Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2008, Az. I ZR 208/05

I. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 3597

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 5. Juni 2008 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] [X.] Gemeinschaftsmarkenverordnung Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b, Art. 13; [X.] Art. 28, 30 Von einer künstlichen [X.] ist auszugehen, wenn ein Arzneimittel im Ausfuhrmitgliedst[X.]t nur mit einem [X.] und im [X.] unter verschiedenen Marken mit unterschiedlichen Dosierungsanlei-tungen vertrieben wird und der Parallelimporteur dadurch von einem der Teil-märkte ausgeschlossen wird, die durch den Vertrieb des identischen Arzneimit-tels mit verschiedenen Marken und [X.]en im Einfuhrmitglied-st[X.]t bestehen. [X.], [X.]. v. 5. Juni 2008 - [X.] - [X.] - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 5. Juni 2008 durch [X.] [X.] und [X.], Dr. Bergmann und [X.] für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das [X.]eil des [X.], 3. Zivilsenat, vom 17. November 2005 aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der [X.] das [X.]eil des [X.], Zivilkammer 12, vom 29. Juli 2003 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Von Rechts wegen
- 3 - Tatbestand: Die Klägerin, ein Pharmaunternehmen, vertreibt in [X.] die Arz-neimittel "[X.]" und "[X.] [X.]". Die Arzneimittel sind Antibiotika mit dem Wirkstoff Clarithromycin. 1 Das Arzneimittel "[X.]" wird von der Klägerin in [X.] in [X.]n mit 10 und 20 Tabletten auf den Markt gebracht. In [X.] wird "[X.]" in Packungen mit 12 Tabletten unter der Bezeichnung "[X.] 250 comprimidos" vertrieben. Diese Packungsgröße ist in [X.] auch im We-ge des [X.] erhältlich. 2 Das Arzneimittel "[X.] [X.]" wird ausschließlich in [X.] ver-trieben. Die Klägerin bietet es in Packungen mit 12 und 20 Tabletten an. Die Arzneimittel "[X.]" und "[X.] [X.]" weisen eine identische Zusammen-setzung und Indikation auf und sind für dieselbe Patientengruppe bestimmt. Sie unterscheiden sich nur in der Dosierungsanleitung für den ersten Tag der Ein-nahme. Für das Arzneimittel "[X.]" wird eine Einnahme von zwei Tabletten am ersten Tag und an den folgenden Tagen (morgens und abends jeweils eine Tablette) empfohlen. Für "[X.] [X.]" ist die doppelte Dosierung am [X.] vorgesehen. Entsprechend dieser Dosierungsanleitung enthält der Blister des Arzneimittels "[X.] [X.]" für den [X.] zwei Kammern mit jeweils zwei Tabletten. 3 Für die Bezeichnung "[X.]" besteht Markenschutz. Inhaberin der für pharmazeutische Präparate eingetragenen Gemeinschaftsmarke Nr. 40 436 "[X.]" ist eine konzernmäßig mit der Klägerin verbundene Gesellschaft in 4 - 4 - [X.], [X.]. Die Klägerin ist das ausschließlich zur Nutzung der [X.] in [X.] berechtigte Konzernunternehmen. Die Beklagten sind Parallelimporteure von Arzneimitteln. Sie vertreiben das aus [X.] stammende Arzneimittel "[X.] 250 comprimidos" mit 12 Tabletten in [X.] unter der Bezeichnung "[X.] [X.]". 5 Die Klägerin hat eine Verletzung des Rechts an der Gemeinschaftsmar-ke durch die Umkennzeichnung des Arzneimittels geltend gemacht. 6 Die Klägerin hat beantragt, 7 [X.] die Beklagten zu verurteilen, 1. es zu unterlassen, das Arzneimittel "[X.] 250 comprimidos" [X.] Ursprungs in der Bundesrepublik [X.] unter der Bezeichnung "[X.] [X.]" anzubieten, feilzuhalten oder in den Verkehr zu bringen; 2. der Klägerin unter Rechnungslegung Auskunft zu erteilen über al-le Zuwiderhandlungen gegen das Verbot nach [X.] unter Angabe der Umsätze einschließlich der Liefermengen, -preise (inkl. der Nennung der Natural- sowie Geldrabatte) und -daten sowie der Abnehmer und unter Angabe der nach den einzelnen Kostenfak-toren aufgeschlüsselten Gestehungskosten (einschließlich [X.], wobei die Fixkosten nur insoweit aufzuführen sind, als sie den unter [X.] genannten Gegenständen unmittelbar zuge-ordnet werden können) sowie des erzielten Gewinns, hilfsweise unter [X.]; 3. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, für die Hand-lungen gemäß [X.] der Klägerin Schadensersatz zu leisten. Die Beklagten haben geltend gemacht, der Vertrieb von "[X.] [X.]" mit einer gegenüber "[X.]" abweichenden Bezeichnung und ausschließlich 8 - 5 - in [X.] sei zur Abschottung dieses Marktes gegen Parallelimporte er-folgt. Das [X.] hat die Beklagten auf die Klageanträge zu [X.] (Unter-lassung) und II (Feststellung der Schadensersatzverpflichtung) antragsgemäß verurteilt. Dem Klageantrag zu [X.] (Auskunftsanspruch) hat das [X.] bis auf die Auskunft zu den Gestehungskosten und dem erzielten Gewinn stattge-geben. 9 Das Berufungsgericht hat die gegen das landgerichtliche [X.]eil gerichte-te Berufung der Beklagten zurückgewiesen; es hat die Beklagten auf die [X.] insgesamt nach dem Auskunftsantrag verurteilt, nachdem diese klargestellt hatte, dass sie nur eine Belegvorlage begehrt und die Namen der Herstellerfirmen, Lieferanten und Vorbesitzer unkenntlich [X.] werden können ([X.] 2006, 589). 10 Mit der (vom Senat) zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten ihr Klageabweisungsbegehren wei-ter. 11 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat eine zur Unterlassung, Auskunftserteilung und zum Schadensersatz verpflichtende Markenverletzung der Beklagten an-genommen. Dazu hat es ausgeführt: 12 - 6 - Die Beklagten benutzten mit der Anbringung der Bezeichnung "[X.] [X.]" auf den Arzneimitteln [X.] Ursprungs ein mit der eingetragenen Marke verwechslungsfähiges Zeichen. In der ursprünglichen Bezeichnung "[X.] 250 comprimidos" seien die Bestandteile "250 comprimidos" be-schreibend und nur "[X.]" kennzeichnend. "[X.] [X.]" sei dagegen ein einheitliches Kennzeichen, weil "[X.]" kein bloß beschreibender Zusatz sei. Zwischen der [X.] und der Bezeichnung "[X.] [X.]" bestehe [X.] von § 14 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Die [X.] sei als Fantasiewort normal kennzeichnungskräftig. Die kollidierende Bezeichnung werde für Waren verwendet, die mit denjenigen identisch seien, für die die [X.] eingetragen sei. Der Gesamteindruck von "[X.] [X.]" werde maßgeblich durch das vorangestellte "[X.]" geprägt, während der [X.] "[X.]" gleichsam als Abwandlung innerhalb einer Serie wirke. 13 Die Beklagten könnten sich gegenüber den Ansprüchen aus der Klage-marke nicht mit Erfolg auf Erschöpfung i.S. von § 24 Abs. 1 [X.] berufen. Es liege ein Fall der Markenersetzung und nicht der Weiterverwendung oder Wiederanbringung der im Ausfuhrst[X.]t [X.] verwendeten Marke vor. Im Fall der Markenersetzung scheide eine Erschöpfung des Markenrechts nach § 24 Abs. 1 [X.] aus. 14 Bei der Markenersetzung bestimmten sich die Befugnisse des Marken-inhabers und des [X.] nach den Vorschriften der Art. 28, 30 [X.]. Die Geltendmachung der Rechte aus der Marke dürfe nicht der künstlichen Ab-schottung der Märkte dienen. Der Parallelimporteur müsse im Zeitpunkt des Vertriebs aufgrund objektiver Umstände dazu gezwungen sein, die ursprünglich auf der [X.] verwendete Marke durch die im [X.] benutzte Marke zu ersetzen, um die Ware in diesem Mitgliedst[X.]t in Verkehr 15 - 7 - bringen zu können. Nach den für diese Beurteilung geltenden Maßstäben sei die Markenersetzung nicht erforderlich. Die Beklagten könnten das in [X.] unter "[X.]" in Verkehr gebrachte Arzneimittel unter dieser Bezeichnung im Inland vertreiben. Mit dieser Bezeichnung werde das Arzneimittel in [X.] in Packungsgrößen mit 10, 12 und 20 Tabletten vertrieben. Der Umstand, dass die Klägerin mit "[X.] [X.]" im