Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.01.2015, Az. XI R 13/13

11. Senat | REWIS RS 2015, 16860

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Gegenstand

Zur Durchschnittssatzbesteuerung bei einer Pensionspferdehaltung zu Zuchtzwecken


Leitsatz

1. Die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG auf Dienstleistungen eines Land- oder Forstwirts ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der Dienstleistungsempfänger kein Land- oder Forstwirt ist (entgegen Abschn. 24.3. Abs. 5 und Abs. 11 Satz 2 UStAE) .

2. Ein Landwirt hat keinen Anspruch auf die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung für im Rahmen einer Pensionspferdehaltung zu Zuchtzwecken erbrachte Dienstleistungen, wenn die Pferde nicht zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden .

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 14. Februar 2013  5 [X.] aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darum, ob Umsätze eines Landwirts aus einer "Pensionspferdehaltung zu Zuchtzwecken" für Nichtlandwirte der [X.] nach § 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unterliegen.

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb im Jahr 2005 (Streitjahr) eine Pferdezucht mit 30 eigenen Pferden. Zusätzlich unterhielt er eine Pferdepension für ca. 70 Pferde. Im Rahmen dieser Pension bot er folgende Dienstleistungen an: Belegung der Stuten durch künstliche Besamung, Abfohlung, Aufzucht und Ausbildung der Fohlen, Präsentation und Ausbildung für Pferdeschauen und Leistungsprüfungen, Beratung über die Zuchtmöglichkeiten, Betreuung (Futter, Stall, Auslauf, Tierarzt) sowie Hilfe beim Kauf oder Verkauf von Pferden.

3

Der Kläger schloss mit den jeweiligen [X.] ab. Der monatliche [X.] betrug durchschnittlich 185 € pro Stute. Sofern zusätzliche Leistungen vom Kläger oder von Dritten (z.B. Hufschmied) erbracht wurden, wurden diese jeweils monatlich vom Kläger gesondert in Rechnung gestellt. Die Tierärzte rechneten ihre Leistungen regelmäßig unmittelbar gegenüber den [X.] ab. Zu den Kunden des [X.] zählten Landwirte, gewerbliche Pferdezüchter sowie Privatpersonen aus dem In- und Ausland.

4

In den Jahren 2008 und 2009 fand beim Kläger eine landwirtschaftliche Betriebsprüfung statt. Der Prüfer beurteilte die vom Kläger erbrachten Dienstleistungen an Nichtlandwirte als einheitliche [X.], die außerhalb eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs erbracht werde und damit entgegen der Auffassung des [X.] nicht der [X.] nach § 24 UStG unterliege. Die darauf entfallenden Umsätze in Höhe von ... € unterwarf er der Regelbesteuerung. Auf die Umsätze aus der Unterbringung von Pferden, deren Eigentümer Land- und Forstwirte sind, billigte der Prüfer die vom Kläger angewandte [X.].

5

Gegen den aufgrund der Prüfung ergangenen Umsatzsteuerbescheid für 2005 vom 18. März 2010 wandte sich der Kläger nach erfolglosem Einspruch mit der Klage, die das [X.] ([X.]) abwies. Nach Auffassung des [X.] unterliegen Umsätze aus einer Pensionspferdehaltung zu Zuchtzwecken nur insoweit der [X.] nach § 24 UStG, als der Pferdeeinsteller selbst Landwirt ist. Der Kläger habe mit den "[X.]en" zu Zuchtzwecken keine landwirtschaftlichen Dienstleistungen i.S. des Art. 25 der [X.]/[X.] des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/[X.]) erbracht. Nach Art. 25 Abs. 2 fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/[X.] seien landwirtschaftliche Dienstleistungen die in Anhang B aufgeführten Dienstleistungen, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mit Hilfe seiner Arbeitskräfte und/oder der normalen Ausrüstung eines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder Fischereibetriebs vorgenommen würden. Nach Anhang B der Richtlinie 77/388/[X.] ("Liste der landwirtschaftlichen Dienstleistungen") seien landwirtschaftliche Dienstleistungen solche, die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen.

