Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 12.08.2021, Az. 2 VR 6/21

2. Senat | REWIS RS 2021, 3333

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Kinderpornographische Schriften; vorläufige Dienstenthebung und teilweise Einbehaltung der Dienstbezüge


Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I

1

[X.]er 1974 geborene Antragsteller steht als Technischer Regierungshauptsekretär ([X.]esoldungsgruppe [X.]) im [X.]ienst der Antragsgegnerin. [X.]erzeit wird er beim [X.] als [X.]ürosachbearbeiter verwendet. Im März 2010 wurde der Antragsteller wegen des [X.] von kinderpornographischen Schriften in acht tateinheitlichen Fällen sowie des [X.]esitzes von kinderpornographischen Schriften in mindestens 4 000 tateinheitlichen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, die zur [X.]ewährung ausgesetzt wurde. Von dieser Verurteilung erhielt die Antragsgegnerin zum damaligen Zeitpunkt keine Kenntnis. [X.]urch Urteil des Amtsgerichts wurde der Antragsteller Anfang September 2015 wegen [X.] von kinderpornographischen Abbildungen sowie [X.]esitzes von kinderpornographischen Schriften in 50 000 Fällen nach § 184b Abs. 4 StG[X.] in der Fassung vom 27. [X.]ezember 2003 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt, deren Vollstreckung wiederum zur [X.]ewährung ausgesetzt wurde. Im sachgleichen [X.]isziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Antragsteller entsprechend dem Antrag der Antragsgegnerin aus dem [X.]eamtenverhältnis entfernt. Mit Urteil vom 24. Februar 2021 hat das Oberverwaltungsgericht die [X.]erufung des Antragstellers zurückgewiesen. Am 1. Juni 2021 hat das Oberverwaltungsgericht beschlossen, der [X.]eschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision im [X.]erufungsurteil nicht abzuhelfen. Über die beim [X.] am 3. Juni 2021 eingegangene Nichtzulassungsbeschwerde des Antragstellers ist noch nicht entschieden ([X.]VerwG 2 [X.] 21.21).

2

Mit Anordnung vom 22. Mai 2021 hat das [X.] den Antragsteller gemäß § 38 Abs. 1 [X.] vorläufig des [X.]ienstes enthoben und gemäß § 38 Abs. 2 [X.] seine [X.]ienstbezüge um 20 % gekürzt. Am 24. Juni 2021 hat der Antragsteller beim Oberverwaltungsgericht den Antrag gestellt,

die mit Anordnung vom 22. Mai 2021 verfügte vorläufige [X.]ienstenthebung und Kürzung der [X.]ienstbezüge gemäß § 63 Abs. 1 und 2 [X.] auszusetzen.

3

Mit [X.]eschluss vom 12. Juli 2021 hat sich das Oberverwaltungsgericht für die Entscheidung über den Antrag für nicht zuständig erklärt und hat den Rechtsstreit an das [X.] verwiesen.

II

4

[X.]er Antrag, über den das [X.] zu entscheiden hat (1.), ist zulässig, aber nicht begründet (2.).

5

1. Für die Entscheidung über den Antrag nach § 63 Abs. 1 [X.] ist in der hier vorliegenden Konstellation das [X.] zuständig. [X.]enn bereits zum Zeitpunkt des Eingangs des Antrags des Antragstellers beim Oberverwaltungsgericht am 24. Juni 2021 war dort in derselben Sache kein [X.]isziplinarverfahren mehr anhängig (§ 63 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Spätestens mit dem Eingang des ablehnenden [X.]eschlusses des [X.] über die [X.]eschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision im [X.]erufungsurteil beim [X.] am 3. Juni 2021 war ein Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit des [X.]erufungsgerichts für eine Entscheidung nach § 63 [X.] entfallen.

6

[X.]er Übergang der Zuständigkeit für die Entscheidung über den Antrag des Antragstellers nach § 63 Abs. 1 [X.] in der hier gegebenen prozessualen Konstellation auf das [X.] entspricht auch dem Rechtsschutzinteresse des Antragstellers.

