Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.09.2014, Az. XI R 33/13

11. Senat | REWIS RS 2014, 3062

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Gegenstand

Keine Pauschalbesteuerung und kein ermäßigter Steuersatz für Pensionspferdehaltung von "Freizeitpferden"


Leitsatz

Die Umsätze eines Landwirts aus dem Einstellen, Füttern und Betreuen von nicht zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gehaltenen Pferden unterliegen nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG und sind dem Regelsteuersatz zu unterwerfen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Umsätze aus einer Pensionspferdehaltung der [X.] gemäß § 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) oder (zumindest) dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG unterliegen, wenn es sich bei den Pferden um ausschließlich zu privaten Zwecken gehaltene Tiere (überwiegend Fohlen) handelt.

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Landwirt. Auf seinem landwirtschaftlichen Anwesen betrieb er in den Jahren 2005 bis 2008 (Streitjahre) auch eine Pensionspferdehaltung. Eingestellt waren vorwiegend Fohlen, aber auch einige ältere Pferde zur Rekonvaleszenz und "Gnadenbrotpferde". Die Pferde wurden in Gruppen getrennt nach Alter und Geschlecht gehalten. Für 100 € bzw. 120 € pro Monat und Pferd wurden als Leistungen "Offenstallhaltung, Weidegang, Futter und Entwurmung" geboten. Kosten für Tierarzt und [X.] wurden extra berechnet.

3

Der Kläger unterwarf sowohl die Umsätze aus der Landwirtschaft als auch diejenigen aus der Pensionspferdehaltung der [X.] nach § 24 UStG. Im [X.] an eine beim Kläger durchgeführte Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) die Auffassung, dass die Umsätze aus der Pensionspferdehaltung dem allgemeinen Steuersatz zu unterwerfen seien. Dementsprechend erließ das [X.] jeweils am 24. Februar 2011 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung ([X.]) geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre. Die Einsprüche gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide wies das [X.] mit Einspruchsentscheidung vom 18. Juli 2011 als unbegründet zurück.

4

Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen eingelegte Klage ab. Seine Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 738 veröffentlicht.

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er legt im Einzelnen dar, dass aus Rechtsgründen bzw. zumindest aus Billigkeitsgründen auf die streitbefangenen Umsätze die [X.] gemäß § 24 Abs. 1 bis 3 UStG anzuwenden sei. Sofern die Umsätze der Regelbesteuerung unterlägen, seien sie (jedenfalls) dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG zu unterwerfen.

6

Der Kläger beantragt sinngemäß, das [X.] und die Einspruchsentscheidung vom 18. Juli 2011 aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2008 vom 24. Februar 2011 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer für 2005 um ... €, für 2006 um ... €, für 2007 um ... € und für 2008 um ... € herabgesetzt wird,
hilfsweise,
die Umsatzsteuer für die Jahre 2005 bis 2008 unter Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG auf die Umsätze der Pensionspferdehaltung herabzusetzen.

7

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen; es hält die Entscheidung der Vorinstanz für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision des [X.] ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

9

Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass die streitbefangenen Umsätze aus der Pensionspferdehaltung überwiegend von Fohlen --aber auch von Pferden in Rekonvaleszenz und sog. "[X.] nicht der [X.] unterliegen und insoweit auch nicht der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG gilt.

1. Das [X.] hat zunächst zutreffend angenommen, dass die [X.] i.S. von § 24 UStG auf die vom Kläger erbrachten streitbefangenen Leistungen nicht anwendbar ist.

a) Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG in der in den Streitjahren 2005 bis 2008 geltenden Fassungen wird für "die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze" vorbehaltlich der Sätze 2 bis 4 die Steuer für die nicht näher bezeichneten --hier einschlägigen-- "übrigen Umsätze" auf 9 % (Streitjahre 2005 und 2006) bzw. auf 10,7 % (Streitjahre 2007 und 2008) der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Die Vorsteuerbeträge werden, soweit sie den "übrigen Umsätzen" zuzurechnen sind, auf 9 % (Streitjahre 2005 und 2006) bzw. auf 10,7 % (Streitjahre 2007 und 2008) der Bemessungsgrundlage für diese Umsätze festgesetzt; ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt (§ 24 Abs. 1 Sätze 3 und 4 UStG). Durch diese Regelungen gleichen sich Steuer und Vorsteuer aus, so dass der Landwirt im Ergebnis für diese Umsätze keine Umsatzsteuer zu entrichten hat.

aa) Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gelten nach § 24 Abs. 2 Satz 1 UStG

"1. die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft, der Wein-, Garten-, Obst- und Gemüsebau, die Baumschulen, alle Betriebe, die Pflanzen und Pflanzenteile mit [X.]ilfe der Naturkräfte gewinnen, die Binnenfischerei, die Teichwirtschaft, die Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft, die Imkerei, die [X.] sowie die Saatzucht;

2. Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe, soweit ihre Tierbestände nach den §§ 51 und 51a des Bewertungsgesetzes zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören."

Zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehören nach § 24 Abs. 2 Satz 2 UStG auch die Nebenbetriebe, die dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu dienen bestimmt sind.

bb) § 24 UStG ist nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ([X.]) richtlinienkonform entsprechend Art. 25 der [X.]/[X.] des Rates vom 17. Mai 1977 zur [X.]armonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ([X.]/[X.]) --bzw. seit dem 1. Januar 2007 nach Art. 295 ff. der Richtlinie 2006/112/[X.] vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL)-- auszulegen (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 13. August 2008 XI R 8/08, [X.]E 221, 569, [X.] 2009, 216; vom 19. November 2009 V R 16/08, [X.]E 227, 275, [X.], 319; vom 13. Januar 2011 V R 65/09, [X.]E 233, 72, [X.], 465; vom 13. November 2013 XI R 2/11, [X.]E 243, 462, [X.] 2014, 543, Rz 21 bis 24, m.w.[X.]).

Nach Art. 25 Abs. 1 der [X.]/[X.] können die Mitgliedstaaten auf landwirtschaftliche Erzeuger, bei denen die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung oder gegebenenfalls der vereinfachten Regelung nach Art. 24 der [X.]/[X.] auf Schwierigkeiten stoßen würde, als Ausgleich für die Belastung durch die Mehrwertsteuer, die auf die von [X.] bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen bezahlt wird, eine Pauschalregelung anwenden.

Nach Art. 25 Abs. 2 fünfter Gedankenstrich der [X.]/[X.] gelten als landwirtschaftliche Dienstleistungen die in [X.] aufgeführten Leistungen, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mit [X.]ilfe seiner Arbeitskräfte und/oder der normalen Ausrüstung seines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder Fischereibetriebs vorgenommen werden. Als landwirtschaftliche Dienstleistungen gelten nach Anhang B der [X.]/[X.] Dienstleistungen, die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen, insbesondere nach dem vierten Gedankenstrich dieser Bestimmung "[X.]üten, Zucht und [X.] von Vieh".

Dem entsprechen die seit dem 1. Januar 2007 geltenden unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 296 der MwStSystRL sowie in Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Anhang VIII Nr. 4 der MwStSystRL.

b) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) gilt Art. 25 der [X.]/[X.] (bzw. seit dem 1. Januar 2007 Art. 296 Abs. 1 der MwStSystRL) nur für die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und die Erbringung landwirtschaftlicher Dienstleistungen, wie sie in Abs. 2 dieser Bestimmung (bzw. seit dem 1. Januar 2007 Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL) definiert sind; dagegen unterliegen die sonstigen Umsätze der Pauschallandwirte der allgemeinen Besteuerungsregelung ([X.]-Urteile vom 15. Juli 2004 [X.]/02 --[X.]arbs--, [X.]. 2004, [X.], [X.]/NV Beilage 2004, 371, Rz 31 und 36, sowie vom 26. Mai 2005 [X.]/04 --Stadt [X.], [X.]. 2005, [X.], [X.]/NV Beilage 2005, 320, Rz 21).

