Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.07.2011, Az. 6 AZR 241/10

6. Senat | REWIS RS 2011, 5032

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Gegenstand

Zulage Überleitung (ZÜ) bei der S-Bahn Berlin GmbH


Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 21. Januar 2010 - 5 [X.] 1120/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Anspruch der Klägerin auf die Zulage Überleitung (Zulage [X.]).

2

Die Klägerin ist seit 1995 bei der [X.], einem Konzernunternehmen der [X.], als Lokführerin tätig. Sie ist Mitglied der [X.] ([X.]). Die [X.] ist Mitglied des Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbands der [X.] ([X.]). Bis zum Ende des Jahres 2006 bestand bei der [X.] ein eigenständiges Tarifwerk. Danach erhielt die Klägerin gemäß § 4 Abs. 2 des Sicherungstarifvertrags über die Sicherung der Einkommen und Arbeitsbedingungen vom 1. Mai 1995 ([X.]) eine persönliche Zulage Überleitung ([X.]) von zuletzt 146,29 Euro brutto monatlich. Seit dem 1. Januar 2007 gelten für die Klägerin die Tarifverträge der [X.] sowie die Tarifverträge im [X.]. Dies ergibt sich aus einer Mehrzahl von Tarifverträgen, die zwischen der [X.] und dem [X.] am 21. Dezember 2006 abgeschlossen worden sind. Bereits am 16. November 2006 hatten diese Tarifvertragsparteien in einer [X.] zu den Tarifverhandlungen für den Bereich der [X.] festgehalten:

        

„Die Tarifvertragsparteien vereinbaren, die bestehenden unternehmensbezogenen Verbandstarifverträge der [X.] zum 31. Dezember 2006 einerseits aufzuheben und die unternehmensübergreifenden Tarifverträge im DB Konzern und die unternehmensbezogenen Tarifverträge für die Arbeitnehmer der DB AG ab dem 01. Januar 2007 für die Arbeitnehmer der [X.] zur Anwendung zu bringen.

        

Dazu werden ein ÄnderungsTV, der ÜberleitungsTV [X.] und die Vereinbarung zur Umsetzung der individuellen Vergleichsberechnung nach dem KonzernZÜTV aufgrund der Einführung neuer tarifvertraglicher Entgeltstrukturen bei der [X.] (UmsVereinb [X.]) vereinbart.

        

...“   

3

Bei der Umsetzung der [X.] gingen die Tarifvertragsparteien regelungstechnisch so vor, dass sie im 53. Tarifvertrag zur Änderung der Tarifverträge für die Arbeitnehmer der [X.] sowie verschiedener Unternehmen des [X.]s vom 21. Dezember 2006 (53. [X.]) die für die [X.] in den Tarifverträgen der [X.] bzw. des [X.]s bis dahin geltenden Bereichsausnahmen strichen bzw. die [X.] in den Geltungsbereich dieser Tarifverträge aufnahmen. Auf diese Weise legten sie im 53. [X.] mit Wirkung zum 1. Januar 2007 die Geltung des [X.] für die Arbeitnehmer verschiedener Unternehmen des [X.]s (§ 5 iVm. § 9 Abs. 1 53. [X.]) und mit Wirkung bereits zum 31. Dezember 2006 die Geltung des Tarifvertrags zur Sicherung und Anpassung von [X.] vom 1. August 2002 - [X.] (§ 7 iVm. § 9 Abs. 2 53. [X.]) fest.

4

§ 2 [X.] regelt unter der Überschrift

        

„Ermittlung der Zulage Überleitung (ZÜ):

        

(1)     

a)    

Der Arbeitnehmer, bei dem der Anspruch auf Zahlung der Zulage PZÜ ... durch tarifvertragliche Regelung mit Ablauf des 31. Juli 2002 weggefallen ist, hat Anspruch auf Zahlung einer ZÜ.

                 

b)    

Die Höhe der ZÜ entspricht dem Monatsbetrag der aufgehobenen Regelung. …

        

(2)     

Führt eine der nachfolgenden Maßnahmen zu einer Änderung des Entgelts, wird die ZÜ neu berechnet bzw. neu bestimmt:

                 

a)    

Einführung neuer tarifvertraglicher Entgeltstrukturen,

                 

...     

        
                 

Hierzu erfolgt eine arbeitnehmerbezogene individuelle Vergleichsberechnung der bisherigen und der neuen bzw. geänderten tarifvertraglichen Leistungen auf Basis einer Jahresbetrachtung.