7

[X.]as Gesetz gibt in § 63 Abs. 2 [X.] vor, dass die vorläufige [X.]ienstenthebung und die Einbehaltung von [X.]ezügen vom Gericht auszusetzen sind, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen. Nach § 38 Abs. 1 und 2 und § 63 Abs. 2 [X.] ist im Ergebnis die Einschätzung des Gerichts maßgeblich, ob der betroffene [X.]eamte voraussichtlich aus dem [X.]eamtenverhältnis zu entfernen ist. [X.]as [X.]erufungsgericht hat aber bereits nach Maßgabe des § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] unter Würdigung aller be- und entlastenden Umstände im [X.]erufungsurteil entschieden, dass der Antragsteller durch ein schweres [X.]ienstvergehen das Vertrauen des [X.]ienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat und deshalb aus dem [X.]eamtenverhältnis zu entfernen ist. [X.]ie für die Entscheidung nach § 63 Abs. 2 [X.] gebotene unbefangene [X.]ewertung der Frage, ob der betroffene [X.]eamte angesichts seines [X.]ienstvergehens noch im [X.]eamtenverhältnis verbleiben kann, kann vom Oberverwaltungsgericht nicht mehr geleistet werden.

8

2. [X.]er Antrag ist nicht begründet. [X.]enn zu dem für § 63 Abs. 2 [X.] maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Antrag bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen [X.]ienstenthebung und der Einbehaltung von [X.]ezügen.

9

a) Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.] kann die für die Erhebung der [X.] zuständige [X.]ehörde einen [X.]eamten gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des [X.]isziplinarverfahrens vorläufig des [X.]ienstes entheben, wenn im [X.]isziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem [X.]eamtenverhältnis erkannt werden wird. Unter denselben Voraussetzungen kann die [X.]ehörde nach § 38 Abs. 2 Satz 1 [X.] auch anordnen, dass dem [X.]eamten bis zu 50 % der monatlichen [X.]ienstbezüge einbehalten werden.

[X.]as Merkmal "voraussichtlich" verlangt nicht, dass die Entfernung aus dem [X.]eamtenverhältnis mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgesprochen werden wird. Auch ist es nicht erforderlich, dass das dem [X.]eamten vorgeworfene [X.]ienstvergehen in vollem Umfang nachgewiesen und aufgeklärt ist. Notwendig ist, dass das Gericht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die disziplinarrechtliche [X.] erkennen wird. "Ernstliche Zweifel" an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen [X.]ienstenthebung und der Einbehaltung von [X.]ezügen [X.]. § 63 Abs. 2 [X.] sind anzunehmen, wenn bei der summarischen Prüfung der angegriffenen Anordnung im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der [X.]eurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der [X.]eurteilung der Tatfragen bewirken. Es ist nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit der Anordnung nach § 38 [X.] sprechenden Gründe überwiegen; der Erfolg des Antrags muss nicht wahrscheinlicher sein als der Misserfolg. Es reicht aus, dass der Erfolg des Rechtsbehelfs ebenso wenig auszuschließen ist wie sein Misserfolg ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 28. November 2019 - 2 VR 3.19 - [X.] 235.1 § 38 [X.] Nr. 3 Rn. 20 ff.).

Im Fall des Antragstellers können zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen der Antragsgegnerin in diesem Sinne nicht angenommen werden.

[X.]as disziplinarrechtlich relevante Verhalten des Antragstellers steht aufgrund der [X.]indung der [X.]isziplinargerichte an die tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafurteil nach § 57 Abs. 1 Satz 1 [X.] fest. § 61 Abs. 1 Satz 3 [X.] schreibt vor, dass das Verhalten der [X.]eamten innerhalb und außerhalb des [X.]ienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht wird, die ihr [X.]eruf erfordert. [X.]urch das Sich-Verschaffen von kinderpornographischen Abbildungen sowie durch den [X.]esitz von kinderpornographischen Schriften in 50 000 Fällen hat der Antragsteller vorsätzlich gegen diese Pflicht verstoßen.