Dabei ist die Sonderregelung nach Art. 25 der [X.]/[X.] (bzw. seit dem 1. Januar 2007 Art. 296 der MwStSystRL) eng auszulegen und darüber hinaus nur insoweit anzuwenden, als dies zur Erreichung ihres Zieles erforderlich ist ([X.]-Urteile --[X.]arbs-- in [X.]. 2004, [X.], [X.]/NV Beilage 2004, 371, Rz 27, und --Stadt [X.] in [X.]. 2005, [X.], [X.]/NV Beilage 2005, 320, Rz 24). Dieses Ziel besteht darin, die Belastung durch die Steuer auf von den Landwirten bezogene Gegenstände und Dienstleistungen dadurch auszugleichen, dass den landwirtschaftlichen Erzeugern, die ihre Tätigkeit im Rahmen eines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder Fischereibetriebs ausüben, ein Pauschalausgleich gezahlt wird, wenn sie landwirtschaftliche Erzeugnisse liefern oder landwirtschaftliche Dienstleistungen erbringen ([X.]-Urteile --[X.]arbs-- in [X.]. 2004, [X.], [X.]/NV Beilage 2004, 371, Rz 29, und --Stadt [X.] in [X.]. 2005, [X.], [X.]/NV Beilage 2005, 320, Rz 28).

Als "landwirtschaftliche Dienstleistungen" sind daher nicht Leistungen anzusehen, die keinen landwirtschaftlichen Zwecken dienen und sich nicht auf normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendete Mittel beziehen ([X.]-Urteile --[X.]arbs-- in [X.]. 2004, [X.], [X.]/NV Beilage 2004, 371, Rz 31, und --Stadt [X.] in [X.]. 2005, [X.], [X.]/NV Beilage 2005, 320, Rz 29).

c) Dieser Auslegung folgt die Rechtsprechung des [X.] (vgl. z.B. Urteile in [X.]E 221, 569, [X.] 2009, 216; in [X.]E 227, 275, [X.], 319; in [X.]E 233, 72, [X.], 465; in [X.]E 243, 462, [X.] 2014, 543, Rz 24, m.w.[X.]). Danach unterliegen insbesondere die Umsätze eines Landwirts aus dem Einstellen, Füttern und Betreuen von Reitpferden (sog. Pensionspferdehaltung) nicht der [X.] nach § 24 UStG ([X.]-Urteile in [X.]E 233, 72, [X.], 465; vom 30. März 2011 XI R 9/10, [X.]/NV 2011, 1405, und XI R 26/09, [X.]/NV 2011, 1540).

d) Danach ist für die streitbefangenen Umsätze nicht die [X.] i.S. von § 24 UStG anwendbar.

aa) Das [X.] hat zunächst in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Einheitlichkeit der vom Kläger bei der Pensionspferdehaltung erbrachten Leistung bejaht und diese zutreffend als sonstige Leistung angesehen; dies wird mit der Revision auch nicht beanstandet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der insoweit geltenden Rechtsgrundsätze auf das [X.]-Urteil vom 25. Juni 2009 V R 25/07 ([X.]E 226, 407, [X.], 239) Bezug genommen.

bb) Ausgehend von seinen tatsächlichen Feststellungen, an die der [X.] nach § 118 Abs. 2 [X.]O gebunden ist, hat das [X.] zu Recht erkannt, dass die einheitliche sonstige Leistung des [X.] nicht in den Anwendungsbereich der [X.] fällt.

