Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.01.2011, Az. 5 StR 395/10

5. Strafsenat | REWIS RS 2011, 10070

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5 [X.] [X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 26. Januar 2011 in der Strafsache gegen wegen nachträglicher Anordnung der Unterbringung in der [X.]wahrung - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 26. Janu-ar 2011, an der teilgenommen haben: Vorsitzender [X.] Basdorf, [X.] Dr. Raum, [X.] Dr. Brause, [X.]in Dr. [X.], [X.] [X.]als beisitzende [X.], Staatsanwältin beim [X.]

als Vertreterin der [X.], Rechtsanwalt als Verteidiger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, - 3 - für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des [X.] vom 16. April 2010 wird verworfen. Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels und die dem Verurteilten dadurch entstandenen notwendigen Ausla-gen. [X.] Von Rechts wegen [X.]
G r ü n d e 1 Das [X.] hat die nachträgliche Anordnung der Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung (§ 66b StGB) abgelehnt. Hier-gegen wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft mit der Sachrüge. Das Rechtsmittel, das vom [X.] nicht vertreten wird, bleibt ohne Erfolg. 1. Der Verurteilte wurde am 8. Juni 2004 wegen schwerer Vergewalti-gung (Einsatzstrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe), Vergewaltigung (Einzel-strafe von drei Jahren Freiheitsstrafe) und Körperverletzung in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Dieser Anlassverur-teilung lagen Taten zugrunde, die der Verurteilte zwischen August 2002 und Juli 2003 überwiegend zu Lasten seiner am 11. Juni 1985 geborenen [X.]beging. 2 - 4 - Die Strafhaft endete am 12. Januar 2010. Anschließend war der Ver-urteilte bis zum Ende der Hauptverhandlung am 16. April 2010 nach § 275a Abs. 5 StPO untergebracht. 3 Seine Haftzeit verbrachte er —weitgehend gleichförmig und eher zu-rückgezogenfi ([X.]). Zu einer aufarbeitenden Therapie kam es auch deshalb nicht, weil der Verurteilte sich nicht zu seinen Taten bekannte und die in der Justizvollzugsanstalt tätigen Therapeuten es deswegen ablehnten, mit ihm zu arbeiten. Infolge der fehlenden Aufarbeitung der Delikte wurden [X.] nicht gewährt, der Verurteilte verbüßte seine Strafe schließlich vollständig. Gegenüber einem Mitgefangenen machte er für seine [X.] von ihm als unrechtmäßig bewertete [X.] Verurteilung seine damalige [X.] und deren Tochter verantwortlich; er gab in diesem [X.] gegen Ende seiner Haftzeit Rachegedanken kund. Darüber hinaus äußerte er [X.] in Bezug auf Mitarbeiter der Justizvollzugs-anstalt und auf einen Kriminalbeamten, der an seiner Verhaftung beteiligt gewesen war. 4 Im Hinblick auf diese Äußerungen hat die Staatsanwaltschaft [X.], gegen den Verurteilten gemäß § 66b Abs. 2 StGB nachträglich die Si-cherungsverwahrung anzuordnen. 5 2. Das [X.] hat die nachträgliche Anordnung der Unterbrin-gung in der Sicherungsverwahrung abgelehnt, weil es sich auf der Grundlage der Gutachten der Sachverständigen

[X.]

und

D. weder vom Vorliegen eines Hangs noch von der für die Anordnung der [X.] notwendigen hohen Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer schwe-rer Straftaten durch den Verurteilten zu überzeugen vermochte. 6 3. Die Bewertung des [X.]s hält [X.] in Übereinstimmung mit der [X.] [X.] sachlich-rechtlicher Prüfung stand. 7 - 5 - a) Rechtsfehlerfrei ist das [X.] zu dem Ergebnis gelangt, dass bei dem Verurteilten der auch für die Anordnung der nachträglichen Unter-bringung in der Sicherungsverwahrung nach § 66b Abs. 2 StGB erforderliche Hang zur Begehung erheblicher Straftaten (vgl. [X.], Beschluss vom 22. Februar 2006 [X.] 5 StR 585/05, [X.]St 50, 373; vgl. dazu [X.], StGB, 58. Aufl., § 66b, Rn. 34 f.) auf der Grundlage beider Gutachten nicht [X.] werden kann. Das Merkmal —[X.] verlangt einen eingeschliffenen in-neren Zustand des [X.], der ihn immer wieder neue Straftaten begehen lässt. Es wird definiert als eine auf charakterlicher Anlage beruhende oder durch Übung erworbene intensive Neigung zu Rechtsbrüchen (vgl. [X.], aaO, S. 381 f.; [X.], aaO, § 66 Rn. 24). Die mögliche Geneigtheit zur Be-gehung einer aus einem bestimmten Konflikt resultierenden [X.] kann danach nicht ausreichen, um eine intensive Neigung zu Rechtsbrüchen zu begründen; eine solche liegt nur bei einer über den einzelnen Konflikt hi-nausgehenden, überdauernden psychischen Grunddisposition vor. Das [X.] setzt sich in diesem Zusammenhang mit den Ausführungen des Sachverständigen

