Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.02.2012, Az. VII ZB 49/10

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 9263

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 49/10

vom

9. Februar
2012

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
ZPO § 836 Abs. 1 Satz 1
a)
Hat der Gläubiger Ansprüche des Schuldners gegen ein Kreditinstitut gepfän-det, die sowohl auf Auszahlung der positiven Salden gerichtet sind als auch auf die Auszahlung des dem Schuldner eingeräumten Kredits, muss in den Pfän-dungs-
und Überweisungsbeschluss auf Antrag des Gläubigers die Pflicht zur Herausgabe sämtlicher Kontoauszüge aufgenommen werden.
b)
Eine etwaige Verletzung des Rechts des Schuldners auf Geheimhaltung oder informationelle Selbstbestimmung durch Preisgabe der in den [X.] enthaltenen Informationen muss der Schuldner im Wege der Erinnerung gel-tend machen.
c)
Der Gerichtsvollzieher kann in entsprechender Anwendung des §
765a Abs.
2 ZPO die Herausgabe der Kontounterlagen an den Gläubiger um bis zu eine Woche aufschieben.

[X.], Beschluss vom 9. Februar 2012 -
VII ZB 49/10 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat am 9. Februar 2012
durch [X.]
Dr.
[X.], [X.]
Kuffer, die Richterin
[X.], [X.] Eick
und den Richter Halfmeier
beschlossen:
Der Beschluss der 2.
Zivilkammer des
[X.]s [X.] vom 5.
August
2010 (2 [X.]) sowie der Beschluss des Amtsge-richts [X.] -
Vollstreckungsgericht
-
vom 16.
Dezember
2009 (582 [X.]/09)
werden aufgehoben, soweit dort die Herausga-be der laufenden Kontoauszüge abgelehnt worden ist.
Der
Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts [X.] -
Vollstreckungsgericht
-
vom 16.
Dezember
2009 (582
M
18164/09) wird unter Nr.
9 um die Anordnung ergänzt, dass der Schuldner diejenigen
Kontoauszüge, nach seiner Wahl auch Kopien hiervon,
an die Gläubigerin herauszugeben hat, die Buchungsvorgänge betreffen, welche
seit dem 16.
De-zember
2009
erfolgt sind.
Der Schuldner
trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat
wegen einer titulierten Forderung der Gläubigerin
über 678,78

Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss erlassen. Dieser 1
-
3
-
bezieht sich unter anderem auf angebliche, wie folgt bezeichnete Forderungen des Schuldners gegen die Drittschuldnerin, eine Sparkasse:
"1. Anspruch des Schuldners auf Gutschrift von zu seinen Guns-ten eingehenden Beträgen
2. auf Auszahlung sowohl des sich zum Zeitpunkt der Zustellung dieses Beschlusses an die Drittschuldnerin ergebenden als auch jedes späteren aktiven Kontokorrentsaldos oder sonstiger Gutha-ben, auch zwischen den Abschlüssen
3. Auszahlung oder Überweisung des derzeitigen und jedes künf-tigen Guthabens an Dritte
4. Auszahlung des Dispositionskredites für den Fall des Abrufs durch den Schuldner
5.
aus seinem bei der Drittschuldnerin geführten Sparkonto, auf Auszahlung des Gu

6.
der Anspruch auf Zahlung und Leistung jeglicher Art aus dem zu dem [X.] gehörenden Geldkonto

9. Gem. §
836 Abs.
3 ZPO wird angeordnet: Der Schuldner ist verpflichtet, die zur Geltendmachung der Forderung nötigen
Aus-künfte zu erteilen und ihm über die Forderung vorhandenen Ur-kunden herauszugeben; insbesondere hat er herauszugeben: [X.], Sparvertrag, Sparbücher."
Den Antrag der Gläubigerin, im Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss zugleich nach §
836 Abs.
3
ZPO anzuordnen, dass der Schuldner verpflichtet sei, "laufende Kontoauszüge seit Zustellung des vorläufigen Zahlungsverbots bzw. des Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses"
herauszugeben,
hat das Amtsgericht abgelehnt.
Gegen diese
Ablehnung
des Antrags hat die Gläubigerin sofortige Be-schwerde eingelegt, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat. Das [X.] 2
3
-
4
-
hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zuge-lassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihr Begehren weiter.

