Bundessozialgericht, Urteil vom 19.10.2021, Az. B 12 R 10/20 R

12. Senat | REWIS RS 2021, 1766

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit - Notarzt im Rettungsdienst - abhängige Beschäftigung - selbstständige Tätigkeit


Leitsatz

Notärzte sind regelmäßig aufgrund Beschäftigung versicherungspflichtig, weil sie in ihrer Tätigkeit Teil eines Systems ineinandergreifender rechtlicher und organisatorischer Regelungen einer Rettungskette sowie in die Organisations- und Weisungsstruktur des Rettungsdienstträgers eingegliedert sind.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 20. Juli 2020 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 5000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist die Versicherungspflicht der Beigeladenen in der gesetzlichen Kranken- ([X.]) und der [X.] Pflegeversicherung ([X.]) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung in den einzelnen [X.]iensten als Notärztin im Rettungsdienst in der [X.] ab August 2015.

2

[X.]er Kläger ist ein [X.] in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Sein Landesverband ist ein Träger des Rettungsdienstes in Baden-Württemberg. Für den [X.] wurde dem Kläger die [X.]urchführung des Rettungsdienstes übertragen. Er unterhält entsprechende Rettungswachen mit Fahrzeugen und Ausrüstung und betreibt zudem die integrierte Leitstelle, welche nach § 6 Rettungsdienstgesetz Baden-Württemberg ([X.]) alle Einsätze des Rettungsdienstes im [X.] lenkt. Zur Sicherstellung der notärztlichen Versorgung im Rettungsdienst schlossen die beteiligten Verbände auf Landesebene (Kassenärztliche Vereinigungen, Landesärztekammer, Krankenhausgesellschaft, und Krankenkassen) sowie die [X.] zum [X.] die "Rahmenvereinbarung über die Mitwirkung von an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten (Vertragsärzten) und Nichtvertragsärzten sowie von Krankenhausärzten im Rettungsdienst nach § 10 des [X.]". [X.]anach sind die Krankenhausträger im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit verpflichtet, Ärzte gegen [X.] zur Verfügung zu stellen. [X.]ie niedergelassenen Ärzte wirken im Rahmen des [X.] nach § 75 Abs 1 [X.]B V mit (§ 1 Abs 1 der Rahmenvereinbarung). § 3 dieser Vereinbarung lautet:

        

"1. [X.]er Notarzt übernimmt die ärztliche Versorgung des Notfallpatienten am Einsatzort und erforderlichenfalls während des Transportes in eine für die weitere Versorgung geeignete Einrichtung sowie die [X.]okumentation des Einsatzes. Er ist während seines Einsatzes gegenüber dem [X.] fachlich weisungsbefugt.

        

2. [X.]er Notarzt erreicht den Einsatzort mit dem Notarztwagen, einem Notarzteinsatzfahrzeug oder einem anderen Fahrzeug. Für die Benutzung eines [X.] im Rahmen des Rettungsdienstes ist von den Trägern des Rettungsdienstes eine Vollkaskoversicherung ohne Selbstbehalt abzuschließen. [X.]ie Kosten dieser Versicherung sind Kosten der Notärzte (Anhang A.5.2 zum Kostenblatt).

        

3. [X.]ie Träger des Rettungsdienstes verpflichten sich, den Notarzt nach beendetem Einsatz, soweit erforderlich, zu seinem Fahrzeug bzw. seinem Standort zurückzubringen."

3

[X.]ie Beigeladene ist in einem Krankenhaus als Ärztin versicherungspflichtig beschäftigt und seit 2006 in ihrer Tätigkeit als Ärztin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ([X.]) befreit. [X.]aneben war sie auf der Basis des mit dem Kläger geschlossenen "Vertrag[s] Freiwilliger Notarzt [X.]" ab August 2015 als Notärztin im Rettungsdienst tätig. In diesem Vertrag wird darauf hingewiesen, dass die Bereitstellung und Organisation des [X.] den Krankenhäusern obliege; das [X.] sich als [X.] aber bereit erklärt habe, einige organisatorische Aufgaben und die Auszahlung der Vergütung zu übernehmen. [X.]as [X.] handele insoweit im Auftrag und für Rechnung der Krankenhäuser und der Krankenkassen. [X.]as Notarzteinsatzfahrzeug ([X.]) werde - besetzt durch einen Rettungsassistenten - samt medizinisch-technischer Ausstattung vom Kläger gestellt. [X.]er Notarztdienst werde als "freiberufliche Tätigkeit" übernommen. "[X.]ie Vertragspartner stimmen darin überein, dass durch diese Vereinbarung ein Arbeitsverhältnis nicht begründet wird." Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge sowie sonstige Abgaben führe die Beigeladene selbst ab, sie lege den Umfang ihrer notärztlichen Tätigkeit selbst fest und werde eigenverantwortlich medizinisch tätig. [X.]er Ärztliche Leiter des [X.] erstelle auf Grundlage von Einteilungswünschen, aber ohne Anspruch auf Einteilung, einen monatlichen [X.]ienstplan, der dann verbindlich sei. Im Verhinderungsfall habe die Beigeladene für Ersatz zu sorgen und den Ärztlichen Leiter des [X.] sowie die Rettungsleitstelle unverzüglich zu informieren. [X.]ie Vergütung richte sich nach der jeweils gültigen Tarifregelung zwischen der [X.], der [X.] und den Kostenträgern. [X.]as Vertragsverhältnis könne von beiden Seiten mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende schriftlich gekündigt werden.

