Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2009, Az. IX ZB 238/08

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 273

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[X.][X.] 238/08 vom 3. Dezember 2009 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Ganter, den Richter [X.], die Richterin [X.] und [X.] [X.] und [X.] am 3. Dezember 2009 beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der [X.]uss der 20. Zivilkammer des [X.] vom 7. August 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Der Kläger legte gegen ein klageabweisendes amtsgerichtliches Urteil Berufung ein und beantragt Wiedereinsetzung in die [X.]. Das [X.] hat den Antrag auf Wiedereinsetzung mit [X.]uss vom 7. August 2008 zurückgewiesen. 1 - 3 - Mit der Rechtsbeschwerde begehrt der Kläger Aufhebung dieses [X.] und Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist, hilfsweise Zurückverweisung. 2 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und zulässig, § 574 Abs. 2 ZPO. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückver-weisung der Sache an das Berufungsgericht. 3 1. Der angefochtene [X.]uss unterliegt schon deshalb der Aufhebung, weil er nicht mit Gründen versehen ist (§ 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6 ZPO). [X.], die mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden können, müssen den maßgeblichen Sachverhalt wiedergeben, über den entschieden wird, denn das Rechtsbeschwerdegericht hat grundsätzlich von demjenigen Sachverhalt auszugehen, den das Berufungs- oder Beschwerdegericht festgestellt hat (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO). Fehlen tatsächliche Feststellungen, ist es zu einer rechtlichen Überprüfung nicht in der Lage. Ausführungen des Berufungs-gerichts, die eine solche Überprüfung nicht ermöglichen, sind keine Gründe im zivilprozessualen Sinne (st. Rspr., vgl. z.B. [X.], [X.]. v. 9. März 2006 - [X.] ZB 17/05, [X.], 481; v. 27. März 2008 - [X.] ZB 144/07, [X.], 1034 f Rn. 3 f). 4 Das [X.] hat seinen Rechtsauführungen keinen Sachverhalt vor-angestellt. Auch aus den Entscheidungsgründen selbst ist der [X.] - 4 - erhebliche Sachverhalt nicht zu entnehmen. Insbesondere ergibt sich daraus auch nicht, wann mit welcher Begründung ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt wurde. Der [X.]uss des [X.]s kann damit keinen Bestand haben. Er ist aufzuheben; die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Berufungsge-richt zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO). 6 2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgende rechtliche Ge-sichtspunkte hin: 7 a) Nach gefestigter Rechtsprechung des [X.] und des [X.] dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, den Rechtsschutz und das rechtliche Gehör zu garantieren (vgl. zuletzt etwa [X.], [X.]. v. 23. Januar 2008 - [X.] 155/07, NJW-RR 2008, 930 Rn. 6 m.w.N.). Daher gebieten es die Verfah-rensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes und auf [X.] Gehör, den Zugang zu den Gerichten und den in den [X.] vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren ([X.] 88, 118, 123 ff; [X.] NJW-RR 2002, 1005; [X.]Z 151, 221, 227; [X.], [X.]. v. 23. Januar 2008 aaO). 8 b) Der [X.] konnte sich für den Transport der [X.] eines privaten [X.], nämlich des Postvertei-lungsdienstes des Anwaltsvereins bedienen. In der Auswahl dieses Dienstes ist ein Verschulden des Anwalts grundsätzlich nicht zu sehen (vgl. [X.], NJW-RR 2002 aaO S. 1006; [X.], [X.]. v. 15. Juli 1998 - [X.], [X.] - 5 - 1998, 1443, 1444; v. 22. Mai 2007 - [X.], NJW-RR 2008, 141, 142; v. 23. Januar 2008 aaO Rn. 10). Dies gilt jedenfalls dann, wenn nach den üblichen Postlaufzeiten des [X.] mit einem fristgerechten Eingang zu rechnen war ([X.], [X.]. v. 22. Mai 2007 aaO; v. 23. Januar 2008 aaO Rn. 10 f). [X.] der Auffassung des [X.]s durfte also der Prozessbevollmächtigte der Klägerin einen Kurierdienst des Anwaltsvereins nutzen und musste den Schriftsatz nicht in den Nachtbriefkasten einwerfen oder zur Wachtmeisterei bringen. c) Hat der Rechtsanwalt das Schriftstück so rechtzeitig und ordnungs-gemäß aufgegeben, dass es nach den Vorkehrungen des in Anspruch genom-menen [X.] den Empfänger fristgerecht erreichen konnte, ist er nicht gehalten, sich vor Fristablauf durch Rückfrage bei der Geschäftsstelle des Be-rufungsgerichts von einem rechtzeitigen Eingang zu überzeugen ([X.], [X.]. v. 23. Januar 2008 aaO). Gerade wenn man mit der Rechtsprechung den [X.] im besonderen Maße für verpflichtet hält, für hinreichend sichere Ausgangskontrollen bei der Absendung fristwahrender Schriftsätze zu sorgen, kann er regelmäßig nicht auch noch gehalten sein, den Eingang seiner Schrift-sätze bei Gericht zu überwachen ([X.] 79, 372, 375 f; [X.] NJW 1992, 38). 10 Eine Nachfragepflicht kommt nur in Betracht, wenn hierfür ein konkreter Anlass vorliegt ([X.] 42, 120, 126; [X.] NJW 1992, 38, 39). Ein solcher konkreter Anlass besteht nicht schon darin, dass der Anwalt in der noch laufen-den Berufungsbegründungsfrist noch keine auf seinen Schriftsatz bezogene Verfügung des Gerichts erhalten hat. Denn allein daraus mussten sich ihm noch keine Zweifel aufdrängen, dass sein Schriftsatz nicht bei Gericht eingegangen sein könnte. Eine Erkundigungspflicht hätte nur eine Mitteilung des Gerichts 11 - 6 - ausgelöst, die unzweideutig ergeben hätte, dass etwas fehlgelaufen ist ([X.] NJW 1992, 38, 39). Allerdings geht der [X.] in ständiger Rechtsprechung im Rahmen des § 167 ZPO davon aus, dass der Kläger oder sein Prozessbevoll-mächtigter verpflichtet sind, bei einer Klageeinreichung ohne Kostenvorschuss nach angemessener Frist wegen einer ausgebliebenen Vorschussanforderung bei Gericht nachzufragen ([X.]Z 69, 361, 363 f m.w.N.; 168, 306, 311 Rn. 18 m.w.N.). Das beruht jedoch darauf, dass der Kläger oder [X.] in diesen Fällen noch nicht alles getan hat, was das Verfahrensrecht von ih-nen zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Zustellung fordert. Der Kläger, bzw. sein Prozessbevollmächtigter wissen, dass die von ihnen zu [X.] Zahlung noch aussteht ([X.]Z 168, 306, 311 f Rn. 19). 12 - 7 - Diese Erkundigungspflicht ist auf die Verpflichtung zur rechtzeitigen [X.] der Berufungsbegründung nicht übertragbar. Hat der Anwalt diese rechtzeitig und ordnungsgemäß abgeschickt, so dass er auf den rechtzeitigen Eingang bei Gericht vertrauen darf, hat er alles Erforderliche für den Fortgang des Verfahrens getan. 13 Ganter [X.] [X.]

[X.] Pape Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 09.04.2008 - 454 C 11978/07 - [X.], Entscheidung vom 07.08.2008 - 20 S 23/08 -

Meta

IX ZB 238/08

03.12.2009

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2009, Az. IX ZB 238/08 (REWIS RS 2009, 273)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 273

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