Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2003, Az. VIII ZR 311/02

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2429

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:9. Juli 2003P o t s c h ,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: ja[X.] § 242 [X.], § 564 b Abs. 2 Nr. 2 (in der bis zum 31. August 2001geltenden Fassung)a)Kündigt der Vermieter eine vermietete Wohnung wegen Eigenbedarfs, so hat er [X.] bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eine vergleichbare, im selben Haus oder inderselben Wohnanlage ihm zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stehende Wohnung,die vermietet werden soll, zur Anmietung anzubieten.b)Kommt der Vermieter dieser [X.] nicht nach, so ist die Kündigung wegenRechtsmißbrauchs unwirksam.[X.], Urteil vom 9. Juli 2003 - [X.] -LG [X.] a.[X.] [X.] a.[X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die [X.]. [X.], [X.], Dr. [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.]s[X.] am [X.] - 11. Zivilkammer - vom 1. Oktober 2002 auf-gehoben.Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger als Vermieter nimmt die Beklagte auf Räumung von [X.] nach einer auf Eigenbedarf gestützten ordentlichen Kündigung in [X.].Die Beklagte bewohnt aufgrund eines Mietvertrages aus dem [X.] im dritten Obergeschoß gelegene Drei-Zimmer-Wohnung mit 65 m2 [X.] zu einer Miete von 764,48 DM (390,87 an dem betreffenden Grundstück im Jahr 1993 erworben hat, kündigte mit- 3 -Schreiben vom 6. Juni 2000 das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs seines[X.]es zum 30. Juli 2001.Im vierten Obergeschoß (Dachgeschoß) des Hauses, in dem auch [X.] wohnt, befindet sich eine weitere Drei-Zimmer-Wohnung, die ebenfallsüber 65 qm verfügt. Die Wohnung war zunächst vermietet, wurde jedoch zum31. Dezember 2001 frei. Sie wurde danach vom Kläger anderweitig weiterver-mietet, ohne daß er diese Wohnung zuvor der Beklagten zur Anmietung ange-boten hatte.Nach [X.] bestandenem Abitur nahm der [X.] des [X.] ei-nen ihm in [X.]zugewiesenen Studienplatz an. Der Kläger hat vorgetra-gen, daß der Eigenbedarf nach wie vor bestehe. Sein [X.] wolle alsbald [X.]zurückkehren und habe dort auch weiterhin seinen Lebens-mittelpunkt. Er halte sich an den Wochenenden sowie in den Semesterferienund bei jeder sich bietenden Gelegenheit in [X.]auf.Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] hat [X.] eingelegte Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Be-rufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Räumungsan-trag weiter.Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht hat ausgeführt, es könne dahinstehen, ob einRäumungsanspruch des [X.] deshalb zu verneinen sei, weil es sich um eineunzulässige Vorratskündigung gehandelt habe oder ein etwaiger Eigenbedarfnachträglich mit der Studienaufnahme des [X.]es des [X.] in [X.]weggefallen sei. Denn dem geltend gemachten Räumungsanspruch stehe [X.] 4 -denfalls der Einwand des Rechtsmißbrauchs nach § 242 [X.] entgegen, weilnach Erlaß des amtsgerichtlichen Urteils in dem fraglichen Haus des [X.]eine Wohnung frei geworden sei, die dieser vor der dann erfolgten Neuvermie-tung nicht der Beklagten als Alternativwohnung angeboten habe. Es obliegedem wegen Eigenbedarfs kündigenden Vermieter, dem gekündigten Mieter einefreie oder frei werdende Alternativwohnung zu zumutbaren und angemessenenBedingungen anzubieten; anderenfalls sei das Räumungsverlangen rechts-mißbräuchlich. Der Vermieter sei gehalten, alles zu unternehmen, was in [X.] stehe, um die mit dem Verlust der angestammten Wohnung verbunde-nen Nachteile des Mieters im Rahmen des Möglichen zu mindern und so diesozial unerwünschten Folgen der allein aus seiner Sphäre herrührenden Lö-sung des Vertrages gering zu halten.Die Dachgeschoßwohnung sei als vergleichbare Alternativwohnung [X.] gekommen. Der Kläger habe ein Angebot auch nicht mit der Begründungunterlassen dürfen, daß die Beklagte gar nicht in eine Dachgeschoßwohnunghabe ziehen wollen und sich die Wohnung von Ausstattung und Preis her nichtleisten könne. Dies zu beurteilen, sei allein Sache des Mieters. Die [X.] nicht deshalb entfallen, weil die Wohnung erst nach Ablauf der [X.] frei geworden sei. Eine [X.] bestehe zumindest bis zur Rechtskrafteines Räumungsurteils.[X.] Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.1. Entgegen der Auffassung der Revision ist allerdings das Berufungsge-richt zu Recht von dem Grundsatz ausgegangen, wonach der wegen Eigenbe-- 5 -darfs berechtigt kündigende Vermieter dem Mieter eine andere freie Wohnungim gleichen Haus zur Anmietung anbieten muß, sofern diese weiterhin vermie-tet werden soll. Anderenfalls ist die Geltendmachung dieses Kündigungsrechtsrechtsmißbräuchlich und damit unwirksam. Dies ist in Literatur und Rechtspre-chung anerkannt ([X.], 660, [X.], 318, [X.] 1997, 240, [X.] 1996, 475, [X.], 473, [X.], 192, [X.]