4

[X.]ie Beigeladene absolvierte - nach Angaben des [X.] über den [X.]raum bis einschließlich Mai 2017 - monatlich in der Regel einen werktäglichen [X.]ienst (13,5 Stunden über Nacht) und einen Wochenenddienst (24 Stunden). Als Vergütung erhielt sie in dieser [X.] einen Stundenlohn zwischen 27 und 35 [X.] sowie eine Einsatzpauschale von 70 [X.] ab dem dritten Einsatz innerhalb einer Schicht und erzielte insgesamt zwischen 607,30 [X.] und 1518,70 [X.] im Monat.

5

Am 9.11.2015 stellte die Beigeladene bei der Beklagten einen Antrag auf Statusfeststellung. Nach Anhörung stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen deren Versicherungspflicht in der [X.], [X.] und [X.] sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung ab 1.8.2015 aufgrund abhängiger Beschäftigung fest (Bescheide vom [X.]; Widerspruchsbescheid vom 2.11.2016).

6

Während des Widerspruchsverfahrens wies der Kläger auf den Abschluss eines neuen Kooperationsvertrags zum 1.5.2016 hin und beantragte erneut die Statusfeststellung. [X.]ie Beklagte lehnte den Antrag ab, weil über den Status bereits mit Bescheid vom [X.] entschieden worden sei. [X.] Unterschiede in der Ausgestaltung der Tätigkeit lägen auch unter Berücksichtigung des neuen Kooperationsvertrags nicht vor (Bescheid vom 22.6.2016; weiterer Widerspruchsbescheid vom 2.11.2016).

7

[X.]as [X.] hat die Bescheide vom [X.] und 22.6.2016 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 2.11.2016 aufgehoben und festgestellt, dass die Tätigkeit der Beigeladenen als freiwillige Notärztin im [X.] R eine selbstständige Tätigkeit sei und keine Versicherungspflicht in der [X.], [X.] und [X.] sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe (Urteil vom 11.9.2018).

8

Auf die Berufung der Beklagten hat das L[X.] dieses Urteil geändert und die Bescheide vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.11.2016 aufgehoben, soweit Versicherungspflicht in der [X.] festgestellt wurde, weil die Beigeladene hiervon befreit worden sei. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. [X.]er Bescheid vom 22.6.2016 sei zum [X.]punkt seiner Einbeziehung in das Klageverfahren bereits bestandskräftig gewesen. [X.]ie Beigeladene habe die notärztliche Tätigkeit in abhängiger Beschäftigung ausgeübt, weil diese Tätigkeit maßgeblich durch die Ordnung des Betriebes des [X.] geprägt werde und die Beigeladene darin eingegliedert sei. [X.]as zeige sich insbesondere daran, dass die Beigeladene die erforderliche logistische, organisatorische und sächliche Ausstattung für die Notfallrettung nutze, die der Kläger als [X.] zur Verfügung stelle, und mit dessen [X.] arbeitsteilig zusammenwirke (Urteil vom 20.7.2020).

9

Mit der Revision rügt der Kläger einen Verstoß gegen § 7 Abs 1 [X.]B IV. Allein aus der umfassenden Nutzung von Organisation, Einrichtung und Betriebsmitteln könne nicht auf die Eingliederung in den Betrieb des [X.] geschlossen werden. [X.]ieser Umstand wohne der ärztlichen Tätigkeit [X.] inne. Nach der Rechtsprechung des B[X.] zu Honorarärzten dürfe dem - ebenso wie der in der Natur der Sache liegenden fachlichen Weisungsfreiheit der Ärzte - für die Statusbeurteilung kein maßgebliches Gewicht zukommen. [X.]as gelte auch für die aus dem [X.] Rettungsdienstrecht sowie aus der Natur der Sache folgenden Vorgaben zur Rettungskette. [X.]ie Beigeladene habe keine Rechtspflichten des [X.] erfüllt. [X.]ie letztlich von der zuständigen Krankenkasse geschuldete Vergütung sei vom Kläger lediglich aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung abgerechnet und durchgeleitet worden. [X.]ie freiwilligen Notärzte seien mit selbstständigen Belegärzten nach § 121 Abs 2 [X.]B V vergleichbar. [X.]ie Tätigkeit sei zudem wegen [X.]geringfügigkeit nach § 8 Abs 1 Nr 2 [X.]B IV versicherungsfrei. [X.]enn die einzelnen, von vornherein auf längstens 24 Stunden begrenzten Schichten, seien nach der Rechtsprechung zur Statusbeurteilung jeweils gesondert zu betrachten. Bei Annahme von [X.] ergebe sich die Versicherungsfreiheit zumindest wegen [X.] aus § 27 Abs 3 Nr 1 [X.]B III, weil jeder Einsatz auf weniger als eine Woche begrenzt gewesen sei.