[X.]a das pflichtwidrige Verhalten des Antragstellers nicht in sein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war, handelt es sich um ein außerdienstliches [X.]ienstvergehen. [X.]as außerdienstliche [X.]ienstvergehen des Antragstellers ist auch nach Maßgabe von § 77 Abs. 1 Satz 2 [X.] disziplinarwürdig, weil die Pflichtverletzung des Antragstellers nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt des [X.]eamten oder das Ansehen des [X.] bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. [X.]ie [X.] folgt hier daraus, dass der Antragsteller in kurzer Zeit mehrere vergleichbare Straftaten begangen hat. [X.]adurch erweckt das außerdienstliche Verhalten des [X.]eamten den Eindruck, er lasse sich durch die [X.]estrafung nicht beeindrucken ([X.]VerwG, Urteil vom 8. Mai 2001 - 1 [X.] 20.00 - [X.]VerwGE 114, 212 <220>).

Nach § 13 Abs. 1 [X.] ist die Entscheidung über die [X.]isziplinarmaßnahme nach der Schwere des [X.]ienstvergehens und unter angemessener [X.]erücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des [X.]eamten sowie des Umfangs der [X.]eeinträchtigung des Vertrauens des [X.]ienstherrn oder der Allgemeinheit zu treffen. [X.]ie Schwere des [X.]ienstvergehens ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes [X.]emessungskriterium für die [X.]estimmung der erforderlichen [X.]isziplinarmaßnahme ([X.]VerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 [X.] 1.12 - [X.]VerwGE 148, 192 Rn. 39 f.). [X.]ies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im [X.]isziplinarverfahren Anwendung finden ([X.], [X.] vom 8. [X.]ezember 2004 - 2 [X.]vR 52/02 - [X.]K 4, 243 <257>). [X.]ie gegen den [X.]eamten ausgesprochene [X.]isziplinarmaßnahme muss unter [X.]erücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des [X.]ienstvergehens und zum Verschulden des [X.]eamten stehen ([X.]VerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 [X.] 12.04 - [X.]VerwGE 124, 252 <258 f.>, vom 10. [X.]ezember 2015 - 2 [X.] 6.14 - [X.]VerwGE 154, 10 Rn. 12 und vom 16. Juni 2020 - 2 [X.] 12.19 - [X.]VerwGE 168, 254 Rn. 19).

Als Orientierung für die Schwere des [X.]ienstvergehens dient der zum Tatzeitpunkt geltende Strafrahmen. Mit der gesetzlichen Strafandrohung hat der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens eines [X.]eamten verbindlich zum Ausdruck gebracht. [X.]iese grundsätzliche Ausrichtung am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarrechtliche Ahndung der [X.]ienstvergehen und verhindert, dass die [X.]isziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Gehalts eines [X.]ienstvergehens an die Stelle der [X.]ewertung des Gesetzgebers setzen. Maßgeblich ist damit die Einschätzung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers, nicht die Vorstellung des jeweiligen [X.]isziplinargerichts ([X.]VerwG, Urteil vom 16. Juni 2020 - 2 [X.] 12.19 - [X.]VerwGE 168, 254 Rn. 21).

Aus dem bis 2015 geltenden Strafrahmen des § 184b StG[X.] i.d.[X.] vom 27. [X.]ezember 2003 ([X.] I S. 3007) von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe ist zu schließen, dass für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen [X.]esitzes kinderpornographischer Schriften grundsätzlich ein Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung (§ 9 [X.]) eröffnet ist ([X.]VerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 [X.] 13.10 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 12 Rn. 17 f. und zuletzt vom 24. Oktober 2019 - 2 [X.] 3.18 - [X.]VerwGE 166, 389 Rn. 29). [X.]ie den Orientierungsrahmen übersteigende Entfernung aus dem [X.]eamtenverhältnis kann nur ausgesprochen werden, wenn im Einzelfall besonders gewichtige Erschwerungsgründe vorliegen, die nicht durch Milderungsgründe ausgeglichen werden ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 14. Mai 2012 - 2 [X.] 146.11 - NVwZ-RR 2012, 658 Rn. 7 ff. und vom 18. Juni 2014 - 2 [X.] - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 24 Rn. 9). Zu diesen belastenden Umständen zählt insbesondere eine Vorbelastung des [X.]eamten.

