbah, als Fami-lienname des Betroffenen eingetragen. In [X.] wurde die Geburt des Betroffenen
1998
nachbeurkundet und ein zusammengesetzter Nachname, [X.], eingetragen. Die Reihenfolge der Namen wurde dort 2010
auf Antrag des Betroffenen umgekehrt und der Nachname in [X.] geändert.
Der Betroffene hat beim Standesamt unter Bezugnahme auf seine [X.] Staatsangehörigkeit eine entsprechende Änderung seines [X.] beantragt. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die Be-schwerde des Betroffenen ist vor dem [X.] erfolglos geblieben. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit welcher er seinen Antrag weiterverfolgt.

II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil das Beschwerdegericht sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat. Daran ist der Senat gebunden (§
70 Abs.
1 und Abs.
2 Satz
2 FamFG iVm §
51 Abs.
1 PStG).
2. In der Sache bleibt die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.
a) Nach Auffassung des [X.]s erfolgte die Eintragung des Nachnamens Sebbah zu Recht. Gemäß dem zur [X.] geltenden internationalen Privatrecht sei der Familienname eines Kindes 3
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4
-

wie nunmehr in Art.
10 Abs.
1 EGBGB
geregelt

nach dem Recht des Staates zu beurteilen gewesen, dem das Kind angehöre. Wie sich aus dem im Be-schwerdeverfahren eingeholten Rechtsgutachten ergebe, besitze der [X.] seit seiner Geburt sowohl die [X.] als auch die [X.] Staats-angehörigkeit. Die [X.] Staatsangehörigkeit könne zur [X.] der Eintragung im Geburtenregister nicht als die effektive Staatsangehörigkeit gemäß Art.
5 Abs.
1 Satz
1 EGBGB festgestellt werden, zumal der Betroffene in [X.] geboren sei und dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt
habe. Sofern sich eine effektive Staatsangehörigkeit nicht ermitteln lasse, sei in entsprechender An-wendung des Art.
5 Abs.
2 EGBGB das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts, mithin [X.] Recht anzuwenden.
Danach sei auf den Ehenamen der Eltern abzustellen. Die dazu seiner-zeit geltende Regelung in §
1355 Abs.
2 Satz
2 BGB a.[X.] sei auf den Fall eines nach [X.] nicht bestehenden gemeinsamen Familiennamens ent-sprechend anzuwenden gewesen. Zwar sei die damalige Regelung nach der Rechtsprechung des [X.] nicht mit dem Grundgesetz vereinbar gewesen. Dies habe aber nicht zur Nichtigkeit der Bestimmung des [X.] und auch nicht zur Unrichtigkeit des Eintrags im Geburtenregister geführt. Vielmehr habe die geänderte gesetzliche (Übergangs-)Regelung den Ehegatten ermöglicht, den gebildeten Familiennamen rückgängig zu machen. Davon hätten die Eltern des Betroffenen aber keinen Gebrauch gemacht. [X.] hinaus hätten sie auch im [X.] an die Ehescheidung keine abwei-chende Rechtswahl gemäß Art.
10 Abs.
3 EGBGB getroffen.
b) Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
Das [X.] hat einen Anspruch des Betroffenen auf
Änderung seines [X.] zu Recht verneint. Eine Berichtigung des Eintrags
im Geburtenregister nach §