[X.] auseinander, nach denen bei dem [X.] eine Geneigtheit besteht, Konflikte im personalen Nahfeld gewaltsam zu lösen. In [X.] Weise kommt es zu dem Ergebnis, dass diese für sich genommen noch nicht die intensive Neigung zur Begehung auch [X.] Straftaten begründet. Eine intensive Neigung des Verurteilten zu Straftaten, die den der [X.] zugrunde liegenden Vergewalti-gungstaten in ihrer Schwere vergleichbar sind, vermochte das [X.] auch auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen [X.] nicht festzustellen. 8 b) Auch die Prognoseentscheidung der [X.], wonach der Verurteilte nicht im Sinne des § 66b Abs. 2 StGB zukünftig gefährlich sei, weist [X.] eingedenk der eingeschränkten revisionsgerichtlichen Überprüfbar-keit (vgl. [X.], Urteil vom 11. Oktober 2007 [X.] 4 StR 246/07, [X.], 40, 41) [X.] keinen Rechtsfehler auf. Ungeachtet weiterer notwendiger Konse-quenzen, die aus den Urteilen des [X.] für [X.] - 6 - rechte vom 17. Dezember 2009 ([X.], 25) und vom 13. Januar 2011 ([X.]. 6587/04, 17792/07, 20008/07, 27360/04 und 42225/07) zu ziehen sind (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 9. November 2010 [X.] 5 StR 394, 440, 474/10, zur Veröffentlichung in [X.]St bestimmt, NJW 2011), kommt die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung jedenfalls nicht in [X.], wenn nicht ein hohes Maß an Gewissheit über die Gefahr besteht, dass der Verurteilte besonders schwere Straftaten begehen wird (vgl. [X.], Beschluss vom 25. März 2009 [X.] 5 StR 21/09, [X.]R StGB § 66b Abs. 1 Satz 2 Voraussetzungen 2; Beschluss vom 21. Juli 2010 [X.] 5 StR 60/10, zur Veröffentlichung in [X.]St bestimmt, NJW 2010, 3315). Diesem strengen Maßstab trägt die Urteilsbegründung Rechnung. Das [X.] hat die im Rahmen der Prognoseentscheidung gebotene Gesamtwürdigung des [X.], seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung während des [X.] vorgenommen. Deren Darstellung in den Urteilsgründen lässt weder Lücken noch Widersprüche erkennen. Das [X.] setzt sich insbeson-dere mit der Auffassung des Sachverständigen [X.] auseinander, wonach die Äußerungen des Verurteilten durchaus auf eine ernsthafte [X.] mit [X.] gegenüber seiner ehemaligen Lebensgefähr-tin und deren Tochter zurückgehen. Auch verkennt es nicht, dass der Verur-teilte möglicherweise noch Zugriff auf eine Schusswaffe hat. In [X.] gelangt es gleichwohl zu dem Ergebnis, dass auch auf der Grundlage dieser Einschätzung eine für die Annahme der von § 66b StGB geforderten hohen Wahrscheinlichkeit erheblicher Straftaten nicht ausrei-chende unklare Gefährdungslage vorliege. Denn es sei ungewiss, ob der Verurteilte zum einen eventuell zuvor vorhandene Rachepläne beibehalten und zum anderen gegebenenfalls zu dem Schluss kommen werde, sie in die Tat umzusetzen. Auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen

D.

bestehe eine noch geringere Gewissheit über die von dem Verurteilten ausgehende Gefahr; entsprechende Tathandlungen seien in noch weitergehendem Maße von ungewissen Faktoren abhängig. - 7 - c) Schließlich stellt es keinen durchgreifenden Rechtsfehler dar, dass das [X.] eine auf § 66b Abs. 1 Satz 1 StGB gestützte Anordnung nachträglicher Sicherungsverwahrung nicht ausdrücklich erwogen hat, ob-wohl dessen formelle Voraussetzungen ebenfalls vorlagen. Denn auch inso-fern hätte es der Feststellung eines Hanges zur Begehung erheblicher Straf-taten und der Prognose zukünftiger Gefährlichkeit des Verurteilten bedurft, die das [X.] gerade nicht getroffen hat. 10 [X.] Brause [X.] Bellay

Meta

5 StR 395/10

26.01.2011

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.01.2011, Az. 5 StR 395/10 (REWIS RS 2011, 10070)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10070

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