[X.]ei einem technischen Regierungshauptsekretär, wie dem Antragsteller, rechtfertigt das Statusamt, im Gegensatz zu einem Lehrer (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 24. Oktober 2019 - 2 [X.] 3.18 - [X.]VerwGE 166, 389 Rn. 30), nicht die Erweiterung des [X.] bis hin zur [X.]. Auch die im Wege der Strafzumessung ausgesprochene Strafe ist hier nicht maßgeblich. Straf- und [X.]isziplinarrecht verfolgen unterschiedliche Zwecke ([X.]VerwG, Urteile vom 24. Oktober 2019 - 2 [X.] 3.18 - [X.]VerwGE 166, 389 Rn. 34 und vom 16. Juni 2020 - 2 [X.] 12.19 - NJW 2020, 2907 Rn. 40 sowie [X.]eschluss vom 27. [X.]ezember 2017 - 2 [X.] 18.17 - NVwZ-RR 2018, 439 Rn. 9). [X.]as Strafrecht ist vom Vergeltungsprinzip mit dem Ziel der individuellen Sühne durch ein Unwerturteil über gemeinschaftswidriges Verhalten und strafrechtliche Sanktionen geprägt. [X.]emgegenüber ist es ausschließlich Zweck des [X.]isziplinarverfahrens, das Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der [X.]eamten und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen [X.]ienstes sicherzustellen ([X.]VerwG, Urteil vom 19. Juni 2008 - 1 [X.] 2.07 - juris Rn. 70; [X.]eschlüsse vom 5. Juli 2016 - 2 [X.] - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 38 Rn. 13 und vom 20. [X.]ezember 2018 - 2 [X.] 33.18 - Rn. 6).

[X.]ie Ausweitung des [X.] bis zur Entfernung aus dem [X.]eamtenverhältnis rechtfertigt sich hier aber durch den Umstand, dass der Antragsteller in [X.]ezug auf das Sich-Verschaffen von kinderpornographischen Schriften und auf den [X.]esitz solcher Schriften Wiederholungstäter ist.

In der Rechtsprechung zur [X.]emessung einer [X.]isziplinarmaßnahme ist anerkannt, dass zum Persönlichkeitsbild des [X.]eamten im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 3 [X.] insbesondere frühere disziplinarische oder strafrechtliche Verfehlungen gehören, deren [X.]erücksichtigung bei der Maßnahmebemessung kein rechtliches Hindernis entgegensteht, und dass diese Verfehlungen bei der Würdigung sämtlicher Umstände belastend zu berücksichtigen sind. Gegenstand der disziplinarrechtlichen [X.]etrachtung und Wertung ist die Frage, welche [X.]isziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des [X.]eamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen [X.]ienstes und die Integrität des [X.]erufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten. Aus einer Vorbelastung kann geschlossen werden, dass sich der [X.]eamte eine vorherige strafgerichtliche oder disziplinarische Sanktionierung nicht hat zur Mahnung und Warnung dienen lassen, sodass eine stufenweise Steigerung der [X.]isziplinarmaßnahme geboten ist. [X.]as Gewicht der Vorbelastung im Einzelfall, die als erschwerender Umstand auch zur [X.] führen kann, hängt vor allem von der dafür rechts- oder bestandskräftig ausgesprochenen Sanktion und vom zeitlichen Abstand zur neuen Verfehlung ab ([X.]VerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 [X.] 63.11 - [X.]VerwGE 147, 229 Rn. 22 und [X.]eschlüsse vom 11. Februar 2014 - 2 [X.] 37.12 - juris Rn. 33 und vom 18. Juni 2014 - 2 [X.] - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 24 Rn. 10; aus der Rechtsprechung des [X.]isziplinarsenats, Urteil vom 11. [X.]ezember 2001 - 1 [X.] 2.01 - juris Rn. 31 m.w.N.).

