Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.07.2005, Az. XII ZB 50/03

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 2731

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[X.][X.]/03
vom 6. Juli 2005 in der Familiensache

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

EGBGB Art. 17 Abs. 3 Satz 2; Deutsch-[X.]isches Niederlassungsabkommen Art. 8 III Zwischen [X.] Ehegatten findet gemäß Art. 8 III des [X.] (vom 17. Februar 1929 - [X.] [X.]) ein [X.] auch dann nicht statt, wenn ein Ehegatte während der Ehe in [X.] Versorgungsanrechte erworben hat; Art. 17 Abs. 3 Satz 2 EGBGB findet insoweit keine Anwendung. [X.], Beschluß vom 6. Juli 2005 - [X.]/03 - [X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 6. Juli 2005 durch die [X.] und [X.], [X.], Prof. Dr. Wagenitz und [X.]

beschlossen: Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des 21. Zivilsenats - [X.] - des [X.] vom 17. Mai 2001 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen. [X.]: 511 • (= 1000 DM)

Gründe: [X.] Die Ehe der Antragstellerin (im folgenden: Ehefrau) mit dem Vater des Antragsgegners (im folgenden: Ehemann) wurde durch Urteil des [X.] vom 10. November 1999 nach [X.] Recht geschieden; beide [X.] waren [X.] Staatsangehörige. Während der Ehezeit hatte der [X.] inländische Rentenanwartschaften erworben. Das Amtsgericht hat den Antrag der Ehefrau, den Versorgungsausgleich durchzuführen, zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Ehefrau blieb erfolglos. Mit der vom [X.] zugelassenen weiteren Beschwerde verfolgt die Ehefrau ihr Begehren auf Durchführung des [X.]s weiter. Am 25. Februar 2005 - während des Verfahrens der - 3 - weiteren Beschwerde - ist der Ehemann verstorben und von dem jetzigen [X.] beerbt worden. Die Ehefrau hat beantragt, dem Verfahren [X.] zu geben. Der jetzige Antragsgegner hat mitgeteilt, daß er gegen eine Durchführung des Versorgungsausgleichs zugunsten der Ehefrau - seiner Mut-ter - keine Einwände erheben wolle; von der Möglichkeit, durch einen beim Bun-desgerichtshof zugelassenen Anwalt eine Stellungnahme abzugeben, hat er keinen Gebrauch gemacht. I[X.] Das Rechtsmittel ist nicht begründet. Das [X.] Recht kennt keinen Versorgungsausgleich. Die Regelun-gen des [X.] Versorgungsausgleichsrechts finden auf die Ehe der An-tragstellerin mit dem Vater des jetzigen Antragsgegners keine Anwendung. 1. Nach Art. 17 Abs. 1 EGBGB unterliegt die Scheidung dem Recht des Staates, das im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des [X.] für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebend ist. Das ist nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB vorrangig das Recht, dem beide Ehegatten [X.] oder während der Ehe zuletzt angehörten - im vorliegenden Fall also [X.] Recht. Die Voraussetzungen einer Rechtswahl nach Art. 14 Abs. 2 bis 4 EGBGB liegen ersichtlich nicht vor. Diesem Recht unterliegt nach Art. 17 Abs. 3 Satz 1 1. Halbs. EGBGB auch der Versorgungsausgleich. Kann der [X.] danach - wie vorliegend nach [X.] Recht - nicht [X.], so ist er gemäß Art. 17 Abs. 3 Satz 2 EGBGB auf Antrag eines Ehegat-ten gleichwohl