(1) Das [X.] hat zutreffend ausgeführt, dass der Streitfall sich zwar von den bisher vom [X.] entschiedenen Sachverhalten (vgl. [X.]-Urteile in [X.]E 233, 72, [X.], 465; in [X.]/NV 2011, 1405, und in [X.]/NV 2011, 1540) dadurch unterscheidet, dass die hier eingestellten Pferde als Fohlen noch nicht oder als rekonvaleszente Pferde im streitbefangenen Zeitraum nicht bzw. als "Gnadenbrotpferde" nicht mehr zur Ausübung des Reitsports geeignet sind und der Kläger auf seinem [X.]of auch keine Reithalle oder Reitbahn zur Ausübung des Reitsports anbietet.

(2) Zu Recht hat das [X.] in der Folge aber dargelegt, dass diese Abweichung im Streitfall nicht entscheidungserheblich ist. Denn ausgehend von den vorstehend aufgezeigten Grundsätzen der Rechtsprechung ist maßgeblich, ob es sich bei den erbrachten Dienstleistungen um solche handelt, die landwirtschaftlichen Zwecken dienen und sich auf normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendete Mittel beziehen ([X.]-Urteile --[X.]arbs-- in [X.]. 2004, [X.], [X.]/NV Beilage 2004, 371, Rz 31, und --Stadt [X.] in [X.]. 2005, [X.], [X.]/NV Beilage 2005, 320, Rz 29).

Dies ist bei den [X.], die der Kläger gegenüber den [X.] von Fohlen, rekonvaleszenten Pferden und sog. "[X.]" erbracht hat, nicht der Fall. Insoweit handelte es sich nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.], an die der Senat nach § 118 Abs. 2 [X.]O gebunden ist, mangels anderer Nachweise des [X.] durchgängig um Tiere, die nicht zu landwirtschaftlichen Zwecken genutzt wurden oder werden sollten, sondern um "Freizeitpferde" (vgl. [X.]-Urteil, Rz 28, 29). Daher kommt die Anwendung der [X.] auch nicht unter dem von dem Kläger behaupteten Gesichtspunkt des [X.]ütens, der Zucht und des [X.]s von Vieh i.S. von Art. 25 i.V.m. Anhang A II.1. bzw. Anhang B vierter Gedankenstrich der [X.]/[X.] (bzw. seit dem 1. Januar 2007 Art. 295 Abs. 2 i.V.m. Anhang VII Nr. 2 Buchst. a bzw. Anhang VIII Nr. 4 der MwStSystRL) in Betracht ([X.] in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 24 UStG Rz 86; im Ergebnis ebenso [X.]/[X.], UStG, 13. Aufl., § 24 Rz 46; [X.] in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 24 Rz 120).

cc) Das Vorbringen des [X.], es sei unionsrechtlich unzulässig, die streitigen Umsätze nur dann landwirtschaftlichen Zwecken zuzuordnen, wenn der Leistungsempfänger ein Land– oder Forstwirt sei, rechtfertigt im Streitfall auf der Grundlage der vom [X.] getroffenen Feststellungen keine andere Beurteilung.

(1) Der Kläger trägt in diesem Zusammenhang vor, unionsrechtlich werde unterschieden zwischen Viehzucht und Tierhaltung, die in Verbindung mit der Bodenbewirtschaftung die Anwendung der [X.] gestatte (Art. 25 Abs. 2 i.V.m. Anhang A II.1. der [X.]/[X.]; seit dem 1. Januar 2007 Art. 295 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Anhang VII Nr. 2 der MwStSystRL) und anderen Dienstleistungen, wie das [X.]üten, die Zucht und das [X.] von Vieh (Art. 25 Abs. 2 i.V.m. Anhang B vierter Gedankenstrich; seit dem 1. Januar 2007 Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Anhang VIII Nr. 4 der MwStSystRL), bei denen im Gegensatz zur nachfolgenden Ziffer 5 kein [X.]inweis auf landwirtschaftliche Zwecke vorgesehen sei. Wollte man die Anwendung des Anhangs B vierter Gedankenstrich der [X.]/[X.] bzw. des Anhangs VIII Nr. 4 der MwStSystRL auf Lohntierhaltung für fremde Landwirte begrenzen, würde die Steuervergünstigung leerlaufen, was unionsrechtlich unzulässig sei.

