Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.10.2018, Az. 30 W (pat) 51/17

30. Senat | REWIS RS 2018, 2713

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Vanilla" – Freihaltungsbedürfnis - Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2016 018 555.0

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 18. Oktober 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Prof. Dr. Hacker sowie der [X.] [X.] und Dr. Meiser

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 2 des [X.] vom 2. November 2016 und vom 19. Oktober 2017 insoweit aufgehoben, als darin die Anmeldung für die Ware

zurückgewiesen worden ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

2

[X.]

3

ist am 28. Juni 2016 u .a. für die Waren

4

Klasse 02: Anstrichmittel; Farben; Firnisse; Lacke; Grundierungsmittel als Anstrichfarbe; Färbemittel; Beizen, insbesondere Beizen für Holz; Beschichtungsmittel aus Kunststoff als Paste und flüssig für Oberflächen aus Holz und Metall zum Schutz gegen Feuchtigkeit; streichfähige Makulatur

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Klasse 03: Wasch-, Putz-, Polier- und Schleifmittel für das Maler- und Stuckateurhandwerk;

6

Klasse 19: Baumaterialien [nicht aus Metall, soweit in Klasse 19 enthalten]; Fassadenmörtel; Verputzmittel; Edelputz; Streichputz; Fertigmörtel; [X.]; Estrich; Spachtelmassen [soweit in Klasse 19 enthalten] für [X.]; Asphalt und Bitumen“

7

zur Eintragung als Wortmarke in das beim [X.] geführte Register angemeldet worden.

8

Die Markenstelle für Klasse 2 des [X.]s hat die Anmeldung wegen absoluter Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] beanstandet und sodann mit Beschlüssen vom 2. November 2016 und vom 19. Oktober 2017, wobei letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, teilweise, nämlich für die o.g. Waren wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) zurückgewiesen.

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Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass das Anmeldezeichen von den angesprochenen breiten Verkehrskreisen sowie Fachkreisen aus dem Malergewerbe, privaten Bauherren und Heimwerkern als beschreibender Hinweis auf Art, Farbton und Beschaffenheit der in Frage stehenden Waren verstanden werde, nämlich dass sie vanillefarben seien oder der Herstellung vanillefarbener Teile dienen könnten. Soweit [X.] auch ein Gewürz und eine Geschmacksrichtung bezeichne, läge ein solches Verständnis in Zusammenhang mit den vorliegend maßgeblichen Waren fern.

Zudem werde jedenfalls der Begriff „Vanille“ bereits für Farben im Wohnbereich verwendet, und zwar nicht nur von der Anmelderin, so dass dieser Begriff vom Verkehr nicht mit einem bestimmten Unternehmen, etwa dem der Anmelderin, in Verbindung gebracht würde.

[X.] unmittelbar mit „Vanille“ oder „vanillefarben“ gleichsetzen werde.

Der Begriff „Vanille“ bezeichne zudem eine Orchideenart, deren (Vanille)Schoten als Gewürz verwendet würden. Der Verkehr verbinde mit „Vanille“ daher keine Farbe, sondern lediglich eine Geschmacksrichtung, die die Eigenschaften der in Rede stehenden chemischen Mittel und Baumaterialien jedoch nicht beschreiben könne.

Dementsprechend seien weder „Vanille“ noch das angemeldete Zeichen „[X.]“ als Farbangabe verwendet worden. „Vanille“ und „[X.]“ bezeichneten zudem auch keinen konkreten Farbton; vielmehr ergebe eine Internetrecherche dazu ein Potpourri unterschiedlichster Farbtöne. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der von der Markenstelle dazu durchgeführten Recherche, da es den Belegen an einem nachprüfbaren Veröffentlichungsdatum fehle, die Recherche daher keine Aussage zu dem vorliegend allein maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung treffen könne.

[X.] selbst für solche Waren eingetragen worden, bei denen Geschmack oder Geruch, für die [X.] beschreibend sei, im Vordergrund stünden. Zudem habe auch das [X.] eine identische Anmeldung unbeanstandet eingetragen.