II.
Die nach
§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2, Abs.
3 Satz
2 ZPO statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
1. Das [X.] ist der Auffassung, dass sich die Herausgabepflicht aus §
836 Abs.
3 Satz
1 ZPO nicht auf die Kontoauszüge bezieht. Zwar sei §
836 Abs.
3 Satz
1 ZPO nach Sinn und Zweck weit auszulegen. Die Vorschrift diene den Interessen des Gläubigers, die zur Durchsetzung der Forderung not-wendigen
Informationen zu erhalten. Allerdings solle der Gläubiger dadurch keine Information erhalten, die keine Beziehung zu dem gepfändeten Hauptan-spruch auf Auszahlung des positiven Saldos habe. Der Gläubiger könne sich im Falle der Vorlage sämtlicher Kontoauszüge umfassend über die gesamte Ge-schäftstätigkeit des Schuldners informieren. Damit würde die Herausgabe der Kontoauszüge auf eine unzulässige, von der Zivilprozessordnung nicht vorge-sehene
Ausforschungspfändung hinauslaufen. Das [X.] sei durch die [X.] hinreichend gesichert. Dass diese
vorrangig sei, folge aus der Entscheidung des [X.] vom 8.
November
2005 (XI
ZR
90/05, [X.]Z 165, 53).
2. Das
hält der rechtlichen
Nachprüfung
nicht stand.
a) Gemäß §
836 Abs.
3 Satz
1 ZPO ist der Schuldner verpflichtet, dem Gläubiger die zur Einziehung der gepfändeten Forderung nötige Auskunft zu erteilen und ihm die über die Forderung vorhandenen Urkunden herauszuge-ben. Die Vorschrift
soll dem Gläubiger die Einziehung der Forderung beim Dritt-4
5
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7
-
5
-
schuldner erleichtern. Die Auskunfts-
und Herausgabepflicht dient seinem Inte-resse, die zur Durchsetzung der Forderung notwendigen Informationen zu [X.]. Der Gläubiger soll in die Lage versetzt werden, die Aussichten einer Drittschuldnerklage zu überprüfen und notfalls eine solche exakt beziffern [X.]. Unnötige und risikobehaftete Drittschuldnerklagen sollen vermieden wer-den ([X.], Beschluss vom 20.
Dezember
2006 -
VII ZB 58/06, [X.], 606 Rn.
8
f.). Die
Herausgabepflicht
des Schuldners
betrifft Urkunden, die den Gläubiger als zur Empfangnahme der Leistung berechtigt legitimieren, sowie solche, die den Bestand der Forderung beweisen oder sonst der Ermittlung oder
dem Nachweis ihrer Höhe, Fälligkeit oder Einredefreiheit dienen ([X.], Beschluss vom 20.
Dezember
2006 -
VII
ZB
58/06, [X.], 606 Rn.
6; [X.] vom 28.
Juni
2006 -
VII
ZB
142/05, NJW-RR 2006, 1576 Rn.
8; [X.] vom 14.
Februar
2003 -
IXa
ZB
53/03, NJW 2003, 1256). Kontoauszü-ge sind danach herauszugeben, soweit sie dem Gläubiger die Einziehung der Forderung in dem dargestellten Sinn erleichtern (vgl. [X.], Urteil vom 8.
November 2005 -
XI
ZR
90/05, [X.]Z 165, 53, 59), wobei die Herausgabe von Kopien der Kontoauszüge genügt (vgl. [X.], Forderungspfändung, 15.
Aufl., Rn.
624; [X.]/[X.], ZPO, 29.
Aufl., §
836 Rn.
14).
b) Sind, wie hier, Ansprüche gepfändet, die sowohl auf Auszahlung der positiven Salden gerichtet sind als auch auf
Auszahlung des dem Schuldner eingeräumten Kredits oder Darlehens, sind die gesamten Kontoauszüge geeig-net, die einredefreie Forderung des Gläubigers gegen das Kreditinstitut zu [X.] und insoweit die Durchsetzung der Forderung zu erleichtern.
aa) Der Gläubiger hat
das im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Pfän-dung vorhandene Kontokorrentguthaben, den sogenannten Zustellungssaldo (vgl. [X.], Urteil vom 13.
März
1981 -
I
ZR
5/79, [X.]Z 80, 172, 176
ff.), und die künftigen [X.] zum Ende der jeweiligen [X.] 8
9
-
6
-
