Bundesfinanzhof, Beschluss vom 21.06.2016, Az. III B 133/15

3. Senat | REWIS RS 2016, 9615

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Gegenstand

Einkommensteuer/Kindergeld - Berufsausbildung eines Soldaten


Leitsatz

1. NV: Durch das Urteil vom 16. September 2015 III R 6/15 (BFHE 251, 31, BStBl II 2016, 281 - Material-Dispositions-Unteroffizier) ist geklärt, welche Kriterien bei einem Soldaten für ein Ausbildungsverhältnis sprechen können .

2. NV: Zum Abschluss einer Erstausbildung durch die Ernennung zum Unteroffizier und eine zivile Ausbildung zum Fluggerätemechaniker .

3. NV: § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG stellt auf die tatsächliche Ausbildungsdauer ab. Ein Kind kann nach Abschluss der Ausbildung auch dann nicht mehr berücksichtigt werden, wenn es den Abschluss vor Ablauf der üblichen oder der unter anderen Umständen erforderlichen Ausbildungsdauer erreicht hat .

4. NV: Verwendungslehrgänge eines Soldaten nach bestandener Laufbahnprüfung und einem zivilen Berufsabschluss sind nicht mehr Bestandteil der Erstausbildung und begründen regelmäßig auch kein Ausbildungsdienstverhältnis .

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 26. Oktober 2015  3 K 334/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der 1989 geborene [X.] der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist seit Oktober 2009 Soldat auf [X.] und wurde im Oktober 2010 zum Unteroffizier ernannt. Vom 4. Mai 2010 bis zum 27. Januar 2012 absolvierte er eine zivilberufliche Ausbildung zum Fluggerätemechaniker, vom 22. Januar 2012 bis zum 5. April 2012 die Basisausbildung "Unteroffizier [X.]", vom 25. September bis zum 19. Dezember 2012 einen Englischkurs und vom 2. Juli bis zum 28. August 2013 den Kurs "[X.] und [X.] Fachrichtung Flugwerke/Antrieb". Vom 1. April bis zum 3. September 2014 wurde er als "[X.] Fachrichtung Waffen" unterrichtet. Das Luftwaffengeschwader bescheinigte dem [X.] im März 2014, dass er sich seit dem 1. Oktober 2009 in der [X.] Ausbildung zum "Fluggerätemechanikerunteroffizier Fachrichtung Bewaffnung" befinde, die voraussichtlich am 2. September 2014 beendet sein werde.

2

Der Beklagte und Beschwerdegegner (Familienkasse) lehnte den Antrag der Klägerin auf Festsetzung von Kindergeld ab Februar 2012 mit der Begründung ab, dass ihr [X.] seine zivilberufliche Ausbildung im Januar 2012 abgeschlossen habe und eine weitere Ausbildung nicht festgestellt werden könne. Der Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg.

3

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es entschied, der [X.] habe sich seit Februar 2012 nicht in einem Ausbildungsdienstverhältnis befunden. Die von ihm nach Erwerb der Laufbahnbefähigung absolvierten üblichen Verwendungslehrgänge im Rahmen seiner Tätigkeit als [X.]soldat machten das Dienstverhältnis nicht zu einem der Berufsausbildung dienenden Arbeitsverhältnis.

4

Zur Begründung ihrer auf Zulassung der Revision gerichteten Beschwerde trägt die Klägerin vor, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung und erfordere eine Entscheidung des [X.] ([X.]) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung; das [X.] beruhe zudem auf [X.].

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

6

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O).

7

Grundsätzliche Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des [X.] zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (vgl. [X.]-Beschluss vom 24. März 2015 X B 127/14, [X.]/NV 2015, 809).

8

a) Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, wie der Begriff des Ausbildungsverhältnisses i.S. des § 32 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vor dem Hintergrund einer militärfachlichen und zivilen Ausbildung mit Spezialisierung auszulegen sei, ist nicht klärungsbedürftig.

9

Der Senat hat bereits mit Urteil vom 16. September 2015 III R 6/15 ([X.]E 251, 31, [X.], 281, betreffend einen Material-Dispositions-Unteroffizier) entschieden, welche Kriterien im Rahmen einer Gesamtwürdigung für einen im Vordergrund stehenden Ausbildungscharakter sprechen können.

Die von der Klägerin aufgeworfene Frage könnte zudem in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden, weil der [X.] der Klägerin seine erstmalige Berufsausbildung mit der Ernennung zum Unteroffizier und dem Abschluss der Ausbildung zum Fluggerätemechaniker abgeschlossen hatte und sich im Streitzeitraum nicht in einem Ausbildungsdienstverhältnis befand (vgl. dazu das Senatsurteil in [X.]E 251, 31, [X.], 28, Rz 21 ff.).

