Bundessozialgericht, Urteil vom 23.05.2013, Az. B 4 AS 79/12 R

4. Senat | REWIS RS 2013, 5600

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Arbeitslosengeld II - Sonderbedarf - Wohnungserstausstattung - Erstattung der Kosten für die Anschaffung eines Jugendbettes im Austausch für ein Kinderbett - sozialgerichtliches Verfahren - statthafte Klageart - kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage


Leitsatz

Die erstmalige Ausstattung eines Kleinkinds mit einem Jugendbett - anstelle eines Kinderbetts - ist eine dem Grunde nach angemessene Erstausstattung für Wohnung.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 13. September 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

[X.] steht die Erstattung der Kosten für die Anschaffung eines Bettes plus Lattenrost für ein knapp dreieinhalbjähriges Kind als Leistungen für Erstausstattung nach dem [X.]

2

Der im Mai 2007 geborene Kläger lebt mit seiner Mutter zusammen. Sie erhalten laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] Im Oktober 2010 beantragte er die Übernahme der Kosten ua für ein Bett und einen Lattenrost als Erstausstattung iS des § 23 Abs 3 S 1 [X.], weil er für das vorhandene Kinderbett zu lang geworden sei. Durch Bescheid vom 3.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2010 lehnte der Beklagte dies ab. Die Mutter des [X.] erwarb im Februar 2012 ein Bett mit Lattenrost zu einem Preis von 272,25 Euro für den Kläger.

3

Vor dem [X.] ist der Kläger erfolglos geblieben (Urteil vom 13.1.2012). Das L[X.] hat die Berufung des [X.] hiergegen durch Urteil vom [X.] zurückgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger keinen Kostenerstattungsanspruch für Bett und Lattenrost habe. § 23 [X.]B II sei bedarfsbezogen auszulegen. So könne zwar auch ein bereits gedeckter Bedarf durch außergewöhnliche Umstände erneut entstehen. Dieser neue Bedarf sei jedoch vom Erhaltungs-, Ergänzungs- oder Ersatzbeschaffungsbedarf abzugrenzen, der durch die Regelleistung zu decken sei. Bei dem angeschafften Bett handele es sich um eine Ersatzbeschaffung, denn es sei bereits ein Bett für den Kläger im Haushalt der Mutter vorhanden. Das neue Bett habe grundsätzlich dieselbe Funktion wie das nicht mehr passende Gitterbett - beides diene zum Schlafen. Lediglich wegen des Wachsens des [X.] sei der Bedarf nach einem neuen Bett entstanden. Insoweit sei die Rechtslage der bei Kinderkleidung vergleichbar, die nach der Rechtsprechung des B[X.] (Urteil vom [X.] - B 14 AS 81/08 R - [X.] 4-4200 § 20 [X.] 8) auch nur bei der erstmaligen Anschaffung für einen Säugling, der noch keine Kleidung gehabt habe, einen Sonderbedarf iS des § 23 Abs 3 [X.]B II darstelle. Wegen des Wachstums der Kinder benötigte größere Bekleidungsstücke seien aus der Regelleistung zu finanzieren. Ein Anspruch auf die Kostenerstattung sei auch nicht aus Verfassungsrecht herzuleiten.

4

Der Kläger rügt mit der vom L[X.] zugelassenen Revision eine Verletzung von § 23 Abs 3 S 1 [X.] 1 [X.] Er macht geltend, dass er nicht über ein seinem Bedarf entsprechendes Bett verfüge. Der Bedarf könne auch nicht aus der Regelleistung gedeckt werden, denn dort seien 5,10 Euro monatlich für Möbel und Einrichtungsgegenstände eingestellt. Den geltend gemachten Erstattungsbetrag habe der Kläger damit bis zur Antragstellung nicht ansparen können. Möbel seien anders als Kinderkleidung nicht dem Verschleiß unterworfen. So sei auch hier der Bedarf nicht durch Verschleiß entstanden, sondern weil das Gitterbett nicht mehr nutzbar sei. Ein Jugendbett sei im Haushalt jedoch noch nicht vorhanden. Die Funktion von Kinder- und Jugendbett sei zudem nicht identisch. Das Kinderbett in der Gestalt des Gitterbettes sei auf die spezifischen Bedürfnisse des Kindes/Säuglings zugeschnitten. Ebenso wenig sei die Entscheidung des B[X.] zur Kinderkleidung auf den [X.] für ein Jugendbett zu übertragen. Anders als bei der Kinderkleidung handele es sich bei dem Jugendbett nicht um einen kindspezifischen Bedarf, der zudem nicht laufend neu entstehe.

5

Der Kläger beantragt,
die Urteile des [X.] vom 13. September 2012 und des [X.] vom 13. Januar 2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 3. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 272,25 Euro zu zahlen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die Ausführungen in der Entscheidung des L[X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist im Sinne der Zurückverweisung begründet.

