Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2001, Az. VI ZR 55/00

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 2569

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[X.] DES VOLKESURTEILVI ZR 55/00Verkündet am:15. Mai 2001Holmes,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 15. Mai 2001 durch die Vorsitzende Richterin Dr. [X.] und die [X.]. Dressler, [X.], [X.] und Paugefür Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 10. Januar 2000 aufgeho-ben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger begehrt Schadensersatz aus einem Unfall, der sich [X.] Juni 1995 auf der von der Beklagten betriebenen Mülldeponie ereignet hat.Der als Kraftfahrer bei der Firma M. angestellte Kläger hatte am [X.] den Auftrag, mit seinem aus einer Zugmaschine mit Auflieger bestehendenLKW Befestigungsmaterial auf der Deponie der Beklagten abzuladen. Zu [X.] mußte er den zur Abladestelle führenden Zufahrtsweg, die soge-nannte [X.], rückwärts befahren, um das Ladegut sodann nach hinten abzu-kippen. Nachdem der Kläger den Auflieger des LKW zum Abkippen hochgefah-ren hatte, neigte sich das Fahrzeug im Bereich der Hinterachse nach links. [X.] kippte dabei um und schlug auf das Führerhaus, das teilweise [X.] wurde. Der Kläger wurde dadurch hinter dem Lenkrad eingeklemmt underlitt schwere Verletzungen, als deren Folge er seinen Beruf als Kraftfahreraufgeben mußte.Der Kläger macht als Unfallursache geltend, die Beklagte habe gegenihre Verkehrssicherungspflichten verstoßen, weil die [X.] nicht [X.] verdichtet gewesen sei. Nach Darstellung der Beklagten ist der Unfalldagegen nur deshalb zustandegekommen, weil der Kläger seinen LKW vordem Abkippen regelwidrig nicht in gerader Linie mit Zugfahrzeug und Aufliegerzum Stehen gebracht habe, sondern in Schrägstellung, um das angelieferteMaterial in die Böschung anstatt auf dem Weg abzuladen.Das [X.] hat die auf Zahlung von Schmerzensgeld und [X.] sowie Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für zukünftigeSchäden gerichtete Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hatdas [X.] zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der [X.]ein Klagebegehren weiter.Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht hat ausgeführt, das [X.] habe die [X.] dem bei Erlaß des erstinstanzlichen Urteils gegebenen Verfahrensstandzu Recht als unschlüssig abgewiesen. Der Kläger habe sich auf das [X.] der Beklagten, er sei fahrlässig mit der Hinterachse des LKW teil-weise in schlecht befestigtes Gelände geraten, weil er das Fahrzeug [X.] 4 -rig nicht in gerader Linie auf der gut befestigten [X.], sondern schräg [X.] gebracht habe, nicht mehr geäußert, weshalb der entsprechende Vor-trag der Beklagten nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen gewe-sen sei. Erst in der Berufungsbegründung und in seinem Schriftsatz [X.] April 1999 habe der Kläger behauptet, der LKW habe im Bereich der Mitteder [X.] in gerader Linie gestanden, als unter der Hinterachse die [X.] links abgekippt sei. Diese Behauptung, über die möglicherweise noch [X.] gemäß § 358a ZPO hätte eingeholt werden [X.], das in der für den 8. November 1999 angesetzten mündlichen Verhand-lung aller Voraussicht nach vorgelegen hätte, habe der Kläger jedoch nicht [X.] erhalten. Vielmehr habe er mit Schriftsatz vom 22. November 1999 einewiederum veränderte Darstellung des Sachverhalts gegeben, wonach von