6

Die vom Kläger gegenüber den [X.] jeweils erbrachte (einheitliche) sonstige Leistung/Dienstleistung gehöre nicht zu den in dem Katalog aufgeführten Dienstleistungen. Auch die unter dem vierten Gedankenstrich aufgeführten Leistungen "Hüten, Zucht und Mästen von Vieh" seien nicht einschlägig, denn nach dem Einleitungssatz zu Anhang B der Richtlinie 77/388/[X.] seien landwirtschaftliche Dienstleistungen (nur) solche, die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen. Zudem sei zu beachten, dass die Vorschrift restriktiv auszulegen sei. Das Tatbestandsmerkmal "Hüten, Zucht und Mästen von Vieh" unter Berücksichtigung des Einleitungssatzes zu Anhang B der Richtlinie 77/388/[X.] setze voraus, dass der jeweilige Leistungsempfänger der "[X.]", mithin im Streitfall der jeweilige Einsteller der Pferde, selbst ein landwirtschaftlicher Erzeuger i.S. des Art. 25 der Richtlinie 77/388/[X.] sei, denn eine "[X.]" an einen Nichtlandwirt trage nicht zur landwirtschaftlichen Produktion bei und diene keinen landwirtschaftlichen Zwecken. Landwirtschaftliche Erzeuger seien solche Betriebe, die eine der in Art. 25 Abs. 2 erster und zweiter Gedankenstrich i.V.m. Anhang A der Richtlinie 77/388/[X.] aufgeführten Tätigkeiten ausübten, d.h. die u.a. Tierzucht und Tierhaltung in Verbindung mit der Bodenbewirtschaftung betrieben. Eine private bzw. gewerbliche Tierzucht der Einsteller ohne Bodenbewirtschaftung falle hingegen nicht unter die Tätigkeiten der landwirtschaftlichen Erzeugung.

7

Das Urteil des [X.] ist in Entscheidungen der [X.]e (E[X.]) 2013, 817 veröffentlicht.

8

Mit der hiergegen eingelegten Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Aus den unionsrechtlichen Vorgaben zu § 24 UStG in Art. 25 Abs. 2 fünfter Gedankenstrich i.V.m. [X.] der Richtlinie 77/388/[X.] bzw. nunmehr Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. [X.] der Richtlinie 2006/112/[X.] vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) ergäben sich keine Voraussetzungen für den Empfänger des landwirtschaftlichen Erzeugnisses bzw. der landwirtschaftlichen Dienstleistung. Dies sei auch nur folgerichtig, da ansonsten die Besteuerung des Steuersubjekts von Eigenschaften eines anderen Steuersubjekts abhängig gemacht worden wäre. Insoweit würde die Art der Besteuerung vom Zufall abhängen. Dem Steuerpflichtigen würde die Aufgabe auferlegt, kontinuierlich die Voraussetzungen bei seinem Vertragspartner zu überprüfen. Dies könne nicht dem Zweck der Regelung entsprechen und ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]). Er [X.] sei "landwirtschaftlicher Erzeuger" --das Fohlen als "landwirtschaftliches Erzeugnis"--, da er "landwirtschaftliche Dienstleistungen" --die Zucht- und [X.] erbringe, die seiner eigenen landwirtschaftlichen Produktion --die ausgebildeten Fohlen als landwirtschaftliches Ergebnis-- dienten.

9

Der Kläger beantragt, das [X.]-Urteil sowie die Einspruchsentscheidung vom 8. August 2011 aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid für 2005 dahingehend zu ändern, dass Umsätze in Höhe von ... € der [X.] gemäß § 24 UStG unterworfen werden,
hilfsweise, das [X.]-Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen,
höchst hilfsweise, das Verfahren bis zu einer Entscheidung des [X.] über ein entsprechendes Vorabentscheidungsersuchen auszusetzen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen,
hilfsweise, dem [X.] folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

"Darf der Inhaber eines [X.] die Sonderregelung des Art. 25 der Richtlinie 77/388/[X.] anwenden, wenn die Pferde zu Zuchtzwecken von Nichtlandwirten eingestellt werden?"

Es verweist im Wesentlichen auf das seines Erachtens zutreffende [X.]-Urteil.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zur Aufhebung des [X.] und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.

Das [X.] hat ausgehend von seinen bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu Unrecht die Anwendung der begehrten [X.] auf die streitbefangenen Umsätze des [X.] versagt. Der [X.] kann mangels Spruchreife der Sache nicht durcherkennen.

1. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG in der im Streitjahr 2005 geltenden Fassung wird für "die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze" vorbehaltlich der Sätze 2 bis 4 die Steuer für die nicht näher bezeichneten --hier einschlägigen-- "übrigen Umsätze" auf 9 % der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Die Vorsteuerbeträge werden, soweit sie den "übrigen Umsätzen" zuzurechnen sind, auf 9 % der Bemessungsgrundlage für diese Umsätze festgesetzt; ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt (§ 24 Abs. 1 Sätze 3 und 4 UStG). Durch diese Regelungen gleichen sich Steuer und Vorsteuer aus, so dass der Landwirt im Ergebnis für diese Umsätze keine Umsatzsteuer zu entrichten hat.

a) Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gelten nach § 24 Abs. 2 Satz 1 UStG

"1. die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft, der Wein-, Garten-, Obst- und Gemüsebau, die Baumschulen, alle Betriebe, die Pflanzen und Pflanzenteile mit Hilfe der Naturkräfte gewinnen, die Binnenfischerei, die Teichwirtschaft, die Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft, die Imkerei, die Wanderschäferei sowie die Saatzucht;

2. Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe, soweit ihre Tierbestände nach den §§ 51 und 51a des Bewertungsgesetzes zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören."

Zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehören nach § 24 Abs. 2 Satz 2 UStG auch die Nebenbetriebe, die dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu dienen bestimmt sind.

b) § 24 UStG ist nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ([X.]) richtlinienkonform entsprechend Art. 25 der [X.]/[X.] --bzw. seit dem 1. Januar 2007 nach Art. 295 ff. der MwStSystRL-- auszulegen (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 13. August 2008 XI R 8/08, [X.]E 221, 569, [X.] 2009, 216; vom 19. November 2009 V R 16/08, [X.]E 227, 275, [X.], 319; vom 13. Januar 2011 V R 65/09, [X.]E 233, 72, [X.], 465; vom 13. November 2013 XI R 2/11, [X.]E 243, 462, [X.] 2014, 543, Rz 21 bis 24; vom 10. September 2014 XI R 33/13, [X.]E 247, 360, [X.] Steuerrecht --DStR-- 2015, 111, Rz 16).

aa) § 24 UStG "beruht" nach der Gesetzesbegründung (BTDrucks 8/1779, 49) auf Art. 25 der [X.]/[X.]. Der [X.] Gesetzgeber hat die unionsrechtlichen Vorgaben aber bislang lediglich dadurch "umgesetzt", dass er die bei der Verabschiedung der [X.]/[X.] bestehende nationale Regelung im Wesentlichen fortgeführt hat (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 243, 462, [X.] 2014, 543, Rz 22; [X.] in Sölch/ Ringleb, Umsatzsteuer, § 24 Rz 1 ff., 21 ff.; [X.] in [X.]/ [X.]/[X.], UStG § 24 Rz 1 ff., 31 ff.; [X.] in [X.]/Söhn/[X.], § 24 UStG Rz 5 ff., 11 ff.).

[X.]) Nach Art. 25 Abs. 1 der [X.]/[X.] können die Mitgliedstaaten auf landwirtschaftliche Erzeuger, bei denen die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung oder ggf. der vereinfachten Regelung nach Art. 24 der [X.]/[X.] auf Schwierigkeiten stoßen würde, als Ausgleich für die Belastung durch die Mehrwertsteuer, die auf die von [X.] bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen bezahlt wird, eine Pauschalregelung anwenden.

Als landwirtschaftliche Dienstleistungen i.S. von Art. 25 Abs. 2 fünfter Gedankenstrich der [X.]/[X.] gelten die in Anhang B aufgeführten Leistungen, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mit Hilfe seiner Arbeitskräfte und/oder der normalen Ausrüstung seines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder Fischereibetriebs vorgenommen werden. Nach Anhang B der [X.]/[X.] sind dies Dienstleistungen, die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen, insbesondere nach dem vierten Gedankenstrich dieser Bestimmung "Hüten, Zucht und Mästen von Vieh".

