Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.09.2012, Az. IX ZB 243/11

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 2736

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX
ZB
243/11

vom

27. September 2012

in dem Insolvenzverfahren

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Dr.
Kayser,
[X.] Dr. Gehrlein, [X.], Dr. Fischer und Grupp

am
27. September 2012
beschlossen:

Auf die Rechtsmittel
des weiteren Beteiligten werden der
[X.]
der 7. Zivilkammer des [X.] vom 4.
August 2011 und der Beschluss des [X.] vom 23.
Mai 2011 in der Form des Beschlusses vom
21.
Juli 2011 auf-gehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren, an das Amtsgericht

Insolvenzgericht

zurückverwiesen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
10.198,40

festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Schuldnerin
beantragte am 1.
März 2005 die Eröffnung des [X.] über ihr Vermögen. Das Insolvenzgericht bestellte den weiteren Beteiligten am 2.
März 2005 zum [X.] vorläufigen [X.]
-

3

-
walter
und gab ihm auf, das Unternehmen der Schuldnerin bis zur Entschei-dung über die Eröffnung des Verfahrens fortzuführen. Außerdem ermächtigte es ihn, die Forderungen der Schuldnerin einzuziehen. Hierzu sollte er ein Treu-handkonto einrichten. Am 28.
Juni 2005 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der weitere Beteiligte zum Insolvenzverwalter bestellt.

Der
weitere Beteiligte
hat
beantragt, die Vergütung für seine Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter auf insgesamt 42.437,59

festzusetzen. Er ist
dabei von einer
Berechnungsgrundlage von 923.288,76

gegangen
und hat einen Gesamtzuschlag
zu seiner Vergütung in Höhe von 50
vom Hundert
bean-tragt. Das Insolvenzgericht hat die Vergütung bei einer Berechnungsgrundlage von 416.168,78

vom Hundert
für die [X.] auf 12.720,68

gesetzt. Auf die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten hat es die Festsetzung auf 14.182,85

. Es ist nun-mehr von einer
Berechnungsgrundlage in Höhe von 511.345,73

gegangen
und hat einen weiteren Zuschlag von 5
vom Hundert
für den Einzug von [X.] für gerechtfertigt
gehalten. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Be-schwerde zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der weitere [X.] seinen Vergütungsantrag im
Umfang von 10.198,40

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nach §§
6, 7 (aF), 21 Abs.
2 Nr.
1, §
64 Abs.
3 Satz
1 InsO, Art.
103f EGInsO, §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 ZPO
statthaft und auch im Übrigen zulässig (§
574 Abs.
2 Nr.
2 Fall
2, §
575
ZPO). Sie führt zur Aufhebung
der Entscheidungen der Vorinstanzen und zur Zurückverweisung der Sache an das Insolvenzgericht.
2
3
-

4

-

1. Das Beschwerdegericht hat im [X.] an die Beurteilung des [X.] gemeint, in die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des weiteren Beteiligten sei ein Betrag von 50.000

weitere Beteiligte als Gutachter ausgeführt habe, mindestens in diesem Umfang sei noch von Zahlungsverpflichtungen auszugehen, weshalb nicht angenom-men
werden könne, dass dieser Betrag der Masse bei Beendigung der vorläufi-gen Verwaltung noch zur Verfügung gestanden habe.
Die vom weiteren Betei-ligten dargelegten Besonderheiten seiner Tätigkeit rechtfertigten keinen höhe-ren als den gewährten Zuschlag von 15
vom Hundert.
Die festgesetzte Vergü-tung haben die Vorinstanzen in der Weise berechnet, dass sie aus der hypothe-tischen Insolvenzverwaltervergütung den
Regelsatz von 25
vom Hundert
für die Vergütung des vorläufigen Verwalters ermittelten (netto 9.494,23

einen Zuschlag von 15
vom Hundert
aus dem ermittelten Betrag (netto 1.424,13

2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht
in vollem Umfang
stand.

a) Berechnungsgrundlage für die Vergütung des [X.] ist der Wert des
Vermögens, auf das sich seine Tätigkeit während des Eröffnungsverfahrens erstreckt

