Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.04.2013, Az. VII ZB 14/12

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 6163

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 14/12

vom

29. April 2013

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
ZPO § 851 Abs. 1, § 857; GmbHG § 51a
Ansprüche nach § 51a GmbHG sind nicht pfändbar.
[X.], Beschluss vom 29. April 2013 -
VII ZB 14/12 -
LG Essen

[X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am
29.
April 2013
durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
[X.], die Richterin [X.], den Richter [X.], den Richter [X.] und den Richter Prof. Dr. Jurgeleit
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss der 7.
Zivilkammer des [X.] vom 21.
Februar
2012 wird zurückgewiesen.
Die Gläubigerin trägt die Kosten des [X.].

Gründe:
I.
Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung wegen einer titulierten Geldforderung.
Auf
Antrag der Gläubigerin hat das
Amtsgericht -
Vollstreckungsgericht
-
einen Beschluss erlassen, mit dem die Geschäftsanteile des
Schuldners an der [X.], der Drittschuldnerin,
sowie weitere
Ansprüche, darunter die [X.] auf Erteilung von Auskunft über die Angelegenheiten der Drittschuldne-rin
und Einsicht in deren
Bücher und Schriften gemäß §
51a GmbHG,
gepfän-det worden sind.

1
2
-
3
-
Der Schuldner hat gegen den genannten Beschluss Erinnerung einge-legt, soweit es um seine
(angeblichen)
Ansprüche gegen die Drittschuldnerin gemäß §
51a GmbHG
geht,
und beantragt, den [X.] insoweit aufzuheben. Das Amtsgericht -
Vollstreckungsgericht
-
hat diese
Erinnerung durch Beschluss zurückgewiesen. Diesen Beschluss hat das Beschwerdege-richt auf die sofortige Beschwerde des Schuldners
aufgehoben und auf dessen Erinnerung auch den [X.] insoweit aufgehoben, als durch die-sen Ansprüche auf Erteilung von Auskunft über die Angelegenheiten der Dritt-schuldnerin und auf Einsichtnahme in deren Bücher und Schriften nach §
51a GmbHG gepfändet worden sind.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Gläubigerin die Wiederherstellung des Beschlusses des Amtsgerichts, mit dem die Erinnerung des Schuldners
zurückgewiesen worden ist.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
1. Das Beschwerdegericht
ist der Auffassung, von der -
nicht angegriffe-nen
-
Pfändung der Geschäftsanteile
würden die Ansprüche aus §
51a GmbHG nicht erfasst. Allein mit der Pfändung eines Geschäftsanteils
rücke der [X.] nicht als Mitberechtigter in das Gesellschaftsverhältnis ein. Durch die Pfän-dung des Geschäftsanteils erlange der Gläubiger weder die Stellung noch sämtliche Rechte eines Gesellschafters. Er könne somit Auskunfts-
und Ein-sichtnahmerechte des Schuldners ebenso wenig ausüben wie dessen Stimm-recht.

3
4
5
6
-
4
-
Die Ansprüche auf Erteilung von Auskünften und auf Einsichtnahme in die Geschäftsbücher seien auch nicht selbständig nach §
857 ZPO pfändbar. Denn von §
857 ZPO würden nur selbständig verwertbare Vermögensrechte erfasst. Entgegen der Rechtsauffassung des Amtsgerichts komme eine Pfän-dung der Rechte aus §
51a GmbHG auch nicht im Wege einer
Hilfspfändung in Betracht. Denn für eine entsprechende Hilfspfändung sei eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich. Der für die Forderungspfändung ausdrücklich geregelte Fall einer Hilfspfändung nach §
836 Abs.
3 Satz
3 ZPO (nunmehr § 836 Abs.
3 Satz
5
ZPO)
sei nicht einschlägig, da dieser keine Auskunfts-
oder Einsicht-nahmerechte des Schuldners zum Gegenstand habe, sondern lediglich eine Verpflichtung des Schuldners normiere, solche Urkunden über die gepfändete Forderung herauszugeben, die sich in seinem Besitz befänden. Eine Hilfspfän-dung von Auskunfts-
oder Einsichtnahmerechten könne auch nicht auf eine analoge Anwendung von §
836 Abs.
3 Satz
3 ZPO (nunmehr §
836 Abs.
3 Satz
5 ZPO)
gestützt werden.
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Die
Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin auf Ertei-lung von Auskunft über deren Angelegenheiten und auf Gestattung der Einsicht in deren
Bücher und Schriften gemäß §
51a GmbHG
sind
nicht zusammen mit der Geschäftsanteilspfändung mitgepfändet.
[X.]) Die mit der Pfändung einer Hauptforderung
verbundene Beschlag-nahme erstreckt sich allerdings grundsätzlich auf alle Nebenrechte, die im Falle einer Abtretung nach §
412, §
401 BGB mit auf den neuen Gläubiger überge-hen; einer gesonderten
Hilfspfändung
bedarf es insoweit nicht (vgl. [X.], [X.] vom 9.
Februar
2012 -
VII
ZB
117/09, NJW-RR 2012, 434 Rn.
12; [X.] vom 18.
Juli
2003 -
IXa
ZB
148/03, NJW-RR 2003, 1555, 1556). Neben 7
8
9
10
-
5
-
den in §
401 BGB ausdrücklich genannten Rechten wird die Vorschrift unter anderem auf solche Hilfsrechte entsprechend angewandt, die zur Durchsetzung des
Hauptrechts erforderlich sind oder deren Trennung dessen Durchsetzung
gefährden würde (vgl. [X.], Beschluss vom 9.
Februar
2012 -
VII
ZB
117/09, NJW-RR 2012, 434 Rn.
14
m.w.N.).
Entsprechendes gilt
bei Pfändungen von anderen
Vermögensrechten im Sinne des §
857 ZPO
(vgl. [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
857 Rn. 5
i.[X.]. Rn.
4).
bb) Um solche Nebenrechte handelt es sich bei den Ansprüchen gemäß §
51a GmbHG nicht. Diese Ansprüche
sind
nicht
pfändbar.
Eine Forderung ist in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfän-dung nur insoweit unterworfen, als sie übertragbar ist (§
851 Abs.
1, §
857 Abs.
1 ZPO). Letzteres
ist bei Ansprüchen nach § 51a GmbHG nicht der Fall. Sie sind Ausfluss der Gesellschafterstellung
(vgl. [X.], Urteil vom 11.
Juli 1988