[X.]er Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts [X.] vom 20. Juli 2020 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 11. September 2018 insoweit zurückzuweisen, als die Versicherungspflicht der Beigeladenen in der gesetzlichen Krankenversicherung, [X.] Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung betroffen ist.

[X.]ie Beklagte beantragt,
die Revision des [X.] zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

[X.]ie Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

[X.]ie [X.] sowie die [X.] als Kranken- und Pflegeversicherung haben ihre Beiladung auf die Benachrichtigung des Senats innerhalb der gesetzten Frist nicht beantragt (§ 75 Abs 2b [X.]G).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 [X.]G).

A. Die Klage gegen den Bescheid vom 22.6.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.11.2016 ist unzulässig. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] die Aufhebung des [X.]s der Beklagten vom 22.6.2016 in der Fassung des hierzu gesondert ergangenen Widerspruchsbescheids vom 2.11.2016 beantragt. Die Einwilligung der Beklagten in die damit verbundene Klageänderung war gemäß § 99 Abs 2 [X.]G anzunehmen, nachdem diese sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in der mündlichen Verhandlung durch den uneingeschränkten Klageabweisungsantrag auf die geänderte Klage eingelassen hat (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 13. Aufl 2020, § 99 Rd[X.] 9 mwN).

Die so erweiterte Klage hat das L[X.] zutreffend insoweit als unzulässig angesehen, als sie den Bescheid vom 22.6.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.11.2016 betrifft. Sie ist nicht innerhalb der Frist des § 87 [X.]G erhoben. Der Bescheid vom 22.6.2016 ist nicht nach § 86 [X.]G Gegenstand des gegen den Bescheid vom [X.] bereits laufenden Widerspruchsverfahrens geworden. Die mit Bescheid vom 22.6.2016 verfügte Ablehnung einer erneuten Statusfeststellung ändert die Entscheidung über die mit Bescheid vom [X.] festgestellte Versicherungspflicht nicht. Insoweit hat nicht nur die Beklagte zu Recht zwei gesonderte Widerspruchsbescheide vom 2.11.2016 erlassen; gegen den Bescheid vom 22.6.2016 in der Fassung des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheids vom 2.11.2016 hat der Kläger eine eigene Klage erheben müssen. Das ist erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] am 11.9.2018 und damit nach Ablauf der Klagefrist geschehen.

B. Das L[X.] hat auch zu Recht das Urteil des [X.] geändert und die Klage abgewiesen, soweit die Beklagte die Versicherungspflicht der Beigeladenen in der [X.] und [X.] sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung ab [X.] in den einzelnen Diensten festgestellt hat. Insoweit sind die [X.] der Beklagten vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.11.2016 rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Mangels Revision der Beklagten sind die genannten [X.] nur insoweit Gegenstand der Revision. Denn die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben, soweit das [X.] diese [X.] bezüglich der Feststellung der Versicherungspflicht der Beigeladenen in der [X.] aufgehoben hat.

Die Beigeladene war in ihrer Tätigkeit als Notärztin im Rettungsdienst des [X.] ab dem [X.] in den einzelnen Diensten gegen Arbeitsentgelt abhängig beschäftigt und deshalb nach § 5 Abs 1 [X.] 1 [X.]B V, § 20 Abs 1 Satz 2 [X.] 1 [X.]B XI, § 25 Abs 1 Satz 1 [X.]B III, § 7 Abs 1 [X.]B IV in der [X.] und [X.] sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig (dazu 1. und 2.). Eine Versicherungsfreiheit aus anderen Vorschriften ergibt sich nicht (dazu 3.). Dies hat die Beklagte auf der Ermächtigungsgrundlage des § 7a Abs 2 [X.]B IV zu Recht festgestellt.