gepfändet (vgl. [X.], Urteil vom 13.
März
1981 -
I
ZR
5/79, [X.]Z 80, 172, 181). Die Pfändung
erfasst weiter den
Anspruch
des Bankkunden auf Auszah-lung des nach jeder Kontoverfügung neu entstehenden Saldos (sog. Tages-
oder Zwischensaldo, vgl. [X.]/Bunte/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
33 Rn.
52)
einschließlich des
Rechts, über das Guthaben zu verfügen (vgl. [X.], Urteil vom
30.
Juni
1982 -
VIII
ZR
129/81, [X.]Z 84, 325, 329
ff.; Urteil vom 8.
Juli
1982 -
I [X.], [X.]Z 84, 371, 373 ff.) sowie die
Zahlungsansprüche aus Spar-
oder Wertpapierverwaltungsverträgen.
bb) Die ausgebrachte Pfändung erfasst auch den
Anspruch auf Auszah-lung des von der Drittschuldnerin eingeräumten Kredits oder Darlehens in der noch nicht zur Auszahlung gelangten Höhe. Dazu gehören auch Ansprüche aus einem dem Schuldner eingeräumten Dispositionskredit. Diese sind pfändbar, soweit der Schuldner den Kredit durch Abruf eines Geldbetrages, das heißt
durch eine Abhebung, Überweisung oder Zustimmung zu Lastschriften, in [X.] nimmt. Mit dem Abruf entsteht ein
Zahlungsanspruch des Schuldners gegen die Bank, der dem Gläubigerzugriff im Wege der Pfändung offensteht ([X.], Urteil vom 29.
März
2001 -
IX
ZR
34/00, [X.]Z 147, 193, 196 ff.; Urteil vom 22.
Januar
2004 -
IX
ZR
39/03, [X.]Z 157, 350, 355
f.; Urteil vom 9.
Juni
2011 -
IX ZR 179/08, [X.], 1324 Rn.
13).
cc) Sowohl Kontoauszüge, die positive Salden ausweisen, als auch sol-che, die negative Salden dokumentieren,
sind daher geeignet, Forderungen gegen die Drittschuldnerin zu belegen und zu beziffern. Die gesamten Konto-auszüge unterliegen daher der Herausgabeanordnung gemäß §
836 Abs.
3 Satz
1 ZPO.
10
11
-
7
-
c) Eine Einschränkung der Anordnung, die Kontoauszüge herauszuge-ben, ist nicht gerechtfertigt. Die Anordnung ist in dem vom Gläubiger beantrag-ten Umfang in den Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss aufzunehmen.
In Rechtsprechung und Literatur ist allerdings strittig, ob und
inwieweit die Anordnung auf Herausgabe der Kontoauszüge zu beschränken ist. Zum Teil wird die Herausgabepflicht ohne Einschränkungen bejaht ([X.], Rpfleger 2009, 397, 398; [X.], Rpfleger 2009, 39; [X.], [X.] 2007,
90; [X.]/[X.], ZPO, 29.
Aufl., § 836 Rn.
13; Musielak/[X.], ZPO, 8.
Aufl., §
836 Rn.
7;
[X.], ZPO, 22. Aufl., §
836 Rn.
14 Fn.
43), zum Teil wird sie insgesamt verneint ([X.], Rpfleger 2008, 211; [X.], [X.] 1989, 29; [X.], [X.] 2011, 262
f.; [X.]/[X.]/
[X.]/[X.], ZPO, 70.
Aufl.,
§
836 Rn.
8). Vertreten werden auch vermit-telnde Ansichten, die eine Herausgabepflicht unter Einschränkungen annehmen ([X.], [X.] 2006, 93, 95 -
herauszugeben sind nur Auszüge über den positiven
Saldo; ebenso [X.]/Walker/[X.], Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 5.
Aufl., §
836 Rn.
12; PG/[X.], ZPO, 3.
Aufl., §
836 Rn.
29; [X.], Forderungspfändung, 15.
Aufl., Rn.
623b; [X.], Rpfleger 2010, 95, 96 -
Herausgabepflicht mit der Möglichkeit zur Schwärzung einzelner Buchungen; ebenso [X.],
[X.], 610; Kohte/[X.], [X.], 66, 67 -
Herausgabe des [X.], aus dem sich der [X.] ergibt; [X.], [X.] 2011, 257 -
Herausgabeanordnung erst nach Vorlage
von Drittschuldnerauskünften).
Für die vorliegende Fallgestaltung
schließt sich der Senat
im Grundsatz
der erstgenannten Auffassung an.
aa) Eine
Beschränkung der Anordnung zur Herausgabe der Kontoaus-züge auf bestimmte Auszugsblätter, etwa solche,
die positive Salden auswei-12
13
14
15
-
8
-