11 Abs.
1 Satz
2 InsVV). [X.] werden grundsätzlich nicht abgesetzt. Wird das Unternehmen des [X.] jedoch fortgeführt, ist -
als Ausnahme hiervon
-
nur der Überschuss zu [X.], der sich nach Abzug der Ausgaben von den Einnahmen ergibt (§§
10, 1 Abs.
2 Nr.
4 Satz
1 und Satz
2 lit.
b InsVV). In die dann zu erstellende Einnahmen-/Ausgabenrechnung sind einerseits
sämtliche die künftige Masse belastenden
Verbindlichkeiten aufzunehmen, die bis zum Ende der vorläufigen Verwaltung angefallen sind, andererseits auch alle zu diesem Zeitpunkt ent-4
5
6
-

5

-
standenen
Forderungen des Schuldners ([X.], Beschluss vom 26.
April 2007
-
IX
ZB 160/06, [X.], 1528 Rn.
10, 13).

Sofern im Streitfall während der vorläufigen Insolvenzverwaltung anläss-lich einer Fortführung des Unternehmens der Schuldnerin Verbindlichkeiten in Höhe von 50.000

führen diese deshalb nur in dem Umfang
zu einer Verminderung
der Berechnungsgrundlage, als sie einen aus der Be-triebsfortführung resultierenden Überschuss vermindern. Hierzu hat das
Be-schwerdegericht keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Möglicherweise hat es das Guthaben in Höhe von 101.687,45

vom weiteren Beteilig-ten geführten Treuhandkonto, das es unter Abzug des Betrags von 50.000

der Berechnungsgrundlage zugerechnet hat, als erzielten Überschuss gewertet. Ob diese
Wertung
zutrifft, kann auf der Grundlage der bisherigen [X.] nicht beurteilt werden. Im Übrigen fehlt es an Feststellungen des Be-schwerdegerichts
zu der Behauptung des weiteren Beteiligten, es seien wäh-rend des Eröffnungsverfahrens
zugunsten der
Schuldnerin
Beträge in Höhe von mindestens 160.276,24

, die nicht in den in seinem Gutach-ten aufgeführten und vom Insolvenzgericht berücksichtigten Forderungen in Höhe von 229.450,68

b) Die Bemessung vorzunehmender Zu-
und Abschläge ist nach ständi-ger Rechtsprechung des Senats grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Sie ist in der [X.] nur darauf zu prüfen, ob sie die Gefahr der Verschiebung von Maßstäben mit sich bringt ([X.], Beschluss vom 13. [X.] -
IX
ZB 141/07, [X.], 55 Rn.
8 mwN; vom 25.
Juni 2009
-
IX
ZB 118/08, [X.], 1511 Rn.
3; vom 12.
Januar 2012 -
IX
ZB 97/11, [X.], 300 Rn.
2).

7
8
-

6

-

aa) Das Beschwerdegericht hat den vom Insolvenzgericht gewährten Zuschlag von 10
vom Hundert
für die vorläufige Weiterführung des Unterneh-mens der Schuldnerin gebilligt, ohne zu prüfen, ob die Masse nicht durch die Fortführung entsprechend größer geworden ist; eine solche vergleichende Be-urteilung wäre geboten gewesen unabhängig davon, ob es sich um eine Be-triebsfortführung im Sinne von §
3 Abs.
1 lit.
b InsVV handelte oder um eine so genannte Ausproduktion (vgl. [X.], Beschluss vom 8.
März 2012 -
IX
ZB 162/11, [X.], 666 Rn.
15
f).

[X.]) Einen Zuschlag für die Bearbeitung von Aus-
und Absonderungs-rechten hat das Beschwerdegericht
abgelehnt, weil sich der weitere Beteiligte nicht in erheblichem Umfang mit solchen Rechten befasst habe. Diese Beurtei-lung verletzt weder den Anspruch des weiteren Beteiligten auf rechtliches Ge-hör noch überspannt sie die Anforderungen an die Substantiierung des [X.]. Die von der Rechtsbeschwerde angeführte Tätigkeit des weiteren [X.]n zur Sicherung der für die betriebliche Tätigkeit der Schuldnerin erfor-derlichen schuldnerfremden Gegenstände war ein Teil der Tätigkeit zur Fortfüh-rung des Unternehmens. Dass die Vorinstanzen angesichts des beschränkten Umfangs der die schuldnerfremden Gegenstände betreffenden Tätigkeit einen gesonderten Zuschlag über den gewährten Zuschlag für die Fortführung des Unternehmens hinaus abgelehnt haben, ist als tatrichterliche Würdigung nicht zu beanstanden.