47 Abs.
1 8
9
-
5
-
Satz
2 PStG ist nicht geboten, denn der eingetragene Familienname des Be-troffenen ist nicht unrichtig.
aa) Nach dem gemäß Art.
220 Abs.
1 EGBGB zur [X.] der Geburt des Betroffenen geltenden [X.] internationalen Privatrecht war
für das [X.] grundsätzlich das Personalstatut mit Anknüpfung an die Staatsan-gehörigkeit
maßgeblich, also das Heimatrecht des Namensträgers ([X.]Z 56, 193 =
FamRZ 1971, 426, 427; [X.], 268, 272; 117, 215, 218; KG NJW 1963, 51; BayObLG FamRZ 1965, 565). Dem entspricht die am 1.
September 1986 in [X.] getretene ausdrückliche gesetzliche Regelung in Art.
10 Abs.
1 EGBGB.
(1) Ausgehend von den Feststellungen des [X.]s, die von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen werden, besitzt der Betroffene seit seiner Geburt eine doppelte Staatsangehörigkeit, namentlich die von seinem Vater vermittelte [X.] und die von seiner Mutter vermittelte [X.] Staatsangehörigkeit. Im Fall doppelter Staatsangehörigkeit war schon zum [X.]punkt der Geburt des Betroffenen das Recht desjenigen Staates maßgeb-lich, mit dem die Person am engsten verbunden ist ([X.]Z 75, 32 =
FamRZ 1979, 696, 698; seit 1.
September 1986: Art.
5 Abs.
1 EGBGB). Dass das Ober-landesgericht hier von einer Anwendbarkeit des Art.
5 Abs.
1 Satz
1 EGBGB ausgegangen ist, ist im Ergebnis unschädlich. Denn eine Änderung gegenüber der bis zum 31.
August 1986 bestehenden Rechtslage war mit Art.
5 Abs.
1 EGBGB allenfalls im Fall einer
(auch) bestehenden
[X.]
Staatsangehö-rigkeit verbunden, während die
Ermittlung des [X.] bei ausländi-schen Doppelstaatern schon zuvor durch die effektive Staatsangehörigkeit kon-kretisiert wurde (vgl. [X.]Z 75, 32 =
FamRZ
1979, 696, 698;
MünchKommBGB/[X.] 3.
Aufl. Art.
5 EGBGB Rn.
2; [X.]/Bausback BGB
[2013] Art.
5 EGBGB Rn.
1).
10
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6
-
(2) Das [X.] ist davon ausgegangen, dass zum [X.]punkt der Eintragung im Geburtenregister eine effektive Staatsangehörigkeit nicht festgestellt werden könne.
Die dagegen von der Rechtsbeschwerde erhobene Rüge, das [X.] habe allein auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Neugeborenen und seiner Eltern abgestellt und damit den Rechtsrahmen falsch abgesteckt, ist nicht begründet.
Ebenso wie die Feststellung der Staatsangehörigkeit nach [X.] liegt auch die Feststellung der effektiven von mehreren Staatsangehörigkeiten vornehmlich in der Verantwortung der Tatsachengerichte und ist nur der einge-schränkten Kontrolle durch das Rechtsbeschwerdegericht unterworfen. Davon geht auch die Rechtsbeschwerde aus. Die Feststellung des [X.]s ist vom Rechtsbeschwerdegericht nur daraufhin zu überprüfen, ob die maßge-benden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen worden sind. Der rechtlichen Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Verfah-rensstoff und den [X.] umfassend und widerspruchsfrei ausei-nandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsbe-schluss vom 26.
Februar 2014