Dem entsprechen die seit dem 1. Januar 2007 geltenden unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 296 der MwStSystRL sowie in Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Anhang VIII Nr. 4 der MwStSystRL.

c) Nach der Rechtsprechung des [X.] gilt Art. 25 der [X.]/[X.] (bzw. seit dem 1. Januar 2007 Art. 296 Abs. 1 der MwStSystRL) nur für die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und die Erbringung landwirtschaftlicher Dienstleistungen, wie sie in Abs. 2 dieser Bestimmung (bzw. seit dem 1. Januar 2007 Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL) definiert sind; dagegen unterliegen die sonstigen Umsätze der [X.]e der allgemeinen Besteuerungsregelung ([X.]-Urteile vom 15. Juli 2004 C-321/02, [X.], [X.]. 2004, [X.], [X.]/NV Beilage 2004, 371, Rz 31 und 36, sowie vom 26. Mai 2005 [X.]/04, [X.], [X.]. 2005, [X.], [X.]/NV Beilage 2005, 320, Rz 21).

Dabei ist die Sonderregelung nach Art. 25 der [X.]/[X.] (bzw. seit dem 1. Januar 2007 Art. 296 der MwStSystRL) eng auszulegen und darüber hinaus nur insoweit anzuwenden, als dies zur Erreichung ihres Zieles erforderlich ist ([X.]-Urteile [X.] in [X.]. 2004, [X.], [X.]/NV Beilage 2004, 371, Rz 27, und [X.] in [X.]. 2005, [X.], [X.]/NV Beilage 2005, 320, Rz 24). Dieses Ziel besteht darin, die Belastung durch die Steuer auf von den Landwirten bezogene Gegenstände und Dienstleistungen dadurch auszugleichen, dass den landwirtschaftlichen Erzeugern, die ihre Tätigkeit im Rahmen eines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder Fischereibetriebs ausüben, ein Pauschalausgleich gezahlt wird, wenn sie landwirtschaftliche Erzeugnisse liefern oder landwirtschaftliche Dienstleistungen erbringen ([X.]-Urteile [X.] in [X.]. 2004, [X.], [X.]/NV Beilage 2004, 371, Rz 29, und [X.] in [X.]. 2005, [X.], [X.]/NV Beilage 2005, 320, Rz 28).

Als "landwirtschaftliche Dienstleistungen" sind daher nicht Leistungen anzusehen, die keinen landwirtschaftlichen Zwecken dienen und sich nicht auf normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendete Mittel beziehen ([X.]-Urteile [X.] in [X.]. 2004, [X.], [X.]/NV Beilage 2004, 371, Rz 31, und [X.] in [X.]. 2005, [X.], [X.]/NV Beilage 2005, 320, Rz 29).

d) Dieser Auslegung folgt die Rechtsprechung des [X.] (vgl. z.B. Urteile in [X.]E 221, 569, [X.] 2009, 216; in [X.]E 227, 275, [X.], 319; in [X.]E 233, 72, [X.], 465; in [X.]E 243, 462, [X.] 2014, 543, Rz 24, m.w.[X.]). Danach unterliegen insbesondere die Umsätze eines Landwirts aus dem Einstellen, Füttern und Betreuen von Reitpferden (sog. Pensionspferdehaltung) nicht der [X.] nach § 24 UStG ([X.]-Urteile in [X.]E 233, 72, [X.], 465; vom 30. März 2011 XI R 9/10, [X.]/NV 2011, 1405, und XI R 26/09, [X.]/NV 2011, 1540). Dies gilt auch für die Pensionspferdehaltung von Freizeitpferden ([X.]-Urteil in [X.], 111).

2. Bei der Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall ergibt sich, dass die bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen des [X.] seine Entscheidung nicht tragen, dass die streitbefangenen Umsätze nicht der [X.] nach § 24 UStG unterliegen.

a) Das [X.] hat zunächst in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass die vom Kläger gegenüber den [X.] der Pferde erbrachten Zucht- und Pensionsleistungen als einheitliche Dienstleistungen i.S. von § 3 Abs. 9 UStG zu qualifizieren sind.

aa) Nach der Rechtsprechung des [X.], der sich der [X.] angeschlossen hat, ist in der Regel jede Lieferung oder Dienstleistung als eigene, selbständige Leistung zu betrachten. Bei einem Umsatz, der ein Bündel von Einzelleistungen und Handlungen umfasst, ist aber im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu bestimmen, ob zwei oder mehr getrennte Umsätze vorliegen oder ein einheitlicher Umsatz. Dabei sind unter Berücksichtigung eines Durchschnittsverbrauchers die charakteristischen Merkmale des Umsatzes zu ermitteln. Insoweit darf einerseits eine wirtschaftlich einheitliche Leistung nicht künstlich aufgespalten werden. Andererseits sind mehrere formal getrennt erbrachte Einzelumsätze als einheitlicher Umsatz anzusehen, wenn sie nicht selbständig sind (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 10. Januar 2013 V R 31/10, [X.]E 240, 380, [X.] 2013, 352, Rz 17 ff., m.w.[X.]; vom 23. Januar 2013 XI R 27/11, [X.]E 240, 422, [X.] 2013, 458, Rz 25, m.w.[X.]).

