Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2005, Az. VI ZR 74/04

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 5012

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.]/04 Verkündet am: 15. Februar 2005 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB §§ 249 Hd, 251; ZPO § 287 a) Mietet nach einem Verkehrsunfall der Geschädigte ein Ersatzfahrzeug zu einem sogenannten [X.] an, kann er Erstattung dieser Kosten vom Schädiger nur insoweit ersetzt verlangen, als sie gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erforder-lich waren (Bestätigung der Senatsurteile vom 12. Oktober 2004 - [X.]/03 - und vom 26. Oktober 2004 - [X.]/03 -). b) Wird für ein bei einem Verkehrsunfall beschädigtes Kraftfahrzeug ein Ersatzfahr-zeug angemietet und dabei Vollkaskoschutz vereinbart, sind die hierfür erforderli-chen Mehraufwendungen in der Regel als adäquate Schadensfolge anzusehen. Ob im Einzelfall Abzüge unter dem Gesichtspunkt eines Vorteilsausgleichs in [X.] kommen, unterliegt der tatrichterlichen Beurteilung gemäß § 287 ZPO. - 2 -
[X.], Urteil vom 15. Februar 2005 - [X.]/04 - LG Regensburg

AG Regensburg

- 3 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Februar 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 3. Februar 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Kläger begehrt restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 10. Dezember 2002, bei dem sein Pkw beschädigt wurde. Die volle Haf-tung der Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit. Der Pkw wurde zur Reparatur in das Autohaus F. gebracht, von dem der Kläger ein Ersatzfahrzeug anmietete. Als Mietzins wurde ein [X.] von 165,00 • pro Tag zuzüg-lich Mehrwertsteuer vereinbart. Darin enthalten ist ein Vollkaskozuschlag von 25,00 • pro Tag zuzüglich Mehrwertsteuer. Das Autohaus F. stellte dem Kläger für die Mietzeit von 29 Tagen 5.550,00 • in Rechnung. Davon ersetzten die Be-- 4 - klagten vor Klageerhebung 1.370,00 •. Der Restbetrag nebst einer Auslagen-pauschale von 25,00 • ist Gegenstand der Klage. Das Amtsgericht hat einen Mietpreis von 114,17 • pro Tag für ersatzpflichtig erachtet und dem Kläger wei-tere 1.966,53 • (29 Tage à 114,17 • zuzüglich einer Auslagenpauschale von 25,60 • abzüglich gezahlter 1.370,00 •) zuerkannt. Das [X.] hat die Be-rufung des [X.] zurückgewiesen und die Revision zugelassen, mit welcher der Kläger sein erstinstanzliches Begehren auf Zahlung von 4.205,60 • nebst Zinsen weiterverfolgt. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht ist der Auffassung, [X.] auf der Grundlage eines [X.]s seien keine zur Schadensbehebung [X.] Aufwendungen im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, weil ein Unfaller-satztarif im Vergleich zum Normaltarif unwirtschaftlich sei. Der Autovermieter müsse den Geschädigten darauf hinweisen, daß diese Kosten möglicherweise nicht ersatzfähig seien und daß es preisgünstigere Normaltarife gebe. Verletze er diese Informationspflicht, habe der Mieter gegen ihn einen Schadensersatz-anspruch in Höhe des Differenzbetrages. Diesen Anspruch müsse der [X.] an den Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer abtreten. Der [X.] sei nicht erstattungsfähig, da für das beschädigte Fahrzeug ein solcher Versicherungsschutz nicht bestanden habe und der Geschädigte durch die Anmietung des Ersatzfahrzeugs nicht besser gestellt werden dürfe, als er ohne den Unfall gestanden hätte. - 5 - I[X.] Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand. 1. Soweit die Revision meint, das Berufungsurteil sei bereits deshalb aufzuheben, weil sich aus ihm die Anträge des [X.] nicht ergäben, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar kann auch nach neuem Recht auf die [X.] der [X.] grundsätzlich nicht verzichtet werden. Eine wörtliche Wiedergabe ist jedoch nicht erforderlich. Es genügt, daß aus dem Zusammen-hang der Ausführungen des Berufungsgerichts sinngemäß deutlich wird, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat (vgl. [X.] 154, 99, 100 f.; 156, 97, 99; Senatsurteile vom 30. September 2003 - [X.] ZR 438/02 - [X.], 259, 260; vom 10. Februar 2004 - [X.] ZR 94/03 - [X.], 881, 882 m.w.N. und vom 23. November 2004 - [X.] ZR 357/03 - NJW 2005, 277; [X.], Urteil vom 13. Januar 2004 - [X.] - NJW-RR 2004, 573 m.w.N.). Vorliegend ist dem angefochtenen Urteil zu entnehmen, daß der Kläger in der Berufungsinstanz seinen Zahlungsantrag in dem vom Amtsgericht abgewiese-nen Umfang, mithin in Höhe von 2.239,07 • nebst Zinsen, weiterverfolgt hat. 