1. Im streitigen [X.]raum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht in der [X.] und [X.] sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 5 Abs 1 [X.] 1 [X.]B V, § 20 Abs 1 Satz 2 [X.] 1 [X.]B XI und § 25 Abs 1 Satz 1 [X.]B III).

a) Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 [X.]B IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des B[X.] setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem [X.], Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden.

b) Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen (stRspr; vgl zum Ganzen B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] R 11/18 R - B[X.]E 128, 191 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.] 14 f mwN). Diese wertende Zuordnung kann nicht mit bindender Wirkung für die Sozialversicherung durch die Vertragsparteien vorgegeben werden, indem sie zB vereinbaren, eine selbstständige Tätigkeit zu wollen. Denn der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung schließt es aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Person - als selbstständig oder beschäftigt - allein die [X.] entscheiden. Über zwingende Normen kann nicht im Wege der Privatautonomie verfügt werden. Vielmehr kommt es entscheidend auf die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung der Vertragsverhältnisse an (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] R 11/18 R - B[X.]E 128, 191 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.] 24; B[X.] Urteil vom [X.] - 12 RK 63/79 - B[X.]E 51, 164 = [X.] 2400 § 2 [X.] 16 = juris Rd[X.] 24).

c) Bei Vertragsgestaltungen, in denen - wie hier - die Übernahme einzelner Dienste individuell vereinbart wird und insbesondere kein Dauerschuldverhältnis mit Leistungen auf Abruf vorliegt, ist für die Frage der Versicherungspflicht allein auf die Verhältnisse abzustellen, die während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge bestehen. Außerhalb der [X.] liegt schon deshalb keine die Versicherungspflicht begründende "entgeltliche" Beschäftigung iS des § 7 Abs 1 [X.]B IV vor, weil keine latente Verpflichtung der Beigeladenen bestand, Tätigkeiten für den Kläger auszuüben, und dieser umgekehrt auch kein Entgelt zu leisten hatte (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] R 11/18 R - B[X.]E 128, 191 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.] 21 mwN; B[X.] Urteil vom 18.11.2015 - [X.] KR 16/13 R - B[X.]E 120, 99 = [X.] 4-2400 § 7 [X.] 25, Rd[X.] 19 mwN).

2. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe und ausgehend von den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher bindenden (§ 163 [X.]G) Feststellungen des L[X.] überwiegen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit die Indizien für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen während der einzelnen Dienste.

a) Dass der Kläger mit der Beigeladenen eine selbstständige Tätigkeit vereinbaren wollte, die Tätigkeit daher als eine "freiberufliche" bezeichnet wurde und die Vertragspartner darin übereinstimmten, dass durch diese Vereinbarung ein Arbeitsverhältnis nicht begründet werde und die Beigeladene selbst Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge sowie sonstige Abgaben abführen sollte, ist - wie dargestellt - sozialversicherungsrechtlich nicht ausschlaggebend.

b) Das L[X.] hat ausgehend von der am [X.] in [X.] getretenen Rahmenvereinbarung und dem "[X.]" vom [X.] sowie dem Vorbringen der Beteiligten zutreffend festgestellt, dass nur jeweils die Erbringung von [X.] vereinbart wurde. Der Ärztliche Leiter des Notarztstandortes erstellte monatlich unter Berücksichtigung der von den teilnehmenden Ärzten geäußerten Wünsche einen Dienstplan. Dieser wurde mit Veröffentlichung verbindlich, dh erst hierdurch entstand die rechtliche Verpflichtung der Beigeladenen gegenüber dem Kläger, den zugesagten Dienst zu leisten. Die Beigeladene hatte keine Verpflichtung, einen bestimmten Umfang an Diensten zu übernehmen.

Diese rechtliche Bewertung liegt den angefochtenen [X.]n der Beklagten zugrunde, auch wenn darin die einzelnen Tage der Einsätze der Beigeladenen nicht ausdrücklich benannt sind. Grundsätzlich hält der Senat eine Feststellung im Statusfeststellungsverfahren schon dann für hinreichend bestimmt (§ 33 Abs 1 [X.]B X), wenn - wie hier bezogen auf die "angenommenen Dienste" - sie ausreichend erkennen lässt, dass sie sich auf die Durchführung von Einzelaufträgen zwischen den Beteiligten - beginnend mit dem ersten Tätigwerden - unter gleichbleibenden Bedingungen bezieht und kein Dauerschuldverhältnis vorliegt (vgl B[X.] Urteil vom 19.10.2021 - [X.] KR 29/19 R - zur Veröffentlichung in B[X.]E und [X.] vorgesehen). Im Anfrageverfahren nach § 7a [X.]B IV ist die Versicherungspflicht ab Aufnahme der Tätigkeit, dh regelmäßig zukunftsgerichtet festzustellen. Die konkreten Tage der [X.] werden in der Regel aber nicht für weite [X.]räume im Voraus fest vereinbart.

c) Maßgebend für das Vorliegen von abhängiger Beschäftigung ist, dass die Beigeladene einem Weisungsrecht des [X.] unterlag und in einer ihre Tätigkeit prägenden Weise in dessen Betriebsablauf eingegliedert war. Die in § 7 Abs 1 Satz 2 [X.]B IV genannten Anhaltspunkte der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung stehen weder in einem Rangverhältnis zueinander noch müssen sie stets kumulativ vorliegen.

aa) Insbesondere bei Hochqualifizierten oder Spezialisten (sog Diensten höherer Art) kann das Weisungsrecht aufs Stärkste eingeschränkt sein. Dennoch kann die Dienstleistung in solchen Fällen fremdbestimmt sein, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, in deren Dienst die Arbeit verrichtet wird. Die Weisungsgebundenheit der Arbeitnehmerin verfeinert sich in solchen Fällen "zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" (B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] R 11/18 R - B[X.]E 128, 191 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.] 29 mwN).

