Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2005, Az. 3 StR 5/05

3. Strafsenat | REWIS RS 2005, 4515

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[X.] vom 15. März 2005 in der Strafsache gegen

wegen Beihilfe zum Totschlag u. a.
- 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 15. März 2005 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 19. Dezember 2003, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.
Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Totschlag durch Unterlassen in Tateinheit mit Freiheitsberaubung mit Todesfolge und gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das hiergegen gerichtete Rechtsmittel des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg. Die Revisionen des wegen Totschlags verurteilten [X.], des gesondert verfolgten S.

und der vier - jeweils wegen Totschlags in Tateinheit mit Freiheitsberaubung mit Todesfolge verur-teilten - Mitangeklagten hat der [X.] durch Beschluß vom heutigen Tage [X.]. [X.] Nach den Feststellungen hatte der Heroinhändler

S. Streit mit einem seiner Abnehmer, dem späteren Tatopfer

[X.]. Er kam mit - 3 - den übrigen Tatbeteiligten überein, diesen an einen geeigneten Ort zu entfüh-ren und zu verprügeln. Der Geschädigte wurde gefesselt, an einen Waldteich verbracht und dort geschlagen. Danach entschloß sich

S. zur Tötung seines Widersachers. Er warf ihn mit Hilfe eines anderen in den flachen Teich und forderte die Anwesenden auf, W.

mit Dachziegeln zu [X.]. Die meisten von ihnen kamen dem nach, wobei sie dessen Tod billi-gend in Kauf nahmen. Dieser trat entweder als Folge der Steinigung oder des anschließenden Vergrabens des in [X.] Zustand aus dem Wasser geholten Opfers ein.
Der Angeklagte [X.]hat sich nur am ersten Teil des Geschehens ([X.] zur Erteilung einer "Lektion"), nicht aber an dem später zum Tod des Opfers führenden Geschehen (ins Wasser werfen, Steinigung und Vergra-ben) aktiv beteiligt. Er hat sich dahin eingelassen, im nahen Wald beim Austre-ten gewesen und erst an den Teich zurückgekehrt zu sein, als

[X.]bereits tot im Wasser gelegen habe.
Die [X.] hat ihn gleichwohl neben Freiheitsberaubung mit Todesfolge und gefährlicher Körperverletzung auch wegen Beihilfe zum [X.] durch Unterlassen verurteilt, weil das Austreten nur kurze [X.] gedauert haben könne und er zu einem [X.]punkt zurückgekehrt sei, als das Opfer sich noch im Wasser bewegt habe; in dieser Situation hätte er ihn aus dem Wasser holen und retten müssen. I[X.] - 4 - [X.] hält rechtlicher Nach-prüfung nicht stand. Dabei kann offenbleiben, ob es dem Angeklagten [X.]

in einer solchen Situation möglich und zumutbar gewesen wäre, [X.] der übrigen Beteiligten Einhalt zu gebieten und [X.]zu retten, da jedenfalls die Annahme des [X.], der Angeklagte [X.] sei zu einem [X.]punkt an den Teich zurückgekehrt, als [X.]sich noch im Wasser bewegte, nicht auf einer ausreichenden Tatsa-chengrundlage beruht.
Die [X.] hat dazu ausgeführt, daß einerseits das - zeitlich nicht einordenbare - "Austreten" nicht länger als ein bis zwei Minuten gedauert haben könne, aber andererseits der [X.]raum vom Holen des Opfers aus dem PKW, Verprügeln, Heroin verteilen und konsumieren, ins Wasser werfen und dem Bewerfen mit ca. 25 Dachziegeln deutlich mehr als ein bis zwei Minuten beansprucht habe ([X.]).
Es ist bereits nicht ausreichend dargelegt, weshalb das "Austreten" beim Aufsuchen eines Waldstücks in 20 bis 30 Meter Entfernung in höchstens zwei Minuten beendet war. Jedenfalls durfte aber das [X.] nicht aus einem Vergleich dieser [X.]spanne mit der [X.]dauer vom Beginn bis zum Ende des Gesamtgeschehens (Holen aus dem PKW bis zum letzten Ziegelwurf) den Schluß ziehen, der Angeklagte [X.] habe das Opfer noch rechtzeitig retten können. Denn ein Anlaß zum Eingreifen, um der aus seiner Sicht einge-tretenen Eskalation entgegenzutreten, bestand erst ab dem [X.]punkt, zu dem

[X.] in das Wasser verbracht worden war und das Werfen von Ziegeln begonnen hatte. Weiterhin bestand für ihn allenfalls so lange eine er-kennbare Chance, den Geschädigten zu retten, als dieser sich noch bewegte. - 5 - Dieser maßgebliche [X.]raum wurde indes nicht festgestellt. Nur wenn diese [X.]spanne deutlich länger als die des "Austretens" gewesen wäre, hätte die [X.] davon ausgehen dürfen, daß der Angeklagte zu einem [X.]-punkt am Teich anwesend war, zu dem das sich noch bewegende Tatopfer be-worfen worden ist.
Dabei sind auch die weiteren Erwägungen des [X.] nicht aus-sagekräftig:
Soweit es darauf abstellt, das Werfen von 25 Dachziegeln hätte einen "längeren [X.]raum" beansprucht ([X.]), läßt es außer [X.], daß auch dann noch geworfen wurde, als das Opfer bereits "regungslos auf dem Wasser trieb" ([X.]). Daraus ergibt sich, daß es bereits vor dem Ende des Werfens kein Lebenszeichen mehr von sich gab, was den maßgeblichen [X.]raum [X.] verkürzt. Im übrigen ist das Argument auch deswegen wenig ergiebig, da bei insgesamt sieben Beteiligten jeder durchschnittlich weniger als vier Ziegel geworfen hatte.
Soweit die [X.] aus dem Umstand, daß der Mitangeklagte B. ebenfalls zum "Austreten" weggegangen war, aber dann das Werfen der Ziegel beobachtet hat, folgert, daß auch der Angeklagte [X.] recht-zeitig zurückgewesen sein müsse, ist dies nicht überzeugend. Denn sie konnte nicht feststellen, daß beide im gleichen [X.]raum zum "Austreten" gegangen waren. II[X.] - 6 - Diese Mängel der Beweiswürdigung führen zur Aufhebung des Schuld-spruchs insgesamt, da die an sich rechtsfehlerfrei festgestellten Tatbestände der Freiheitsberaubung mit Todesfolge und der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit abgeurteilt worden sind ([X.] in [X.]. § 353 Rdn. 12 m. w. N.). Der [X.] kann den Schuldspruch auch nicht auf diese verbleiben-den Delikte umstellen, da nicht ausgeschlossen werden kann, daß in einer neuerlichen Hauptverhandlung andere Feststellungen zur Tatbeteiligung des Angeklagten [X.] getroffen werden können. [X.]RiBGH Dr. [X.] ist urlaubs- Winkler

bedingt an der Unterzeichnung

gehindert.

Tolksdorf

Becker

Hubert

Meta

3 StR 5/05

15.03.2005

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2005, Az. 3 StR 5/05 (REWIS RS 2005, 4515)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4515

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