Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.12.2021, Az. 30 W (pat) 542/20

30. Senat | REWIS RS 2021, 464

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Kubernauts/KUBERNETES (Unionsmarke)" – teilweise identische, teilweise ähnliche Waren und Dienstleistungen – schriftbildliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 9. Dezember 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker sowie [X.] Meiser und Merzbach

beschlossen:

[X.] Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des [X.] vom 13. Februar 2020 aufgehoben.

I[X.] Wegen des Widerspruchs aus der Marke [X.] 013 794 904 wird die Löschung der Marke 30 2017 220 020 angeordnet.

Gründe

I.

1

Gegen die am 28. Juni 2017 angemeldete und am 1. August 2017 für die Waren und Dienstleistungen

2

„[X.]: Anwendungssoftware für [X.]; [X.]; Computersoftware für [X.]; Herunterladbare Software für Cloud- Computing-Dienste; Software für die Überwachung von [X.]n;

3

Klasse 41: [X.] in Bezug auf die Durchführung von Lehrgängen; Durchführung von [X.]; Durchführung von Lehrgängen; Durchführung von Lehrgängen [Unterricht]; Durchführung von Lehrgängen in Bezug auf Computersoftware; Durchführung von Lehrgängen in Bildungsstätten; Durchführung von Lehrgängen in Unternehmen; Durchführung von wissenschaftlichen Lehrgängen; Entwicklung von Lehrgängen und Prüfungen; Erstellung von Kursmaterialien zur Verteilung bei berufsbildenden Lehrgängen; Veranstaltung von [X.]; Veranstaltung von Lehrgängen; Veranstaltung von technischen Lehrgängen;

4

Klasse 42: Beratungsleistungen im Bereich Cloud-Computernetze und -Anwendungen; Bereitstellung der zeitweiligen Nutzung von nicht herunterladbarer Online-Betriebssoftware für den Zugang zu einem Cloud-Computing-Netzwerk und dessen Nutzung; Bereitstellung von virtuellen Computersystemen durch Cloud-Computing; Bereitstellung von virtuellen Computerumgebungen durch Cloud-Computing; Cloud-Computing; Entwurf und Entwicklung von Betriebssoftware für den Zugriff und das Benutzen von Cloud-Computing-Netzwerken; Programmieren von Betriebssoftware zum Zugriff und zur Benutzung von Cloud-Computing-Netzwerken; Vermietung von Betriebssoftware für den Zugriff und die Benutzung von Cloud- Computing-Netzwerken

5

eingetragene Wortmarke 30 2017 220 020

6

[X.]

7

ist Widerspruch erhoben worden aus der am 5. März 2015 angemeldeten und am 1. Juli 2015 für die Waren

8

„[X.]: Computersoftware für den Zugriff auf, zum Browsen, zur gemeinsamen Nutzung, Festlegung, Pflege, Virtualisierung und Übertragung von Informationen über Computernetze, Server und sichere private Netze; Computersoftware für die Erstellung, den Betrieb, die Steuerung, Änderung, Nachbildung, Verteilung, Bezeichnung und Verlinkung von Informationen über Computernetze, Server und sichere private Netze; Computersoftware zur Unterstützung der Benutzer bei der Navigation durch Computernetze, Server und sichere private Netze; Computersoftware für die Ausführung von Webanwendungen; Computersoftware für Design und Entwicklung; Computersoftware zur Verwendung als Anwendungsprogrammierschnittstelle (API)“

9

registrierten [X.] 013 794 904

[X.]

Die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für [X.] des [X.] hat mit Beschluss vom 13. Februar 2020 den Widerspruch zurückgewiesen, da zwischen den sich gegenüberstehenden Marken keine [X.] im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] bestehe.

Zwar könnten sich beide Marken nach der vorliegend maßgeblichen [X.] auf hochgradig ähnlichen Waren/Dienstleistungen begegnen.