[X.]) Ob im konkreten Fall eine einheitliche Leistung vorliegt, haben im Rahmen der mit Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] ([X.]) errichteten Zusammenarbeit die nationalen Gerichte festzustellen, die dazu alle endgültigen Tatsachenbeurteilungen vorzunehmen haben ([X.]-Urteil vom 10. März 2011 [X.]/09, [X.]/09, [X.]/09, [X.]/09, [X.] u.a., [X.]. 2011, [X.], [X.] 2013, 256, Rz 55, m.w.[X.]). Die erforderliche Gesamtbetrachtung ist im Wesentlichen das Ergebnis einer tatsächlichen Würdigung durch das [X.], die den [X.] grundsätzlich gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O bindet (z.B. [X.]-Urteil in [X.]E 240, 380, [X.] 2013, 352, Rz 29, m.w.[X.]).

cc) Ausgehend hiervon ist die Würdigung des [X.] nicht zu beanstanden, wonach die vom Kläger gegenüber den [X.] erbrachten Zucht- und Pensionsleistungen aus der Sicht eines objektiven Durchschnittsverbrauchers einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang darstellen, dessen einzelne Leistungsbestandteile derart eng miteinander verbunden sind, dass eine Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.

Das [X.] weist zutreffend darauf hin, dass der Kläger die [X.] nur erbringen konnte, wenn er die Pferde der Einsteller zugleich in Pension nahm. Pensions- und [X.] seien besonders aufeinander abgestimmt (spezielles Futter für Stuten und Fohlen, Bewegung und Kontrolle der Stuten während der Trächtigkeit, Geburtsbegleitung durch fachliche und elektronische Überwachung, Aufzucht der Fohlen in Gruppenhaltung, Ausbildung auf den hofeigenen Reitanlagen etc.).

Dem [X.] ist auch darin zu folgen, dass sich an dieser Beurteilung nicht deshalb etwas ändert, weil die Pensionsleistungen und zusätzlich erbrachte [X.] getrennt voneinander abgerechnet worden seien. Denn bei der gebotenen Gesamtbetrachtung kommt dem Umstand, ob ein Gesamtpreis in Rechnung gestellt wird, nach der Rechtsprechung des [X.] keine entscheidende Bedeutung zu, auch wenn es für das Vorliegen einer einheitlichen Leistung sprechen kann, wenn ein Leistungserbringer seinen Kunden eine aus mehreren Teilen zusammengesetzte Dienstleistung gegen Zahlung eines Gesamtpreises erbringt (vgl. [X.]-Urteil vom 25. Februar 1999 [X.]/96, [X.], [X.]. 1999, [X.], [X.] 1999, 254, Rz 31).

b) Entgegen der Auffassung des [X.] sind die von dem Kläger erbrachten Pensionsleistungen zu Zuchtzwecken aber nicht allein deshalb von der Anwendung der [X.] nach § 24 UStG ausgeschlossen, weil die Halter keine Land- oder Forstwirte sind.

aa) Die Beantwortung dieser Rechtsfrage ist umstritten. Während teilweise die Auffassung der Finanzverwaltung geteilt wird, eine "Pensionsleistung" an einen Nichtlandwirt bzw. [X.] trage von vornherein nicht zur landwirtschaftlichen Produktion bei und diene keinen landwirtschaftlichen Zwecken (Abschn. 24.3. Abs. 5 und Abs. 11 Satz 2 des [X.] --UStAE--; [X.] Münster, Urteil vom 18. August 2009  15 K 3176/05 U, E[X.] 2009, 1979; so wohl auch [X.] Düsseldorf, Urteil vom 13. Februar 2009  1 K 107/08 U, E[X.] 2009, 877, sowie [X.] in Plückebaum/Widmann, UStG, § 24 Rz 148 f.), wird diese Einschränkung auch abgelehnt bzw. für zweifelhaft gehalten (Niedersächsisches [X.], Urteil vom 5. November 2009  16 K 10340/07, juris; [X.] Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Juni 2011  6 K 2287/09, E[X.] 2011, 2025, nicht rechtskräftig, vgl. hierzu das nachfolgende [X.]-Urteil in [X.]E 240, 422, [X.] 2013, 458; [X.] in [X.]/Söhn/[X.], § 24 UStG Rz 274 und Rz 360).

