Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.02.2012, Az. VII ZB 59/09

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 8825

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 59/09

vom

23. Februar 2012

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 836 Abs. 3 Satz 1, § 857
a)
Hat der Gläubiger Ansprüche des Schuldners gegen ein Kreditinstitut gepfän-det, die sowohl auf Auszahlung der positiven [X.] gerichtet sind als auch auf Auszahlung des dem Schuldner eingeräumten Kredits, muss in den Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss auf Antrag des Gläubigers die Pflicht zur Heraus-gabe sämtlicher Kontoauszüge aufgenommen werden.
b)
Eine Anordnung des Vollstreckungsgerichts im Pfändungs-
und Überweisungs-beschluss dahingehend, dass dem Schuldner gestattet wird, Schwärzungen in den [X.] vorzunehmen, kommt nicht in Betracht. Etwaige [X.] seiner Rechte auf Gemeinhaltung oder informationelle Selbstbestimmung durch Preisgabe der in den [X.] enthaltenen Informationen muss der Schuldner im Wege der Erinnerung geltend machen (Fortführung von [X.], Beschluss vom 9.
Februar
2012 -
VII
ZB
49/10, zur Veröffentlichung in [X.]Z vorgesehen).
[X.], Beschluss vom 23. Februar 2012 -
VII ZB 59/09 -
LG [X.]

AG Pfaffenhofen

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat
am 23. Februar 2012 durch den Vorsitzenden [X.] Prof.
Dr.
[X.], den [X.] Dr.
Kuffer, die [X.]in
[X.], den [X.] [X.] und den [X.] Prof.
[X.]
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubiger
wird der Beschluss der 1.
Zivilkammer des [X.] vom 20.
Mai
2009
aufgehoben, soweit dem Schuldner dort gestattet wird, sämtliche Angaben in den von ihm herauszugebenden [X.] zu den einzelnen Buchungsvorgängen -
mit Ausnahme der sich zu seinen Gunsten bzw. Ungunsten ergebenden Tagessalden
-
zu schwärzen.
Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen die Gläubiger zu 2/3 und der Schuldner zu 1/3.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat wegen
einer titulierten Forderung der
Gläubiger über 2.121,48

üglich Kosten in Höhe von 57,96

-
und Überweisungsbeschluss erlassen, mit dem alle Ansprüche des Schuldners ge-gen die Drittschuldnerin aus den
dort geführten Konten, [X.]
-
3
-
sen, Sparverträgen, Kreditverträgen, [X.] und Depots gepfän-det und den Gläubigern zur gesamten Hand zur Einziehung überwiesen [X.]. Die darüber hinaus beantragte Pfändung angeblicher Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin auf Erteilung von [X.] und [X.] über die bei ihr geführten Konten hat das Amtsgericht abgelehnt. Den Antrag der Gläubiger, den Schuldner zur Herausgabe der [X.] für die bei der Drittschuldnerin unterhaltenen Spar-, Giro-
und sonstigen Konten ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses zu verpflichten, hat es zurückgewiesen. Auf die so-fortige Beschwerde der Gläubiger hat das Beschwerdegericht das Amtsgericht angewiesen, den Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss zu ergänzen
und die Herausgabe von [X.] in Kopie durch den Schuldner mit der [X.] anzuordnen, dass es dem Schuldner gestattet sei, sämtliche Angaben zu den einzelnen Buchungsvorgängen -
mit Ausnahme des sich zu seinen Guns-ten bzw. Ungunsten ergebenden Tagessaldos
-
zu schwärzen. Hinsichtlich der
mit der sofortigen Beschwerde darüber hinaus weiter verfolgten Pfändung an-geblicher Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin auf Erteilung von [X.] und [X.] hat es das Rechtsmittel zu-rückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen [X.] verfolgen die Gläubiger ihr Vollstreckungsbegehren in dem Umfang weiter, in dem das Beschwerdegericht zu ihrem Nachteil entschieden hat.