Die Widerspruchsmarke verfüge jedoch lediglich über eine eingeschränkte Kennzeichnungskraft, da es sich bei [X.] um eine gattungsbegriffliche Bezeichnung für eine „portable, erweiterbare Open-Source-Plattform zur Verwaltung von [X.] und Services“ handele, die sich daher in Bezug auf die für die Widerspruchsmarke zu [X.] registrierten Waren (Computersoftware) auf einen beschreibenden Hinweis zu deren Zweck, Art und Bestimmung beschränke.


Aufgrund der Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke seien etwas reduzierte Anforderungen an den zur Vermeidung einer [X.] gebotenen Abstand der [X.] zu stellen, denen die angegriffene Marke [X.] durch ihre abweichende Silbengliederung gegenüber dem Widerspruchszeichen [X.] und den Abweichungen am Wortende sowohl in klanglicher wie auch schriftbildlicher Hinsicht genüge, zumal die übereinstimmenden Wortanfänge „[X.]“ aufgrund ihres begrifflichen Anklangs an „Kubus“ und damit als beschreibender Hinweis auf „Würfel/Kubus/Gehäuse für Daten“ nicht kollisionsbegründend wirken könne.

Der beschreibende Aussagegehalt des übereinstimmenden Wortanfangs stehe auch einer mittelbaren [X.] unter dem Aspekt des [X.] bzw. einer [X.] unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen Inverbindungbringens entgegen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie geltend macht, dass es sich bei der für eine von ihr konzipierte und entwickelte Open-Source-Software genutzten Bezeichnung [X.] nicht um eine gebräuchliche Gattungsbezeichnung für diese Software, sondern um eine von Haus aus durchschnittlich kennzeichnungskräftige Marke handele, welche aufgrund umfangreicher Nutzung sogar über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft verfüge. Allein der Umstand, dass sie für eine Open-Source-Software genutzt werde, deren Quellcode frei zugänglich sei, führe nicht dazu, dass es sich bei [X.] um einen allgemein gebräuchlichen und die entsprechende Software beschreibenden Begriff handele.

Beide Zeichen könnten sich ferner nach der vorliegend maßgeblichen [X.] auf identischen und ansonsten hochgradig ähnlichen Waren und Dienstleistungen begegnen.Weiterhin seien die [X.] sowohl schriftbildlich als auch klanglich hochgradig ähnlich. Sie stimmten in acht von zehn Buchstaben sowie am in aller Regel stärker beachteten Wortanfang überein. Ein beschreibender Anklang der übereinstimmenden [X.] als Hinweis auf „Kubus“ oder gar „[X.]“ erschließe sich dem Verkehr – wenn überhaupt – allenfalls nach eingehenden Überlegungen. Angesichts der weitreichenden Übereinstimmungen der [X.] könne eine unmittelbare, zumindest aber eine assoziative [X.] nicht verneint werden.

Ungeachtet dessen könne die Widersprechende die Löschung der angegriffenen Marke unter dem Gesichtspunkt des Sonderschutzes der bekannten Marke (§§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.]) verlangen. Bei der Widerspruchsmarke handele es sich um eine weltweit und insbesondere auch in [X.] bekannte Marke. Die Benutzung der angegriffenen Marke würde die Unterscheidungskraft und Wertschätzung der Widerspruchsmarke unlauter ausnutzen sowie deren Unterscheidungskraft unlauter beeinträchtigen.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.] vom 13. Februar 2020 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke 30 2017 220 020 anzuordnen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat weder einen Antrag gestellt noch sich zur Sache geäußert, was auch für das Verfahren vor der Markenstelle gilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache Erfolg, da zwischen den Vergleichsmarken [X.] im Sinne des § 9 Abs 1 Nr. 2 i.V.m. § 125 b Nr. 1[X.] besteht. Der angefochtene Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des [X.] vom 13. Februar 2020 ist daher aufzuheben und die Löschung der Marke 30 2017 220 020 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke [X.] 013 794 904 anzuordnen (§ 43 Abs. 2 Satz 1 [X.]).