Ein Weisungsrecht des [X.] bestand zumindest insoweit, als die von ihm betriebene Rettungsleitstelle der Beigeladenen bestimmte Einsatzorte zuwies, die diese nach Alarmierung schnellstmöglich aufzusuchen hatte. Diese Weisung wartete die Beigeladene in einem vertraglich zugewiesenen Aufenthaltsbereich (ein bestimmtes Krankenhaus oder eine bestimmte Rettungswache) ab, um ihr dann im Regelfall mit Hilfe eines vom Kläger gestellten Fahrzeugs Folge zu leisten, das von einem bei ihm beschäftigten Rettungssanitäter gesteuert wurde. Am Einsatzort versorgte die Beigeladene die Notfallpatienten unter Heranziehung der Rettungsmittel und des Rettungsdienstpersonals des [X.]. In medizinischen Fragen war sie gegenüber den Rettungsassistenten während des Einsatzes weisungsbefugt. Obwohl die Beigeladene in ihrer medizinischen Tätigkeit weitgehend eigenverantwortlich tätig wurde, unterlag sie auch dabei zumindest den Handlungsempfehlungen und Leitlinien des Rettungsdienstbereichs R.

Die auf diese Weise in arbeitsteiliger Zusammenarbeit mit dem Personal des [X.] funktionierende "Rettungskette" macht zugleich die Eingliederung der Beigeladenen in die Arbeitsabläufe des Rettungsdienstes und in die vom Kläger vorgegebenen Organisationsstrukturen deutlich. Die Weisungsgebundenheit der Beigeladenen verfeinert sich hier "zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess". Durch die (unentgeltliche) Nutzung dieser Organisationsstrukturen, der Einrichtungen sowie personellen und sächlichen Betriebsmittel des [X.] war die Beigeladene in einer ihre Tätigkeit prägenden Art und Weise fremdbestimmt in den Rettungsdienstbetrieb des [X.] eingegliedert. Dies zeigt sich auch daran, dass die Beigeladene während der Dienstzeit ihre lückenlose Einsatzbereitschaft sicherzustellen und sich zur Abholung bereitzuhalten hatte. Im Bedarfsfall - zB bei einer Verspätung der Ablösung - war sie verpflichtet, ihren Dienst über den im Dienstplan vorgesehenen Umfang hinaus fortzusetzen. Denn sie durfte ihre Einsatzbereitschaft erst beenden, wenn der ablösende Notarzt dienstbereit war. Zudem hatte sie für jeden Einsatz ein Notarztprotokoll zu erstellen und dieses zeitnah im EDV-System des [X.] zu erfassen.

bb) Der Einwand des [X.], er habe nicht die öffentlich-rechtliche Aufgabe der notärztlichen Versorgung inne, sodass er mit dem Notarzteinsatz keine eigenen Leistungspflichten erfülle, verfängt nicht. Der Kläger hat die am [X.] in [X.] getretene Rahmenvereinbarung gerade "zur Sicherstellung der notärztlichen Versorgung im Rettungsdienst" geschlossen und damit die entsprechenden Pflichten vertraglich übernommen. Das zeigt sich auch an dem gewählten Vergütungsmodell, nach dem der Kläger die Tätigkeit der Beigeladenen anhand der von ihr gestellten Rechnungen vergütete. Wie sich die weitere Abrechnung zwischen dem Kläger und den Kostenträgern gestaltete und inwieweit eine "Durchleitung der Beträge zur Verwaltungsvereinfachung" vorgenommen wurde, ist unerheblich. Zwar wurde der Kläger gegebenenfalls "im Auftrag und für Rechnung der Krankenhäuser und der Krankenkassen" tätig, aber nicht in deren Namen. Er handelte nicht in Vertretung für einen [X.], sondern im eigenen Namen und war mithin allein Schuldner der Vergütung der Beigeladenen. Diese konnte ihre Leistungen weder über die Patienten noch über deren Kostenträger oder über einen Krankenhausträger oder sonstigen [X.] abrechnen. Unerheblich ist, dass der Kläger mit der Beigeladenen in dem "[X.]" vereinbart hatte, die Vergütung richte sich nach der jeweils geltenden Tarifregelung zwischen der [X.], der [X.] und den Kostenträgern. Das macht die genannten Partner der Tarifregelung nicht zu Schuldnern der Vergütung der Beigeladenen. Es ist vielmehr gerade für arbeitsvertragliche Vergütungen nicht unüblich, diese in Anlehnung oder unter direkter Bezugnahme auf Tarifregelungen zu vereinbaren. Dass die hier in Bezug genommene Tarifregelung Tarife für von Selbstständigen erbrachte Leistungen regelt, hat keine Auswirkungen auf die Ausübung oder Gestaltung der Tätigkeit an sich und macht diese daher nicht zu einer selbstständigen.

