Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.10.2011, Az. V ZR 75/11

5. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 2109

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Gegenstand

Wohnungseigentum: Erstreckung des Sondereigentums an einer Doppelstockgarage auf die dazugehörige Hebeanlage


Leitsatz

Das an einer Doppelstockgarage gebildete Sondereigentum erstreckt sich auf die dazugehörige Hebeanlage, wenn durch diese keine weitere Garageneinheit betrieben wird .

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 15. März 2011 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger parkte seinen Pkw in der [X.] vom 2. bis 22. August 2009 mit Zustimmung des Berechtigten in einer zu einer Wohnungseigentumsanlage gehörenden Doppelstockgarage. Nach seiner Darstellung ist das [X.] während dieser [X.] durch ein zu tiefes Absinken der hydraulischen Hebeanlage beschädigt worden.

2

Die von dem Kläger genutzte Doppelstockgarage besteht aus vier Stellplätzen und verfügt, wie auch die übrigen Garagen-Einheiten der Anlage, über einen eigenständigen, mit den anderen Einheiten nicht verbundenen [X.]. In der Teilungserklärung ist für jede der Doppelstockgaragen Sondereigentum gebildet und dieses jeweils vier Eigentümern zu je ¼ zugewiesen worden.

3

Mit der Behauptung, die Fehlfunktion der Hydraulikanlage gehe auf deren unzureichende Wartung zurück, nimmt der Kläger die Wohnungseigentümergemeinschaft auf Zahlung von 2.064,03 € in Anspruch. Ferner möchte er festgestellt wissen, dass die [X.] verpflichtet ist, ihm alle weiteren aus der Beschädigung entstehenden materiellen Schäden zu ersetzen.

4

Die Klage ist in den Tatsacheninstanzen erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

I.

5

Das Berufungsgericht hält die Beklagte für nicht passivlegitimiert. Verkehrssicherungspflichtig für die Doppelstockgarage seien die jeweiligen Eigentümer der Garageneinheit. Ihnen stehe das Sondereigentum an dem Garagenraum einschließlich der darin befindlichen hydraulischen Hebeanlage zu. Die Vorschrift des § 5 Abs. 2 [X.] hindere die Annahme von Sondereigentum nicht. Die Hebeanlage diene weder dem Gebäude noch dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer, sondern nur dem sonderrechtsfähigen Raum „Doppelstockgarage“ und dessen Eigentümern.

II.

6

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsrecht nimmt ohne Rechtsfehler an, dass die Hebeanlage nicht im Gemeinschaftseigentum steht und die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft deshalb nicht nach § 823 Abs. 1 [X.] für den Schaden haftet, den diese Anlage an dem Pkw des [X.] verursacht haben soll.

7

1. Es entspricht heute allgemeiner Auffassung, dass eine Garage, die mithilfe einer Hebebühne für zwei oder vier Pkw genutzt werden kann (sog. Doppelstockgarage), einen Raum im Sinne von § 3 Abs. 1 bzw. Abs. 2 [X.] bildet und daher als Ganze im Teileigentum einer Person oder mehrerer Personen in Bruchteilsgemeinschaft stehen kann (vgl. BayObLG, NJW-RR 1994, 1427; NJW-RR 1995, 783, 784; [X.], 923, 924; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 5 [X.] Rn. 19; [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 3 [X.] Rn. 7; [X.]/[X.]/Hügel, [X.], 2. Aufl., § 3 [X.] Rn. 11; [X.] in [X.], [X.], 11. Aufl., § 5 Rn. 65; [X.] in [X.], [X.], 2. Aufl., § 3 Rn. 24 [X.]; Vandenhouten in [X.]/Kümmel/Vandenhouten, [X.], 9. Aufl., § 3 Rn. 34; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 5 Rn. 43; [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 5 Rn. 29; [X.]/Kesseler, [X.], § 3 Rn. 49; [X.]/Pick, [X.], 19. Aufl., § 3 Rn. 8; [X.], [X.], 1121, 1122; [X.], [X.] 2004, 21, 25; [X.], Rpfleger 1976, 5; im Ergebnis auch [X.], [X.], 232, 233). So liegt es nach der Teilungserklärung auch hier; die Doppelstockgarage Nr. 44 mit den Stellplätzen Nr. 62 bis 65 steht als Einheit zu je einem Viertel den in der Teilungserklärung genannten Personen bzw. deren Rechtsnachfolgern zu. Auf die umstrittene Frage, ob auch der einzelne Stellplatz innerhalb einer Doppelstockgarage sondereigentumsfähig ist (vgl. die Nachweise bei [X.] in [X.], [X.], 11. Aufl., § 5 Rn. 65 [X.]. 94 u. 95 sowie [X.]/[X.]/Elzer, [X.], 3. Aufl., § 3 Rn. 71), kommt es nicht an.