ei-nem Abbrechen der Böschung keine Rede sein könne, sondern die [X.]selbst unter dem Auflieger nachgegeben habe. Dieses neue Vorbringen [X.] des Unfalls, über das allein noch hätte Beweis erhoben werden müs-sen, sei jedoch gemäß §§ 528 Abs. 2, 527 ZPO verspätet, da es der Kläger,wenn er sich vor Aufnahme des Rechtsstreits rechtzeitig um zutreffende [X.] über den Unfallhergang bemüht hätte, nach § 282 Abs. 1 ZPO bereitsin erster Instanz, spätestens aber in der Berufungsbegründung in den [X.] hätte einführen müssen, wie es in § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO ausdrücklichvorgesehen sei. Bis zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 8. November1999 hätte dann noch die Möglichkeit bestanden, eine Verzögerung durch vor-bereitende Maßnahmen des Gerichts aufzufangen. Nunmehr könne und müsseaber eine Beweiserhebung nur auf der Grundlage des letzten, erst mit Schrift-satz vom 22. November 1999 verspätet in den Rechtsstreit eingeführten neuenVorbringens erfolgen, was die Entscheidung verzögern würde. Ein Entschuldi-gungsgrund für die Verspätung sei nicht dargetan und auch nicht [X.] 5 -Da nach alledem das neue Vorbringen nicht mehr zuzulassen sei und das frü-here Vorbringen nicht mehr aufrecht erhalten werde, fehle es nach wie vor [X.] schlüssigen Klagebegründung.[X.] Ausführungen des [X.] halten den Angriffen [X.] nicht stand. Das Berufungsgericht hat das Vorbringen des [X.]unzutreffend erfaßt und die Vorschriften über die Zurückweisung verspätetenVorbringens in der Berufungsinstanz (§§ 528 Abs. 2, 527 ZPO) rechtsfehlerhaftangewendet.1. Rechtsfehlerhaft ist bereits der Ausgangspunkt des [X.], die Klage sei entsprechend der Beurteilung des [X.]s in ersterInstanz unschlüssig gewesen und erst durch neues Vorbringen in der [X.] schlüssig geworden. Das Vorbringen des [X.] war bei zutref-fendem Verständnis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vordem [X.] durchaus schlüssig. Mit Recht weist die Revision darauf hin,daß [X.] des [X.] aus der Klageschrift,der Berufungsbegründung und der persönlichen Anhörung des [X.] vordem Berufungsgericht stets gleichgeblieben ist. Der Kläger hatte von [X.] behauptet, der Unfall sei dadurch verursacht worden, daß der Auflieger desvon ihm geführten LKW beim Abkippen nach hinten im Bereich der linken Hin-terachse wegen seines schweren Gewichtes auf dem von der Beklagten unzu-reichend befestigten Untergrund an der [X.] eingebrochen, [X.] links umgekippt und auf das Fahrerhaus geschlagen sei. Hierzu hat [X.] bereits in der Klageschrift Beweis angetreten durch Einholung einesSachverständigengutachtens zum Unfallhergang anhand einer Vielzahl [X.] des umgekippten LKW an der Unfallstelle. Das [X.] hat- 6 -den zulässigerweise angebotenen Beweis verfahrensfehlerhaft nicht erhoben.Allein aus dem Umstand, daß der Kläger sich auf das [X.], er habe den Sattelzug regelwidrig nicht in gerader Linie auf der gutbefestigten [X.], sondern in Schrägstellung zur Böschung entladen, nichtmehr geäußert hat, durfte das [X.] die entsprechende Behauptung [X.] nicht gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden ansehen. Nach die-ser Vorschrift können Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, ([X.]) als zugestanden angesehen werden, wenn nicht die Absicht, sie be-streiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der [X.] hervorgeht. [X.] bereits in einem