sen, kommt angesichts des Umfangs der ausgebrachten Pfändung nicht in [X.] (vgl. zutreffend [X.], [X.] 2007, 90).
bb) Die Anordnung
ist nicht wegen des Verbots einer unzulässigen Aus-forschungspfändung einzuschränken.
Zu Unrecht beruft sich das Beschwerde-gericht insoweit auf das Urteil des [X.] vom 8.
November
2005
(XI [X.], [X.]Z 165, 53, 58
f.).
Dort wurde
die Pfändung des umfassenden Auskunftsanspruchs des Schuldners gegen den Drittschuldner, eine Bank, un-ter anderem deshalb abgelehnt, weil der Gläubiger sich
umfassend über die gesamte Geschäftstätigkeit des Schuldners informieren und so [X.] ausbringen könnte. Diese Erwägung rechtfertigt grundsätzlich keine Ein-schränkung des gegen den Schuldner gerichteten Anspruchs
auf Herausgabe der Kontoauszüge. Der Schuldner ist
die primäre Auskunftsquelle des [X.]. Er hat Auskunft zu geben und Urkunden vorzulegen, auch wenn gegen den Drittschuldner kein Auskunftsanspruch
besteht
(vgl. [X.], Urteil vom 8.
November
2005 -
XI
ZR
90/05, aaO, S.
57
ff.).
Die vom Schuldner vorzule-genden Kontoauszüge können zwar mehr Informationen enthalten, als der Gläubiger für die Zwangsvollstreckung benötigt. Das hat der Schuldner auf der Grundlage der weit auszulegenden Vorschrift des §
836 Abs.
3 Satz
1 ZPO
([X.], Beschluss vom 20.
Dezember
2006 -
VII
ZB
58/06, [X.], 606 Rn.
9)
aber
grundsätzlich
hinzunehmen.
Eine gewisse Ausforschung ist auch sonst dem Zwangsvollstreckungsverfahren nicht
fremd (vgl. [X.], Beschluss vom 19.
März
2004 -
IXa [X.], NJW 2004, 2096, 2098; Bitter, [X.] §
829 ZPO 4.04).
cc) Eine Einschränkung der Anordnung zur Herausgabe ist
nicht deshalb geboten, weil der Gläubiger den Schuldner zur Auskunft zwingen (§
836 Abs.
3 Satz
2, §§
900, 901 ZPO)
bzw. vom Drittschuldner die Abgabe der in §
840 Abs.
1 ZPO
bezeichneten Erklärungen fordern kann. Diese Möglichkeiten der
16
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-
9
-
Informationsgewinnung sind
-
anders als das Beschwerdegericht (ebenso [X.], [X.] 2011, 257; [X.],
Rpfleger 2008, 211, 212) meint -
ge-genüber dem
Herausgabeanspruch nach § 836
Abs.
3 Satz
1 ZPO nicht vor-rangig, sondern stehen dem Gläubiger daneben zur Verfügung ([X.], [X.] 1995, 163; [X.], Rpfleger 2009, 397, 398; [X.], Rpfleger
2009, 39; [X.]/[X.], ZPO, 29.
Aufl., § 836 Rn.
11; [X.], Forde-rungspfändung, 15.
Aufl., Rn.
623; [X.]/Schütze/[X.], ZPO, 3.
Aufl., §
836 Rn.
14; [X.], ZPO, 3.
Aufl., §
836 Rn.
18; [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
836 Rn.
18 m.w.N.).
dd) Schließlich
ergibt sich keine Beschränkung der Herausgabeanord-nung im Hinblick
auf
ein Recht des Schuldners zur
Geheimhaltung oder sein
Recht auf informationelle Selbstbestimmung
(vgl. dazu [X.] 61, 1, 41
ff.; [X.], NJW 1988, 3009).
(1) Da die Anordnung, die Kontoauszüge herauszugeben, auf Antrag des Gläubigers bereits in den
Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss
aufzuneh-men ist
(vgl. [X.], Beschluss vom 28.
Juni
2006 -
VII
ZB
142/05, NJW-RR 2006, 1576 Rn.
9), kann
das Vollstreckungsgericht regelmäßig nicht feststellen,
ob
sie
unzulässig in ein Recht des Schuldners auf
Geheimhaltung
oder informa-tionelle Selbstbestimmung
eingreift. Der Schuldner wird vor dem Erlass des [X.]es nicht gehört, §
834 ZPO. Ob die Preisgabe einzelner
Angaben auf den [X.], etwa zur Person des Anweisenden oder [X.] oder zum Verwendungszweck,
die Rechte des Schuldners beeinträchti-gen kann, ist
nicht absehbar. Allein diese
Möglichkeit
rechtfertigt
keine Ein-schränkung der Herausgabeanordnung.