(2) Entgegen der Auffassung des [X.] ist die von ihm beschriebene Differenzierung bei der Pensionspferdehaltung zwischen [X.], die Landwirte sind, und anderen Unternehmern bzw. Privatpersonen im Streitfall jedoch nicht entscheidungserheblich, so dass auch nicht von einem "Leerlaufen" der Begünstigung für das "[X.]üten, Züchten und [X.] von Vieh" i.S. von Art. 25 Abs. 2 i.V.m. Anhang B vierter Gedankenstrich der [X.]/[X.] --seit dem 1. Januar 2007 Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Anhang VIII Nr. 4 der MwStSystRL-- die Rede sein kann.

Denn schon unabhängig von der Unterscheidung zwischen privaten [X.] und Landwirten als [X.]alter der streitbefangenen Tiere fehlt es bei der Pensionspferdehaltung nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.] bereits dem Grunde nach an der gebotenen Nutzung der Tiere zu landwirtschaftlichen Zwecken, weil die Tiere --wie bereits ausgeführt-- ausschließlich aus privaten Gründen gehalten wurden.

dd) Soweit der Kläger ferner vorbringt, dass für die Frage der Zurechnung einer Tierzucht oder Tierhaltung zur Landwirtschaft nach nationalem Recht einheitliche Rechtsgrundsätze des Bewertungsrechts, des Ertragsteuerrechts und des Umsatzsteuerrechts anwendbar seien, hat die Vorinstanz bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass die maßgeblichen nationalen Bestimmungen des Umsatzsteuerrechts unionsrechtskonform auszulegen sind und dementsprechend die ertragsteuerrechtliche Behandlung nicht maßgeblich ist (vgl. Rz 24 des [X.]-Urteils; [X.]-Urteile in [X.]E 221, 569, [X.] 2009, 216, unter II.3., und in [X.]E 233, 72, [X.], 465, Rz 19). Die vom Kläger in diesem Zusammenhang zitierte frühere Rechtsprechung des [X.] ([X.]-Urteil vom 29. März 1990 V R 34/89, [X.]/NV 1992, 845; [X.]-Beschluss vom 15. Oktober 1993 V B 72/93, [X.]/NV 1994, 666) ist insoweit überholt.

Vor diesem [X.]intergrund sind auch die vom Kläger im Einzelnen angeführten Bestimmungen der §§ 51, 51a des Bewertungsgesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung im Zusammenhang mit § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG nur anwendbar, soweit es sich um Tierzucht und Tierhaltung handelt, die landwirtschaftlichen Zwecken dient, was bei den vom Kläger erbrachten [X.] von vornherein nicht gegeben ist.

ee) Der Kläger führt auch ohne Erfolg an, die Unterscheidung zwischen eigenen Zuchttieren des Landwirts und fremden Zuchttieren hätte erhebliche Komplikationen bei der Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs --etwa beim gemeinschaftlichen Bezug von Futtermitteln [X.] zur Folge, da ein Vorsteuerabzug bei der Anwendung der [X.] auf die dem Landwirt gehörenden Zuchttiere ausgeschlossen sei.

Denn hierbei handelt es sich um ein gängiges Aufteilungsproblem (vgl. dazu z.B. [X.]-Urteil in [X.]E 243, 462, [X.] 2014, 543), das sich im Übrigen auch bei der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des UStG im Rahmen der Anwendung des § 15 Abs. 4 UStG stellt.