Inland einen wesentlich höheren Um-satz als mit "[X.]" erziele, begründe für die Beklagten keinen Zwang umzu-kennzeichnen. Es handele sich im Streitfall auch nicht nur um ein identisches Arzneimit-tel mit verschiedenen Packungsgrößen, sondern um arzneimittelrechtlich unter-schiedliche Waren. Dementsprechend existierten für die Arzneimittel verschie-dene arzneimittelrechtliche Zulassungen. Wegen der Warenverschiedenheit liege in dem Vertrieb von "[X.] [X.]" ausschließlich in [X.] auch keine künstliche Marktaufteilung. Die Verschreibungsgewohnheiten der Ärzte begründeten auch dann keine Notwendigkeit zur Umkennzeichnung, wenn [X.] überwiegend "[X.] [X.]" verordneten. Um in der [X.] eine kleinere Packungsgröße zu erreichen, könnten die Beklagten die in Spa-nien vertriebenen Packungen mit 12 Tabletten auf Packungen mit 10 Tabletten reduzieren. Das wirtschaftliche Interesse der Beklagten am Vertrieb von "[X.] [X.]" in [X.] begründe nicht die Notwendigkeit einer Markenerset-zung. 16 Die Klägerin sei als Lizenznehmerin klagebefugt. 17 Die Anschlussberufung sei begründet, weil der Klägerin auch der [X.] im geltend gemachten Umfang zustehe. 18 - 8 - I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Sie führt zur Abweisung der Klage. 19 1. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch we-gen Verletzung der Gemeinschaftsmarke Nr. 40 436 "[X.]" nach Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b, Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Art. 98 Abs. 1 [X.] i.V. mit § 14 Abs. 5 [X.] gegen die Beklagten nicht zu. 20 a) Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass zwischen der [X.] und der angegriffenen Bezeichnung "[X.] [X.]" [X.] besteht. Es hat seiner Prüfung zwar fälschlicher-weise die Vorschriften des Markengesetzes und nicht der Gemeinschaftsmar-kenverordnung zugrunde gelegt. Für die Beurteilung der [X.] i.S. von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b [X.] gelten jedoch keine anderen Maßstäbe als für § 14 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Danach ist das Bestehen von [X.]. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b [X.] unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des konkreten Falls umfassend zu beurteilen. Nach dem siebten Erwägungsgrund der Gemeinschaftsmarkenverordnung hängt das [X.] von [X.] insbesondere von dem Bekanntheitsgrad der Marke auf dem Markt, der gedanklichen Verbindung, die das benutzte oder ein-getragene Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie dem Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen und zwischen den damit gekennzeichne-ten Waren und Dienstleistungen ab (vgl. [X.], [X.]. v. 12.1.2006 - [X.]/04, [X.]. 2006, [X.] = [X.], 237 [X.]. 18 - [X.]/PICARO; [X.]. v. [X.] - [X.]/04, [X.]. 2006, [X.] = [X.], 413 [X.]. 17 f. - [X.]/SIR; [X.], [X.]. v. 7.10.2004 - I ZR 91/02, [X.], 427, 429 = [X.], 616 - Lila-Schokolade; [X.] 169, 295 [X.]. 17 - Goldhase). Die [X.] - 9 - setzungen der [X.] hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bejaht. Die Revision wendet sich hiergegen auch nicht. b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann sich die Klägerin im Streitfall aber nicht auf ihr Markenrecht berufen, weil die Ausübung dieses Rechts eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitglied-st[X.]ten i.S. des Art. 30 Satz 2 [X.] darstellt (vgl. [X.], [X.]. v. 12.10.1999 - [X.]/97, [X.]. 1999, [X.] = GRUR Int. 2000, 159 [X.]. 39 = [X.], 1264 - Pharmacia & Upjohn; [X.]. v. 23.4.2002 - [X.]/00, [X.]. 2002, [X.] = [X.], 879 [X.]. 31 = [X.], 666 - [X.]/[X.]; [X.]. v. 26.4.2007 - [X.]/04, [X.]. 2007, [X.] = [X.], 586 [X.]. 16 = [X.], 627 - [X.]/[X.]I). 22 [X.]) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Ge-meinschaften und des [X.] kann der Markeninhaber die Verän-derung verbieten, die mit dem Umpacken eines mit der Marke versehenen [X.] verbunden ist und die ihrem Wesen nach die Gefahr einer Beein-trächtigung des [X.] der Ware schafft, es sei denn, das Umpacken ist erforderlich, um die Vermarktung des parallel importierten Arzneimittels zu ermöglichen, und die berechtigten Interessen des Markeninhabers sind gewahrt ([X.], [X.]. v. 11.7.1996 - C-427/93, [X.]/93 und [X.]/93, [X.]. 1996, [X.] = GRUR Int. 1996, 1144 [X.]. 79 = [X.], 880 - [X.]; [X.], 586 [X.]. 19 - [X.]/[X.]I; [X.] 173, 230 [X.]. 30 ff. - [X.]). Ein Markeninhaber kann sich dem weiteren Vertrieb eines Arzneimittels nach Art. 7 Abs. 2 [X.] (§ 24 Abs. 2 [X.]), Art. 13 Abs. 2 [X.] widersetzen, wenn der Importeur es umpackt und die Marke [X.] angebracht hat, es sei denn, es liegen die fünf in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften entwickelten [X.] vor ([X.] GRUR Int. 1996, 1144 [X.]. 79 - [X.]; [X.], 586 [X.]. 21 - [X.]/[X.]I). Diese Grundsätze gelten gemäß Art. 28, 30 [X.] ebenfalls, wenn kein Fall der Erschöpfung nach Art. 13 [X.] oder Art. 7 [X.] (§ 24 [X.]) in Rede steht, weil die im Ausfuhrmitgliedst[X.]t vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung angebrachte Marke vom Parallelimporteur durch eine andere [X.] ersetzt worden ist. Sowohl Art. 13 [X.] und Art. 7 [X.] als auch Art. 30 [X.] dienen dem Zweck, die grundlegenden Belange des [X.] mit denen des freien Warenverkehrs im gemeinsamen Markt in Einklang zu bringen. Da diese Bestimmungen dieselbe Zielrichtung haben, sind sie auch im gleichen Sinne auszulegen ([X.] GRUR Int. 2000, 159 [X.]. 30 - Pharmacia & Upjohn; [X.], [X.]. v. 11.7.2002 - I ZR 219/99, [X.], 1059, 1061 = [X.], 1163 - [X.]/[X.]; [X.]. v. 18.10.2007 - [X.], [X.], 614 [X.]. 20 f. = WRP 2008, 794 - [X.]). 24 bb) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Beklagten durch die Anbringung des Kennzeichens "[X.] [X.]" die in [X.] ver-wandte Marke ersetzt haben. Es hat angenommen, dass die angesprochenen Verkehrskreise "[X.] [X.]" als einheitliches Kennzeichen ansehen und es sich deshalb um eine andere als die im Ausfuhrmitgliedst[X.]t angebrachte [X.] handelt. Diese Feststellungen des Berufungsgerichts greift die Revision oh-ne Erfolg als erfahrungswidrig an. 25 (1) Die maßgeblichen Verkehrskreise für die Beurteilung der Frage, ob "[X.] [X.]" als einheitliche Marke aufgefasst oder nur "[X.]" als Kenn-zeichen angesehen wird, sind bei den hier in Rede stehenden verschreibungs-pflichtigen Medikamenten Ärzte und Apotheker (st. Rspr.; vgl. [X.], [X.]. v. 26 - 11 - [X.] - [X.], [X.], 50, 52 - [X.]/[X.]; [X.]. v. 10.4.1997 - I ZR 65/92, [X.], 629, 632 = [X.], 742 - Sermion II). Auf das Verkehrsverständnis des allgemeinen Publikums kommt es dagegen bei verschreibungspflichtigen Medikamenten auch an, wenn es um die vorlie-gend zwischen den Parteien nicht in Streit stehende Frage geht, ob das Er-scheinungsbild des umgepackten Arzneimittels in einer Aufmachung vertrieben wird, die den Ruf der Marke oder ihres Inhabers schädigen kann. Das Berufungsgericht hat zwar nicht ausdrücklich angeführt, auf welche Kreise es bei der Ermittlung des [X.] abgestellt hat. Es hat sich jedoch in anderem Zusammenhang auf die Verschreibungsgewohnheiten der Ärzte gestützt. Es ist deshalb nichts dafür ersichtlich, dass das Berufungs-gericht in Abweichung von der Senatsrechtsprechung nicht nur auf das [X.] abgestellt und einen unzutreffenden Maßstab zugrunde gelegt hat. 27 (2) Entgegen der Ansicht der Revision erweist sich auch die Annahme des Berufungsgerichts, die Verkehrskreise fassten "[X.] [X.]" als einheitli-ches Kennzeichen auf, nicht als erfahrungswidrig. Die Fachkreise kennen die unterschiedliche Dosieranleitung der im Übrigen identisch zusammengesetzten Medikamente. Wegen der Notwendigkeit, die Produkte auseinanderzuhalten, werden die Fachkreise auf die Unterschiede in den Bezeichnungen achten und deshalb den zusätzlichen Bestandteil der Bezeichnung "[X.] [X.]" nicht vernachlässigen. Mit ihren gegenteiligen Ausführungen versucht die Revision lediglich, ihre eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu [X.]