Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.05.2005, Az. XII ZR 23/03

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 3701

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 4. Mai 2005 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

ZPO §§ 282 Abs. 1 und 2, 296 Abs. 2, 528 Abs. 3 a.F. a) Zu den Voraussetzungen des § 282 Abs. 1 ZPO (im Anschluß an [X.] Urteil vom 1. April 1992 - [X.] - NJW 1992, 1995). b) Das im Rechtszug übergeordnete Gericht kann die fehlerhafte Begründung der Verspätung nicht durch eine andere ersetzen oder die Zurückweisung auf eine andere als die von der Vorinstanz angewandte Vorschrift stützen (im Anschluß an [X.] Urteil vom 13. Dezember 1989 - [X.] - NJW 1990, 1302, 1304). [X.], Urteil vom 4. Mai 2005 - [X.] - OLG Düsseldorf LG Mönchengladbach - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], [X.], Dr. [X.] und die Richterin Dr. [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 10. Zivilsenats des [X.] vom 19. Dezember 2002 auf-gehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Ober-landesgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Kläger macht als Zwangsverwalter Nebenkosten aus einem [X.] geltend. Mit [X.] mietete die Beklagte von dem [X.] sowie Lagerflächen. § 4 Nr. 3 des [X.] lautet: "Folgende Nebenkosten werden neben der Grundmiete umgelegt: a) Die Betriebskosten im Sinne der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der Zweiten Berechnungsverordnung –" - 3 - Mit Beschluß vom 13. November 1997 ordnete das [X.] die Zwangsverwaltung über das Grundstück an und bestellte den Kläger zum Zwangsverwalter. Dieser machte für die Jahre 1998 und 1999 ge-genüber der [X.] Nebenkosten in Höhe von 358.731,86 DM geltend. Die Beklagte hat Stromkosten in Höhe von 58.604,86 DM nebst Zinsen anerkannt. Darauf hat das [X.] am 18. April 2001 im schriftlichen Ver-fahren ein Teilanerkenntnisurteil in dieser Höhe erlassen und Termin zur münd-lichen Verhandlung über die Restforderung auf den 8. August 2001 bestimmt. Mit seinem am 7. August 2001 um 21.58 Uhr per Telefax übermittelten [X.] hat der Kläger erstmals auf den [X.] vom 11. April 2001 erwidert. Er hat die Behauptung der [X.], es sei eine Einigung dahin erfolgt, daß die Beklagte lediglich die Nebenkosten für Gas und Strom zu tragen habe, bestritten. Das [X.] hat den Vortrag des [X.] gemäß § 296 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 282 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückgewiesen und die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das [X.]. 1. Das [X.] hat ausgeführt, mit dem [X.] sei davon auszugehen, daß die Beklagte für die streitgegenständlichen [X.] 1998 und 1999 außer den in § 23 des [X.] aufgeführten [X.] keine weiteren Nebenkosten zu tragen habe. Die Beklagte habe nämlich - 4 - mit Schriftsatz vom 11. April 2001 schlüssig dargelegt, daß zwischen den [X.] Verhandlungspartnern bei Abschluß des [X.] ausdrücklich vereinbart worden sei, die Beklagte habe über die Kosten für Strom und Gas keine weiteren Nebenkosten zu tragen. Mit dem [X.] sei davon auszu-gehen, daß dieses Vorbringen gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden und unstreitig anzusehen sei, weil der Kläger die behauptete abweichende [X.]vereinbarung nicht wirksam bestritten habe. Soweit der Kläger dem [X.] der [X.] erstmals mit seinem per Telefax am 7. August 2001 um 21.58 Uhr eingegangenen und der [X.] im Termin zur mündlichen [X.] am 8. August 2001 überreichten Schriftsatz vom 7. August 2001 ent-gegengetreten sei, habe das [X.] das darin enthaltene Vorbringen zu Recht gemäß § 296 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 282 Abs. 1 ZPO als ver-spätet zurückgewiesen. Hieran sei der Senat gemäß § 528 Abs. 3 ZPO a.F. gebunden. Nach § 296 Abs. 2 ZPO könnten Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 ZPO nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 ZPO nicht rechtzeitig mitgeteilt worden seien, zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und wenn die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruhe. Der Kläger habe den Schriftsatz vom 7. August 2001 unter Verstoß gegen seine [X.] aus § 282 Abs. 1 ZPO verspätet eingereicht. Eine [X.] habe nach § 282 Abs. 1 ZPO in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und [X.] so rechtzeitig vorzubringen, wie es nach der [X.] einer sorg-fältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozeßführung entspre-che. Mit Recht habe das [X.] ausgeführt, daß der Kläger gegen diese Prozeßförderungspflicht verstoßen habe. Die Klageerwiderung sei den Prozeß-bevollmächtigten des [X.] zusammen mit dem Teilanerkenntnisurteil und der mit Verfügung des Vorsitzenden vom 18. April 2001 gesetzten Replikfrist (ein Monat nach Zugang) am 30. April 2001 zugestellt worden. Nach Fristablauf - 5 - habe das [X.] am 31. Mai 2001 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 8. August 2001 anberaumt. Die Ladung sei den Prozeßbevollmächtigten des [X.] am 12. Juni 2001 durch "[X.]" zugestellt worden. Gleichwohl