A. Im Laufe des Widerspruchsverfahrens haben sich die Vorschriften des Markengesetzes mit Wirkung vom 14. Januar 2019 geändert. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus nicht (vgl. [X.], 1316 Rn. 11 – [X.]). Da die Anmeldung der angegriffenen Marke zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 14. Januar 2019 eingereicht wurde, sind bei hiergegen erhobenen Widersprüchen weiterhin die Vorschriften nach § 42 Abs. 1 und 2 [X.] in der bis zum 14. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden (§ 158 Abs. 3 [X.]).

B. Die Frage, ob [X.] im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] vorliegt, ist unter Heranziehung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. nur [X.] GRUR 2020, 52 Rn. 41-43 – [X.] [Roslagspunsch/ ROSLAGSÖL]; [X.], 1098 Rn. 44 – [X.]/[X.]; [X.], 933 Rn. 32 – [X.]; [X.] 2020, 870 Rn. 25 – [X.]/[X.]; [X.], 1058 Rn. 17 – [X.]; GRUR 2018, 79 Rn. 7 – [X.]/[X.]; [X.], 1104 ff. – [X.]/[X.]; [X.], 382 Rn. 19 – [X.]; [X.], 283 Rn. 7 – [X.]/[X.] DEUTSCHE [X.]). Bei dieser umfassenden Beurteilung der [X.] ist auf den durch die Marken hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. [X.], a. a. [X.] Rn. 48 – [X.] [Roslagspunsch/ ROSLAGSÖL]; [X.] a. a. [X.] Rn. 25 – [X.]/INJEX).

Nach diesen Grundsätzen ist eine markenrechtlich relevante unmittelbare Gefahr von Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken zu besorgen, weshalb die angegriffene Marke nach § 43 Abs. 2 Satz 1 [X.] zu löschen ist.

1. Ausgehend von der vorliegend maßgeblichen [X.] können sich beide Marken teilweise auf identischen und ansonsten jedenfalls durchschnittlich ähnlichen Waren und Dienstleistungen begegnen.

So fallen die von der angegriffenen Marke zu [X.] beanspruchten Waren

„Anwendungssoftware für [X.]; [X.]; Computersoftware für [X.]; Herunterladbare Software für Cloud- Computing-Dienste; Software für die Überwachung von [X.]n“

unter die für die Widerspruchsmarke zu dieser Klasse registrierten Waren

„Computersoftware für den Zugriff auf, zum Browsen, zur gemeinsamen Nutzung, Festlegung, Pflege, Virtualisierung und Übertragung von Informationen über Computernetze, Server und sichere private Netze; Computersoftware für die Erstellung, den Betrieb, die Steuerung, Änderung, Nachbildung, Verteilung, Bezeichnung und Verlinkung von Informationen über Computernetze, Server und sichere private Netze; Computersoftware zur Unterstützung der Benutzer bei der Navigation durch Computernetze, Server und sichere private Netze; Computersoftware für die Ausführung von Webanwendungen; Computersoftware für Design und Entwicklung; Computersoftware zur Verwendung als Anwendungsprogrammierschnittstelle (API)“

da diese Waren der Widerspruchsmarke oberbegrifflich ohne weiteres auch Software für [X.], [X.] bzw. [X.] umfassen. Die [X.] können sich insoweit auf identischen Waren begegnen.

Was die von der angegriffenen Marke zu den Klassen 41 und 42 beanspruchten Dienstleistungen betrifft, liegt für den Verkehr vor dem Hintergrund, dass Entwickler und Hersteller von Computersoftware regelmäßig auch Software für Dritte entwickeln und im Hinblick auf deren Anwendung und Verwendung ebenfalls Schulungs-, Beratungs- und [X.] (nicht nur „unselbständig“ in Zusammenhang mit dem Vertrieb konkreter Produkte) anbieten, die Annahme einer gemeinsamen betrieblichen Herkunft in Bezug auf diese Dienstleistungen und den Waren der Widerspruchsmarke jedenfalls nicht so fern, dass eine zumindest durchschnittliche Ähnlichkeit in Abrede gestellt werden könnte (vgl. [X.] (pat) 31/02 v. 20. Mai 2003 – [X.]/KIS).