. Da "[X.] [X.]" vom Verkehr als einheitliches Kennzeichen aufgefasst wird, kommt es auch nicht auf die von der Revision aufgeworfene Frage an, ob 28 - 12 - zusätzliche beschreibende Angaben auf einer Verpackung als Kennzeichenver-letzung anzusehen sind. cc) Die Revision hat aber Erfolg, soweit sie sich gegen die Annahme des Berufungsgerichts richtet, der Vertrieb des Antibiotikums mit dem Wirkstoff Cla-rithromycin und einer doppelten Anfangsdosierung unter der Marke "[X.] [X.]" stelle keine künstliche [X.] dar. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft eine künstliche Abschottung des inländischen Marktes für das Arzneimittel "[X.] [X.]" verneint. 29 (1) Ob eine künstliche [X.] vorliegt, beurteilt sich nach ob-jektiven Kriterien und nicht danach, ob der Parallelimporteur eine darauf gerich-tete Absicht des Markeninhabers nachweist. Von einer künstlichen Marktab-schottung ist auszugehen, wenn im Zeitpunkt des Vertriebs bestehende Um-stände den Parallelimporteur objektiv dazu zwingen, die ursprünglich auf der Originalverpackung verwendete Marke durch die im Mitgliedst[X.]t benutzte [X.] zu ersetzen, um die betreffende Ware in diesem Mitgliedst[X.]t in Verkehr bringen zu können. Dagegen rechtfertigen rein wirtschaftliche Vorteile, die sich der Parallelimporteur etwa durch eine werbewirksamere und absatzfördernde Verwendung einer anderen Marke verspricht, grundsätzlich nicht die Annahme einer die Markenersetzung notwendig machenden Zwangslage ([X.] [X.], 879 [X.]. 46-48 - [X.]/[X.]; [X.] [X.], 1059, 1061 - [X.]/[X.]; [X.] 173, 217 [X.]. 22 - [X.]). 30 (2) Von diesen Maßstäben ist im Ansatz auch das Berufungsgericht aus-gegangen. Es hat jedoch rechtsfehlerhaft eine Zwangslage der Beklagten zur Markenersetzung mit der Begründung verneint, das Produkt "[X.] 250 com-primidos" [X.] Ursprungs könne in [X.] unter der Bezeichnung 31 - 13 - "[X.]" mit 10 oder 12 Tabletten vertrieben werden. Das Arzneimittel "[X.] [X.]" mit doppelter Dosierung am ersten Behandlungstag sei ein im [X.] zu "[X.]" verschiedenes Arzneimittel. Da den Beklagten der Vertrieb von "[X.]" im Inland nicht verwehrt sei, bestehe keine Zwangslage zur [X.]nersetzung. Die Beklagten hätten lediglich ein wirtschaftliches Interesse an dem Vertrieb auch von "[X.] [X.]". Diesen Ausführungen kann nicht [X.] werden. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht bei "[X.]" und "[X.] [X.]" von zwei verschiedenen Arzneimitteln ausgegangen und hat deshalb [X.] eine [X.] verneint. Die unter den Bezeichnungen "[X.]" und "[X.] [X.]" in [X.] vertriebenen Arzneimittel sind in ihrer Zusammensetzung und Indikation identisch. Sie sind auch ohne Unterschiede für dieselbe Patientengruppe be-stimmt. Sie unterscheiden sich lediglich durch die verschiedenen [X.]. Diese sind im Hinblick auf die identische Zusammensetzung und Indi-kation des Arzneimittels nicht produktimmanent, sondern werden dem Produkt gleichsam von außen beigelegt. Vorliegend ist deshalb bei "[X.]" und "[X.] [X.]" - anders als das Berufungsgericht dies angenommen hat - von einem einheitlichen Arzneimittel auszugehen. 32 Dieses Ergebnis steht auch in Einklang mit den Vorschriften des [X.]