cc) Dass die hier vorliegenden Umstände typisch für eine "Rettungskette" sind und "in der Natur der Sache" von [X.] liegen sowie den gesetzlichen (hier des [X.]) und sonstigen normativen Vorgaben entsprechen, führt nicht dazu, dass diese Aspekte bei der Gesamtwürdigung außer [X.] zu lassen wären. Denn für die Frage, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, sind stets die konkreten Umstände des individuellen Sachverhalts maßgebend. Bei der gebotenen Gesamtabwägung sind sämtliche, auch solche Umstände zu berücksichtigen, die einer Tätigkeit ihrer Eigenart nach immanent, durch gesetzliche Vorschriften oder eine öffentlich-rechtliche Aufgabenwahrnehmung bedingt sind oder auf sonstige Weise "in der Natur der Sache" liegen. Ihnen ist nach der Senatsrechtsprechung zwar nicht zwingend eine entscheidende Indizwirkung für eine abhängige Beschäftigung beizumessen; umgekehrt ist eine abhängige Beschäftigung aber auch nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil sich bestimmte Weisungsrechte oder Vorgaben aus der Eigenart der Tätigkeit ergeben oder ihr innewohnen. Indizwirkung gegen eine Beschäftigung und für eine selbstständige Tätigkeit besteht vielmehr dann, wenn bei Verrichtung der Tätigkeit eine Weisungsfreiheit verbleibt, die sie insgesamt als eine unternehmerische kennzeichnet. Denn ob und inwieweit einzelne Umstände einer Tätigkeit "ihrer Natur nach" immanent sind, hängt wesentlich mit der zu beurteilenden Tätigkeit und ihrer konkreten Ausgestaltung zusammen. Je enger der übertragene Tätigkeitsbereich abgesteckt ist, weil der [X.] oder Arbeitgeber nicht auf eigene Gestaltungsmöglichkeiten verzichtet, desto weniger Spielraum kann der übertragenen Tätigkeit noch immanent sein. So ist in der Regel auch die strikte Weisungsunterworfenheit klassischer "Fabrikarbeiter" der Eigenart ihrer Tätigkeit geschuldet. Gerade dies begründet aber ihre Sozialversicherungspflicht und stellt sie nicht infrage (B[X.] Urteil vom 27.4.2021 - [X.] R 16/19 R - juris Rd[X.] 15 f mwN, zur Veröffentlichung in [X.] 4 vorgesehen).

Umgekehrt können so auch Umstände, die "in der Natur der Sache" liegen, für eine selbstständige Tätigkeit sprechen. Solche sind hier aber gerade nicht in hinreichendem Maße festgestellt oder erkennbar. Die Einzelfallumstände stützen hier in ihrer Gesamtbetrachtung die Bewertung als abhängige Beschäftigung der Beigeladenen. Sie hat ihre Arbeitskraft nicht anders als beim Kläger angestellte Notärzte eingesetzt und hatte innerhalb der betrieblich vom Kläger vorgegebenen Ordnung keine ins Gewicht fallenden Freiheiten hinsichtlich Gestaltung und Umfang ihrer Arbeitsleistung innerhalb einzelner Dienste.

d) Das L[X.] hat keine für Selbstständigkeit sprechenden Anhaltspunkte festgestellt, die mit einem derartigen Gewicht für Selbstständigkeit sprechen, dass sie die Weisungsgebundenheit und Eingliederung der Beigeladenen auch nur annähernd auf- oder überwiegen könnten.

aa) Die Beigeladene war keinem nennenswerten Unternehmerrisiko ausgesetzt. Sie erhielt eine feste Einsatzpauschale nebst einem festen Lohn für geleistete Einsatzstunden und hatte keinen Verdienstausfall zu befürchten. Für sie bestand auch nicht die Chance, durch unternehmerisches Geschick ihre Arbeit so effizient zu gestalten, dass sie das Verhältnis von Aufwand und Ertrag zu ihren Gunsten entscheidend hätte beeinflussen können. Das Risiko, vom Kläger keine Dienste mehr angeboten zu bekommen, ist für die Statusbeurteilung der Tätigkeit in den jeweils gesondert zu betrachtenden [X.] irrelevant. Denn aus dem Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Dienste zeitweise die eigene Arbeitskraft gegebenenfalls nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko bezüglich der einzelnen Einsätze (vgl B[X.] Urteil vom 18.11.2015 - [X.] KR 16/13 R - B[X.]E 120, 99 = [X.] 4-2400 § 7 [X.] 25, Rd[X.] 36 mwN). Zudem hätte dies nach dem "[X.]" wohl zunächst einer Kündigung bedurft.