Die nachfolgenden Lehrgänge wären daher allenfalls als weitere Ausbildung nach Abschluss der Erstausbildung anzusehen, die nicht zu einem Anspruch auf Kindergeld führen könnten, weil der [X.] der Klägerin mehr als 20 Wochenstunden erwerbstätig war und sich nicht in einem Ausbildungsdienstverhältnis befand (§ 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG).

b) Die Frage, "ob die Ausbildungsdauer des zivilen Teils der Ausbildung außerhalb der [X.] als Mindestmaß ohne Berücksichtigung der Spezialisierung zur berufsausbildungsbezogenen Verwendung für die Beurteilung der Beendigung des zivilen Teils der Ausbildung herangezogen werden kann", weil dadurch der Zeitraum der [X.] verkürzt wird, ist nicht grundsätzlich bedeutsam. Denn sie ist offensichtlich so zu beantworten, dass § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG auf die tatsächliche Ausbildungsdauer abstellt. Ein Kind kann nach Abschluss der Ausbildung auch dann nicht mehr berücksichtigt werden, wenn es den Abschluss vor Ablauf der üblichen oder der unter anderen Umständen erforderlichen Ausbildungsdauer erreicht hat.

c) Die Frage, "wann die Ausbildung auch vor dem Hintergrund eines intern geregelten Ausbildungsablaufs, das heißt der Einteilung in mehrere Ausbildungsabschnitte unter Berücksichtigung der von Beginn an vereinbarten Spezialisierung zur berufsbildungsbezogenen Verwendung bei der [X.] ... beendet ist", führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision.

Denn die Frage, ob die nach bestandener Unteroffiziersprüfung und dem Abschluss als Fluggerätemechaniker absolvierten Ausbildungsmaßnahmen als Ausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG anzusehen sind, ist --wie unter [X.] nicht entscheidungserheblich, weil [X.], die der Prüfung zeitlich nachfolgen, nicht mehr Bestandteil der Erstausbildung sind (Senatsurteil vom 23. Juni 2015 III R 37/14, [X.]E 250, 377, [X.], 55, betreffend Lehrgänge nach bestandener Feldwebelprüfung; Senatsbeschluss vom 9. März 2016 III B 146/15, [X.]/NV 2016, 918, betreffend [X.] nach Ernennung zum Leutnant).

2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2  2. Alternative [X.]O).

a) Das [X.] widerspricht den Urteilen des [X.] vom 22. August 2014  4 K 4131/13 Kg (Entscheidungen der Finanzgerichte 2014, 1966) und des [X.] vom 10. Mai 2012 VI R 72/11 ([X.]E 237, 499, [X.], 895) nicht.

Das [X.] hat die Anfangsphase des Einsatzes eines als Stabsunteroffizier eingestellten [X.] ([X.]) als Ausbildungsdienstverhältnis gewürdigt, weil insoweit die militärische Grundausbildung als alleiniger Inhalt des Dienstverhältnisses vorgesehen war. Der [X.] der Klägerin befand sich aber nach bestandener Unteroffiziersprüfung nicht in einem Ausbildungsdienstverhältnis.

Das [X.]-Urteil in [X.]E 237, 499, [X.], 895 betrifft die Kraftfahrerausbildung eines Kindes, das nach der Schulzeit arbeitslos war und dann als Soldat auf Zeit im Mannschaftsdienstgrad für die Dauer von vier Jahren eingestellt wurde, mithin --im Gegensatz zum [X.] der Klägerin nach seinen bestandenen Prüfungen als Unteroffizier und Fluggerätemechaniker-- nicht über eine abgeschlossene Erstausbildung verfügte.

b) Die Revision kann zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auch dann nach § 115 Abs. 2 Nr. 2  2. Alternative [X.]O zugelassen werden, wenn ein Rechtsfehler des [X.] zu einer "greifbar gesetzwidrigen" Entscheidung geführt hat. Eine greifbare Gesetzwidrigkeit liegt aber nur vor, wenn die angefochtene Entscheidung objektiv willkürlich erscheint, auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (vgl. z.B. [X.]-Beschluss vom 1. September 2008 IV B 4/08, [X.]/NV 2009, 35, Rz 17). Unterhalb dieser Grenze liegende erhebliche Rechtsfehler reichen nicht aus, um die Revision zuzulassen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.]-Beschluss vom 2. März 2011 IX B 144/10, [X.]/NV 2011, 1367, Rz 2).

Anhaltspunkte für eine derart gesetzwidrige Entscheidung sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Das [X.] steht vielmehr --wie [X.] im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats zu [X.]n von Soldaten nach bestandener Laufbahnprüfung und beruht nicht, wie die Klägerin meint, auf einer dem Gesetzeszweck offensichtlich widersprechenden Auslegung des § 32 Abs. 4 EStG.

3. Das [X.] beruht auch nicht auf [X.] (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O). Das [X.] hat weder seine Verpflichtung zur Sachverhaltsaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 [X.]O) verletzt noch der Klägerin das rechtliche Gehör versagt (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 [X.]O). Von einer Begründung sieht der Senat insoweit ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2  2. Halbsatz [X.]O).

4. [X.] beruht auf § 143 Abs. 1 i.V.m. § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

III B 133/15

21.06.2016

Bundesfinanzhof 3. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 26. Oktober 2015, Az: 3 K 334/14, Urteil

§ 32 Abs 4 S 2 EStG 2009, § 32 Abs 4 S 3 EStG 2009, § 32 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst a EStG 2009, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, EStG VZ 2012, EStG VZ 2013, EStG VZ 2014

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 21.06.2016, Az. III B 133/15 (REWIS RS 2016, 9615)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 9615

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