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dem Kläger ein Anspruch auf Ersatz von [X.] nicht allein deshalb zu versagen, weil der dem Mietzins hier zugrunde liegende [X.] über dem [X.] liegt. a) Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß der Kläger von den Beklagten nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB (vgl. Art. 229 § 8 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB) als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv [X.] Mietkosten verlangen kann (vgl. Senatsurteil [X.] 132, 373, 375 f. m.w.N.). [X.] gehören regelmäßig zu den Kosten der [X.] im Sinne des § 249 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB (vgl. Senatsurteile - 6 - vom 6. November 1973 - [X.] ZR 27/73 - [X.], 90, insoweit nicht vollstän-dig in [X.] 61, 346, 347 abgedruckt; vom 4. Dezember 1984 - [X.] ZR 225/82 - [X.], 283, 284; vom 2. Juli 1985 - [X.] ZR 177/84 - [X.], 1092). b) Zur Herstellung erforderlich sind nur die Aufwendungen, die ein ver-ständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (vgl. Senatsurteile [X.] 61, 346, 349 f.; 132, 373, 375 f.; 154, 395, 398; 155, 1, 4 f.; Senatsurteil vom 4. Dezember 1984 - [X.] ZR 225/82 - aaO). Der Geschädigte hat zwar unter dem Gesichtspunkt der Geringhaltung des Schadens im Rahmen des ihm [X.] von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbeseiti-gung zu wählen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile [X.] 132, aaO; 155, aaO; vom 2. Juli 1985 - [X.] ZR 86/84 - [X.], 1090 und - [X.] ZR 177/84 - aaO, jeweils m.w.N.). Im allgemeinen ist aber davon auszugehen, daß der Geschädigte nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung verstößt, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem "[X.]" anmietet, der gegenüber einem Normaltarif teurer ist, solange dies dem Geschädigten nicht ohne weiteres er-kennbar ist (vgl. Senatsurteil [X.] 132, 373, 378 f.). aa) Dieser Grundsatz, an dem der Senat festhält, kann jedoch keine un-eingeschränkte Geltung beanspruchen in den Fällen, in denen sich ein beson-derer Tarif für Ersatzmietwagen nach Unfällen entwickelt hat, der nicht mehr maßgeblich von Angebot und Nachfrage bestimmt wird. Insoweit kann aus schadensrechtlicher Sicht der zur Herstellung "erforderliche" Geldbetrag nicht ohne weiteres mit einem solchen "[X.]" gleichgesetzt werden. Wie der erkennende Senat zeitlich nach Erlaß des angefochtenen Urteils entschie-den (vgl. Senatsurteile vom 12. Oktober 2004 - [X.]/03 - [X.], 239, 240 zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt, und vom 26. Oktober 2004 - [X.]/03 - [X.], 241, 242) und mit weiterem Urteil vom heutigen - 7 - Tage bekräftigt hat (vgl. Senatsurteil vom 15. Februar 2005 - [X.] ZR 160/04 - zur Veröffentlichung bestimmt), sind die nach einem sogenannten "[X.]" geschuldeten Kosten grundsätzlich nur insoweit zu ersetzen, als sie tatsächlich zur Herstellung des Zustands erforderlich sind, der ohne die Schädigung [X.] würde. Deshalb kommt es darauf an, ob und inwieweit der geltend gemach-te "[X.]" nach seiner Struktur als "erforderlicher" Aufwand zur Scha-densbeseitigung angesehen werden kann. Dies kann nur insoweit der Fall sein, als die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u.