. Nach § 22 Abs. 1 Nr. 10 [X.] sind dem Antrag auf Zulas-sung eines Arzneimittels Angaben über die Dosierung beizufügen. Änderungen der Angaben über die Dosierung unterliegen nur einer Änderungsanzeige nach § 29 Abs. 2a Nr. 1 [X.], während eine Änderung der Zusammensetzung der arzneilich wirksamen Bestandteile nach Art oder Menge, eine Änderung der Darreichungsform - soweit die Änderung nicht § 29 Abs. 2a Nr. 3 [X.] unter-fällt - und eine Erweiterung der Anwendungsgebiete - mit Ausnahme einer [X.] - 14 - derung nach § 29 Abs. 2a Nr. 1 [X.] - eine neue Zulassung des Arzneimittels erforderlich machen (§ 29 Abs. 3 Satz 1 [X.]). Auf den Streitfall bezogen be-deutet dies, dass für die Änderung der Dosierungsanleitung bei "[X.] [X.]" gegenüber "[X.]" eine Änderungsanzeige nach § 29 Abs. 2a [X.] aus-reichte und keine Neuzulassung des Arzneimittels nach § 29 Abs. 3 [X.] erfor-derlich war. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemein-schaften ist von einer künstlichen [X.] auch auszugehen, wenn der Parallelimporteur nur von einem Teilmarkt im [X.] ausge-schlossen wird. Das ist auch anzunehmen, wenn im Ausfuhrmitgliedst[X.]t nur eine Packungsgröße eines Arzneimittels in Verkehr gebracht worden ist, [X.] im [X.] neben dieser Packungsgröße eine weitere [X.] vom Markeninhaber vertrieben wird. Dadurch wird der Parallelim-porteur vom Vertrieb der weiteren Packungsgröße im [X.] aus-geschlossen. Dies begründet eine Zwangslage des [X.], die ein Umpacken rechtfertigt (vgl. [X.] GRUR Int. 1996, 1144 [X.]. 52-54 - [X.]). Dem Fall einer Abschottung eines Teilmarkts durch die unter-schiedlichen Packungsgrößen ist der vorliegende Fall einer Abschottung des inländischen Marktes des Arzneimittels "[X.] [X.]" vergleichbar, weil des-sen Zusammensetzung und dessen Indikation sowie die Patientengruppe iden-tisch mit "[X.]" sind, das sowohl im Ausfuhr- als auch im Einfuhrmitglied-st[X.]t vertrieben wird. Durch die Beschränkung des Vertriebs von "[X.] [X.]" auf [X.] wird dem Parallelimporteur der Vertrieb eines entspre-chend bezeichneten Arzneimittels mit doppelter Dosierung am ersten Tag ohne Markenersetzung verwehrt. Der Ausschluss von diesem Teilmarkt rechtfertigt die Annahme einer künstlichen [X.], ohne dass es auf die [X.] - 15 - lichkeit ankommt, "[X.]" [X.] Ursprungs im Inland unter der Be-zeichnung "[X.]" vertreiben zu können. Eine Vorlage an den [X.] nach Art. 234 [X.] ist nicht geboten. In der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist geklärt, dass der Ausschluss des [X.] von einem Teilmarkt eine künstliche [X.] begründen kann. Ob die Voraussetzungen einer künstlichen [X.] eines Teilmarktes im Streitfall vorliegen, ist da-gegen eine Tatfrage, deren Beantwortung den nationalen Gerichten obliegt (vgl. [X.] [X.], 586 [X.]. 46 - [X.]/[X.]I). 35 2. Die von der Klägerin verfolgten [X.] auf [X.] und Schadensersatz bestehen ebenfalls nicht, weil eine Verletzung der [X.] nicht gegeben ist. 36 - 16 - II[X.] [X.] beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. 37 [X.][X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 29.07.2003 - 312 [X.]/03 - [X.], Entscheidung vom 17.11.2005 - 3 U 126/03 -

Meta

I ZR 208/05

05.06.2008

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2008, Az. I ZR 208/05 (REWIS RS 2008, 3597)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 3597

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I ZR 99/12 (Bundesgerichtshof)

Revisionsverfahren zur markenrechtlichen Zulässigkeit des Umpackens parallelimportierter Arzneimittel


6 U 53/09 (Oberlandesgericht Köln)


I ZR 172/09 (Bundesgerichtshof)

Markenrecht: Vertrieb parallelimportierter Arzneimittel in neuer Verpackung unter Wiederanbringung der Marke - RENNIE


I ZR 99/12 (Bundesgerichtshof)


I ZR 89/05 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

3 U 126/03

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.