II
ZR
346/87, NJW 1989, 225, 226; [X.] 1988, 349, 355; Henssler/
Strohn, Gesellschaftsrecht, §
51a GmbHG Rn. 5)
und
können von dieser nicht getrennt werden, so dass die Pfändung des Geschäftsanteils diese Ansprüche nicht erfassen kann (vgl.
MünchKommGmbHG/[X.], §
51a
Rn.
20;
[X.]/
[X.], GmbHG, §
51a Rn.
14). Eine Pfändbarkeit der Ansprüche nach §
51a GmbHG ergibt sich angesichts deren Ausgestaltung auch nicht aus §
857
Abs.
3 ZPO
(vgl. [X.]/[X.], GmbHR 1982, 169, 172; a.M. Heuer, [X.], 405, 411 f.; [X.], [X.] 2000,
187, 213 f.). Nach dieser Vorschrift kann ein [X.] Recht in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfändung insoweit unterworfen werden, als die Ausübung einem anderen überlassen werden kann. Es kann im vorliegenden Zusammenhang
dahinstehen, ob und in welchem Umfang das Informationsrecht nach § 51a GmbHG durch bevollmäch-tigte Dritte
ausgeübt werden kann
(vgl. dazu [X.] 1988, 413, 418
f.; MünchKommGmbHG/[X.], §
51a Rn
19; Karsten Schmidt
in:
[X.], 11
12
-
6
-
GmbHG, 10.
Aufl., §
51a Rn.
14). Das Informationsrecht des GmbH-Gesellschafters ist, vom Sonderfall des §
51a Abs. 2 GmbHG abgesehen, [X.] unbeschränkt; es findet seine Grenze erst bei einer nicht [X.] Wahrnehmung (vgl. [X.], Urteil vom 11.
November
2002

II
ZR
125/02, [X.]Z 152, 339, 344 m.w.N.). Die Kehrseite des
umfassenden sehr weitgehend gestalteten Informationsrechts nach § 51a GmbHG ist als Aus-fluss
der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht eine verstärkte Verschwiegen-heitspflicht des Gesellschafters (vgl. [X.], Urteil vom 11.
November
2002

II
ZR
125/02, [X.]Z 152, 339, 344
m.w.N.). Die Weitergabe von Informationen zu gesellschaftsfremden Zwecken oder an gesellschaftsfremde Dritte ist grund-sätzlich pflichtwidrig, und zwar ohne Rücksicht auf ihren Inhalt und ohne [X.] darauf, welche Zwecke mit der Verbreitung der Kenntnisse verfolgt werden (vgl. [X.], Urteil vom 11. November 2002 -
II ZR 125/02, [X.]Z 152, 339, 344 m.w.N.).
Angesichts dieser Ausgestaltung der Ansprüche des GmbH-Gesellschafters nach §
51a GmbHG ist
eine Pfändbarkeit dieser
Ansprüche nach
§ 857 Abs. 3 ZPO
zu verneinen.
b) Die Ansprüche nach
§ 51a GmbHG
können aus den vorstehend ge-nannten
Gründen auch nicht gesondert gepfändet werden.
c) Die Pfändung der Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldne-rin gemäß § 51a GmbHG kann entgegen der Auffassung der [X.] auch nicht mit Erfolg auf eine entsprechende Anwendung von § 836 Abs.
3
ZPO gestützt werden. Es kann im vorliegenden Zusammenhang
dahinstehen, ob und in welchem Umfang der Schuldner
verpflichtet ist, der
Gläubigerin
ent-sprechend § 836 Abs. 3 ZPO zur Vorbereitung der Verwertung der gepfändeten GmbH-Geschäftsanteile Auskunft zu erteilen (vgl. Karsten
Schmidt in: [X.], GmbHG, 10.
Aufl., §
51a Rn.
14; [X.], Gesellschaftsrecht, §
51a GmbHG Rn.
5; Stöber, Forderungspfändung, 15.
Aufl., Rn.
1620 Fn.
25; vgl. 13
14
-
7
-
ferner [X.]/[X.], GmbHG, § 51a Rn. 18) und auf die Drittschuldnerin bezo-gene Urkunden, die sich in seinem Besitz befinden,
herauszugeben. Aus der
den Schuldner etwa treffenden Verpflichtung entsprechend § 836 Abs. 3 ZPO
gegenüber der Gläubigerin ergibt sich keine Pfändung des Auskunfts-
und Ein-sichtsrechts gemäß § 51a
GmbHG, das dem Schuldner gegen die Drittschuld-nerin zusteht.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.]
[X.]
[X.]

Kartzke

Jurgeleit
Vorinstanzen:
[X.], Beschluss
vom 20.12.2011 -
34 M 3746 -
11
LG
Essen, Beschluss vom 21.02.2012 -
7 T 30/12 -

15

Meta

VII ZB 14/12

29.04.2013

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.04.2013, Az. VII ZB 14/12 (REWIS RS 2013, 6163)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6163

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZB 14/12

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