Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.02.2016, Az. VII ZR 28/15

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 15822

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:230216BVIIZR28.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZR 28/15

vom

23.
Februar 2016

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat am
23.
Februar 2016
durch den Vorsitzenden Richter Dr.
Eick
und
die Richter Halfmeier
und
Dr.
Kartzke
und die
Richterinnen [X.] und Sacher
beschlossen:
Der
Beschwerde der [X.] gegen die Nichtzulassung der [X.] wird stattgegeben.
Das Urteil des 5.
Zivilsenats des [X.] vom 19.
Januar 2015 wird gemäß §
544 Abs.
7 ZPO im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der [X.] ent-schieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 50.000

3 ZPO)

-
3
-
Gründe:
I.
Die Klägerin macht, soweit für die Nichtzulassungsbeschwerde von [X.], einen Anspruch auf Gewährung von Bucheinsicht im Rahmen einer Stufenklage geltend.
Die Klägerin und ihre Rechtsvorgänger sind seit 1961 als Handelsvertre-ter für Zulieferprodukte der zivilen Luftfahrtindustrie
im Nahen und Mittleren Osten tätig.
Die Beklagte ist ein Hersteller von [X.].
Die Parteien schlossen am 9.
März 2004 einen Handelsvertretervertrag, welcher die
Bestimmungen eines zuvor im Jahre 1995 geschlossenen [X.] ablöste. Der Handelsvertretervertrag wurde von der [X.] zum 30.
November 2011 gekündigt.
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin über die von der [X.] vorgenommenen Abrechnungen hinaus weitere Auskunftsrechte zustehen.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläge-rin hat das Berufungsgericht die Beklagte verurteilt, nach ihrer Wahl entweder der Klägerin oder einem von der Klägerin zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Einsicht in ihre Geschäftsbücher und sonstigen Urkunden zu gewähren, soweit dies zur Feststellung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Abrechnung über die Provisionsansprüche der Klägerin über sämtliche Verträge und Bestellungen über den Verkauf von Flugzeugpas-sagiersitzen und von Ersatzteilen für solche Sitze erforderlich ist, die die [X.] zwischen dem 9.
März 2004 und dem 30.
November 2011 mit näher
bezeichneten Kunden geschlossen hat, wobei die Einsicht für die einzelnen Verträge und Bestellungen zu näher bezeichneten
Angaben
zu erfolgen
hat. Im 1
2
3
4
-
4
-
Übrigen hat das Berufungsgericht den Antrag auf Bucheinsicht abgewiesen. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der [X.], die ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

II.
1.
Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts beruht, soweit zum Nachteil
der [X.] entschieden worden ist, auf einer Verletzung des [X.] der [X.] auf rechtliches Gehör, Art.
103 Abs.
1 GG.
a)
Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt zu Recht, dass das Berufungs-gericht im Zusammenhang mit der von der [X.] erhobenen Verjährungs-einrede deren Anspruch
auf rechtliches Gehör verletzt hat.
Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausfüh-rungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Ein Verstoß gegen Art.
103 Abs.
1 GG setzt voraus, dass im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Geht das Berufungsgericht in den Gründen des Berufungsurteils auf [X.] des Verteidigungs-vorbringens des
[X.] zu einer Frage nicht ein, das
für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des [X.] schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts uner-heblich oder offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. [X.], Beschluss vom 20.
Mai
2014 -
VII
ZR
187/13, juris Rn.
6; Beschluss vom 16.
März
2011

VIII
ZR
338/09, WuM
2011, 300 Rn.
3; [X.], NJW
2009, 1584 Rn.
14 m.w.N.).
5
6
7
-
5
-
b)
Nach diesen Maßstäben ist Art.
103 Abs.
1 GG hier verletzt.
In der Klageerwiderung vom 29.
April 2013, Seite
24 ([X.] 63 d.
A.)
hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben und
in diesem Zusammenhang
ausgeführt, dass [X.] mit den
sie begründenden Provisionsansprü-chen in der Regelfrist gemäß §
195 BGB in drei Jahren verjähren.
Eine Verbescheidung dieser Verjährungseinrede und des diesbezügli-chen Vorbringens ist den Gründen des Berufungsurteils
nicht zu entnehmen.
c)
Auf dieser Verletzung des Anspruchs der [X.] auf rechtliches Gehör kann das angefochtene Urteil, soweit
zum Nachteil der [X.] ent-schieden worden
ist, auch beruhen. Mangels hinreichender Feststellungen zur Verjährungsfrage und zu etwaigen Hemmungstatbeständen kann nicht ausge-schlossen werden, dass das Berufungsgericht, wenn es die genannte Verjäh-rungseinrede und das diesbezügliche Vorbringen der [X.] bei der Ent-scheidung erwogen hätte, zu einem für die Beklagte günstigeren Ergebnis ge-langt wäre.

