Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.06.2013, Az. II ZR 245/11

2. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 5149

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Gegenstand

Parteifähigkeit einer Gesellschaft mit dem Zweck des eigenständigen Betreibens von Inkassodienstleistungen für ihre Mitglieder


Tenor

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 3. November 2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Streitwert: 38.471,09 €

Gründe

1

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist bereits deshalb als unbegründet zurückzuweisen, weil die Klage mangels Parteifähigkeit (§ 50 Abs. 1 ZPO) der Klägerin unzulässig ist und die Revision daher unabhängig davon, ob die Beschwerde zulassungsrelevante Rechtsfehler aufzeigt, der Klägerin schon aus diesem Grunde nicht zum Erfolg verhelfen kann. Die Parteifähigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (vgl. [X.], Urteil vom 4. Mai 2004 - [X.], [X.]Z 159, 94, 98 mwN). Die Klägerin ist nicht parteifähig, weil ihr [X.]svertrag unwirksam ist. Der [X.]szweck der Klägerin verstößt gegen § 3 und § 2 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 [X.] mit der Folge, dass der [X.]svertrag nach § 134 BGB nichtig ist (vgl. [X.], Beschluss vom 19. Juli 2011 - [X.], juris Rn. 7 mwN - noch zum [X.]; s. auch [X.], Urteil vom 30. Oktober 2012 - [X.], [X.], 2445 Rn. 34 ff.; [X.], [X.], 765 ff.).

2

2. Auf den vorliegenden Fall ist das Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen - Rechtsdienstleistungsgesetz (Gesetz vom 12. Dezember 2007, [X.], 2840 - [X.]) anwendbar. Das [X.] ist hinsichtlich der hier maßgeblichen Vorschriften am 1. Juli 2008 in [X.] getreten, der [X.]svertrag der Klägerin wurde im November 2008 geschlossen. Nach § 2 Abs. 2 [X.] ist die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird (Inkassodienstleistung), Rechtsdienstleistung im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes und gemäß § 3 [X.] nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt ist. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] dürfen [X.] nur bei der zuständigen Behörde registrierte Personen erbringen, zu denen die Klägerin nicht gehört. Die Voraussetzungen des Erlaubnistatbestands des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.], dass die Klägerin ein zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründeter Zusammenschluss und ihre Einziehungstätigkeit für ihre [X.]er gegenüber der Erfüllung der übrigen satzungsmäßigen Aufgaben nicht von übergeordneter Bedeutung ist, sind gleichfalls nicht gegeben.

3

a) Die [X.]er der Klägerin haben der Klägerin ihre Forderungen lediglich zu Einziehungszwecken abgetreten. Auch für § 2 Abs. 2 [X.] kommt es wie zu der früheren Regelung in Art. 1 § 1 Abs. 1 [X.] für die Einordnung als Inkassozession entscheidend darauf an, ob das wirtschaftliche Ergebnis der Einziehung dem [X.] zukommen soll ([X.], Urteil vom 30. Oktober 2012 - [X.], [X.], 2445 Rn. 13). Maßgeblich ist insoweit, ob die Forderung einerseits endgültig auf den Erwerber übertragen wird und dieser andererseits insbesondere das [X.], das heißt das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung übernimmt ([X.], Urteil vom 30. Oktober 2012 - [X.], [X.], 2445 Rn. 14 mwN).

4

Nach dem Inhalt des [X.]svertrages ist hier keine - unschädliche - Vollabtretung der Forderungen auf die Klägerin erfolgt, sondern die Zedenten (= die [X.]er) trugen weiterhin das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibbarkeit ihrer Forderung. Dies zeigt sich nicht nur darin, dass sie jeweils entsprechend ihrer Quote an der von der Klägerin geltend zu machenden Gesamtforderung die Kosten des Prozesses tragen sollten, sondern im [X.] verloren sie - nicht die Klägerin - die Forderung. Weiter sollten nach § 5 des [X.]svertrages eventuelle Besonderheiten der [X.] allein den [X.]er betreffen, in dessen Beziehungen zu der [X.] bzw. zu den ausgleichsberechtigten Kommanditisten sie vorliegen.

5

b) Die Klägerin sollte und hat die Einziehung der für sie wirtschaftlich fremden Forderungen als eigenständiges Geschäft im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 [X.] betrieben; die Einziehung der Forderungen war ihr - alleiniger - [X.]szweck; nur aus diesem Anlass ist sie gegründet worden. Die Forderungseinziehung stellte sich nicht nur als Nebenleistung im Zusammenhang mit einer anderen Haupttätigkeit im Sinne von § 5 [X.] dar (zur Einordnung der Forderungseinziehung nach § 5 [X.] vgl. [X.], Urteil vom 30. Oktober 2012 - [X.], [X.], 2445 Rn. 26 ff.; [X.], [X.], 765 ff.).

6

c) Die nach dem [X.]svertrag von der Klägerin durchzuführende Einziehungstätigkeit ist hier auch nicht etwa deshalb als nicht gegen das [X.] verstoßende Einziehungstätigkeit zu werten, weil ausweislich der [X.] und des [X.]szwecks die Forderungen zur gerichtlichen Einziehung abgetreten worden sind und § 3 [X.] nur die Befugnis zur Erbringung von außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen regelt. Die Beschränkung des Anwendungsbereichs auf außergerichtliche Rechtsdienstleistungen dient lediglich der Abgrenzung gegenüber der Vertretung von Rechtssuchenden in einem Gerichtsverfahren, deren Zulässigkeit anders als früher unter Geltung des Rechtsberatungsgesetzes nun jeweils in den einzelnen Verfahrensordnungen besonders geregelt worden ist (s. hierzu BT-Drucks. 16/3655 [X.] bis 35).

7

d) Auf die Ausnahmevorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] kann sich die Klägerin nicht berufen. Nach ihrem [X.]szweck fehlt es bereits an der Wahrung gemeinschaftlicher Interessen, da die Klägerin lediglich zur Bündelung der Einzelinteressen ihrer [X.]er gegründet wurde. Im Übrigen greift die Befreiungsvorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] nur ein, soweit die für die Mitglieder erbrachten Rechtsdienstleistungen gegenüber der Erfüllung der übrigen satzungsmäßigen Aufgaben nicht von übergeordneter Bedeutung sind. Diese dienende Funktion fehlt, wenn die [X.] - wie hier die Klägerin - es zu ihrer Hauptaufgabe macht, Ansprüche der Mitglieder einzu- fordern. Rechtsdienstleistungsvereine oder -gesellschaften will das Gesetz gerade nicht erlauben (vgl. Müller in [X.]/[X.], [X.], § 7 Rn. 22 sowie [X.], BB 2011 S. 1556).

Bergmann                            Strohn                            Caliebe

                     Reichart                           Sunder

Meta

II ZR 245/11

11.06.2013

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Karlsruhe, 3. November 2011, Az: 4 U 230/09

§ 134 BGB, § 2 Abs 2 S 1 Alt 2 RDG, § 3 RDG, § 50 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.06.2013, Az. II ZR 245/11 (REWIS RS 2013, 5149)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5149

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