[X.]ereits im Jahr 2010 war der Antragsteller wegen dieser Vergehen zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt worden. Nur 20 Monate nach dieser Verurteilung verschaffte sich der Antragsteller erneut den [X.]esitz kinderpornographischer Schriften. [X.]ieses Verhalten belegt, dass die nur kurz zurückliegende strafgerichtliche Verurteilung den Antragsteller nicht zu einem ordnungsgemäßen außerdienstlichen Verhalten hat bewegen können. Im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und der Integrität des [X.]erufsbeamtentums ist die Entfernung des Antragstellers aus dem [X.]eamtenverhältnis aller Voraussicht nach geboten. Umstände des konkreten Einzelfalls, die die Annahme des vollständigen Vertrauensverlustes in die Person des Antragstellers widerlegen, sind nicht ersichtlich.

[X.]ass die Antragsgegnerin den Antragsteller trotz der Erhebung der [X.] mit dem Ziel der Entfernung aus dem [X.]eamtenverhältnis weiterhin beschäftigt hat und erst nach der [X.]erufungsverhandlung aufgrund von § 38 [X.] gegen den Antragsteller vorgegangen ist, ist nicht relevant. [X.]ie Weiterbeschäftigung des betroffenen [X.]eamten durch den [X.]ienstherrn kann auf Umständen beruhen, die mit der Frage des Weiterbestehens eines Vertrauens nicht im Zusammenhang stehen. Insbesondere kann sich der [X.]ienstherr aus finanziellen Gründen für eine Weiterbeschäftigung entschieden haben, weil der [X.]eamte auch während des laufenden Verfahrens weiterhin alimentiert wird ([X.]VerwG, Urteile vom 26. August 1997 - 1 [X.] 68.96 - [X.] 232 § 54 Satz 2 [X.] Nr. 13 S. 40, vom 19. Mai 1998 - 1 [X.] 37.97 - Rn. 20 und vom 28. Februar 2013 - 2 [X.] 3.12 - [X.]VerwGE 146, 98 Rn. 42; [X.]eschlüsse vom 27. Mai 2015 - 2 [X.] 16.15 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 32 Rn. 8 und vom 27. September 2017 - 2 [X.] 6.17 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 45 Rn. 7).

b) Vor der Entscheidung hat die Antragsgegnerin den Antragsteller angehört sowie dessen wirtschaftliche und persönliche Verhältnisse ermittelt und bei ihrer Entscheidung über die Einbehaltung der [X.]ienstbezüge des Antragstellers berücksichtigt.

[X.]ie Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 1 [X.] und § 154 Abs. 1 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts bedarf es nicht, weil für das Verfahren Festgebühren nach Nr. 40 der Anlage zu § 78 [X.] erhoben werden.

Meta

2 VR 6/21

12.08.2021

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: VR

§ 38 BDG, § 13 Abs 1 BDG, § 63 Abs 2 BDG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 12.08.2021, Az. 2 VR 6/21 (REWIS RS 2021, 3333)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 3333

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

16b DS 20.1693 (VGH München)

Disziplinarverfahren wegen Verurteilung wegen Besitzes von Kinderpornographie


2 B 21/21 (Bundesverwaltungsgericht)

Entfernung eines Beamten aus dem Dienst; außerdienstlicher Besitz kinderpornographischer Schriften


AN 13b DS 16.01107 (VG Ansbach)

Vorläufige Dienstenthebung eines Studiendirektors


M 19B DA 22.5834 (VG München)

Antrag auf Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung, Bundespolizeibeamter auf Probe, Vorwürfe: u.a. Besitz und Anbau von …


2 B 9/14 (Bundesverwaltungsgericht)

Die Schwere von Straftaten ist disziplinarrechtlicher Beurteilungsmaßstab; strafrechtliche Vorbelastung als gewichtiger Erschwerungsgrund


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.