2. Die Widerspruchsmarke [X.] verfügt im vorliegend maßgeblichen Waren- und Dienstleistungsbereich entgegen der Auffassung der Markenstelle von Haus aus über eine normale (durchschnittliche) Kennzeichnungskraft.

Bei [X.] handelt es sich weder um einen Fachbegriff noch kann dieser Angabe bzw. ihrem Wortanfang - entgegen den inhaltlich insoweit nicht nachvollziehbaren Ausführungen der Markenstelle - ein Hinweis auf „Kubus“ entnommen werden. Ein solcher Zusammenhang erschließt sich – wenn überhaupt – allenfalls nach eingehenden interpretatorischen Überlegungen und Zwischenschritten, worauf die Widersprechende zutreffend hinweist. Der Verkehr wird das Markenwort [X.] daher als einen einheitlichen Phantasiebegriff aufnehmen und verstehen.

Eine Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ergibt sich entgegen den Ausführungen der Markenstelle insbesondere auch nicht daraus, dass jedenfalls dem hier maßgeblich zu beachtenden Fachverkehr [X.] als Name einer Open-Source-Software mit frei zugänglichem Quellcode und damit als Bezeichnung eines sog. Freewareprogramms, d. h. eines frei verfügbaren und veränderbaren Computerprogramms bekannt ist.

Dies allein nimmt der Marke [X.] nicht ihre von Haus aus bestehende Kennzeichnungskraft. Dies wäre nur dann der Fall, wenn sich die Bezeichnung über ihre Bedeutung als Kennzeichnung eines Softwareprogramms hinaus zu einer beschreibenden Sachangabe (Gattungsbegriff) für eine bestimmte Art von Software entwickelt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr meint man, wenn man von dem [X.] [X.] spricht, eine ganz bestimmte Software von einem bestimmten Hersteller. Der Begriff [X.] bezeichnet daher vergleichbar anderer bekannter Namen von Computerprogrammen wie z. B. „Excel“ oder „L…“ ein konkretes (Software-) Produkt eines bestimmten Herstellers. Die Tatsache, dass es bei der mit [X.] gekennzeichneten Software um ein frei verfügbares und kostenloses Programm handelt, ist für ein Verständnis dieses Begriffs als Produktkennzeichnung und damit als betriebliches Kennzeichen ohne Belang (vgl. dazu [X.] 17.01.2008 – 25 W (pat) 147/05 – SAMBAPlus, BeckRS 2008, 3566).

Soweit sich die Widersprechende auf eine erhöhte Kennzeichnungskraft beruft, bedarf dies keiner abschließenden Erörterung, da auch unter Zugrundelegung einer lediglich durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine [X.] zwischen den Marken nicht verneint werden kann.

3. Die [X.] weisen nämlich entgegen der Auffassung der Markenstelle eine erhebliche, als überdurchschnittlich zu bewertende Zeichenähnlichkeit auf.

a. Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (vgl. z. B. [X.] 2013, 833, Nr. 45 - Culinaria/[X.]; [X.], 1040, Nr. 25 - pjur/pure; [X.], 930, Nr. 22 - [X.]/[X.]; [X.], 64, Nr. 15 - Maalox/[X.]; [X.], 729, Nr. 23 - [X.]). Dabei ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen. Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, ([X.] und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. [X.] [X.], 413, Nr. 19 - [X.]/SIR; GRUR 2005, 1042, Nr. 28 - [X.] LIFE; [X.]. 2004, 843, Nr. 29 - [X.]; [X.] 2015, 1009 Nr. 24 - [X.]; [X.], 235, Nr. 15 - [X.]/[X.]; [X.], 484, Nr. 32 - [X.]; [X.], 60, Nr. 17 - coccodrillo; [X.], 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder). Dabei genügt für die Annahme einer [X.] regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung (st. Rspr. vgl. z. B. [X.] 2015, 1009, Nr. 24 - [X.]; [X.], 1114, Nr. 23 - [X.]; [X.], 235, Nr. 18 - [X.]/[X.] m. w. N.). Abzustellen ist dabei auf die Wahrnehmung des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. [X.] in [X.], 283 Rn. 37 – [X.] m. w. N.).