                 

...     

                 

Bei der Berechnung der ZÜ wird der sich aus der Vergleichsberechnung ergebende Differenzbetrag (Jahr) monatlich mit 1/13 berücksichtigt.

        

...“   

5

In dem am 1. Januar 2007 in [X.] getretenen Tarifvertrag zur Überleitung der unternehmensbezogenen [X.] für die Arbeitnehmer der [X.] in die unternehmensbezogenen Tarifverträge für die Arbeitnehmer der [X.] und unternehmensübergreifenden Tarifverträge im [X.] vom 21. Dezember 2006 ([X.] [X.]) bestimmten die Tarifvertragsparteien in

        

„§ 6   

        

Ermittlung der Zulage Überleitung (ZÜ):

        

(1)     

a)    

Der Arbeitnehmer, bei dem der Anspruch auf Zahlung der Zulage PZÜ durch tarifvertragliche Regelung mit Ablauf des 31. Dezember 2006 weggefallen ist, hat Anspruch auf Zahlung einer ZÜ.

                 

b)    

Die Höhe der ZÜ entspricht dem Monatsbetrag der aufgehobenen Regelung. …“

6

Eine § 2 Abs. 2 [X.] entsprechende Regelung trafen die Tarifvertragsparteien in § 6 [X.] [X.] nicht.

7

Weiter legten sie fest:

        

„§ 7   

        

[X.]

        

...     

        
        

(2)     

Die [X.] wird im Falle einer Vergleichsberechnung gemäß § 2 KonzernZÜTV nicht berücksichtigt.

                 

…       

                 

§ 11   

                 

Ausgleichszulage

        

...     

        
        

(2)     

Die Ausgleichszulage wird im Falle einer Vergleichsberechnung gemäß § 2 KonzernZÜTV nicht berücksichtigt.“

8

Zur Aufhebung der bis dahin bei der [X.] geltenden Tarifverträge bestimmten die Tarifvertragsparteien im [X.] [X.]:

        

„§ 15 

        

Gültigkeit und Dauer

        

(1)     

Dieser Tarifvertrag tritt am 01. Januar 2007 in [X.].

        

...     

        
        

(3)     

Der     

                 

…       

                 

Sicherungstarifvertrag über die Sicherung der Einkommen und Arbeitsbedingungen vom 01. Mai 1995,

                 

...     

                 

werden mit Ablauf des 31. Dezember 2006 aufgehoben und treten ohne Nachwirkung außer [X.].

        

...     

        
        

(6)     

Abweichend von Abs. 3 werden die Bestimmungen des § 4 Abs. 2 des Sicherungstarifvertrag über die Sicherung der Einkommen und Arbeitsbedingungen mit Ablauf des 30. Dezember 2006 aufgehoben und treten ohne Nachwirkung außer [X.].

        

...“   

        

9

Der von der Arbeitgeberseite vorgelegte Entwurf der UmsVereinb [X.] sah in § 1 Abs. 2 vor:

        

„Der Abschluss dieser UmsVereinb [X.] erfolgt auf der Grundlage des § 2 Abs. 2 KonzernZÜTV. …“

§ 2 des Entwurfs der UmsVereinb [X.] enthielt von § 2 Abs. 2 [X.] abweichende Regelungen zur individuellen Vergleichsberechnung. Diese Vereinbarung sollte am 1. Januar 2007 in [X.] treten, ist jedoch weder zu diesem Zeitpunkt noch später abgeschlossen worden.

Die [X.] nahm daraufhin mit Schreiben vom 22. Januar 2007 für die Klägerin eine Vergleichsberechnung gemäß § 2 Abs. 2 [X.] vor. Danach ist der Anspruch auf die Zulage [X.] zum 1. Januar 2007 entfallen. Die [X.] zahlt der Klägerin darum seit dem 1. Januar 2007 keine Zulage [X.]. Die Richtigkeit dieser Berechnung - die Geltung des § 2 Abs. 2 [X.] vorausgesetzt - steht zwischen den Parteien außer Streit.