Da der Verkehr dem angemeldeten Zeichen keinen unmittelbar beschreibenden Begriffsinhalt entnehmen könne, fehle es auch an einem Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 2 des [X.]es vom 2. November 2016 und vom 19. Oktober 2017 insoweit aufzuheben, als die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.

[X.] übersandt. Die Anmelderin hat mit [X.] vom 1. Oktober 2018 beantragt, den Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2018, welcher auf den von ihr hilfsweise gestellten Antrag anberaumt worden war, aufzuheben und im schriftlichen Verfahren zu entscheiden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache in Bezug auf die beanspruchte Ware

1. Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge und der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Der Zweck dieser Vorschrift besteht vor allem darin, beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspricht, wobei bereits die potentielle Beeinträchtigung der wettbewerbsrechtlichen Grundfreiheiten ausreichen kann (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, [X.], 12. Aufl., § 8 Rn. 362). Es genügt also, wenn das angemeldete Zeichen in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als beschreibende Angabe geeignet ist (vgl. [X.] GRUR 1999, 723 Nr. 30, 31 – [X.]; GRUR 2004, 674 Nr. 56 – Postkantoor; Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 8 Rn. 377 m. w. N.). Für die Eignung als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der Waren als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. [X.] GRUR 1999, 723 Nr. 29 – [X.]; GRUR 2006, 411 Nr. 24 – Matratzen Concord/[X.]; Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 8 Rn. 392, 393).

Ist die Eignung der angemeldeten Marke für die Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen festgestellt, setzt das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] keinen weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweis voraus, dass und in welchem Umfang sie als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird; vielmehr reicht aus, dass sie zu diesem Zweck verwendet werden kann (st. Rspr., vgl z. B. [X.] GRUR 1999, 723, Nr. 30–

2. Das angemeldete Zeichen [X.] besteht nach diesen Maßstäben in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren

ausschließlich aus einer Angabe, die die Beschaffenheit und die Bestimmung der beanspruchten Waren beschreibt. Die Mitbewerber der Anmelderin haben deshalb ein berechtigtes Interesse an der freien ungehinderten Verwendung dieser Angabe.

a) Bei diesen Waren handelt es sich um solche, die auf Verbraucherseite breite Verkehrskreise aus dem Bereich Heimwerker und Maler und in diesen Bereichen tätige Fachkreise ansprechen.

b) Diesen Verkehrskreise werden das Wort [X.] (englisch für „Vanille“) jedenfalls in Bezug auf die Waren

ohne weiteres im Sinne einer Farbangabe verstehen und daher sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen der Marke und den beanspruchten Waren herstellen können (vgl. [X.] GRUR 2010, 534, Nr. 29 –

[X.] auch bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung durch Mitbewerber der Anmelderin zur Bezeichnung einer (vanillefarbenen) „Trendfarbe“ verwendet wurde und aktuell noch wird, wobei diese Verwendung gerade auch für den hier maßgeblich betroffenen Warensektor der Farben und Lacke nachweisbar ist. Verwiesen werden kann etwa auf die Fundstelle https://www.hornbach.de /shop/[X.]-5-l/.../artikel.html (6. Mai 2014), auf der das Produkt „Wandfarbe StyleColor vanilla 2,5 l“ angeboten wird; ferner auf Internetseite „https://

c) Farbangaben sind zur Beschreibung von Waren geeignet, soweit die betreffende Farbe oder Farbwirkung ein wesentliches Produktmerkmal darstellt (vgl. etwa [X.], 24 W (pat) 160/02 – [X.]; 24 W (pat) 315/03 – [X.] [X.]; 28 W (pat) 120/10 – [X.]) oder die Farbangabe Auskunft über die Bestimmung der Ware gibt (siehe m. w. Nachw. a. d. Rspr.: Ströbele/Hacker/ Thiering, a. a. O., § 8 Rn. 544). Dies ist in Bezug auf die vorgenannten Waren der Fall.