(2) Allerdings ist auch in der Zwangsvollstreckung das Recht des Schuldners auf Geheimhaltung und das Recht auf informationelle Selbstbe-18
19
20
-
10
-
stimmung zu wahren. Diese Rechte
werden
ausreichend dadurch geschützt, dass der
Schuldner
mit der Vollstreckungserinnerung (§
766
ZPO) gegen die Herausgabeanordnung vorgehen
kann.
Die Erinnerung ermöglicht dem Voll-streckungsgericht
die Prüfung, ob im Ausnahmefall unter Abwägung aller Um-stände, zu denen auch das Interesse des Gläubigers an ausreichender Informa-tion über den gepfändeten Anspruch gehört, die
Rechte
auf informationelle Selbstbestimmung und
Geheimhaltung verletzt sind. Allerdings muss zur [X.] (Art.
19 Abs.
4 GG) gewährleistet sein, dass in den Fällen, in denen diese
Rechte
gefährdet sein könnten, die geheim-haltungsbedürftigen Informationen nicht vor einer Entscheidung des [X.] an den Gläubiger herausgegeben werden. Insoweit bietet sich die entsprechende Anwendung des §
765a Abs.
2 ZPO an, weil die Wegnahme der Kontoauszüge ebenfalls nach den Vorschriften über die Zwangsvollstre-ckung zur Herausgabe beweglicher Sachen erfolgt (§
836 Abs.
3 Satz
3, §
883 ZPO) und eine vergleichbare Problem-
und Interessenlage besteht. Danach kann der Gerichtsvollzieher
die
Herausgabe
der
Kontounterlagen an den Gläu-biger bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine
Woche,
aufschieben, wenn der Schuldner ihm
in glaubhafter Weise zur Kenntnis bringt, dass bei Herausgabe der Kontounterlagen
das Recht auf in-formationelle Selbstbestimmung oder
ein Recht auf Geheimhaltung beeinträch-tigt
wäre und ihm, dem Schuldner,
die rechtzeitige Anrufung des [X.] nicht möglich war. Bis zum Ablauf der Wochenfrist hat der Schuldner danach Gelegenheit, eine Entscheidung des Vollstreckungsgerichts,
gegebenenfalls in Form des
einstweiligen Rechtsschutzes (§
766 Abs.
1 Satz
2, §
732 Abs.
2 ZPO),
zu erwirken.
(3) Da der Schuldner
im vorliegenden Verfahren keinen Vortrag gehalten hat, aus dem sich Hinweise auf ein Geheimhaltungsinteresse
oder eine
Ein-schränkung der Herausgabepflicht
wegen seines Rechts auf informationelle 21
-
11
-
Selbstbestimmung ergeben, waren sämtliche
beantragten Unterlagen heraus-zugeben.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1
ZPO.

[X.]
Kuffer
[X.]

Eick

Halfmeier
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.12.2009 -
582 [X.]/09 -

LG [X.], Entscheidung vom 05.08.2010 -
2 [X.] -

22

Meta

VII ZB 49/10

09.02.2012

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.02.2012, Az. VII ZB 49/10 (REWIS RS 2012, 9263)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9263

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VII ZB 49/10

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