Die Klägerin begehrt die Zahlung der Zulage [X.] für die Zeit von Januar 2007 bis einschließlich September 2008. Sie hat geltend gemacht, § 6 Abs. 1 [X.] [X.] enthalte eine § 2 [X.] verdrängende Sonderregelung. Ihr Anspruch sei daher ausschließlich durch § 6 Abs. 1 [X.] [X.] entstanden. Selbst dann, wenn § 2 Abs. 2 [X.] grundsätzlich Anwendung finde, seien dessen Voraussetzungen nicht erfüllt. Sie beziehe kein verändertes Entgelt, denn die Höhe der Zulage [X.] habe sich nicht verändert. Auch sei keine neue tarifvertragliche Entgeltstruktur iSd. § 2 Abs. 2 [X.] eingeführt worden. Es sei nur innerhalb der Struktur zu Verschiebungen und Veränderungen gekommen.

Die Klägerin hat beantragt,

        

die [X.] zu verurteilen, an die Klägerin für die Monate Januar 2007 bis einschließlich September 2008 jeweils brutto 146,29 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem jeweils [X.] zu zahlen.

Die [X.] hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags angeführt, § 6 [X.] [X.] treffe lediglich eine von § 2 Abs. 1 [X.] abweichende Stichtagsregelung. Eine Verdrängung des § 2 Abs. 2 [X.] sei dieser Regelung nicht zu entnehmen. Das von der Klägerin angenommene Einfrieren der Zulage [X.] widerspreche Sinn und Zweck dieser Zulage, die der Besitzstandswahrung diene. Zum 1. Januar 2007 sei eine Entgeltstruktur iSd. § 2 Abs. 2 [X.] eingeführt worden. Das hätten die Tarifvertragsparteien in der [X.] vom 16. November 2006 selbst angenommen.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Sie stützt die Revision vornehmlich auf ihre Annahme, für eine Abschmelzung der Zulage [X.] wäre der Abschluss einer gesonderten Umsetzungsvereinbarung erforderlich gewesen. Darüber hinaus sei keine andere Entgeltstruktur iSd. § 2 Abs. 2 [X.] eingeführt worden, weil kein anderes, etwa von Entgeltgruppen unabhängiges Entgeltsystem oder völlig andere Entgeltgruppen eingeführt worden seien.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zu Recht angenommen, dass mit Wirkung zum 1. Januar 2007 eine Vergleichsberechnung nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a und Satz 2 bis Satz 4 [X.] durchzuführen war. Danach ist mit Wirkung zum 1. Januar 2007 die Zulage [X.] entfallen, weil die Klägerin infolge ihrer Überführung in die Tarifstruktur des Konzerns der [X.] einen Entgeltvorteil erzielt hat, der das 13-fache der ihr am 31. Dezember 2006 zustehenden Zulage [X.] überstieg.

I. Am 31. Dezember 2006 ist der Anspruch der Klägerin auf die Zulage [X.] gemäß § 6 Abs. 1 [X.] [X.] entstanden.

Das [X.] hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass den Arbeitnehmern der [X.], die bis zum 30. Dezember 2006 eine P[X.] nach dem [X.] erhalten hatten, ab Inkrafttreten des [X.] [X.] am 1. Januar 2007 grundsätzlich eine Zulage [X.] iSv. § 2 [X.] zustehen sollte.

§ 4 Abs. 2 [X.], der den Anspruch auf eine P[X.] regelte, ist mit Wirkung zum 30. Dezember 2006 aufgehoben worden (§ 15 Abs. 6 [X.] [X.]). Nach § 2 Abs. 1 [X.], der an den Stichtag 31. Juli 2002 anknüpfte, stand den Arbeitnehmern der [X.] kein Anspruch auf die Zulage [X.] zu, weil diese über den 31. Juli 2002 hinaus die Zulage P[X.] erhalten hatten (vgl. [X.] 17. Oktober 2007 - 4 [X.] - Rn. 21, [X.] § 1 Tarifverträge: [X.] Nr. 30). Die Zulage P[X.] wäre damit an sich mit dem 31. Dezember 2006 ersatzlos entfallen. Das wollten die Tarifvertragsparteien durch die Regelung in § 6 Abs. 1 Buchst. a [X.] [X.] verhindern und - wie durch § 2 Abs. 1 [X.] - die Zulage P[X.] durch die Zulage [X.] ablösen, die am 31. Dezember 2006 entstand und die grundsätzlich ab dem 1. Januar 2007 zu zahlen war. Soweit § 6 Abs. 1 Buchst. a [X.] [X.] auf den 31. Dezember 2006 abstellt, während der Anspruch auf die P[X.] gemäß § 15 Abs. 6 [X.] [X.] bereits zum 30. Dezember 2006 entfallen ist, so dass § 6 Abs. 1 Buchst. a [X.] [X.] an sich keinen Anwendungsbereich hat, handelt es sich, wie das [X.] zu Recht angenommen hat, um ein offenkundiges Redaktionsversehen der Tarifvertragsparteien. Diese rechtliche Würdigung des [X.]s ziehen die Parteien auch nicht in Zweifel.