vorangegangenen widersprechenden Vortrag ein kon-kludentes Bestreiten nachfolgender Behauptungen liegen (vgl. [X.], 679, 680). Die Behauptung eines Fahrfehlers des [X.] in der [X.] war zwar ein substantiiertes Bestreiten der Beklagten zu der [X.] Behauptung des [X.], der Auflieger sei beim Abladen - sowörtlich - "einzig und alleine" infolge der unzureichenden Verdichtung des [X.] an der [X.] eingebrochen. Daraus, daß der Kläger den be-reits in der vorprozessualen Korrespondenz enthaltenen, abweichenden Sach-vortrag der Beklagten zum Unfallhergang danach nicht mehr (erneut) aus-drücklich bestritten hat, konnte unter diesen Umständen aber nicht geschlos-sen werden, daß er ihn nunmehr unstreitig stellen wollte, denn sonst wäre be-reits die Klageerhebung unverständlich gewesen. Wenn das [X.] an-gesichts der widersprüchlichen Darstellung der [X.]en zum [X.] Zweifel hegte, ob der Kläger seine ursprüngliche Behauptung [X.]erhalten wollte, so wäre es nach § 139 ZPO jedenfalls zu einer aufklären-den Frage verpflichtet gewesen, bevor es die Klage unter Bezugnahme auf§ 138 Abs. 3 ZPO als unschlüssig [X.] 7 -2. Ist danach bereits der Ausgangspunkt des [X.] unzu-treffend, das [X.] habe mit der gegebenen Begründung die Klage [X.] als unschlüssig abgewiesen, so erweist sich auch die hierauf [X.] Beurteilung als rechtsfehlerhaft, das (neue) Vorbringen des [X.] in derBerufungsinstanz zum Unfallhergang sei nach §§ 528 Abs. 2, 527 ZPO wegenVerspätung nicht zuzulassen.a) Das Berufungsgericht will einen Widerspruch sehen zwischen [X.] des [X.] in der Berufungsbegründung, der LKW habe im Bereichder Mitte der [X.] in gerader Linie gestanden, als unter der Hinterachse [X.] abgebrochen sei, zu seinem Vorbringen im Schriftsatz vom22. November 1999, die [X.] selbst habe unter dem Auflieger nachgegeben.Dabei übersieht es, daß der Vortrag des [X.] bereits im Schriftsatz [X.] April 1999 dahin ging, beim Ausfahren der auf dem Auflieger befindlichenMulde sei "das Material unter dem linken Hinterrad" weggebrochen, was dazugeführt habe, daß der Auflieger seitlich umgeschlagen sei. Spätestens [X.] das Berufungsgericht mit hinreichender Deutlichkeit erkennen können,daß [X.] des Klagevorbringens nach wie vor war, der Unfall sei"einzig und alleine" auf eine unzureichende Befestigung des Untergrundes ander [X.] durch die Beklagte zurückzuführen. Ob dies nun lediglich einEinsinken der linken Hinterachse auf dem [X.] oder sogar ein Abbre-chen der Böschung zur Folge hatte, ist - weil beides zum Umkippen des Auflie-gers geeignet war - für eine Haftung der Beklagten wegen Verletzung ihrerVerkehrssicherungspflicht unerheblich und konnte dem spätestens nach Ein-gang des Schriftsatzes des [X.] vom 14. April 1999 vom Berufungsgerichtgemäß § 358a ZPO einzuholenden Sachverständigengutachten überlassenbleiben, wobei das Berufungsgericht selbst davon ausgeht, daß dessen Ein-- 8 -holung rechtzeitig vor dem erst für den 8. November 1999 angesetzten erstenTermin zur mündlichen Verhandlung möglich gewesen wäre.b) Das Berufungsgericht hat insoweit übertriebene Anforderungen an dieDarlegungslast des [X.] gestellt. In welchem Maße eine [X.] ihr Vorbrin-gen durch die Darlegung konkreter einzelner Tatsachen substantiieren muß,hängt vom Einzelfall ab, wobei insbesondere zu berücksichtigen ist, ob sich [X.], die Gegenstand des [X.]vortrages sind, im Wahrnehmungs-bereich der [X.] abgespielt haben (vgl. [X.], Urteil vom 13. März 1996- VIII ZR 36/95 - NJW 1996, 1826, 1827; Urteil vom 25. November 1998- VIII ZR 345/97 - NJW-RR 1999, 360). Nicht ohne Berechtigung macht die [X.] geltend, daß der Kläger, der bei dem Unfall im Führerhaus eingeklemmtworden war und nach seiner Befreiung durch die Rettungsdienste schwer ver-letzt abtransportiert wurde, nicht in der Lage gewesen sei, festzustellen, ob dasEinsinken der linken Hinterachse beim Abladen auf ein Nachgeben der [X.]selbst oder ein Abbrechen der Böschung zurückgeführt werden kann. [X.] Umständen durfte er sich ohne Verstoß gegen § 138 und § 282 Abs. 1ZPO darauf beschränken zu behaupten, das Einsinken der linken [X.] das dadurch verursachte Umkippen des Hängers seien "einzig und alleine"auf eine unzureichende Befestigung der vorgesehenen [X.] durch [X.] zurückzuführen. Dies gilt umso mehr, als nach dem insoweit überein-stimmenden Vorbringen der [X.]en das Unfallgeschehen selbst niemand ge-sehen hatte und sich der Kläger für eine Rekonstruktion des von ihm behaup-teten Unfallhergangs im wesentlichen nur auf die im nachhinein gefertigtenLichtbilder stützen konnte.c) Selbst wenn das Vorbringen des [X.] im Schriftsatz vom22. November 1999, die [X.] selbst habe unter dem Auflieger nachgegeben,- 9 -neu gewesen wäre, so könnte dies eine Nichtberücksichtigung gemäß §§ 528Abs. 2, 527 ZPO nicht rechtfertigen, denn das Berufungsgericht hat das ange-nommene Verschulden des [X.] für eine Verspätung nicht nachprüfbar undrechtsfehlerfrei festgestellt (vgl. hierzu [X.] NJW 1992, 2556, 2557; 1987,1621; [X.], Urteil vom 10. November 1988 - [X.] - NJW 1989, 717,718). Mit Recht rügt die Revision, das Berufungsgericht habe sich dabei ver-fahrensfehlerhaft auf den Satz beschränkt, ein [X.] für [X.] sei nicht dargetan und auch nicht ersichtlich, obwohl der Kläger,der selbst in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am6. Dezember 1999 nicht anwesend war, mit Schriftsatz vom 17. Dezember1999 - also noch rechtzeitig vor dem anberaumten [X.] [X.] - im Hinblick auf den in der vorangegangenen mündlichenVerhandlung ergangenen Hinweis auf eine etwaige Verspätung Entschuldi-gungsgründe dargetan hatte. Dabei hat er insbesondere darauf hingewiesen,daß er unmittelbar nach dem [X.] infolge seiner schweren Verlet-zungen das Bewußtsein verloren habe und es deshalb für ihn ausgesprochenmühevoll sei, das Unfallgeschehen (genau) zu rekonstruieren. Abgesehen da-von, daß dies bereits aufgrund des unstreitigen Sachverhalts nahelag, hättedas Berufungsgericht dies - gegebenenfalls nach einer Wiedereröffnung dermündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO - bei seiner Beurteilung berück-sichtigen müssen, zumal es den Prozeßbevollmächtigten des [X.] in derletzten mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hatte, es werde erwägen,ein in Kürze nachgereichtes Vorbringen zu [X.] 10 -3. Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. [X.] wird bei seiner erneuten Verhandlung unter [X.] Beweisangebote der [X.]en zu prüfen haben, ob sich das [X.] - gegebenenfalls mit Hilfe eines Sachverständigen - rekonstruieren läßt.Dr. [X.] Dr. Dressler [X.] [X.] Pauge

Meta

VI ZR 55/00

15.05.2001

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2001, Az. VI ZR 55/00 (REWIS RS 2001, 2569)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 2569

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