XII
[X.]
235/12

FamRZ 2014, 823
Rn.
15
mwN).
Ein solcher Fehler ist dem [X.] nicht unterlaufen. Entge-gen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat es die Feststellung der effekti-ven Staatsangehörigkeit nicht deswegen als ausgeschlossen angesehen, weil Eltern und Kind bei Geburt und Eintragung des Betroffenen in das
Geburtenre-gister ihren gewöhnlichen Aufenthalt in [X.] hatten. Vielmehr hat es den gewöhnlichen Aufenthalt lediglich als einen von mehreren Gesichtspunkten angeführt, die für die Feststellung, mit welchem Staat die Person am engsten 12
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7
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verbunden ist, heranzuziehen sind. Daneben hat es

übereinstimmend mit dem nunmehr
geltenden
Art.
5 Abs.
1 Satz
1 EGBGB

auch den Verlauf des Lebens genannt. Damit hat das [X.] zutreffende rechtliche Maßstäbe zu-grunde gelegt.
Soweit die Rechtsbeschwerde rügt, das [X.] habe nicht beachtet, dass die Eltern wie der Betroffene stets davon ausgegangen seien, dass dieser nur die [X.] Staatsangehörigkeit besitze, zeigt sie im Rahmen einer

hier gebotenen

Verfahrensrüge nicht auf, inwiefern das Oberlandesge-richt im Rahmen
der in §
51 Abs.
1 Satz
1
PStG iVm
§
26 FamFG niedergeleg-ten Amtsermittlung weitere Feststellungen hätte
treffen müssen. Insbesondere legt die Rechtsbeschwerde nicht dar, dass etwa vom Betroffenen Beweismittel benannt worden seien, die das [X.] zu weiteren Ermittlungen hät-ten
veranlassen müssen, welche letztlich zu einer anderen Entscheidung hätten führen können. Dass die Rechtsbeschwerde insofern nur auf das vom Oberlan-desgericht zur Staatsangehörigkeit eingeholte Rechtsgutachten Bezug nimmt,
ist schon deswegen nicht ausreichend, weil aus der Bezugnahme nicht hervor-geht, welche konkreten Aussagen dieses zu einer etwaigen effektiven [X.]n Staatsangehörigkeit getroffen haben soll.
Ob allein aus einer vom Betroffenen und seinen Eltern irrtümlich ange-nommenen alleinigen (hier: [X.]) Staatsangehörigkeit bei in Wirklichkeit bestehender doppelter Staatsangehörigkeit eine entsprechende effektive (spa-nische) Staatsangehörigkeit hergeleitet werden kann, braucht demnach nicht entschieden zu
werden.
Selbst wenn ferner im Sinne des Rechtsbeschwerde-vorbringens davon auszugehen wäre, dass eine [X.] Staatsangehö-rigkeit in [X.] nie gelebt wurde, folgt daraus noch nicht, dass die [X.] Staatsangehörigkeit die effektive Staatsangehörigkeit des Betroffenen war. Schließlich hängt die Entscheidung nicht davon ab, von welchen rechtli-15
16
-
8
-
chen Vorstellungen das Standesamt bei der Eintragung ausging, weil es allein auf die materielle (Un-)Richtigkeit der Eintragung ankommt.
bb) Die Feststellung
des [X.]s, dass von den Eltern eine abweichende Rechtswahl nicht getroffen wurde, wird von der [X.] nicht angegriffen. Die von dieser
beanstandete Aussage des [X.], dass die Eltern eine verbindliche Bestimmung des Familiennamens [X.] haben dürften, als der Bruder des Betroffenen mit dem Nachnamen des [X.] in "die Personenstandsurkunden"
eingetragen worden sei, stellt keinen tragenden Grund der Entscheidung dar.
cc) Das [X.] ist demnach zu Recht davon ausgegangen, dass ersatzweise das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts, mithin [X.] Recht anzuwenden ist. Hiergegen und gegen die näher begründete Auffassung des [X.]s, dass entsprechend der tatsächlich erfolgten Eintra-gung der Name des [X.] (§
1355 Abs.
2 Satz
2 BGB
a.[X.]) maßgeblich war, erhebt die Rechtsbeschwerde keine Einwände und ist auch ansonsten nichts zu erinnern.
dd) Das [X.] ist auch zu Recht davon ausgegangen,
dass weder ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach Art.
18 AEUV ([X.] Urteil vom 2.
Oktober 2003

[X.]. C-148/02
Slg.
I
2003, 11613 =
[X.] 2004, 40 Rn.
29
ff.

[X.]) noch eine unzulässige Beschränkung
der Freizügigkeit nach Art.
21 AEUV ([X.] Urteil vom 14.
Oktober
2008

[X.].
[X.]/06

Slg.
I
2008, 7639 =
[X.], 2089 Rn.
21
ff.

[X.]) vorliegt (vgl. auch Senatsbeschluss vom 19.
Februar 2014

XII
[X.]
180/12

FamRZ
2014, 741 Rn.
32).
Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Eltern die Möglichkeit hatten, auch das [X.] Recht als Namens-17
18
19
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9
-
statut zu wählen. Insoweit wird die angefochtene Entscheidung von der Rechts-beschwerde
ebenfalls
nicht beanstandet.

Dose

Klinkhammer

Günter

Botur

[X.]

Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 20.03.2012 -
85 III 164/11 -

OLG Celle, Entscheidung vom 22.04.2013 -
17 W 8/12 -

Meta

XII ZB 273/13

24.06.2015

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2015, Az. XII ZB 273/13 (REWIS RS 2015, 9237)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 9237

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