habe der Kläger erstmals mit dem am 7. August 2001 um 21.58 Uhr eingegangenen Schriftsatz vom 7. August 2001 zu der Klageerwiderung Stel-lung genommen. Darin liege eine objektive Verletzung der ihm gemäß § 282 Abs. 1 ZPO obliegenden Prozeßförderungspflicht. Diese Verspätung beruhe auf grober Nachlässigkeit des [X.] im Sinne von § 296 Abs. 2 ZPO. Eine Erklä-rung habe der Kläger auch auf Nachfrage der Kammer in der mündlichen [X.] vom 8. August 2001 nicht abgegeben. Zutreffend sei das [X.] davon ausgegangen, daß die Berücksichtigung des Schriftsatzes vom 7. August 2001 das Verfahren verzögern würde. Die Verzögerung ergebe sich daraus, daß die Kammer bei Zulassung des verspäteten Vorbringens über die von der [X.] behauptete mündliche Absprache zu den umlagefähigen Nebenko-sten hätte Beweis erheben müssen. 2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision in einem ent-scheidenden Punkt nicht stand. a) Zutreffend hält das [X.] allerdings den Vortrag der Klä-gerin im Schriftsatz vom 7. August 2001 für entscheidungserheblich. Ist, wie der Kläger geltend macht, die von der [X.] behauptete Einigung nicht [X.] gekommen, hätte das [X.] die Klage nicht abweisen dürfen. b) Zu Recht wendet sich die Revision aber gegen die auf §§ 296 Abs. 2, 282 Abs. 1 ZPO, § 528 Abs. 3 ZPO a.F. gestützte Zurückweisung des Vortra-ges des [X.], die von der [X.] behauptete Einigung sei nicht erfolgt. Nach § 528 Abs. 3 ZPO a.F. bleiben Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen werden, ausgeschlossen. Die Vor-- 6 - aussetzungen dieser Bestimmung liegen jedoch hier nicht vor, weil das [X.] des [X.] in erster Instanz zu Unrecht zurückgewiesen worden ist und für zu Unrecht zurückgewiesene Angriffs- und Verteidigungsmittel § 528 Abs. 3 ZPO a.F. nicht gilt. [X.]) Das [X.] hätte den Vortrag des [X.] im Schriftsatz vom 7. August 2001 nicht unter Berufung auf § 282 Abs. 1 ZPO als verspätet zu-rückweisen dürfen. Nach der Rechtsprechung des [X.] (Urteil vom 1. April 1992 - [X.] - NJW 1992, 1965) findet § 282 Abs. 1 ZPO nämlich nur dann Anwendung, wenn innerhalb der Instanz mehrere [X.] stattgefunden haben und das Vorbringen nicht bereits im ersten Termin erfolgt ist. Vorbringen im ersten Termin kann dagegen nie nach § 282 Abs. 1 ZPO verspätet sein ([X.] [X.]O). Der Kläger hatte, da ihm eine Frist zur Replik nicht wirksam gesetzt worden war, das Recht, sich in der ersten mündli-chen Verhandlung zur Klageerwiderung zu äußern. Zwar ist ihm eine Frist zur Replik gesetzt worden. Nach den Feststellungen des [X.]s ist ihm aber eine Belehrung über die Folgen verspäteten Vorbringens nicht mitgeteilt [X.]. Die Auffassung der Revisionserwiderung, es handele sich bei dem [X.] auf § 282 Abs. 1 ZPO lediglich um eine falsche Bezeich-nung, [X.] und [X.] hätten vielmehr die Voraussetzungen des § 282 Abs. 2 ZPO erörtert und bejaht, trifft nicht zu. Beide Vorinstanzen haben ihre Entscheidung eindeutig auf § 282 Abs. 1 ZPO gestützt. Das [X.] hat die Bestimmung genannt. Das Berufungsgericht hat den Wortlaut der Vorschrift wiedergegeben und festgestellt, daß das [X.] § 282 Abs. 1 ZPO zu Recht bejaht habe. § 282 Abs. 2 ZPO wurde nicht geprüft. Beide Ge-richte sind allerdings, worauf die Revision zu Recht hinweist, von einem unzu-treffenden Regelungsgehalt des § 282 Abs. 1 ZPO ausgegangen. - 7 - [X.]) Zutreffend weist die Revision auch darauf hin, daß es nicht darauf ankomme, ob das [X.] das Vorbringen des [X.] nach anderen [X.], etwa nach § 296 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 282 Abs. 2 ZPO hätte zurückweisen dürfen. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs (Urteil vom 1. April 1992 [X.]O; vom 13. Dezember 1989 - [X.] - NJW 1990, 1302, 1304) darf das im Rechtszug übergeordnete Gericht die fehlerhafte Begründung der Verspätung nicht durch eine andere ersetzen oder die Zurückweisung auf eine andere als die von der Vorinstanz angewandte Vorschrift stützen. Im übrigen lägen die Voraussetzungen des § 282 Abs. 2 ZPO auch nicht vor. Nach dieser Bestimmung sind Schriftsätze so rechtzeitig einzureichen, daß der Gegner die erforderlichen Erkundigungen noch einzuzie-hen vermag. Die Beklagte hat sich nicht darauf berufen, daß sie dazu nicht in der Lage war. Der Kläger hat keinen neuen Sachvortrag gebracht, sondern le-diglich das von der [X.] bereits unter Beweis gestellte Vorbringen bestrit-ten. 3. Die von der [X.] behauptete Vereinbarung, daß sie vereinba-rungsgemäß über die Kosten für Gas und Strom hinaus keine weiteren [X.] zu tragen habe, kann damit nicht nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestan-den angesehen werden. Das Berufungsgericht wird zu klären haben, ob die - 8 - behauptete Vereinbarung zustande gekommen ist. Dazu sind die angebotenen Beweise zu erheben. Hahne [X.] Fuchs [X.] [X.]

Meta

XII ZR 23/03

04.05.2005

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.05.2005, Az. XII ZR 23/03 (REWIS RS 2005, 3701)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 3701

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