Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.11.2004, Az. VI ZR 328/03

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 670

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/03 Verkündet am: 16. November 2004 [X.], Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB § 823 Aa, [X.]; ZPO § 286 G

Eine Verletzung der Pflicht des behandelnden Arztes zur therapeutischen Aufklärung (Sicherungsaufklärung), die als grober Behandlungsfehler zu werten ist, führt regel-mäßig zu einer Umkehr der objektiven Beweislast für den ursächlichen Zusammen-hang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden, wenn sie geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen; eine Wahrscheinlichkeit für ein Ergebnis einer Kontrolluntersuchung ist in einem solchen Fall nicht erforderlich (Fortführung von [X.], Urteil vom 27. April 2004 - [X.]/03 - [X.], 909, zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt).

[X.], Urteil vom 16. November 2004 - [X.]/03 - OLG Braunschweig

LG Braunschweig - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. November 2004 durch die Vorsitzende Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll für Recht erkannt: Auf die Rechtsmittel des [X.] werden das Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] vom 16. Oktober 2003 aufgehoben und das Urteil der 4. Zivilkammer des [X.] vom 10. Oktober 2002 abgeän-dert. Der Anspruch des [X.] auf Zahlung eines Schmerzensgeldes
und Ersatz des bezifferten materiellen Schadens des [X.] ist dem Grunde nach gerechtfertigt. Es wird festgestellt, daß die [X.] verpflichtet ist, dem Kläger jeden nach Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] aus der unterlassenen therapeutischen Aufklärung bei der Behandlung vom 6. Januar 2000 entstandenen und künftig entstehenden materiellen Schaden zu ersetzen, soweit der [X.] nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen ist. Es wird festgestellt, daß die [X.] verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weiteren aus der unterlassenen therapeutischen Aufklä-rung bei der Behandlung vom 6. Januar 2000 künftig [X.] immateriellen Schäden zu ersetzen. - 3 - Zur Entscheidung über den Betrag des Zahlungsanspruchs wird der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Kläger, der am 6. Januar 2000 abends Lichtblitze in seinem linken Auge bemerkt hatte, begab sich noch am selben Tag in den augenärztlichen Bereitschaftsdienst, den die [X.] wahrnahm. Gesichtsfeldmessungen und Messungen des Augeninnendrucks ergaben keinen auffälligen Befund. Auch bei einer Untersuchung des Augenhintergrundes nach Erweiterung der Pupille stellte die [X.] keine pathologischen Veränderungen fest. Am 11. Januar 2000 trat beim Kläger eine massive Ablösung der Netzhaut im linken Auge auf. Trotz zweier Operationen in der Universitätsklinik, bei denen die Netzhaut ange-legt und stabilisiert wurde, ist die Sehfähigkeit des [X.] beeinträchtigt. Der Kläger hält die Untersuchung durch die [X.] für fehlerhaft; auch habe sie ihn nicht in gehöriger Weise darauf hingewiesen, daß er alsbald Kon-trolluntersuchungen durchführen lassen müsse. Er begehrt Schmerzensgeld, Ersatz materiellen Schadens sowie die Feststellung, daß die [X.] verpflich-tet sei, ihm sämtliche nach Schluß der mündlichen Verhandlung aus dem Be-handlungsfehler der [X.]n vom 6. Januar 2000 entstehenden materiellen - 4 - und immateriellen Schäden zu ersetzen. Seine Klage hatte in beiden Tatsa-cheninstanzen keinen Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt er sein Klageziel weiter. Entscheidungsgründe: [X.] Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht im [X.] ausgeführt, es sei an die Feststellungen des [X.] gebunden, die [X.] habe den Kläger nicht auf die Gefährdung der Netzhaut durch eine fortschreitende Glaskörper-Abhebung hingewiesen und ihn auch nicht aufgefor-dert, diesen Vorgang unbedingt weiter überwachen zu lassen. Da beim Kläger eine beginnende Glaskörper-Abhebung vorgelegen und die [X.] das auch erkannt habe, habe sie den Kläger über diese mögliche Diagnose und das [X.] bestehende vergleichsweise geringe Risiko einer Netzhautablösung unter-richten müssen. Sie habe den Kläger auffordern müssen, sich auch ohne Zu-nahme der Symptome zu einer Kontrolluntersuchung beim Augenarzt vorzustel-len. Diese Unterlassungen seien als "einfache" Behandlungsfehler zu werten. Daß die [X.] den Kläger nicht zusätzlich darauf hingewiesen habe, er [X.] bei Fortschreiten der Symptome sofort einen Augenarzt aufsuchen, sei als ein grober Behandlungsfehler zu werten. Der [X.] zwischen diesem groben Behandlungsfeh-ler und dem Körperschaden des [X.] sei zwar nicht schon deshalb ausge-schlossen, weil der Kläger nach eigenen Angaben keine sich ausweitende oder verschlimmernde Symptomatik bemerkt habe. Es sei nämlich nicht ausge-schlossen, daß der Kläger bei zutreffender Information auch ohne Verschlech-- 5 - terung seines Zustandes zu einer augenärztlichen Kontrolle gegangen wäre und ein Augenarzt dann Anzeichen für eine beginnende Netzhautablösung festgestellt hätte. Möglicherweise hätte dann erfolgreich Vorsorge gegen die spätere Netzhautablösung getroffen werden können. Ein Ursachenzusammen-hang könne jedoch nicht festgestellt werden. Es sei zwar davon auszugehen, daß der Kläger nach ordnungsgemäßer Beratung durch die [X.] innerhalb von zwei oder drei Tagen zu einer Kontrolluntersuchung gegangen wäre. Es sei aber vorstellbar, daß die Glaskörper-Abhebung, die der Netzhautablösung [X.], sehr plötzlich und sehr massiv eingesetzt und dann sehr schnell eine erst am 11. Januar 2000 erkennbare Netzhautablösung nach sich gezogen [X.]. Daher sei völlig offen, ob es zuvor Anzeichen für eine solche Ablösung ge-geben habe, die bei einer Kontrolluntersuchung erkennbar gewesen wären. Dem Kläger sei keine Beweislastumkehr für den [X.] zu-zubilligen. Es fehle an einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit dafür, daß bei einer augenärztlichen Kontrolle Anzeichen für die Netzhautablösung erkennbar gewesen wären. Daß eine solche Kontrolle Aufschluß darüber gegeben hätte, ob sich zu jenem Zeitpunkt Anzeichen für eine Netzhautablösung gezeigt [X.], sei keine ausreichende Grundlage für eine Beweislastumkehr. Zwar liege es nicht fern, das Gesamtverhalten der [X.]n ohne Differenzierung zu den einzelnen Unterlassungen als grob fehlerhaft anzusehen. Selbst dann aber sei es nicht gerechtfertigt, dem Kläger ohne jede Wahrscheinlichkeit in die eine oder die andere Richtung eine Beweislastumkehr hinsichtlich des Auftretens von [X.] bei der hypothetischen Kontrolluntersuchung zuzu-billigen. - 6 - I[X.] Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. 