II. Der am 31. Dezember 2006 entstandene Anspruch der Klägerin auf die Zulage [X.], der grundsätzlich zum 1. Januar 2007 mit Inkrafttreten des [X.] [X.] fällig geworden ist, ist jedoch aufgrund der nach § 2 Abs. 2 [X.] mit Wirkung zum 1. Januar 2007 vorzunehmenden individuellen Vergleichsberechnung bereits am 1. Januar 2007 untergegangen.

1. Das [X.] hat zutreffend angenommen, dass § 6 Abs. 1 Buchst. a [X.] [X.] keine § 2 Abs. 2 [X.] verdrängende Spezialregelung zur Gesamtregelung des § 2 [X.] ist. § 6 Abs. 1 Buchst. a [X.] [X.] enthält lediglich eine von § 2 Abs. 1 [X.] abweichende, anspruchsbegründende Stichtagsregelung. Im Übrigen gilt § 2 Abs. 2 [X.].

a) § 6 Abs. 1 Buchst. a [X.] [X.] legt die Voraussetzungen für das Entstehen der Zulage [X.] nach Wegfall des Anspruchs auf die Zulage P[X.] fest. Er weicht dabei lediglich mit einem eigenen Stichtag von der Regelung des § 2 Abs. 1 [X.] ab und übernimmt diesen ansonsten wortgleich. Bestimmungen zum weiteren Schicksal der Zulage, wie sie typisch für eine Besitzstandszulage wie die Zulage [X.] sind (Reduzierung bei Entgelterhöhungen, bei Beförderungen oder einer Verbesserung des Einkommens durch Änderungen der [X.]), trifft § 6 Abs. 1 Buchst. a [X.] [X.] dagegen nicht. Derartige Regelungen sind auch entbehrlich. Aus Systematik und Zweck des [X.] [X.] einerseits und § 2 [X.] andererseits folgt nämlich - wie das [X.] ebenfalls zutreffend angenommen hat -, dass der Abbau der Zulage [X.] nach den Regelungen des von den Tarifvertragsparteien für die Arbeitnehmer der [X.] übernommenen [X.] erfolgen soll. In der vorliegenden Konstellation ist damit § 2 Abs. 2 [X.] maßgeblich.

aa) Die Tarifvertragsparteien des [X.] [X.] sind, wie § 7 Abs. 2 und § 11 Abs. 2 dieses Tarifvertrags zeigen, grundsätzlich von der Anwendbarkeit des § 2 Abs. 2 [X.] ausgegangen. Die in diesen Bestimmungen genannte „Vergleichsberechnung gemäß § 2 [X.]“ kann allein nach den Maßstäben des § 2 Abs. 2 [X.] erfolgen.

bb) Die Auffassung der Klägerin hätte eine Perpetuierung der Zulage [X.] zur Folge. Dies wi[X.]präche, wie das [X.] richtig angenommen hat, dem Sinn und Zweck der Zulage [X.] als Besitzstandszulage. Legte man § 6 Abs. 1 [X.] [X.] im Sinn der Klägerin aus, würden die bei der [X.] organisierten Arbeitnehmer der [X.] an[X.] als die übrigen Arbeitnehmer im Konzern der [X.] eine nicht abschmelzbare Zulage [X.] erhalten. Das ist aber mit dem zwischen der [X.] und dem [X.] geschlossenen [X.] [X.], der - zusammen mit den übrigen am 21. Dezember 2006 geschlossenen Tarifverträgen - gerade die Vereinheitlichung der tariflichen Regelungen im [X.] anstrebt, nicht bezweckt.

b) Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich kein anderes Auslegungsergebnis, weil auch der „[X.] tarifvertraglicher Normen zugunsten von Arbeitnehmern und somit die Zweckrichtung unter Arbeitnehmerschutzgesichtspunkten“ maßgeblich heranzuziehen wäre.