2.
a) Danach ist das angefochtene Urteil im tenorierten Umfang aufzuhe-ben und die Sache ist insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
b) Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Der Anspruch auf Gewährung von Bucheinsicht (§
87c Abs.
4 HGB) [X.] selbständig (vgl. [X.], Urteil vom 1.
Dezember 1978

I
ZR
7/77, NJW 1979, 764, juris Rn.
16;
Urteil vom 3. April 1996 -
VIII [X.], NJW 1996, 2100, 2101, juris Rn. 11, jeweils zu §
88 HGB a.F.). Dieser Anspruch, bei dem es sich um einen
Hilfsanspruch handelt, wird allerdings gegenstandslos, wenn der Provisionsanspruch, dessen Vorbereitung er dienen soll, verjährt ist oder aus anderen Gründen nicht mehr durchgesetzt werden kann (vgl. [X.], Urteil 8
9
10
11
12
13
14
-
6
-
vom 1.
Dezember 1978

I
ZR
7/77, NJW 1979, 764, juris Rn.
16; Urteil vom 22.
Mai
1981

I
ZR
34/79, NJW 1982, 235, 236, juris Rn.
40; Urteil vom 3.
April
1996 -
VIII [X.], NJW 1996, 2100, 2101, juris Rn. 11).
Die Verjährung beurteilt sich intertemporal unter Berücksichtigung der Überleitungsvorschrift in Art.
229 §
12 EGBGB.
Auf die Verjährungsfristen ge-mäß den durch das Gesetz zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 9.
Dezember
2004 (BG[X.] I S.
3214) geänderten Vorschriften im Handelsgesetzbuch (Aufhebung von § 88 HGB a.F., vgl. Art. 9 Nr. 2 des genannten Gesetzes vom 9. Dezember 2004) ist Art. 229 § 6 EGBGB entsprechend anzuwenden, soweit nicht ein anderes be-stimmt ist (Art. 229 § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr.
7 EGBGB). An die Stelle des 1.
Januar 2002 tritt der 15. Dezember 2004, an die Stelle des 31.
Dezember 2001 tritt der 14. Dezember 2004 (Art. 229 § 12 Abs. 1 Satz 2 EGBGB).
Nach altem Recht (§ 88 HGB a.F.) verjähren Ansprüche aus dem ([X.], beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem sie fällig geworden sind. Dies gilt insbesondere auch für
Provisionsansprüche und für Ansprüche auf Gewährung von Bucheinsicht (vgl. [X.], Urteil vom 1. Dezember 1978 -
I [X.], NJW 1979, 764, juris
Rn. 16).
Nach neuem Recht unterliegen Provisionsansprüche (vgl.
Thume in
[X.]/Thume,
Handbuch des gesamten Vertriebsrechts, 5.
Aufl., Band
1, [X.]. V Rn. 586) ebenso wie Ansprüche auf Gewährung von Bucheinsicht (vgl. [X.] in [X.]/Thume, Handbuch des gesamten Vertriebsrechts, 5. Aufl., Band 1, [X.]. VI Rn. 84, Rn. 145 i.V.m. Rn. 121; [X.] in Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn. 110) der dreijährigen Regelverjährung gemäß § 195 i.V.m. § 199 BGB.

15
16
17
-
7
-
Das Berufungsgericht wird gegebenenfalls Feststellungen dazu zu treffen haben, ob und gegebenenfalls ab wann die Verjährung etwa gemäß
§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB i.V.m. § 167 ZPO rechtzeitig gehemmt worden ist.

Eick
Halfmeier
Kartzke

[X.]

Sacher
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.01.2014 -
23 [X.]/12 KfH -

OLG Stuttgart, Entscheidung vom 19.01.2015 -
5 U 18/14 -

18

Meta

VII ZR 28/15

23.02.2016

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.02.2016, Az. VII ZR 28/15 (REWIS RS 2016, 15822)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 15822

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I-16 U 86/08 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


19 U 177/13 (Oberlandesgericht Köln)


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VII ZR 28/15

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