1. Das Berufungsgericht wertet im Anschluß an die Ausführungen des Sachverständigen und im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats als grob fehlerhaft, daß die [X.] den Kläger nach Abschluß der [X.] nicht darauf hingewiesen hat, er müsse bei Fortschreiten der Symptome sofort einen Augenarzt aufsuchen (vgl. dazu Senatsurteile vom 29. Mai 2001 - [X.] ZR 120/00 - VersR 2001, 1030; vom 3. Juli 2001 - [X.] ZR 418/99 - VersR 2001, 1116, 1117; vom 28. Mai 2002 - [X.] ZR 42/01 - [X.], 1026 - jeweils m.w.N.). Die Revision nimmt dies als ihr günstig hin; auch die Revisionserwiderung erhebt insoweit keine Beanstandungen. Beim Kläger lag eine beginnende Glaskörper-Abhebung als Vorstufe ei-ner Netzhautablösung nahe und die [X.] hatte dies erkannt. Sie war infol-gedessen verpflichtet, dem Kläger ihre Erkenntnisse ebenso wie ihren Verdacht bekannt zu geben (Diagnoseaufklärung; vgl. Senatsurteil [X.] 29, 176, 183 f.; [X.] [X.]). Dementsprechend hatte sie den Kläger im Rahmen der ihr obliegenden therapeutischen Aufklärungspflicht darauf hinzu-weisen, er müsse bei fortschreitenden Symptomen sofort einen Augenarzt [X.] und im übrigen alsbald den Befund überprüfen lassen, damit der Klä-ger mögliche Heilungschancen wahrnehmen konnte. Das hat die [X.] ver-säumt. Im Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht in dieser unterlassenen therapeutischen Aufklärung einen Behandlungsfehler gesehen (vgl. Senatsurteil vom 27. Juni 1995 - [X.] ZR 32/94 - [X.], 1099, 1100) und ihn als grob bewertet. - 7 - 2. Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht auch darin, daß der Ursachen-zusammenhang zwischen diesem groben Behandlungsfehler und dem entstan-denen Körperschaden des [X.] nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil der Kläger keine sich ausweitende oder verschlechternde Symptomatik bemerkt hat. Das [X.] stellt ohne Rechtsfehler fest, daß nicht auszuschließen ist, ein zur Kontrolluntersuchung eingeschalteter Augenarzt hätte vom Kläger selbst noch nicht bemerkte, aber für den Facharzt erkennbare Anzeichen einer beginnenden Netzhautablösung entdecken und daraufhin eine erfolgreiche Therapie durchführen können. 3. Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht jedoch eine Umkehr der Beweislast für den [X.] zwischen der unterlassenen Aufklärung und dem Schaden des [X.], weil eine solche Beweislastumkehr dem Kläger nicht "ohne jede Wahrscheinlichkeit in die eine oder andere Rich-tung" zugebilligt werden könne. Damit zieht das Berufungsgericht nicht die ge-botenen Folgerungen aus dem Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers. a) Wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat, führt ein grober Be-handlungsfehler grundsätzlich zu einer Umkehr der objektiven Beweislast für den [X.] zwischen dem Behandlungsfehler und dem [X.]. aa) Eine Umkehr der Beweislast ist schon dann anzunehmen, wenn der grobe Behandlungsfehler geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursa-chen; nahelegen oder wahrscheinlich machen muß der Fehler den Schaden dagegen nicht (vgl. Senatsurteile [X.] 85, 212, 216 f.; vom 24. September 1996 - [X.] ZR 303/95 - [X.], 1535, 1537; vom 1. Oktober 1996 - [X.] ZR 10/96 - [X.], 362, 363; vom 27. April 2004 - [X.]/03 - [X.], 909, 911). - 8 - Eine Verlagerung der Beweislast auf die [X.] ist nur aus-nahmsweise ausgeschlossen, wenn ein haftungsbegründender Ursachenzu-sammenhang äußerst unwahrscheinlich ist (vgl. Senatsurteile [X.] 129, 6, 12; 138, 1, 8; vom 1. Oktober 1996 - [X.] ZR 10/96 - aaO; vom 27. April 2004 - [X.]