Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.02.2012, Az. VIII ZR 205/11

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 8901

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 205/11
Verkündet am:

22. Februar 2012

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §§ 307 Bb, [X.], 535
Auch wenn der Mieter die Wohnung bei Mietbeginn mit einem neuen weißen Anstrich übernommen hat, benachteiligt ihn eine [X.] nur dann nicht unangemes-sen, wenn sie ausschließlich für den Zeitpunkt der Rückgabe Geltung beansprucht und dem Mieter noch einen gewissen Spielraum lässt (Bestätigung der Senatsurteile vom 18.
Juni 2008 -
VIII
ZR 224/07, NZM
2008, 605 Rn.
18; vom 22.
Oktober 2008 -
VIII
ZR 283/07, NJW
2009, 62 Rn.
17
f.).

BGH, Urteil vom 22. Februar 2012 -
VIII ZR 205/11 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2012
durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin Dr.
Hessel sowie die Richter Dr.
Achilles, Dr.
Schneider und Dr.
Bünger
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] -
7. Zivilkammer
-
vom 26. Mai 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der [X.] worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin war vom 1. Juli 2005 bis zum 30. September 2008 Mieterin einer Wohnung des Beklagten in [X.]

. Im Mietvertrag sind die Schön-heitsreparaturen formularmäßig auf die Klägerin abgewälzt;
außerdem
ist eine [X.] vereinbart. Zur Ausführung der Schönheitsreparatu-ren heißt es in § 13 Ziffer 3
des Mietvertrags:
"Die Arbeiten müssen in fachmännischer Qualitätsarbeit -
handwerks-gerecht
-
ausgeführt werden. Der Mieter darf ohne Zustimmung des Vermieters bei der Ausführung der Schönheitsreparaturen bei Vertrags-ende nicht von der ursprünglichen Ausführungsart abweichen. Das Holzwerk darf nur weiß gestrichen werden, Naturholz nur transparent oder lasiert. Heizkörper und Heizrohre sind weiß zu streichen. Der [X.]
-
3
-
strich an Decken und Wänden hat in weiß, waschfest nach [X.], zu er-folgen. Die Verwendung anderer Farben bedarf der Genehmigung des Vermieters, ebenso die Anbringung besonderer Wanddekorationen und schwerer Tapeten."
Die Klägerin führte am Ende des Mietverhältnisses Schönheitsreparatu-ren an den Decken und Wänden der Wohnräume durch. Im Hinblick auf die vereinbarte [X.] behielt der Beklagte für anteilige Kosten der Schönheitsreparaturen hinsichtlich der Heizkörper, Innentüren, [X.] sowie des [X.] aus der Kaution einen Betrag in Höhe von 650

. Die Klägerin
ist
der Ansicht, dass die Schönheitsreparaturklauseln wegen unange-messener Benachteiligung unwirksam seien und ihr die Kaution deshalb unge-kürzt auszuzahlen sei; für die von ihr durchgeführten Schönheitsreparaturen schulde der Beklagte Wertersatz in Höhe von 1.036,95

Die Klägerin hat Zahlung von

und
vorgerichtli-cher
Anwaltskosten begehrt. Das Amtsgericht hat der Klage unter Abweisung

nebst Zinsen
stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] das Urteil des Amtsgerichts unter Zurückwei-sung der weitergehenden Berufung dahin abgeändert, dass der Beklagte zur nebst Zinsen verurteilt ist. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter.

2
3
-
4
-
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Wertersatz der von ihr durchgeführ-ten Schönheitsreparaturen nicht zu, weil die in §
13
des Mietvertrags vorgese-hene
Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf die Mieterin wirksam sei und die Klägerin diese Leistungen deshalb mit Rechtsgrund erbracht habe. Die for-mularmäßige Vorgabe, dass die Wohnung bei Rückgabe weiß gestrichen sein müsse, benachteilige die Klägerin nicht unangemessen, weil sie die Wohnung in diesem Zustand übernommen habe. Entscheidend sei, dass der Beklagte der Klägerin die Wohnung bei Beginn des Mietverhältnisses mit einem weißen Neuanstrich übergeben und damit zu erkennen gegeben habe, welchen [X.] er bei der Neuvermietung für angemessen halte und welchen Zustand er bei der Rückgabe vorzufinden wünsche. Das Interesse des Mieters an einer dezent farblichen Gestaltung sei dadurch ausreichend gewahrt, dass er sie verwirklichen könne, wenn der Vermieter zustimme.
Der Klägerin stehe aber ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 261,24

Unrecht einbehalten habe. Für die Abnutzung der Dekoration an Türen,
Türzar-gen,
Heizkörpern
und [X.]raum könne der Beklagte aufgrund der [X.] nur einen Betrag von 388,69

as
Renovie-rungsintervall, das
der Berechnung des [X.] zu Grunde zu le-4
5
6
7
-
5
-
gen sei, betrage wegen der geringen Abnutzung während der Mietzeit der Klä-gerin 14 Jahre.