/Sonnenschein,aaO, Rdnr. 59, [X.], Wohnraummietrecht, 2. Aufl., § 573 Rdnr. 95, Grapen-tin in: Bub/[X.], aaO, [X.]. 75, [X.], aaO, Rdnr. 112 ff.,Palandt/[X.], [X.], 61. Aufl., § 573 Rdnr. 24, a.[X.]/[X.],aaO, Rdnr. 53). Bei der Kündigung einer Mietwohnung wegen Eigenbedarfs istzwar grundsätzlich die Entscheidung des Vermieters, wie er eine ihm gehören-de Wohnung nutzen will, zu respektieren (vgl. auch [X.] NJW 1994, 435). [X.] jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, daß die Kündigung von [X.] die Lebensführung eines Mieters besonders stark eingreift. Der Vermieter [X.] gehalten, diesen Eingriff abzumildern, soweit ihm dies möglich ist.Ausnahmsweise ist eine Kündigung daher dann rechtsmißbräuchlich, wenndem Vermieter eine andere Wohnung im selben Anwesen zur Vermietung [X.] steht und er diese dem Mieter nicht anbietet, obwohl er sie wiedervermieten will.2. Umstritten und höchstrichterlich noch nicht entschieden ist die Frage,in welchem zeitlichen Rahmen dem Mieter eine freie oder frei werdende Woh-nung des Vermieters angeboten werden muß. Hierzu werden [X.] vertreten.Nach einer Meinung (so [X.], 212, [X.], [X.]. 101, [X.] in: Bub/[X.], aaO [X.]. 74, [X.]/Sonnen-schein, aaO Rdnr. 91) besteht eine solche [X.] nur bis zum Ende der- 6 -Kündigungsfrist. Nach anderer Auffassung soll die [X.] des [X.] bis zum rechtskräftigen Abschluß des [X.] (so [X.], 248). Schließlich wird angenommen, daß die [X.] auch über den Zeitpunkt der Rechtskraft des Räumungstitels hinausbis zur Räumung der Wohnung gegeben sei (so [X.], Mietrecht, 3. Aufl., [X.]. 136 und [X.], aaO Rdnr. 114).Der Senat ist der Auffassung, daß die dem Vermieter obliegende Ver-pflichtung, dem Mieter eine vorhandene Alternativwohnung anzubieten, grund-sätzlich nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist besteht. Anderenfalls würdederjenige Mieter privilegiert, der sich bei wirksamer Kündigung trotz Ablaufs [X.] zu Unrecht nach wie vor in der gekündigten Wohnung aufhält.Er würde ermutigt, einen Rechtsstreit allein in der Hoffnung zu führen, daß [X.] des Verfahrens eine andere Wohnung im selben Haus frei würde. So-weit sich ein Mieter gegen eine Kündigung des Vermieters wehrt, weil er [X.] ist, daß tatsächlich Eigenbedarf nicht vorliege, und in diesem [X.] obsiegt, ist die vom Vermieter ausgesprochene Kündigung ohnehin un-wirksam, so daß er in seiner Wohnung verbleiben kann. Auf die Frage des An-bietens einer Alternativwohnung kommt es in diesem Fall nicht an.Nachvertragliche Treuepflichten des Vermieters gegenüber dem [X.], daß nach Beendigung des Mietverhältnisses noch die [X.]bestände, sind nicht anzuerkennen. Wäre für die [X.] an das Ende ei-nes Räumungsverfahrens anzuknüpfen, würde der Vermieter unangemessen inseinen Eigentumsrechten beschränkt. Zwar ist er - wie ausgeführt - gehalten,aufgrund des bei einer Eigenbedarfskündigung erheblichen Eingriffs in die [X.] des Mieters die Folgen der Kündigung abzumildern und dem [X.] deshalb, soweit möglich, eine Alternativwohnung anzubieten. Diese Ver-pflichtung endet jedoch bei einer berechtigt ausgesprochenen Kündigung we-- 7 -gen Eigenbedarfs mit der Beendigung des Mietverhältnisses nach Ablauf [X.]. Bei Annahme einer noch weitergehenden, nach [X.] vertraglichen [X.] aus dem Gesichtspunkt von [X.] wäre der Vermieter nicht nur während des Laufs der Kündigungsfrist,sondern auch noch während eines unter Umständen langwierigen Rechtsstreitsdurch mehrere Instanzen gehindert, freie oder frei werdende Wohnungen imgleichen Haus an einen anderen Mieter zu vermieten. Durch all diese Nachteilewürde er in seinem durch Art. 14 GG geschützten Eigentumsrecht unverhält-nismäßig eingeschränkt.Da im gegebenen Fall die Alternativwohnung im vierten [X.] zum 31. Dezember 2001, also fünf Monate nach Ablauf der [X.], frei wurde, hat der Kläger gegen die ihm obliegende Pflicht, der Beklagteneine Alternativwohnung anzubieten, nicht verstoßen.II[X.] Urteil des [X.]s ist demnach aufzuheben. Das Berufungsgericht hatin seiner Entscheidung offengelassen, ob der Kläger Eigenbedarf geltend ma-chen kann; hierzu haben die Parteien unter Beweisantritt umfangreich vorgetra-gen. Die Sache ist daher noch nicht zur Endentscheidung reif, sondern zur- 8 -neuen Verhandlung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1Satz 1 ZPO).[X.] Dr. [X.] [X.]Dr. [X.] Dr. Frellesen

Meta

VIII ZR 311/02

09.07.2003

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2003, Az. VIII ZR 311/02 (REWIS RS 2003, 2429)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2429

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