ä.) einen gegenüber dem "Normaltarif" höheren Preis aus betriebswirtschaftlicher Sicht rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlaßt und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind. [X.] für diese Prüfung kann nur ein "Normaltarif" sein, also regel-mäßig ein Tarif, der für Selbstzahler Anwendung findet und daher unter markt-wirtschaftlichen Gesichtspunkten gebildet wird. Eine Erhöhung des sich bei [X.] an einen "Normaltarif" ergebenden Betrags ist nur gerechtfertigt, so-weit sie nach den vorstehenden Ausführungen unfallbedingt ist. Inwieweit dies der Fall ist, hat der Tatrichter auf Grund des Vortrags des Geschädigten - [X.] nach Beratung durch einen Sachverständigen - gemäß § 287 Abs. 1 ZPO zu schätzen. Die Beweislast für die Berechtigung einer Erhöhung gegen-über dem "Normaltarif" obliegt dem Geschädigten. bb) Vorliegend haben die Beklagten darauf hingewiesen, daß die Preise nach dem vom Kläger abgeschlossenen "[X.]" deutlich über den Preisen anderer Tarife lägen und geltend gemacht, im "Normaltarif" sei eine Anmietung zu dem bereits gezahlten Betrag möglich gewesen. Sie haben damit bestritten, daß der vom Geschädigten mit der Autovermietung vereinbarte [X.] - zins zur Herstellung "erforderlich" (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB) war. Nach Aufhe-bung und Zurückverweisung wird das Berufungsgericht daher - gegebenenfalls nach weiterem Sachvortrag der Parteien - mit sachverständiger Hilfe zu prüfen haben, ob der hier vom Kläger vereinbarte Tarif nach den oben dargelegten Grundsätzen in seiner Struktur als "erforderlicher" Aufwand zur Schadensbesei-tigung zu werten und deshalb im Rahmen des § 249 BGB erstattungsfähig ist. Ergibt sich bei der nach diesen Grundsätzen erforderlichen Prüfung, daß der mit der Klage geltend gemachte Betrag den "erforderlichen" Aufwand zur Schadensbeseitigung darstellte, wird der Klage stattzugeben sein. Zeigt die Prüfung jedoch, daß das nicht der Fall ist, wird es darauf ankommen, ob dem Geschädigten im hier zu entscheidenden Fall ein wesentlich günstigerer "[X.]" ohne weiteres zugänglich war (vgl. Senatsurteile vom 12. Oktober 2004 - [X.]/03 - aaO und vom 26. Oktober 2004 - [X.]/03 - aaO). Auch dies wird das Berufungsgericht gegebenenfalls zu klären haben. Im übri-gen kommt es, wie der Senat im Urteil vom heutigen Tag - [X.] ZR 160/04 - näher dargelegt hat, in dem hier zu beurteilenden Verhältnis zwischen Geschädigtem und Schädiger nicht darauf an, ob der Geschädigte dem Vermieter eine etwaige Verletzung einer Aufklärungspflicht entgegenhalten und einen sich hieraus er-gebenden Anspruch an den Schädiger und dessen Versicherer abtreten kann. 3. Mit Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, daß der Anspruch des [X.] auf Ersatz des [X.] insgesamt unbegründet sei. Die Revision weist mit Recht darauf hin, daß Kosten einer für ein Ersatzfahrzeug abgeschlossenen [X.] auch dann ersatzfähig sein können, wenn das eigene Fahrzeug des [X.] zum Unfallzeitpunkt nicht vollkaskoversichert war. Nach der Recht-sprechung des erkennenden Senats kann der durch einen fremdverschuldeten Unfall geschädigte [X.] bei Inanspruchnahme eines Mietwagens die - 9 - Aufwendungen für eine der Vollkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung ent-sprechende Haftungsfreistellung grundsätzlich insoweit ersetzt verlangen, als er während der Mietzeit einem erhöhten wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt war (Senatsurteil [X.] 61, 325, 331 ff. und vom 19. März 1974 - [X.] ZR 216/72 - [X.], 657). Das wird insbesondere anzunehmen sein, wenn das be-schädigte Fahrzeug schon älter war und als Ersatzfahrzeug ein wesentlich hö-herwertigeres Fahrzeug angemietet wird. Im übrigen wird die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs mit Vollkaskoschutz in der Regel eine adäquate Schadensfol-ge sein. Ob im Einzelfall Abzüge unter dem Gesichtspunkt eines Vorteilsaus-gleichs in Betracht kommen, unterliegt der tatrichterlichen Beurteilung gemäß § 287 ZPO. Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen wird das Berufungsge-richt vorliegend nach erfolgter Zurückverweisung der Sache unter Würdigung aller Umstände zu prüfen haben, inwieweit der Anspruch des [X.] auf Ersatz des [X.] begründet ist. [X.]

Pauge Zoll

Meta

VI ZR 74/04

15.02.2005

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2005, Az. VI ZR 74/04 (REWIS RS 2005, 5012)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 5012

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