II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Die
Schönheitsreparaturen sind im Hinblick auf die vom [X.] verwendete (unzulässige)
[X.] nicht wirksam auf die Kläge-rin übertragen, so dass dem Beklagten anteilige Schönheitsreparaturkosten nicht zustehen und ein Anspruch der Klägerin auf Wertersatz für die am [X.] teilweise ausgeführten Schönheitsreparaturen nicht mit der vom Be-rufungsgericht gegebenen Begründung verneint werden kann.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats benachteiligt eine [X.] den Mieter (nur) dann nicht unangemessen, wenn sie aus-schließlich für den Zeitpunkt der Rückgabe Geltung beansprucht und dem [X.] noch einen gewissen Spielraum lässt (Senatsurteile vom 18. Juni 2008 -
VIII
ZR 224/07, [X.], 605 Rn. 18; vom 22. Oktober 2008 -
VIII
ZR 283/07, [X.], 62 Rn.
17 f.; Senatsbeschlüsse vom
14. Dezember 2010 -
VIII
ZR 198/10, [X.], 96
Rn. 1 sowie [X.], WuM
2011, 212
Rn.
1).
2. Die hier vereinbarte [X.] wird diesen Voraussetzungen nicht gerecht. Sie gibt dem Mieter -
auch für Schönheitsreparaturen während der Mietzeit
-
einen weißen Anstrich von Decken und Wänden vor und schränkt die Gestaltungsfreiheit des Mieters dadurch in einer Weise ein, die nicht durch berechtigte Interessen des Vermieters gerechtfertigt ist und den Mieter deshalb unangemessen benachteiligt.

8
9
10
-
6
-
a) Es kann dahinstehen, ob die Regelung in
§
13
Ziffer
3 Satz 2, der für die bei Vertragsende auszuführenden Arbeiten die ursprüngliche Ausführungs-art vorgibt, so ausgelegt werden kann,
dass auch die in § 13 Ziffer 3 Satz 5
des Mietvertrags enthaltene Verpflichtung, den Anstrich von Decken und Wänden
weiß auszuführen, nur für bei Vertragsende durchzuführende [X.] gilt.
Denn eine Auslegung der Klausel dahin, dass die Farbvorgabe "weiß"
-
ebenso wie die in § 13 Ziffer 3 Satz 1 geregelte Vorgabe einer handwerksge-rechten Qualität der auszuführenden Arbeit
-
auch für die während der Mietzeit erforderlichen Schönheitsreparaturen gilt, ist zumindest möglich und deshalb nach dem Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung (§ 305c Abs.
2 BGB) zugrunde zu legen.
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spielt es für die Beur-teilung der [X.] keine Rolle, dass die Klägerin die Wohnung zu [X.] mit einem neuen weißen Anstrich übernommen [X.]. Denn der Vermieter hat grundsätzlich kein berechtigtes Interesse daran, dem Mieter während der Mietzeit eine bestimmte Dekorationsweise vorzu-schreiben oder den Gestaltungsspielraum des Mieters auch nur einzuengen. Das berechtigte Interesse des Vermieters beschränkt sich
vielmehr darauf, die Wohnung am Ende der Mietzeit in einer Dekoration zurückzuerhalten, die von möglichst vielen Interessenten akzeptiert wird und somit einer baldigen [X.] nicht entgegensteht
(Senatsbeschlüsse vom 14. Dezember 2010 -
VIII
ZR 218/10,
aaO Rn.
3 sowie [X.], aaO
Rn.
3).
Diesem Interes-se kann der Vermieter jedoch -
wie ausgeführt
-
mit einer Klausel Rechnung tragen, die nur für den Zeitpunkt der Rückgabe Geltung beansprucht und dem Mieter noch einen gewissen Spielraum lässt.

Schließlich rechtfertigt auch die in der Klausel vorgesehene Möglichkeit, im Einzelfall die Erlaubnis des Vermieters zu einer Dekoration in abweichender 11
12
13
-
7
-
Farbe einzuholen, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keine [X.] Bewertung; mangels eines sachlich gerechtfertigten Interesses des [X.], auf die Dekorationsweise während der laufenden Mietzeit Einfluss zu nehmen, braucht sich der Mieter hierauf von vornherein nicht verweisen zu [X.] (vgl. Senatsurteil vom 28.
März 2007 -
VIII
ZR 199/06, [X.], 1743 Rn.
10).
c) Rechtsfolge der unangemessenen Einengung des Mieters in der Art der Ausführung von Schönheitsreparaturen ist die Unwirksamkeit der Abwäl-zung der Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen schlechthin (Senats-urteil vom 18. Juni 2008 -
VIII
ZR 224/07, aaO Rn. 20).

III.
Das Urteil des Berufungsgerichts
kann deshalb keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Kläge-rin entschieden hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentschei-dung reif, weil das Berufungsgericht -
vor dem Hintergrund der von ihm vertre-tenen Rechtsauffassung folgerichtig
-
keine Feststellungen zum Wert der von der Klägerin ohne Rechtsgrund erbrachten Schönheitsreparaturen
getroffen

14
15
-
8
-

hat. Die Sache ist daher im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

Ball

Dr. Hessel

Dr. Achilles

Dr. Schneider

Dr. Bünger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.09.2010 -
312 C 825/09 -

LG [X.], Entscheidung vom 26.05.2011 -
7 S 3821/10 -

Meta

VIII ZR 205/11

22.02.2012

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.02.2012, Az. VIII ZR 205/11 (REWIS RS 2012, 8901)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8901

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VIII ZR 205/11 (Bundesgerichtshof)

Wohnraummiete: Wirksamkeit einer Farbwahlklausel


VIII ZR 224/07 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 50/09 (Bundesgerichtshof)

Wohnraummiete: Wirksamkeit einer Schönheitsreparaturklausel bei Festlegung der Farbwahl für Fenster und Türen


VIII ZR 50/09 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 47/11 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

VIII ZR 205/11

VIII ZR 218/10

VIII ZR 198/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.