cc) Entsprechendes gilt für die Ablehnung eines Zuschlags für die Ver-handlungen des weiteren Beteiligten mit Übernahmeinteressenten. Das Be-schwerdegericht hat sich insoweit die Beurteilung des Insolvenzgerichts im [X.] vom 21.
Juli 2011, mit dem der sofortigen Beschwerde des weiteren Beteiligten gegen die Vergütungsfestsetzung teilweise abgeholfen wurde, zu 9
10
11
-

7

-
eigen gemacht, wonach der Vortrag des weiteren Beteiligten zum Umfang und zum Inhalt der Gespräche keinen Zuschlag rechtfertige. Die Vorinstanzen ha-ben
dabei berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung des Senats nur erheb-liche, signifikante Abweichungen vom Normalfall einen Zuschlag zur Vergütung rechtfertigen ([X.], Beschluss vom 11.
Oktober 2007 -
IX
ZB 15/07, [X.], 2303 Rn.
14 mwN). Die Gefahr der Verschiebung von Maßstäben birgt ihre Be-urteilung nicht.

c) Einen Rechtsfehler enthält die Berechnungsweise, mit der die [X.] die Auswirkung des Zuschlags auf die Höhe der Vergütung des [X.] Beteiligten ermittelt haben.

Nach der Rechtsprechung des Senats
ist die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters grundsätzlich in der Weise zu berechnen, dass besondere Umstände, welche die Tätigkeit erleichtern oder erschweren, unmittelbar den für den vorläufigen Insolvenzverwalter maßgeblichen Bruchteil verringern oder erhöhen ([X.], Beschluss vom 18.
Dezember 2003 -
IX
ZB 50/03, [X.], 518, 519; vom 8.
Juli 2004 -
IX
ZB 589/02, [X.], 1783, 1784
f.; vom 13.
Juli 2006 -
IX
ZB 108/04
Rn.
5; vom 28.
September 2006 -
IX
ZB 212/03, [X.], 439 Rn.
6). [X.] Zuschläge sind deshalb nicht auf
die fiktive Vergütung des endgültigen Verwalters oder auf den dem vorläufigen Verwalter zukommenden Regelbruchteil dieser Vergütung
zu beziehen. Sie erhöhen viel-mehr den Regelbruchteil um den Prozentsatz, der als Zuschlag gewährt wird
([X.], Beschluss vom 12.
Januar 2006 -
IX
ZB 127/04, [X.], 672 Rn.
17). Im Streitfall sind bei einem für die Vergütung des [X.] von 25
vom Hundert
der Vergütung eines endgültigen Verwalters

11 Abs.
1 Satz
2 InsVV)
und einem

auch bei zutreffender Be-rechnung für angemessen erachteten

Zuschlag von 15
vom Hundert
insge-12
13
-

8

-
samt 40
vom Hundert
der Vergütung des endgültigen Verwalters festzusetzen und nicht 28,75
vom Hundert.

3. Die Entscheidung des [X.] war danach aufzuheben. Eine eigene Sachentscheidung kann der Senat nicht treffen, weil es an den er-forderlichen Feststellungen zur Berechnungsgrundlage fehlt. Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache unmittelbar an das Insolvenzgericht zurückzuverweisen ([X.], Beschluss vom 22.
Juli 2004 -
IX
ZB 161/03, [X.]Z 160, 176, 185). Dieses wird die bislang fehlenden Feststellungen nachzuholen und die festzusetzende Vergütung neu
zu berechnen haben.

[X.] [X.]

Fischer Grupp
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.05.2011 -
9 IN 42/05 -

LG [X.], Entscheidung vom 04.08.2011 -
7 [X.] -

14

Meta

IX ZB 243/11

27.09.2012

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.09.2012, Az. IX ZB 243/11 (REWIS RS 2012, 2736)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2736

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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