[X.] beschreibt insoweit sowohl ein wesentliches Beschaffenheitsmerkmal als auch den [X.] (Farbwirkung) der genannten Waren unmittelbar.

[X.] auch in Bezug auf diese Waren ohne jegliche gedankliche Zwischenschritte lediglich den Hinweis sehen, dass die genannten Baumaterialen einen entsprechenden Farbton aufweisen bzw. dazu bestimmt sind, eine entsprechende Farbwirkung herbeizuführen. [X.] beschreibt daher auch insoweit wesentliche Merkmale der fraglichen Waren unzweideutig und unmittelbar. Dies gilt auch in Bezug auf die zu Klasse 03 beschwerdegegenständlichen

d) Somit wird die Bezeichnung [X.] in Bezug auf diese Waren von den angesprochenen Verkehrskreisen problemlos und ohne jegliche gedankliche Zwischenschritte in ihrem beschreibenden Sinngehalt (als Hinweis auf eine Trendfarbe) verstanden werden, was das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] begründet.

[X.] bezeichneten (Trend)farben in ihrer Farbwirkung unterschiedlich ausfallen; maßgebend ist allein, dass der Verkehr diesen Begriff in Zusammenhang mit den vorgenannten Waren aus den vorgenannten Gründen mit einer Farbangabe verbindet.

[X.] bzw. Vanille für ein Gewürz und damit für einen entsprechenden Geschmack und Geruch stehe, dringt sie hiermit ebenfalls nicht durch. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren wird der Verkehr [X.] auf Anhieb und ausschließlich im dargelegten Sinne verstehen. Im Übrigen ist ein Zeichen bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es auch nur in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der konkret in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl. [X.] [X.] 2003, 450 – [X.]; [X.] [X.] 2004, 111, 115 – [X.]/Campina Melkunie).

e) Was die weiteren zu Klasse 03 beschwerdegegenständlichen Waren [X.] aufweisen; Farbe und Farbwirkung stehen jedoch bei diesen Produkten nicht so im Vordergrund wie z. B. deren Duft und Geruch. Da [X.] in seiner Bedeutung „Vanille“ jedoch – wie auch die Anmelderin auf Seite 5 ihrer Beschwerdebegründung vom 11. Mai 2018 geltend macht ([X.]. 23 d. A.) – als Gewürz insbesondere auch für einen charakteristischen Geschmack und Duft bekannt ist, beschreibt [X.] in Zusammenhang mit diesen Waren neben deren Farbton vor allem auch deren Duft bzw. Geruch und damit ebenfalls ein wesentliches Beschaffenheitsmerkmal der genannten Waren unmittelbar.

3. Die Anmelderin kann sich zur Ausräumung des [X.] auch nicht auf eine ihrer Meinung nach abweichende Eintragungspraxis z. B. des [X.] berufen. Nach übereinstimmender höchstrichterlicher Rechtsprechung lässt sich aus Voreintragungen ähnlicher oder übereinstimmender Marken unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 GG) grundsätzlich kein Eintragungsanspruch für spätere Markenanmeldungen herleiten, da es sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt (vgl. [X.] GRUR 2009, 667 (Nr. 18) – Bild.t.-Online.de m. w. N.; [X.], 276, Nr. 18 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V. m. w. N.; [X.], 230 – [X.]; BGH [X.] 2011, 66 – Freizeit Rätsel Woche).

4. Die angemeldete Marke ist damit nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] hinsichtlich der vorgenannten beschwerdegegenständlichen Waren von der Eintragung ausgeschlossen, so dass die Beschwerde insoweit zurückzuweisen war.

5. In Bezug auf die im Tenor genannten [X.] daher insoweit auch kein wesentliches Beschaffenheitsmerkmal dieser Waren bezeichnet.

Meta

30 W (pat) 51/17

18.10.2018

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.10.2018, Az. 30 W (pat) 51/17 (REWIS RS 2018, 2713)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 2713

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