[X.]) Die Einschränkung der Anwendung der [X.] nach § 24 UStG bei Dienstleistungen dahingehend, dass diese an Land- oder Forstwirte erbracht werden müssen, hält der [X.] nicht für gerechtfertigt.

Eine derartige Begrenzung des Anwendungsbereichs der Pauschalbesteuerung lässt sich weder den unionsrechtlichen Vorgaben noch den einschlägigen nationalen Bestimmungen entnehmen. Insbesondere Anhang B vierter Gedankenstrich zu Art. 25 der [X.]/[X.] und Anhang VIII Nr. 4 zu Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL enthalten für den begünstigten Bereich "Hüten, Zucht und Mästen von Vieh" keine entsprechende Einschränkung (vgl. auch [X.] in [X.]/Söhn/[X.], § 24 UStG Rz 360).

Vielmehr ergibt sich entsprechend dem Vorbringen des [X.] schon aus dem Wortlaut von Art. 25 Abs. 5 Buchst. c und Abs. 8 der [X.]/[X.] (nunmehr Art. 300 Nr. 3 und Art. 301 Abs. 2 der MwStSystRL), dass die Anwendung der [X.] auch bei Dienstleistungen möglich ist, bei denen der Leistungsempfänger kein Land- oder Forstwirt ist. Denn nach Art. 25 Abs. 5 Buchst. c der [X.]/[X.] werden die in Absatz 3 vorgesehenen Prozentsätze --ohne [X.] u.a. auf den Preis der landwirtschaftlichen Dienstleistungen angewendet, die von [X.] "an andere Steuerpflichtige als jene erbracht werden, für die im Inland die Pauschalregelung des vorliegenden Artikels gilt". In Art. 25 Abs. 8 der [X.]/[X.] heißt es, dass bei den in Absatz 5 nicht genannten Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und landwirtschaftlicher Dienstleistungen davon ausgegangen wird, "dass die Zahlung des [X.] durch den Abnehmer oder [X.] geschieht". Aus diesen Formulierungen geht hervor, dass eine Beschränkung des [X.] auf Land- und Forstwirte als [X.] in den unionsrechtlichen Vorgaben nicht enthalten ist (vgl. auch [X.]-Beschluss vom 27. November 2003 V R 28/03, [X.]E 204, 340, [X.]/NV 2004, 449, unter [X.] [X.], Rz 84). Der Zweck der Regelung (vgl. dazu unter [X.]; [X.]-Urteil vom 14. Juni 2007 V R 56/05, [X.]E 217, 298, [X.] 2008, 158, unter [X.] [X.], Rz 47, m.w.[X.]; [X.] in Sölch/Ringleb, a.a.[X.], § 24 Rz 11 ff.) gebietet diese Einschränkung ebenso wenig.

Auch in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache [X.] hat Generalanwalt [X.] zu Art. 25 Abs. 8 der [X.]/[X.] im Rahmen der Darstellung des rechtlichen Rahmens der Regelung darauf hingewiesen, dass der [X.] seine Leistungen gleichfalls gegenüber nicht mehrwertsteuerpflichtigen Abnehmern oder nicht mehrwertsteuerpflichtigen [X.]n erbringen kann (Schlussanträge des Generalanwalts [X.] vom 11. März 2004 [X.], [X.]. 2004, [X.], Rz 9).

Diese Auffassung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des [X.], der im Zusammenhang mit der Veräußerung von Waren in einem sog. Hofladen bereits entschieden hat, dass auch Umsätze an Nichtunternehmer (Endverbraucher) der (pauschalen) Umsatzbesteuerung nach Durchschnittssätzen unterliegen können ([X.]-Urteil vom 6. Dezember 2001 V R 43/00, [X.]E 197, 330, [X.] 2002, 701, unter II.3.c).