nach [X.] Recht durchzuführen, wenn der andere [X.] - wie hier der Vater des jetzigen Antragsgegners - in der Ehezeit eine inländi-sche Versorgungsanwartschaft erworben hat. Die Regelung des Art. 17 Abs. 3 Satz 2 EGBGB verhilft dem [X.]sbegehren der Antragstellerin hier dennoch nicht zum Erfolg. Nach Art. 3 Abs. 2 EGBGB finden die Kollisionsnormen des EGBGB - hier Art. 17 Abs. 3 Satz 2 EGBGB - nämlich dann keine Anwendung, wenn Rege-lungen in völkerrechtlichen Verträgen, die unmittelbar anwendbares innerstaat-liches Recht geworden sind, dem entgegenstehen. Das ist hier der Fall. 2. Nach Art. 8 III Satz 1 des [X.] vom 17. Februar 1929 ([X.] [X.]; im folgenden: Abkommen; zur Fortgeltung Senatsurteil vom 6. Oktober 2004 - [X.] ZR 225/01 - [X.] 160, 332 = FamRZ 2004, 1952, 1953 f.) bleiben "in bezug auf das Personen-, Fami-lien- und Erbrecht – die Angehörigen jedes der vertragschließenden [X.] im Gebiet des anderen Staates den Vorschriften ihrer heimischen Gesetze [X.]". Die Anwendung dieser (heimischen) Gesetze kann nach Art. 8 III Satz 2 des Abkommens von dem anderen Staat "nur ausnahmsweise und nur insoweit ausgeschlossen werden, als ein solcher Ausschluß allgemein gegen-über jedem anderen fremden Staat erfolgt". Art. 17 Abs. 3 Satz 2 EGBGB [X.] keinen solchen Ausschluß der Anwendbarkeit des [X.] Rechts, wie sie in Art. 8 III Satz 1 des Abkommens vorgeschrieben ist und vorliegend für die Ehescheidung der Ehefrau von [X.] gilt. Die Frage, ob für die Scheidung [X.]r Ehegatten die Regelung des Art. 17 Abs. 3 Satz 2 EGBGB durch Art. 8 III Satz 1 des [X.] wird (so [X.] FamRZ 2002, 613, 614; [X.] 2003, 303, 304; [X.]/[X.] Eherecht 4. Aufl., Art. 17 EGBGB Rdn. 67; [X.]/ [X.] 11. Aufl. Art. 17 EGBGB Rdn. 5; [X.]/Künkel/[X.] Hand-- 5 - buch des [X.] Stand 2003, [X.]. 873 und 918; [X.] 2000, 49, 52) oder ob Art. 17 Abs. 3 Satz 2 EGBGB eine [X.] im Sinne des Art. 8 III Satz 2 des Abkommens darstellt (so [X.] FamRZ 1995, 1590; [X.]/[X.] 64. Aufl., Art. 17 EGBGB Rdn. 21; [X.]/[X.] von [X.]., Art. 17 EGBGB Rdn. 202) ist allerdings streitig. Einigkeit besteht dabei, soweit ersichtlich, darüber, daß Art. 8 III des [X.] im Gegenzug zur Unterstellung der im [X.] lebenden [X.] unter [X.] Recht - die Behandlung von [X.]ern in [X.] nach irani-schem Recht zusichert (Art. 8 III Satz 1) und ein Abgehen von dieser [X.] nur dann gestattet, wenn von den Kollisionsnormen des [X.] [X.] die Anwendung [X.] Rechts geboten wird (Art. 8 III Satz 2). Dieser Charakter des Art. 8 III Satz 2 des Abkommens als einer Ordre-public-Klausel folgt dabei nicht nur aus der Entstehungsgeschichte der Norm (vgl. dazu einge-hend [X.] FamRZ 1973, 6, 7 f.), sondern auch aus deren Wortlaut (vgl. [X.] aaO 8 f.; vgl. auch [X.]