Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.09.2010, Az. XII ZR 69/09

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 3115

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/09 Verkündet am: 22. September 2010 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache

Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: [X.] § 1374 Abs. 2 Unentgeltliche Zuwendungen unter Ehegatten unterfallen auch dann dem § 1374 Abs. 2 BGB, wenn sie mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erfolgt sind. [X.], Urteil vom 22. September 2010 - [X.]/09 - [X.] AG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. September 2010 durch die Vorsitzende Richterin [X.], den Rich-ter Prof. Dr. [X.], die Richterin [X.] sowie [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats - Familiensenat - des [X.] vom 18. März 2009 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: [X.] Die Parteien streiten um Zugewinnausgleich. 1 Die am 27. Februar 1998 geschlossene Ehe der Parteien ist aufgrund des am 26. Mai 2004 zugestellten Antrags seit dem 25. April 2005 rechtskräftig geschieden. Mit "Übergabevertrag" vom 14. Oktober 1998 übertrug der 1922 geborene und verwitwete Kläger der 1954 geborenen und inzwischen [X.] Beklagten "im Wege der vorweggenommenen Erbfolge" sein Hausgrundstück in [X.] nebst einem hälftigen Miteigentumsanteil an einem be-nachbarten Flurgrundstück. Die Beklagte räumte dem Kläger ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht an der Wohnung im Obergeschoss des Hauses ein. 2 - 3 - Außerdem verpflichtete sie sich, den Kläger "in alten und kranken Tagen" zu pflegen, bei dessen Tod an den [X.] (aus erster Ehe) und die beiden Enkel-kinder des [X.] insgesamt 250.000 DM zu zahlen sowie die Kosten für die Bestattung des [X.] und die Grabpflege zu tragen. 3 Der Kläger hat in der Ehe keinen Zugewinn erzielt. Die Beklagte, die über kein Anfangsvermögen verfügte, hat nach den Berechnungen des Oberlandes-gerichts ein Endvermögen und einen Zugewinn von (Aktiva 376.654,44 • - Passiva 287.629,83 • =) 89.024,61 • erzielt. Bei der Ermittlung des Endver-mögens der Beklagten hat das [X.] in Übereinstimmung mit dem vom Familiengericht eingeholten Sachverständigengutachten den Wert des ihr vom Kläger übertragenen [X.] unter Abzug des Wertes des Wohn-rechts des [X.] mit (395.000 • - 56.000 • =) 339.000 • in Ansatz gebracht. Als Passiva hat es u.a. die Pflegekosten, die an den [X.] und die Enkelkinder des [X.] zu erbringenden Ausgleichszahlungen, die Kosten für dessen Be-stattung sowie die Aufwendungen für die Grabpflege berücksichtigt. Diese Kos-ten hat es - als betagte Verbindlichkeiten - auf den Zeitpunkt des [X.] (14. Oktober 1998) abgezinst. Das Amtsgericht hat der - in der Leistungsstufe auf Zahlung von 60.991 • gerichteten - Klage in Höhe von 35.991,22 • entsprochen. Die hiergegen ge-richtete Berufung der Beklagten hat das [X.] zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihr erstinstanzliches Klagabweisungsbegehren weiterverfolgt. 4 I[X.] Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet. 5 - 4 - 1. Nach Auffassung des [X.]s ist der Wert des der [X.] übertragenen Grundstücks bei der Bemessung ihres Anfangsvermögens nicht zu berücksichtigen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung seien Schenkungen unter Ehegatten nicht nach § 1374 Abs. 2 BGB dem Anfangs-vermögen des beschenkten Ehegatten zuzurechnen. Dies müsse auch für die Übertragung von Vermögensgegenständen gelten, die Ehegatten im Wege vorweggenommener Erbfolge vornähmen. Denn auch in diesem Fall finde nur eine Vermögensverschiebung, nicht eine echte Vermögensvermehrung statt. 6 2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. 7 a) Wie der Senat wiederholt entschieden hat, werden Zuwendungen, die ein Ehegatte dem anderen erbringt, nicht von § 1374 Abs. 2 BGB erfasst, und zwar unabhängig davon, ob es sich dabei um Schenkungen oder unbenannte Zuwendungen handelt (vgl. auch Senatsurteile [X.] 101, 65, 69 ff. = [X.], 791 mit ausführlicher Würdigung des Streitstandes und vom 10. Juli 1991 - [X.] ZR 114/89 - FamRZ 1991, 1169, 1171). Die in § 1374 Abs. 2 BGB normier-ten Ausnahmen vom schematischen Prinzip des Ausgleichs aller in der Ehe erzielten [X.] sind dadurch gekennzeichnet, dass der Ehegat-te des Erwerbers eines Vermögensgegenstandes zu dessen "privilegiertem" (weil - auch - seinem Anfangsvermögen zuzurechnenden) Erwerb nichts beige-tragen hat und er deshalb an diesem Erwerb auch nicht über den Zugewinn-ausgleich partizipieren soll. Dieser Gedanke trifft auf Zuwendungen, die ein Ehegatte dem anderen erbringt, jedoch nicht zu. Der Gegenstand solcher Zu-wendungen stammt - im Gegenteil - gerade aus dem Vermögen des anderen Ehegatten ([X.]/[X.]