aa) Die Revision rekurriert insoweit auf eine Literaturmeinung, wonach Tarifverträge bei ansonsten nicht auszuräumenden Zweifeln zugunsten der betroffenen Arbeitnehmer zu interpretieren seien ([X.]. zu [X.] 30. Mai 1984 - 4 [X.] - [X.] 1969 § 9 Nr. 3; [X.]. gemeinsame [X.]. zu [X.] 14. November 1973 - 4 [X.] - und - 4 [X.] - [X.] § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 16 und 17; [X.]/[X.]/[X.] TVG 4. Aufl. Grundlagen Rn. 397 mwN in [X.]. 1171).

bb) Hier bestehen schon derartige Auslegungszweifel nicht. Ohnehin würde eine solche Auslegung zugunsten der Arbeitnehmer die Tarifautonomie, deren gelebter Ausdruck Tarifverträge sind (vgl. [X.] 26. Juni 1991 - 1 [X.] 779/85 - [X.]E 84, 212, 224, 229), verletzen. Damit würden die staatlichen Gerichte Unzulänglichkeiten der Verhandlungsführung einer oder beider Koalitionen ausgleichen und einer Seite Vertragshilfe leisten (vgl. [X.] 15. Juni 2010 - 3 [X.] - Rn. 26 mwN, [X.] § 1 Tarifverträge: Luftfahrt Nr. 32 für die Schließung von bewussten Tariflücken). Darüber hinaus griffen die staatlichen Gerichte mit der Anwendung der Unklarheitenregel in den Kompromisscharakter des Tarifvertrags ein und verschöben mit der Behebung der bei der Auslegung einer einzelnen Tarifnorm verbliebenen Zweifel zugunsten der Arbeitnehmerseite das Wertgefüge des gesamten Tarifvertrags [X.] NZA 1994, 597, 599). Dementsprechend hat der Senat auch bei verbleibenden [X.] allein auf den Grundsatz der Normenklarheit abgestellt (22. April 2010 - 6 [X.] - Rn. 33, [X.] 300 [X.] § 12 Nr. 1).

2. Der fehlende Abschluss der [X.] steht, an[X.] als die Revision annimmt, der Anwendbarkeit des § 2 Abs. 2 [X.] nicht entgegen. Im Gegenteil findet diese Bestimmung gerade deshalb Anwendung, weil die Tarifvertragsparteien sich auf die in der [X.] vom 16. November 2006 noch angestrebte Modifikation des § 2 Abs. 2 [X.] durch eine [X.] nicht haben verständigen können.

§ 2 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a [X.] legt fest, dass durch die Einführung neuer tariflicher [X.]en entstehende Entgeltvorteile anzurechnen sind. Nach welchen Regeln die erforderliche Vergleichsberechnung zu erfolgen hat, ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Satz 2 bis Satz 4 [X.]. Die Tarifvertragsparteien sind, wie ausgeführt, im Rahmen der Verhandlungen über die Eingliederung der Arbeitnehmer in die Konzerntarifstruktur der [X.] von der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 2 Abs. 2 [X.] ausgegangen. Diese Bestimmung sollte allerdings ausweislich der [X.] vom 16. November 2006 durch eine [X.] für die Arbeitnehmer der [X.] modifiziert werden. Die Tarifvertragsparteien haben ungeachtet dessen mit § 7 des 53. [X.] den [X.] und damit auch dessen § 2 Abs. 2 uneingeschränkt in [X.] gesetzt. Nachdem keine Modifikation dieser Bestimmung durch die [X.] erfolgt ist, bleibt es für die individuelle Vergleichsberechnung bei der Grundregel in § 2 Abs. 2 [X.]. Demnach erfolgt nicht nur das „Ob“, sondern auch das „Wie“ der Anrechnung von Entgeltvorteilen durch die Überführung der Arbeitnehmer der [X.] in die Konzerntarifstruktur der [X.] allein nach den Grundsätzen des § 2 Abs. 2 [X.].

3. Die Beklagte hat zum 1. Januar 2007 eine neue tarifvertragliche [X.] iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a [X.] eingeführt. Auch dies hat das [X.] rechtsfehlerfrei angenommen. „Neue tarifvertragliche [X.]en“ im Sinn dieser Bestimmung werden im Gegensatz zur Ansicht der Revision nicht nur dann eingeführt, wenn das bisherige Entgeltsystem durch ein grundlegend anderes System, wie zB Abschaffung von Entgeltgruppen oder Einführung völlig anderer Entgeltgruppen (damit dürfte die Klägerin die Einführung gänzlich anderer Tätigkeitsmerkmale meinen), abgelöst wird. Vielmehr reicht dafür bereits die Neuordnung der einzelnen Entgeltbestandteile dem Inhalt und/oder der Höhe nach.

a) Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Tarifbestimmung. § 2 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a [X.] verlangt keine „andere“, sondern nur eine „neue“ [X.]. Eine „Struktur“ ist die Anordnung von Teilen eines Ganzen im Sinn einer inneren Gliederung ([X.] [X.] [X.] 3. Aufl. Stichwort: „Struktur“). Wird nach Einführung eines neuen Tarifvertrags die Gesamtheit der Vergütungsbestandteile wie hier nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des [X.]s neu aufgebaut, zusammengefügt, geordnet und gegliedert, liegt eine neue [X.] vor (vgl. für die Ablösung des [X.] für die Arbeitnehmer/innen der [X.] vom 21. August 2000 durch den Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer der [X.] mbH, Bereich [X.], vom 26. August 2002 [X.] 17. Oktober 2007 - 4 [X.] - Rn. 24, [X.] § 1 Tarifverträge: [X.] Nr. 30).

b) Das Ergebnis der wortlautgemäßen Auslegung wird bestätigt durch den Zweck der Zulage [X.] und ihres Abbaus nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 [X.]. § 2 Abs. 2 [X.] stellt eine begrenzte Bestandssicherung tariflicher Leistungen dar. Dazu werden für einen Referenzzeitraum von einem Jahr die in § 2 Abs. 2 Satz 3 [X.] aufgeführten Entgeltbestandteile der alten und der neuen tariflichen [X.] miteinander verglichen. Eine weiterhin verbleibende Entgeltdifferenz soll durch die Weiterzahlung der - ggf. geminderten - Zulage [X.] ausgeglichen werden (vgl. [X.] 17. Oktober 2007 - 4 [X.] - Rn. 29, 32, [X.] § 1 Tarifverträge: [X.] Nr. 30). Hat der Arbeitnehmer durch die neue [X.] dagegen Vorteile in einer die Zulage [X.] nach Maßgabe der von § 2 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 [X.] vorgegebenen Berechnung übersteigenden Höhe, soll die Zulage [X.] entfallen. Maßgeblich ist damit allein, ob der Arbeitnehmer von der neuen [X.] in Bezug auf die in der Vorschrift genannten Entgeltbestandteile in einer Höhe profitiert, die die Weiterzahlung der Zulage [X.] nach Wertung der Tarifvertragsparteien überflüssig macht oder jedenfalls zu ihrem Abbau führt.

4. Schließlich hat die Einführung der neuen tarifvertraglichen [X.] mit Wirkung zum 1. Januar 2007 zu einer Änderung des Entgelts iSv. § 2 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a [X.] geführt.

a) Der [X.] im Sinn dieser tariflichen Bestimmung bezieht sich ausgehend von dem soeben dargelegten Regelungszweck auf das in § 2 Abs. 2 [X.] angeführte Jahreseinkommen und nicht nur auf die in § 6 Abs. 1 [X.] [X.] geregelte Zulage [X.].

b) Auch der zeitliche Zusammenfall der Fälligkeit des Anspruchs auf die Zulage [X.] und der Einführung der neuen [X.] am 1. Januar 2007 steht einer „Änderung des Entgelts“ iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a [X.] nicht entgegen. Die Präambel der [X.] vom 16. November 2006 zeigt, dass die Tarifvertragsparteien davon ausgegangen sind, dass unmittelbar mit Inkrafttreten des [X.] [X.] eine erstmalige individuelle Vergleichsberechnung zur Prüfung, ob die Zulage [X.] ab dem 1. Januar 2007 tatsächlich zu zahlen ist, erforderlich ist.

5. Die Vergleichsberechnung nach den Maßstäben des § 2 Abs. 2 [X.] führt dazu, dass die Klägerin in der neuen [X.] ein um 2.189,76 Euro brutto höheres jährliches Entgelt als nach den bisher geltenden Tarifverträgen erhält. Da dieses [X.] das 13-fache der Zulage [X.] übersteigt, ist der Anspruch auf diese Zulage mit dem 1. Januar 2007 entfallen. Die rechnerische Richtigkeit der Berechnung der [X.] greift die Klägerin nicht an.

III. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    D. Knauß    

        

    Wollensak    

                 

Meta

6 AZR 241/10

07.07.2011

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Berlin, 20. März 2009, Az: 25 Ca 14761/08, Urteil

§ 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.07.2011, Az. 6 AZR 241/10 (REWIS RS 2011, 5032)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5032

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