2. Auch die vom Kläger hilfsweise begehrte Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die von ihm erbrachten Leistungen der Pensionspferdehaltung kommt nicht in Betracht.

a) Nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG unterliegt "die Aufzucht und das [X.]alten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere" dem ermäßigten Steuersatz.

b) Der [X.] hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass das Einstellen und Betreuen von Reitpferden, die von ihren Eigentümern zur Ausübung von Freizeitsport genutzt werden, bei [X.] Auslegung nicht unter den Begriff "[X.]alten von Vieh" fällt und daher nicht entsprechend begünstigt ist ([X.]-Urteile vom 19. Februar 2004 V R 39/02, [X.]E 205, 329, [X.] 2004, 672; V R 38/02, [X.]/NV 2004, 1298; vom 22. Januar 2004 V R 41/02, [X.]E 204, 371, [X.] 2004, 757; [X.]-Beschluss vom 23. Februar 2010 V B 93/09, [X.]/NV 2010, 963, Rz 5; [X.]-Urteile in [X.]E 233, 72, [X.], 465, und in [X.]/NV 2011, 1540).

Denn nach den entsprechenden unionsrechtlichen Vorgaben (Art. 12 Abs. 3 Buchst. a i.V.m. Anhang [X.] Kategorie 10 der [X.]/[X.] bzw. seit dem 1. Januar 2007 Art. 98 Abs. 2 i.V.m. Anhang III Kategorie 11 der MwStSystRL) ist der ermäßigte Steuersatz nur vorgesehen für "Dienstleistungen, die in der Regel für den Einsatz in der landwirtschaftlichen Erzeugung bestimmt sind". Der [X.] hat auch erkannt, dass die Anwendung von § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG in Betracht kommen könnte, falls es um Dienstleistungen bei der Unterstellung von Zuchtpferden eines Gestüts oder von land- oder forstwirtschaftlichen Nutzpferden gehe (vgl. [X.]-Beschluss in [X.]/NV 2010, 963, Rz 5). Beide Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.

3. Das [X.] hat auch zutreffend entschieden, dass das [X.] nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes am Erlass der streitbefangenen Umsatzsteuerjahresbescheide vom 24. Februar 2011 gehindert war.

a) Nach § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] darf bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheides nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofes des [X.] geändert hat, die bei der bisherigen Steuerfestsetzung von der Finanzbehörde angewandt worden ist. Ist die bisherige Rechtsprechung in einer Steuererklärung oder Steueranmeldung berücksichtigt worden, ohne dass das für die Finanzbehörde erkennbar war, so gilt § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] nur, wenn anzunehmen ist, dass die Finanzbehörde bei Kenntnis der Umstände die bisherige Rechtsprechung angewandt hätte (§ 176 Abs. 1 Satz 2 [X.]).

Nach § 176 Abs. 2 [X.] darf ferner bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der [X.]regierung, einer obersten [X.]- oder Landesbehörde von einem obersten Gerichtshof des [X.] als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet worden ist.

b) Soweit der Kläger vorträgt, er habe auf die Anwendung der von ihm erklärten [X.] auf die streitbefangenen Umsätze in den Streitjahren vertrauen können, trifft dies nicht zu.

Das [X.] hat zu Recht ausgeführt, dass es schon zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärungen für die Streitjahre 2005 bis 2008 (am 18. Dezember 2006, am 27. Dezember 2007, am 16. Dezember 2008 und am 28. Juni 2010) keine Rechtsprechung gab, auf die sich der Kläger zu seinen Gunsten hätte berufen können.