cc) Entgegen der Auffassung des [X.] ergibt sich nichts Gegenteiliges aus dem [X.]-Urteil vom 3. Dezember 1998 V R 48/98 ([X.]E 187, 352, [X.] 1999, 150), weil der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt dem Streitfall schon nicht vergleichbar war. Denn dort ging es um die Vermietung einer Lagerhalle an einen außerlandwirtschaftlichen Unternehmer. Der [X.] hat insoweit lediglich aus einer Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls gefolgert, dass es insgesamt an dem für eine landwirtschaftliche Dienstleistung erforderlichen Merkmal "zu landwirtschaftlichen Zwecken" fehlte ([X.]-Urteil in [X.]E 187, 352, [X.] 1999, 150, unter [X.], Rz 15). Eine allgemeine Aussage dahingehend, dass für die Anwendbarkeit der [X.] der [X.] stets ein Land- oder Forstwirt sein müsse, lässt sich dieser Entscheidung nicht entnehmen (vgl. auch [X.] in [X.]/Söhn/[X.], § 24 UStG Rz 274).

Zwar tragen Dienstleistungen an Nichtlandwirte (z.B. Ausbringung von Klärschlämmen, Pflege von Sportplätzen, Überlassung von Wirtschaftsgütern und Personalgestellung an Gewerbetreibende, Winterdienst für die Gemeinde) normalerweise nicht zur landwirtschaftlichen Erzeugung bei, wie dies von Anhang B der [X.]/[X.] und von Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL vorausgesetzt wird (zutreffend [X.] in Sölch/ Ringleb, a.a.[X.], § 24 Rz 82). Das gilt auch für einen Pensionspferdebetrieb eines Landwirts, ist aber anders, wenn nicht private Reit- und Sportpferde, sondern landwirtschaftlich (oder forstwirtschaftlich) genutzte Pferde eingestellt werden (vgl. [X.] in Sölch/Ringleb, a.a.[X.], § 24 Rz 86).

Danach scheidet bei einer [X.] von Pferden die Anwendung der [X.] aus, wenn die betreuten Pferde aus privaten Gründen zu Freizeitzwecken gehalten werden (vgl. [X.]-Urteile in [X.]E 233, 72, [X.], 465; in [X.]/NV 2011, 1405; in [X.]/NV 2011, 1540, und in [X.], 111) nicht aber dann, wenn die Pferde von ihren [X.] --ausnahmsweise-- zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden (vgl. [X.], Umsatzsteuer, 23. Aufl., S. 1112). Dasselbe gilt bei der streitbefangenen "Pensionspferdehaltung zu Zuchtzwecken".

3. Das [X.] ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Der [X.] kann nicht durcherkennen, weil das [X.] --ausgehend von seiner Rechtsauffassung zu [X.] bislang noch keine tatsächlichen Feststellungen zu der Frage getroffen hat, ob --und ggf. in welchem Umfang-- die Pensionspferde (Stuten und Fohlen) von den [X.] zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gehalten wurden.

Soweit dies der Fall ist, wird das [X.] prüfen müssen, ob der Kläger die Pensionspferdehaltung zu Zuchtzwecken mithilfe von Wirtschaftsgütern erbracht hat, die seinem normalen Ausrüstungsbestand zuzurechnen waren bzw. hierfür Wirtschaftsgüter verwendet hat, die nicht dem betriebsgewöhnlichen Ausrüstungsbestand des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zuzurechnen waren (vgl. Art. 25 Abs. 2 fünfter Gedankenstrich der [X.]/[X.]; s. dazu [X.]-Urteil [X.] in [X.]. 2004, [X.], [X.]/NV Beilage 2004, 371, Rz 34).

Das [X.] wird die entsprechenden tatsächlichen Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.

4. Da der [X.] keine Zweifel an der gebotenen Auslegung des Unionsrechts hat, sieht er keine Veranlassung für die Durchführung eines Vorabentscheidungsersuchens an den [X.] nach Art. 267 [X.].

5. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das [X.] beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

XI R 13/13

21.01.2015

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 14. Februar 2013, Az: 5 K 281/11, Urteil

§ 24 UStG 2005, Art 25 EWGRL 388/77, Art 295 EGRL 112/2006, Art 296 EGRL 112/2006, Art 300 EGRL 112/2006, Art 301 EGRL 112/2006, Anh 8 EGRL 112/2006, Anh B EWGRL 388/77, UStG VZ 2005, Abschn 24.3 Abs 5 UStAE, Abschn 24.3 Abs 11 S 2 UStAE

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.01.2015, Az. XI R 13/13 (REWIS RS 2015, 16860)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 16860

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