bb) Auch der vom Kläger angestellte Vergleich mit [X.] nach § 121 Abs 2 [X.]B V spricht nicht für die Selbstständigkeit von Notärzten. Nach dieser Vorschrift sind Belegärzte iS des [X.]B V nicht am Krankenhaus angestellte Vertragsärzte, die berechtigt sind, ihre Patienten (Belegpatienten) im Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Mittel vollstationär oder teilstationär zu behandeln, ohne hierfür vom Krankenhaus eine Vergütung zu erhalten. Abgesehen davon, dass in der Rechtsprechung des Senats offen ist, unter welchen Umständen Belegärzte im Krankenhaus im Einzelnen sozialversicherungsrechtlich selbstständig tätig sind (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] R 11/18 R - B[X.]E 128, 191 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.] 17), ist bereits die Vergütungssituation der Beigeladenen nicht mit der von [X.] vergleichbar. Die Beigeladene erhielt ihre Vergütung vom Kläger, nicht von den Notfallpatienten oder deren Kostenträgern, und nutzte die vom Kläger bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Betriebsmittel ohne hierfür ein Entgelt entrichten zu müssen.

e) Zu einer anderen Statusbeurteilung zwingt auch nicht die zum 11.4.2017 eingeführte Vorschrift des § 23c Abs 2 Satz 1 [X.] 1 [X.]B IV (idF des [X.], [X.]). Danach sind Einnahmen aus Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst nicht beitragspflichtig, wenn diese Tätigkeiten neben einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes ausgeübt werden. Regelungsgegenstand dieser Bestimmung ist ausdrücklich die Beitragspflicht, nicht die Versicherungspflicht aufgrund von Beschäftigung. Demzufolge entfällt weder das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage noch ist der streitige Statusfeststellungsbescheid ohne Weiteres teilweise erledigt.

3. Die Beigeladene ist auch nicht aufgrund anderer Vorschriften von der Versicherungspflicht ausgenommen. Es handelt sich bei ihrer Tätigkeit als Notärztin weder um eine versicherungsfrei bleibende geringfügige Beschäftigung nach § 8 Abs 1 [X.]B IV (dazu a) noch um eine unständige iS des § 27 Abs 3 [X.] 1 [X.]B III (dazu b).

a) Die Voraussetzungen einer zur Versicherungsfreiheit in der [X.] (§ 7 Abs 1 [X.]B V) und [X.] (§ 20 Abs 1 Satz 1 [X.]B XI iVm § 7 Abs 1 [X.]B V) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 27 Abs 2 Satz 1 [X.]B III) führenden geringfügigen Beschäftigung sind nicht erfüllt.

Nach § 8 Abs 1 [X.]B IV ist eine Beschäftigung geringfügig, wenn

        

1. das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 450 Euro nicht übersteigt,

        

2. die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 450 Euro im Monat übersteigt (§ 8 Abs 1 [X.]B IV idF des [X.], [X.], mWv 1.1.2013).
Die Begrenzung der [X.]geringfügigkeit nach § 8 Abs 1 [X.] 2 [X.]B IV wurde durch § 115 [X.]B IV für die [X.] vom 1.1.2015 bis zum 31.12.2018 auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage angehoben (§ 115 [X.]B IV idF des Gesetzes vom 11.8.2014, [X.] 1348), was zum 1.1.2019 in § 8 Abs 1 [X.] 2 [X.]B IV übernommen wurde (§ 8 Abs 1 [X.] 2 [X.]B IV idF des [X.], [X.] 2651). Für die [X.] vom 1.3.2020 bis einschließlich 31.10.2020 galt nach § 115 [X.]B IV eine erneute Anhebung auf längstens fünf Monate oder 115 Arbeitstage (§ 115 [X.]B IV idF des Gesetzes vom 27.3.2020, [X.] 575; da die Entscheidung des L[X.] vom 20.7.2020 datiert, ist die weitere Änderung durch § 132 [X.]B IV zum [X.] nicht mehr zu berücksichtigen).

Die beiden Fallgruppen der [X.] 1 oder 2 des § 8 Abs 1 [X.]B IV unterscheiden sich dadurch, dass entgeltgeringfügige Beschäftigungen ([X.] 1) regelmäßig und zeitgeringfügige Beschäftigungen ([X.] 2) nur gelegentlich ausgeübt werden (B[X.] Urteil vom 11.5.1993 - 12 RK 23/91 - [X.] 3-2400 § 8 [X.] 3 S 11 f, mwN) und nach ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus auf eine bestimmte Anzahl von Monaten oder Arbeitstagen im Kalenderjahr begrenzt sind (vgl dazu B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] KR 34/19 R - B[X.]E 131, 99 = [X.] 4-2400 § 8 [X.] 9, Rd[X.] 12). Als regelmäßig ist dabei eine Beschäftigung anzusehen, die bei vorausschauender Betrachtung (vgl BT-Drucks 7/4122 [X.]) von vornherein auf ständige Wiederholung gerichtet ist und über mehrere Jahre hinweg ausgeübt werden soll. Für das Vorliegen von Regelmäßigkeit kommt es dabei nicht darauf an, ob die jeweiligen Arbeitseinsätze im Rahmen eines Dauerarbeitsverhältnisses von vornherein feststehen oder von [X.] zu [X.] vereinbart werden (B[X.] Urteil vom 7.5.2014 - [X.] R 5/12 R - [X.] 4-2400 § 8 [X.] 6 Rd[X.] 21 mwN; B[X.] Urteil vom 23.5.1995 - 12 RK 60/93 - [X.] 3-2400 § 8 [X.] 4 S 20).