II.
Die gemäß
§
574 Abs.
1 Nr.
2, Abs.
3 Satz
2, §
575 ZPO insgesamt statthafte und zulässige Rechtsbeschwerde ist nur teilweise begründet.
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1. Das Beschwerdegericht hat den Schuldner grundsätzlich für verpflich-tet erachtet, Ablichtungen der Kontoauszüge über die von
ihm bei der [X.] unterhaltenen Spar-, Giro-
und sonstigen Konten für den Zeitraum ab Zustellung des Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses herauszugeben. Allerdings sei das berechtigte Interesse des Gläubigers
an der Erlangung der Kontoauszüge
mit Rücksicht auf das Grundrecht des Schuldners auf [X.] Selbstbestimmung sowie im Hinblick auf den Grundsatz der
Verhältnis-mäßigkeit inhaltlich auf diejenigen
Informationen beschränkt, welche er
zur [X.] oder gerichtlichen Geltendmachung der gepfändeten Forde-rung benötige. Deshalb sei es dem Schuldner zu gestatten, die in den [X.] enthaltenen Angaben zu den einzelnen Buchungsvorgängen, die [X.] Beziehung zu dem gepfändeten Anspruch auf Auszahlung eines
positiven Saldos hätten, zu schwärzen.
Soweit die Gläubiger die Pfändung angeblicher Ansprüche des [X.] gegen die Drittschuldnerin auf Erteilung von [X.] und [X.] begehrten, sei ihre sofortige Beschwerde unbegründet. Die-ser selbständige, vom Bestehen des gepfändeten Anspruchs auf Auszahlung eines positiven Guthabens unabhängige Anspruch sei nach der Rechtspre-chung des [X.] nicht pfändbar. Von der Pfändung des [X.] auf Auszahlung des Guthabens als Nebenanspruch umfasst sei ledig-lich ein -
ebenfalls aus § 666 BGB herzuleitender
-
unselbständiger Auskunfts-anspruch des Schuldners.
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nur zum Teil stand.
a) Gemäß §
836 Abs.
3 Satz
1 ZPO ist der Schuldner verpflichtet, dem Gläubiger die zur Einziehung der gepfändeten Forderung nötige Auskunft zu erteilen und ihm die über die Forderung vorhandenen Urkunden herauszuge-3
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ben. Die [X.] betrifft Urkunden, die den Gläubiger als zur Emp-fangnahme der Leistung legitimieren, sowie solche,
die den Bestand der Forde-rung beweisen oder sonst der Ermittlung oder dem Nachweis ihrer Höhe, Fäl-ligkeit oder Einredefreiheit dienen. Zu Recht und in Übereinstimmung mit der im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung allerdings noch nicht bekannten Recht-sprechung des [X.]s geht das Beschwerdegericht davon aus, dass danach auch Kontoauszüge herauszugeben sind, soweit sie dem Gläubiger die [X.] in dem dargestellten Sinn erleichtern. Sind, wie hier, An-sprüche gepfändet, die sowohl auf Auszahlung der positiven [X.] gerichtet sind als auch auf Auszahlung eines
dem Schuldner eingeräumten Kredits oder Darlehens, sind die gesamten Kontoauszüge geeignet, die einredefreie Forde-rung des Gläubigers gegen das Kreditinstitut zu belegen und insoweit die Durchsetzung der Forderung zu erleichtern
(zum Ganzen: [X.], Beschluss vom 9.
Februar
2012 -
VII
ZB
49/10, m.w.N., zur Veröffentlichung in [X.]Z vorgese-hen).
Eine Einschränkung der Herausgabeanordnung dahingehend, es dem Schuldner zu gestatten, die in den [X.] enthaltenen Angaben zu den einzelnen Buchungsvorgängen zu schwärzen, ist entgegen der Auffassung des [X.] nicht gerechtfertigt.
[X.]) Eine solche Beschränkung der Herausgabeanordnung ergibt sich nicht aus dem Recht des Schuldners zur Geheimhaltung oder seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Der [X.] hat bereits darauf hingewiesen, dass der Schuldner zur Wahrung dieser Rechte mit der Vollstreckungserinne-rung (§
766 ZPO) gegen die Herausgabeanordnung vorgehen und [X.] entsprechend §
765a Abs.
2 ZPO einen Aufschub der Herausgabe an den Gerichtsvollzieher von bis zu einer Woche erreichen kann
([X.], Beschluss vom 9.
Februar
2012 -
VII
ZB
49/10).
Da er hier, wie regelmäßig, vor Erlass des 7
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6
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Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses nicht gehört worden ist und auch im weiteren Verfahren keinen Vortrag gehalten hat, aus dem sich Hinweise auf ein Geheimhaltungsinteresse oder eine Beschränkung der [X.] we-gen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ergeben, besteht kein Anlass, den Gläubigern die in den [X.] über dort ausgewiesene po-sitive [X.] hinaus enthaltenen Informationen dadurch vorzuenthalten, dass dem Schuldner entsprechende Schwärzungen gestattet werden.
bb) Die Herausgabeanordnung ist nicht wegen des Verbots einer unzu-lässigen Ausforschungspfändung einzuschränken. Die vom Schuldner vorzule-genden Kontoauszüge können zwar mehr Informationen enthalten, als der Gläubiger für die Zwangsvollstreckung benötigt. Das hat der Schuldner
auf der Grundlage der weit auszulegenden Vorschrift des §
836 Abs.
3 Satz
1 ZPO aber grundsätzlich hinzunehmen. Eine gewisse Ausforschung ist auch sonst dem Zwangsvollstreckungsverfahren nicht fremd ([X.], Beschluss vom 9. [X.] 2012 -
VII
ZB
49/10 m.w.N.).
b) Ohne Erfolg wenden sich die Gläubiger gegen die Zurückweisung ih-res Antrages auf Pfändung des angeblichen Anspruchs des Schuldners auf Er-teilung von [X.] und [X.]. Sie selbst gehen da-von aus, dass es sich dabei nicht um einen als Nebenanspruch ohnehin mitge-pfändeten, nach §§ 412, 401 BGB auf den Gläubiger übergehenden Auskunfts-anspruch (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 18.
Juli
2003 -
IXa ZB
148/03, NJW-RR 2003, 1555), sondern um einen selbständigen Anspruch aus dem [X.] handelt. Dieser Anspruch kann nach der Rechtsprechung des [X.] nicht gepfändet werden ([X.], Urteil vom 8.
November
2005

XI
ZR 90/05, [X.]Z 165, 53, 60).
Die Ausführungen der Rechtsbeschwerde geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.
9
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III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
92 Abs. 1,
§ 97 Abs. 1 ZPO.

[X.]
Kuffer
[X.]

[X.]

[X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 19.03.2009 -
2 M 304/09 -

LG [X.], Entscheidung vom 20.05.2009 -
12 [X.]/09 -

11

Meta

VII ZB 59/09

23.02.2012

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.02.2012, Az. VII ZB 59/09 (REWIS RS 2012, 8825)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8825

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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