8

2. Zutreffend geht das Berufungsgericht ferner davon aus, dass das Sondereigentum an der Doppelstockgarage nach den hier gegebenen Verhältnissen auch die dazugehörige Hebebühne nebst Antrieb umfasst (§ 5 Abs. 1 [X.]).

9

a) Betreibt eine Hebevorrichtung mehrere Einheiten (vgl. [X.], [X.], 923, 924: Zehn Hydraulikanlagen zum Betrieb von 104 Stellplätzen), steht sie allerdings zwingend im Gemeinschaftseigentum. Denn nach § 5 Abs. 2 [X.] sind Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, auch dann nicht Gegenstand des Sondereigentums, wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden. Eine Anlage, die mehrere Doppelstockgaragen betreibt, dient dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer im Sinne dieser Vorschrift. Hierfür ist es nicht erforderlich, dass die Gesamtheit der Wohnungs- und Teileigentümer von ihr profitiert; ausreichend ist, dass mindestens zwei Wohnungs- oder Teileigentümer auf die Nutzung der Anlage angewiesen sind (vgl. [X.] in [X.], [X.], 2. Aufl., § 5 Rn. 27; [X.] in [X.], [X.], 11. Aufl., § 5 Rn. 33). Denn das Wohnungseigentumsgesetz sieht dinglich verselbständigte [X.] an einzelnen Gebäudeteilen nicht vor, erlaubt es also nicht, eine mehreren Doppelstockgaragen dienende Hydraulikanlage dem Sondereigentum (nur) der Eigentümer dieser Garagen zuzuordnen (vgl. Senat, Urteil vom 30. Juni 1995 – [X.], [X.], 159, 168 mwN).

b) Bei einer Hebevorrichtung handelt es sich aber dann nicht um Gemeinschaftseigentum, wenn durch sie ausschließlich eine Doppelstockgarage betrieben wird und wenn an dieser Garage Sondereigentum - ggf. wie hier in Bruchteilen - besteht (differenzierend auch [X.]/[X.], 5. Aufl., § 5 [X.] Rn. 19; Häublein, [X.] 2000, 112, 113; [X.]t, [X.] 2005, 339). Die Vorschrift des § 5 Abs. 2 [X.] hindert die Bildung von Sondereigentum nicht, da die Anlage in einem solchen Fall nicht dem Gebrauch weiterer Wohnungseigentümer dient. Auch handelt es sich bei ihr nicht um einen Teil des Gebäudes, der für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich ist.

Dass die Hebebühne nebst Antrieb notwendiger Bestandteil einer Doppelstockgarage ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung ([X.], NJW-RR 2005, 1682; [X.], [X.] 2000, 110, 111; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 5 Rn. 43; Vandenhouten in [X.]/Kümmel/Vandenhouten, [X.], 9. Aufl., § 5 Rn. 31). Denn Gegenstand des Sondereigentums sind neben den gemäß § 3 Abs. 1 [X.] bestimmten Räumen auch die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile, sofern sie verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das nach § 14 [X.] zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird (§ 5 Abs. 1 [X.]). Dies trifft auf die technische Einrichtung einer Doppelstockgarage zu, die - wie hier - als Ganzes im Sondereigentum steht und durch eine von den anderen Garageneinheiten unabhängige Einzelhydraulik betrieben wird.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Krüger                                            [X.][X.]

                        Brückner                                               Weinland

Meta

V ZR 75/11

21.10.2011

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Ingolstadt, 15. März 2011, Az: 24 S 876/10, Urteil

§ 3 Abs 2 S 2 WoEigG, § 5 Abs 2 WoEigG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.10.2011, Az. V ZR 75/11 (REWIS RS 2011, 2109)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2109

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

V ZB 46/23

V ZR 284/14

V ZR 284/14

V ZR 75/11

1 S 12786/15

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