Die Beschäftigung der Beigeladenen war wegen der von vornherein absehbaren Überschreitung der Entgeltgrenze von 450 Euro monatlich nicht nach § 8 Abs 1 [X.] 1 [X.]B IV geringfügig. Die Tätigkeit war auch nicht zeitgeringfügig iS des § 8 Abs 1 [X.] 2 [X.]B V, denn sie war bei vorausschauender Betrachtung (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] KR 34/19 R - B[X.]E 131, 99 = [X.] 4-2400 § 8 [X.] 9, [X.]) von vornherein auf ständige Wiederholung der Einzeldienste angelegt und auch weder in den Einzelvereinbarungen noch im Rahmenvertrag auf eine bestimmte Anzahl von Arbeitstagen im Kalenderjahr begrenzt.

Zwar war die Beigeladene frei in der Übernahme von konkreten Terminen, aber der geschlossene "[X.]" stellt einen Rahmenvertrag dar, der die einzelnen Einsätze in eine auf Dauer angelegte Rechtsbeziehung einbettet. Diese Rahmenvereinbarung gilt unabhängig von den jeweiligen Aufträgen zeitlich unbegrenzt und sieht ein gesondertes Kündigungsrecht mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende vor. Dabei war der Rettungsdienst des [X.] nach seiner Eigenart systematisch und strukturell so organisiert, dass die Übernahme von [X.] ohne erkennbare zeitliche Begrenzung angeboten wurde. Die Beschäftigung der Beigeladenen ist daher eine regelmäßige und zeitlich unbegrenzte, auch wenn jeweils nur limitierte [X.] individuell verabredet wurden.

b) Die Tätigkeit der Beigeladenen als Notärztin war auch nicht nach § 27 Abs 3 [X.] 1 [X.]B III versicherungsfrei im Recht der Arbeitsförderung. Nach dieser Vorschrift bleibt eine unständige Beschäftigung versicherungsfrei, die berufsmäßig ausgeübt wird. [X.] ist eine Beschäftigung, die auf weniger als eine Woche der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegt oder im Voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt ist. Das Erfordernis der Berufsmäßigkeit setzt voraus, dass die - typischerweise bei ständig wechselnden Arbeitgebern ausgeübten - unständigen Beschäftigungen zeitlich oder wirtschaftlich den Schwerpunkt der Erwerbstätigkeit bilden (vgl B[X.] Urteil vom 28.5.2008 - [X.] KR 13/07 R - juris Rd[X.] 25). Die Tätigkeit als Notärztin im Rettungsdienst stellte jedoch nicht die Haupttätigkeit der Beigeladenen dar, die vielmehr hauptsächlich eine Stelle als Krankenhausärztin innehatte.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 [X.]G iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.

D. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 2 und § 47 Abs 1 GKG.

Meta

B 12 R 10/20 R

19.10.2021

Bundessozialgericht 12. Senat

Urteil

Sachgebiet: R

vorgehend SG Reutlingen, 11. September 2018, Az: S 2 R 3020/16, Urteil

§ 25 Abs 1 S 1 SGB 3, § 27 Abs 3 Nr 1 SGB 3, § 7 Abs 1 SGB 4, § 8 Abs 1 SGB 4, § 23c Abs 2 S 1 Nr 1 SGB 4, § 5 Abs 1 Nr 1 SGB 5, § 121 Abs 2 SGB 5, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB 11

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 19.10.2021, Az. B 12 R 10/20 R (REWIS RS 2021, 1766)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 1766

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 12 KR 29/19 R (Bundessozialgericht)

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit - Notarzt im Rettungsdienst - abhängige Beschäftigung - selbstständige Tätigkeit


B 12 R 9/20 R (Bundessozialgericht)


B 12 R 9/21 R (Bundessozialgericht)

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit - Teilnahme eines Privatarztes an vertragszahnärztlichem Notdienst als sog Pool-Arzt - abhängige …


L 4 BA 3646/18 (Landessozialgericht Baden-Württemberg)


B 12 R 10/18 R (Bundessozialgericht)

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit - tageweise ausgeübte Tätigkeit im ärztlichen Bereitschaftsdienst einer Privatnervenklinik - Abgrenzung - …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.