/03 - aaO). Gleiches gilt, wenn sich nicht das Risiko verwirklicht hat, dessen Nichtbeachtung den Fehler als grob erscheinen läßt (vgl. Senatsurteil vom 16. Juni 1981 - [X.] ZR 38/80 - VersR 1981, 954, 955), oder wenn der Pati-ent durch sein Verhalten eine selbständige Komponente für den Heilungserfolg vereitelt hat und dadurch in gleicher Weise wie der grobe Behandlungsfehler des Arztes dazu beigetragen hat, daß der Verlauf des [X.] nicht mehr aufgeklärt werden kann (vgl. Senatsurteile vom 28. Mai 2002 - [X.] ZR 42/01 - [X.], 1026, 1028; vom 27. April 2004 - [X.]/03 - aaO; [X.], 928 mit [X.] des Senats vom 19. Februar 1991 - [X.] ZR 224/90; [X.], 459, 461 mit [X.] des Senats vom 20. Januar 1998 - [X.] ZR 161/97). Das Vorliegen einer solchen Ausnahme hat allerdings die [X.] zu [X.] (vgl. Senatsurteil vom 27. April 2004 - [X.]/03 - aaO). [X.]) Hiernach war es Sache der [X.]n darzulegen und zu beweisen, daß ein ordnungsgemäßer Hinweis an den Kläger, er solle bei [X.] umgehend eine Kontrolluntersuchung durchführen lassen, eine Netzhautablösung mit den eingetretenen Folgen weder verhindert noch [X.] hätte. Wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, war ein solcher Hinweis geeignet, den Kläger zu einer kurzfristigen Kontrolluntersuchung zu veranlassen; eine solche wäre geeignet gewesen, Anzeichen einer beginnen-den Netzhautablösung erkennbar zu machen und frühzeitiger Behandlungs-maßnahmen durchzuführen, die ihrerseits die später eingetretene Netzhautab-lösung verhindern oder feststellbar hätten vermindern können. - 9 - cc) Daß ein haftungsbegründender [X.] äußerst unwahrscheinlich wäre, hat das Berufungsgericht nicht feststellen können. [X.] ergibt sich nicht aus den gutachtlichen Äußerungen des [X.]; das wird auch von der Revisionserwiderung nicht geltend gemacht. Soweit diese darauf abstellt, das Berufungsgericht habe keine Wahrscheinlichkeit für Anzeichen einer beginnenden Netzhautablösung feststellen können, ist das nicht gleichbedeutend damit, daß ein [X.] zwischen der unterlassenen Aufklärung des Patienten und der Netzhautablösung äußerst unwahrscheinlich war. [X.]) Einer Umkehr der Beweislast steht auch nicht entgegen, daß der Kläger weitergehende Anzeichen als die bis dahin aufgetretenen Lichtblitze nicht bemerkt hat. Die [X.] hätte den Kläger durch einen Hinweis auf die Gefahr einer Netzhautablösung, die infolge der Glaskörperabhebung drohte, zu einer baldigen Kontrolle des Augenhintergrundes veranlassen müssen, um das eingetretene Risiko möglichst gering zu halten. Das hat sie versäumt. Die Netz-hautablösung ist eingetreten und hat zu einer Verringerung des Sehvermögens auf dem Auge geführt. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Kläger auch ohne Fortschreiten der Symptome alsbald eine Kontrolluntersuchung hätte durchführen lassen, wäre er ordnungsgemäß über die Diagnose und die Gefahr für sein Sehvermögen aufgeklärt und auf die Notwendigkeit einer sofortigen Kontrolluntersuchung bei Verschlechterung hingewiesen worden. Das hätte, wie bereits ausgeführt, zur Vermeidung des Gesundheitsschadens führen können. Ohnehin ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Aufspaltung in eine "ein-fache" und eine "grobe" Pflichtwidrigkeit verfehlt, weil insoweit eine Gesamtbe-trachtung der geschuldeten therapeutischen Aufklärung geboten ist, die sich als insgesamt grob fehlerhaft erweist, ohne daß es hierzu weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf. - 10 - b) Das Berufungsgericht hat den Ursachenverlauf in seine einzelnen Be-standteile aufgespalten und dann Anzeichen für eine Netzhautablösung vor dem 11. Januar 2000 sowie für den Erfolg einer vorbeugenden Behandlung ver-mißt. Eine