/Jaeger, Familienrecht, 5. Aufl. § 1374 BGB Rn. 31). Hinzu kommt, dass solche Zuwendungen, würden sie nicht zumindest teilweise über den Zugewinnausgleich ausgeglichen, im Scheidungsfall vielfach als unbenannte Zuwendungen nach den Grundsätzen über den Wegfall der 8 - 5 - Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) oder gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB rückausgeglichen werden müssten ([X.] in: [X.][X.] (Hrsg.), Fami-lienrecht im Brennpunkt, 161, 177). Ein solcher gesonderter - sich auch im Zu-gewinnausgleich niederschlagender - [X.] wird vermieden, wenn die Zuwendungen nicht über § 1374 Abs. 2 BGB zugewinnausgleichsrechtlich "neutralisiert", sondern dem allgemeinen zugewinnausgleichsrechtlichen Aus-gleichsmechanismus unterworfen werden. Die Revision zeigt keine neuen Ge-sichtspunkte auf, die Veranlassung geben könnten, von diesen die bisherige Rechtsprechung tragenden Grundsätzen abzuweichen. b) Die vorstehenden Überlegungen gelten indes nicht nur für Schenkun-gen oder unbenannte Zuwendungen der Ehegatten untereinander; sie können auch für solche Zuwendungen der Ehegatten untereinander Geltung [X.], die mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erfolgen. Auch bei solchen, einen künftigen erbrechtlichen Erwerb antizipierenden Verfügungen stammt der dem (begünstigten) Ehegatten zugewandte Vermögensgegenstand aus dem Vermögen des anderen Ehegatten; dieser (zuwendende) Ehegatte hat also zu dessen Erwerb nicht nur beigetragen, sondern ihn überhaupt erst bewirkt. [X.] wären auch solche Zuwendungen vielfach nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) oder gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB rückabzuwickeln, würde nicht bereits über den [X.] eine teilweise Rückabwicklung erreicht. Denn der mit der Zuwendung verfolgte Zweck - die Antizipierung eines erbrechtlichen Erwerbs - ist nicht mehr zu erreichen, wenn die Ehe geschieden wird mit der Folge, dass ein gesetzli-ches Erbrecht des Erwerbers nicht mehr besteht und auch eine gewillkürte Erb-folge nach Trennung und Scheidung vom zuwendenden Ehegatten regelmäßig nicht mehr in Betracht kommen dürfte. Soweit dem Senatsurteil [X.] 101, 65, 69 ff. = [X.], 791, 792 (sub 2b) 2. Absatz entnommen werden könnte, dass ein Vermögenserwerb mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht - anders 9 - 6 - als eine Schenkung - auch dann dem § 1374 Abs. 2 BGB unterfällt, wenn dieser Vermögenserwerb auf einer Zuwendung unter Ehegatten beruht, hält der Senat daran nicht fest. Das [X.] hat daher im Grundsatz zu Recht den - um den Wert des Wohnrechts verminderten - Wert des der Beklagten vom Kläger zugewandten [X.] nur in deren Endvermögen, nicht auch in deren Anfangsvermögen eingestellt. c) Keiner Entscheidung bedarf, ob das [X.] die im Über-gabevertrag übernommenen Verpflichtungen der Beklagten zur Versorgung und Pflege des [X.], zu Ausgleichszahlungen an dessen [X.] und Enkelkinder sowie zur Übernahme der Bestattungs- und Grabpflegekosten mit Recht im Endvermögen der Beklagten als Passiva in Abzug gebracht hat. Ein entspre-chender Abzug wäre jedenfalls nur dann gerechtfertigt, wenn diese [X.] auch nach der Scheidung der Parteien unverändert fortbestünden. Ebenso kann offen bleiben, ob das [X.] diese Verpflichtungen - als betagte Forderungen des [X.] - zutreffend auf den Zeitpunkt des Über-gabevertrags - und nicht auf den Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes - abgezinst hat. Auch wenn man beide Fragen verneinte, führte dies - über eine Verminderung der Passiva - zu einer Erhöhung des Endvermögens der [X.] und damit des dem Kläger "an sich" zustehenden Anspruchs auf Zugewinn-ausgleich. Eine Besserstellung der Beklagten und Revisionsklägerin ergibt [X.] - 7 - daraus nicht. Das [X.] hat deshalb - im Ergebnis zu Recht - aus-geführt, dass dem Kläger ein Anspruch auf Zugewinnausgleich "mindestens in der vom Familiengericht ermittelten Höhe von 35.991,22 •" zusteht. [X.] [X.] Vézina Dose Klinkhammer Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 08.09.2008 - 3 F 1800/05 - [X.], Entscheidung vom 18.03.2009 - 15 UF 241/08 -

Meta

XII ZR 69/09

22.09.2010

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.09.2010, Az. XII ZR 69/09 (REWIS RS 2010, 3115)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3115

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZR 69/09 (Bundesgerichtshof)

Zugewinnausgleich: Berücksichtigung unentgeltlicher Zuwendungen "im Wege vorweggenommener Erbfolge" unter Ehegatten


4 UF 38/08 (Oberlandesgericht Köln)


XII ZR 32/05 (Bundesgerichtshof)


XII ZR 189/06 (Bundesgerichtshof)

Behandlung von Zuwendungen der Eltern an das Schwiegerkind nach Scheitern der Ehe: Rückforderungsansprüche der Schwiegereltern …


XII ZR 8/05 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZR 69/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.