Denn entgegen seinem Vorbringen gab es zum maßgeblichen Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärungen keine höchstrichterliche Rechtsprechung dahingehend, dass auf die streitbefangenen Umsätze die [X.] hätte angewandt werden dürfen. Soweit sich der Kläger auf die allgemeine Rechtsprechung des [X.] in [X.]/NV 1992, 845 und in [X.]/NV 1994, 666 zur Lohntierhaltung beruft, konnte er darauf insoweit nicht mehr vertrauen, als die Finanzverwaltung bereits mit Schreiben des [X.]ministeriums der Finanzen ([X.]) vom 9. August 2004 IV B 7-S 7233-29/04 (BStBl I 2004, 851) klargestellt hatte, dass Umsätze aus der Pensionspferdehaltung dem Regelsteuersatz unterliegen und diesbezüglich auch die [X.] nach § 24 UStG nicht in Anspruch genommen werden durfte. Zwar handelt es sich bei den streitbefangenen Tieren im Unterschied zu den im [X.]-Schreiben genannten Pferden nicht um Reitpferde, sondern um Fohlen, rekonvaleszente Pferde und "Gnadenbrotpferde". Gleichwohl hätte der Kläger aus dem genannten [X.]-Schreiben erkennen müssen, dass die von ihm erbrachten Dienstleistungen auch die Pensionspferdehaltung betrafen. Die von ihm beschriebene Erlasslage konnte daher keinen Vertrauensschutz zugunsten des [X.] vermitteln.

c) Auch hinsichtlich der hilfsweise begehrten Anwendung des ermäßigten Steuersatzes kommt kein Vertrauensschutz in Betracht.

Zum einen hat der Kläger in seinen Steuererklärungen hinsichtlich der streitbefangenen Umsätze nicht die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes begehrt, und schon kein entsprechendes Vertrauen ausgeübt. Zum anderen hatte der [X.] bereits mit Urteil vom 22. Januar 2004 in [X.]E 204, 371, [X.] 2004, 757 entschieden, dass Umsätze betreffend die Pensionspferdehaltung dem Regelsteuersatz unterliegen. Diese Entscheidung war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärungen bereits bekannt, so dass auch insoweit kein Vertrauensschutz in Betracht kommt.

Das Vorbringen des [X.] dahingehend, er habe insoweit auf den Fortbestand der Verwaltungsanweisung in dem seinerzeit geltenden Abschn. 264 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der [X.] vertraut, erfüllt nicht die Voraussetzungen von § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.], zumal die Finanzverwaltung bereits mit [X.]-Schreiben vom 9. August 2004 (BStBl I 2004, 851) klargestellt hatte, dass Umsätze aus der Pensionspferdehaltung dem Regelsteuersatz unterliegen.

Angesichts dieser auch aus Sicht des [X.] erkennbaren allgemeinen Verwaltungsanweisung zur Pensionspferdehaltung kann auch die Vertrauensschutzregelung des § 176 Abs. 2 [X.] nicht greifen.

4. Die vom Kläger höchst hilfsweise begehrte abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 [X.] kommt vorliegend nicht in Betracht.

Zwar kann nach § 163 Satz 3 [X.] die Entscheidung über die Festsetzung mit einer abweichenden Festsetzung aus Billigkeitsgründen verbunden werden. Im Streitfall ist aber weder festgestellt noch ersichtlich, dass entsprechende Anträge gestellt worden wären, über die das [X.] bereits befunden hätte. Insbesondere enthält auch die Einspruchsentscheidung des [X.] keine entsprechenden [X.]inweise, so dass es schon an einem entsprechenden Vorverfahren nach § 44 [X.]O fehlt. Daher kann [X.] wie im erstinstanzlichen finanzgerichtlichen [X.] auch im Revisionsverfahren insoweit keine Entscheidung getroffen werden.

Meta

XI R 33/13

10.09.2014

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend FG Nürnberg, 11. Dezember 2012, Az: 2 K 1068/11, Urteil

§ 12 Abs 2 Nr 3 UStG 2005, § 24 UStG 2005, Art 12 Abs 3 Buchst a Anh H Nr 10 EWGRL 388/77, Art 25 Anh B EWGRL 388/77, Art 98 Abs 2 Anh 3 Nr 11 EGRL 112/2006, Art 295 EGRL 112/2006, Art 296 Anh 8 EGRL 112/2006, § 176 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.09.2014, Az. XI R 33/13 (REWIS RS 2014, 3062)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3062

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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