b. Die Markenwörter [X.] und Kubernetes kommen sich danach bereits im Schriftbild so nahe, dass eine überdurchschnittliche Zeichenähnlichkeit nicht in Abrede gestellt werden kann. Beide Markenwörter stimmen in acht von zehn Buchstaben überein, insbesondere auch am in aller Regel stärker beachteten Wortanfang „[X.]“. Ferner bestehen auch bei den [X.] „-NAUTS“ bzw. „netes“ erhebliche Übereinstimmungen am Anfang „N/n“ und am Wortende „S/s“. Zudem verfügen beide Zeichenelemente über den Konsonanten „[X.]“, der zwar an unterschiedlicher Stelle in beiden Markenwörtern steht, jedoch sowohl bei druckschriftlicher Wiedergabe als Großbuchstabe („T“) wegen seines Querstrichs wie auch als Kleinbuchstabe („t“) aufgrund seiner Oberlänge eine markante und im Schriftbild des Endbestandteils beider Markenwörter auffällig hervortretende Umrisscharakteristik aufweist. Die somit im [X.] eher geringfügigen Abweichungen wirken daher einer weitgehenden visuellen Übereinstimmung und damit einem verwechselbar ähnlichen schriftbildlichen Gesamteindruck beider Markenwörter nicht hinreichend entgegen.

Dem Umstand, dass die Widerspruchsmarke anders als die angegriffene Marke nur aus Versalien besteht, kommt dagegen aus Sicht des angesprochenen Verkehrs nur eine geringfügige Bedeutung zu, weil er daran gewöhnt ist, dass ihm identische Wörter sowohl in gewöhnlicher Schreibweise mit großem Anfangsbuchstaben als auch ausschließlich in Großbuchstaben entgegentreten (vgl. [X.],[X.], [X.]/[X.] sowie [X.][X.],607,608, [X.] im Internet).

Auch wenn berücksichtigt wird, dass Marken im Schriftbild erfahrungsgemäß präziser wahrgenommen werden können als dem Klang nach, weil das Schriftbild sehr viel besser eine ruhige oder auch wiederholte Wahrnehmung der Bezeichnung gestattet als das schnell verklingende gesprochene Wort, sind die schriftbildlichen Übereinstimmungen vorliegend zu ausgeprägt, als dass eine überdurchschnittliche Zeichenähnlichkeit verneint werden könnte. Dies gilt umso mehr, als die [X.] im Verkehr nicht gleichzeitig nebeneinander aufzutreten pflegen, sondern ein Vergleich aufgrund eines undeutlichen Erinnerungsbildes erfolgt (vgl. u. a. [X.][X.] 1999,734Nr. 26 [X.]; [X.]GRUR 2000,506- [X.]/[X.]; GRUR 2003,1047- Kellogg`s/[X.]`s).

Die schriftbildlichen Übereinstimmungen beider Marken werden auch nicht durch einen beschreibenden Anklang des übereinstimmenden Wortanfangs reduziert, da ein solcher sich dem Verkehr – wie bereits dargelegt – allenfalls nach eingehenden interpretatorischen Überlegungen erschließt.

4. Ausgehend von einer überdurchschnittlichen Zeichenähnlichkeit kann dann aber in der Gesamtabwägung aller für die Frage der [X.] maßgeblichen Faktoren angesichts der Identität bzw. jedenfalls durchschnittlichen Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen sowie der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine [X.] zwischen beiden Marken nicht verneint werden.

Daher ist die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

C. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 [X.], da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.

Meta

30 W (pat) 542/20

09.12.2021

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 42 Abs 1 MarkenG vom 04.04.2016, § 42 Abs 2 MarkenG vom 04.04.2016, § 125b Nr 1 MarkenG, § 158 Abs 3 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.12.2021, Az. 30 W (pat) 542/20 (REWIS RS 2021, 464)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 464

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