Umkehr der Beweislast zugunsten des [X.] hat es verneint, weil zu den genannten Umständen auch keine Wahrscheinlichkeiten feststellbar seien. Das widerspricht den Grundsätzen des erkennenden Senats zu den Rechtsfolgen eines groben Behandlungsfehlers. aa) Eine Unterteilung des [X.]s in unmittelbare und mittelbare Ursachen ist dem Haftungsrecht fremd (vgl. Senatsurteile vom 11. November 1997 - [X.] ZR 146/96 - [X.], 200 f.; vom 26. Januar 1999 - [X.] ZR 374/97 - [X.], 862; vom 27. Juni 2000 Œ [X.] ZR 201/99 [X.], 1282, 1283). Beim groben Behandlungsfehler umfaßt die in Betracht ste-hende Umkehr der Beweislast den Beweis der Ursächlichkeit des [X.] für den haftungsbegründenden Primärschaden, der ohne die [X.] dem Patienten nach § 286 ZPO obläge. Auf die haftungsausfüllende Kausalität, d.h. den Kausalzusammenhang zwischen körperlicher oder gesund-heitlicher Primärschädigung und weiteren Gesundheitsschäden des Patienten wird die Beweislastumkehr nicht ausgedehnt, es sei denn, der sekundäre [X.] wäre typisch mit dem Primärschaden verbunden und die als grob zu bewertende Mißachtung der ärztlichen Verhaltensregel sollte gerade auch solcherart Schädigungen vorbeugen (vgl. Senatsurteile vom 21. Oktober 1969 - [X.] ZR 82/68 - [X.], 1148, 1149; vom 9. Mai 1978 - [X.] ZR 81/77 - VersR 1978, 764, 765). Eine Zerlegung des Kausalzusammenhangs in seine einzelnen logischen Bestandteile im übrigen kommt nicht in Betracht. [X.]) Nach diesen Grundsätzen durfte das Berufungsgericht hier eine Um-kehr der Beweislast nicht verneinen. Die Parteien streiten nicht um einen [X.] des [X.]. Vielmehr beruht die Schädigung des Sehvermö-- 11 - gens auf dem Primärschaden der Netzhautablösung, die der Kläger als Schädi-gung geltend macht (vgl. zur Abgrenzung zwischen Primär- und Sekundärscha-den Senatsurteile vom 28. Juni 1988 - [X.] ZR 210/87 - [X.], 145; vom 21. Juli 1998 - [X.] ZR 15/98 - [X.], 1153, 1154). 4. Nach allem ist die Klage zum Zahlungsanspruch dem Grunde nach gerechtfertigt (§§ 823 Abs. 1, 847 BGB a.F.; 304 Abs. 1, 555 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Feststellungsklage hat im Rahmen des gestellten Antrags ebenfalls Erfolg. Sie ist zulässig. Die [X.] hat ihre haftungsrechtliche Verantwortlich-keit in Abrede gestellt und Verjährung droht; die Möglichkeit eines weiteren Schadenseintritts kann nicht verneint werden, das erforderliche Feststellungsin-teresse ist daher gegeben (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2001 - [X.] ZR 381/99 - VersR 2001, 874). Der Feststellungsantrag ist auch begründet, denn Gegenstand der Feststellungsklage ist ein befürchteter Folgeschaden aus der Verletzung eines deliktsrechtlich geschützten absoluten Rechtsguts (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2001 - [X.] ZR 381/99 - aaO). Auch der Vorbehalt hinsichtlich künftiger noch ungewisser und bei der [X.] auf Schmerzensgeld noch nicht berücksichtigungsfähiger immaterieller Schäden ist zulässig (vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 2004 - [X.] ZR 70/03 - NJW 2004, 1243, 1244). - 12 - Zum Betrag der Zahlungsklage ist die Sache nicht entscheidungsreif. In-soweit ist sie an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird. [X.]

Pauge Zoll

Meta

VI ZR 328/03

16.11.2004

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.11.2004, Az. VI ZR 328/03 (REWIS RS 2004, 670)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 670

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