/[X.] FamRZ 1995, 264, 267; in diese Richtung auch [X.] vom 14. Oktober 1992 - [X.] ZB 18/92 - FamRZ 1993, 316). Danach kann die grundsätzlich vorgeschriebene Anwendung irani-schen Rechts nur ausnahmsweise und [nicht: oder !] nur insoweit ausgeschlos-sen werden, als ein solcher Ausschluß allgemein gegenüber jedem fremden Staat erfolgt. Dieser auf Ausnahmefälle beschränkten Bedeutung des Art. 8 III Satz 2 des Abkommens würde nicht hinreichend Rechnung getragen, wenn man die Regelung nicht auf Verstöße gegen den [X.] begrenzte und sie vielmehr als eine generelle Vorbehaltsnorm verstünde, die es ermöglicht, in Bezug auf [X.] Staatsangehörige personen-, familien- und erbrechtliche Fragen weitergehend der Regelung des [X.] Rechts zu unterstellen, so-fern nur für die Angehörigen anderer fremder [X.] eine vergleichbare [X.] besteht. - 6 - Versteht man Art. 8 III Satz 2 des Abkommens danach als eine [X.], die es lediglich gestattet, bei Verstößen gegen den [X.] anstelle des von Art. 8 III Satz 1 des Abkommens berufenen [X.] Rechts [X.] Recht anzuwenden, kommt eine Anwendung des Art. 17 Abs. 3 Satz 2 EGBGB auf die Scheidung [X.]r Staatsangehöriger nur in Betracht, wenn man auch diese Regelung als einen speziellen Ordre-public-Vorbehalt ansieht. Eine solche Einordnung des Art. 17 Abs. 3 Satz 2 EGBGB wird von Teilen der Rechtsprechung ([X.] aaO) und Literatur (Münch-Komm/[X.] von Mohrenfels aaO; [X.]/[X.]., Art. 6 EGBGB Rdn. 4; [X.]/[X.] aaO) in der Tat vertreten. Der Senat folgt dieser Auffassung indes nicht (ebenso [X.] aaO; [X.] aaO; [X.] FamRZ 2003, 380, 381; [X.]/[X.] 13. Bearb. Art. 17 Rdn. 355; [X.]/[X.] aaO; [X.]/Künkel/[X.] aaO [X.]. 873). Ein Verstoß gegen den [X.] liegt nur vor, wenn die Anwen-dung der Rechtsnormen eines anderen Staates zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des [X.] Rechts offensichtlich unvereinbar ist (vgl. Art. 6 Satz 1 EGBGB). Das ist nicht immer schon dann der Fall, wenn nach dem auf die Scheidung anwendbaren ausländischen Recht ein [X.] nicht stattfindet, ein Ehegatte aber in der Ehezeit inländische Versorgungsanrechte erworben hat (vgl. Art. 17 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EGBGB) oder wenn die [X.] zumindest für einen Teil der Ehezeit einem Recht unterlagen, das den Versorgungsausgleich kennt. Art. 17 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbs. EGBGB läßt es deshalb auch für die Anwendung des [X.] [X.]srechts genügen, daß die Durchführung des [X.] "der Billigkeit nicht widerspricht"; daß dessen Unterbleiben aus der Sicht des [X.] Rechts zu untragbaren und deshalb mit dem [X.] un-vereinbaren Ergebnissen führen würde, wird von der Vorschrift also gerade nicht verlangt. Die Gegenansicht, die in Art. 17 Abs. 3 Satz 2 EGBGB eine be-- 7 - sondere Ausprägung des Ordre-public-Grundsatzes sieht, überhöht demgegen-über das Gewicht des Versorgungsausgleichs (vgl. [X.]/[X.] aaO), der weltweit zudem bisher ohnehin wenig verbreitet ist ([X.]/Künkel/[X.] aaO). Art. 17 Abs. 3 Satz 2 EGBGB ist vielmehr we-sentlich Ausdruck der Verflechtung mit dem Sozialversicherungsrecht oder dient dem Schutz berechtigter Erwartungen ([X.]/[X.] aaO). Hin-ter dem von Art. 8 III des Abkommens - auch als [X.] - vorgegebenen Heimatrecht tritt er zurück. Hahne [X.] [X.] Wagenitz [X.]

Meta

XII ZB 50/03

06.07.2005

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.07.2005, Az. XII ZB 50/03 (REWIS RS 2005, 2731)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 2731

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