9

Der [X.] konnte anhand der Feststellungen des [X.] nicht abschließend darüber befinden, ob der Kläger einen Anspruch auf die Erstattung seiner Aufwendungen für das selbst beschaffte [X.] mit Lattenrost in Höhe von 272,25 Euro hat. Der Beklagte hat die Bewilligung von Leistungen hierfür zwar rechtswidrig versagt. Bei der erstmaligen Beschaffung eines "[X.]es" - nachdem das Kind dem "Kinderbett" entwachsen ist - handelt es sich um eine Erstausstattung für die Wohnung iS von § 23 Abs 3 S 1 [X.], die auch dem Grunde nach angemessen ist. Es mangelt jedoch an Feststellungen des [X.], um eine abschließende Beurteilung der Angemessenheit der Höhe des Erstattungsanspruchs vornehmen zu können.

1. Streitgegenstand ist allein der vom Beklagten durch Bescheid vom 3.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.12.2010 abgelehnte Anspruch des [X.] auf Leistungen für Erstausstattung nach § 23 Abs 3 S 1 [X.] in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom [X.] ([X.] 1706). Hierbei handelt es sich um einen eigenständigen, abtrennbaren Streitgegenstand, über den isoliert und unabhängig von den übrigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts entschieden werden kann (vgl BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - [X.], 268 = [X.]-4200 § 23 [X.], Rd[X.]; BSG vom [X.] - [X.] AS 77/08 R - [X.]-4200 § 23 [X.], Rd[X.] 9; BSG vom 13.4.2011 - B 14 [X.]/10 R - [X.]-4200 § 23 [X.], Rd[X.] 9; BSG vom 27.9.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.]-4200 § 23 [X.], Rd[X.] 11).

2. Der Kläger verfolgt sein Begehren zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG). Zwar ist bei Streitigkeiten um eine Wohnungserstausstattung regelmäßig die [X.] (§ 54 Abs 1 S 1 SGG) die statthafte Klageart, weil der Leistungsberechtigte einen gebundenen Rechtsanspruch nur im Hinblick auf das "Ob" und nicht jedoch auch auf das "Wie" der Leistungserbringung nach § 23 Abs 3 [X.] hat. Es steht regelmäßig im pflichtgemäßen [X.] des [X.], ob er die Leistung als Sachleistung oder als (gegebenenfalls pauschalierte) Geldleistung erbringt und in welcher Höhe er diesen Anspruch erfüllt (vgl BSG vom [X.] - [X.] AS 77/08 R - [X.]-4200 § 23 [X.], Rd[X.] 10; BSG vom 20.8.2009 - B 14 [X.]/08 R - [X.]-4200 § 23 [X.], Rd[X.] 19). [X.] sich jedoch der Hilfebedürftige die im Streit stehenden Gegenstände endgültig selbst, wie es hier nach den Feststellungen der Vorinstanz der Fall war, besteht für die gerichtliche Klärung eines Sachleistungsanspruchs iS des § 23 Abs 3 [X.] (also etwa die Überlassung eines [X.]es aus eigenen Beständen des [X.] oder durch Gutscheine für bestimmte [X.]) regelmäßig kein Rechtsschutzinteresse mehr. Das Begehren des [X.] richtet sich ausschließlich auf eine Geldleistung, die allein im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage zu verfolgen ist (BSG vom [X.] [X.]/09 R - Rd[X.]).

3. Nach den bindenden der Feststellungen des [X.] erfüllt der Kläger die Voraussetzungen für den Leistungsanspruch nach § 7 [X.]. Er ist leistungsberechtigt nach § 7 Abs 2 [X.] in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des [X.] und anderer Gesetze vom [X.] ([X.] 558). Danach erhalten Leistungen auch Personen, die mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Die Mutter des [X.] ist eine erwerbsfähige Hilfebedürftige iS des § 7 Abs 1 S 1 [X.] Ihrem Haushalt gehört der Kläger an (Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 [X.] [X.]), woraus sich dessen Berechtigung auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Sozialgeld nach § 7 Abs 2 und § 28 Abs 1 [X.] in der Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung arbeitsmarktpolitischer Instrumente vom [X.], [X.] 2917) ableitet.

4. Der Kläger hat auch dem Grunde nach Anspruch auf Erstausstattung in Gestalt eines [X.]es mit Lattenrost nach § 23 Abs 3 S 1 [X.]. Danach sind Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten nicht von der Regelleistung umfasst. Sie werden gesondert erbracht (§ 23 Abs 3 S 2 [X.]). Die Bewilligung einer Leistung nach § 23 Abs 3 S 1 [X.] dem Grunde nach setzt dabei zweierlei voraus: die Ausstattung mit dem begehrten Gegenstand muss eine erstmalige Ausstattung (a.) und der Gegenstand selbst muss dem Grunde nach angemessen sein (b.).

a) Um eine Erstausstattung für Wohnung im Sinne dieser Vorschrift handelt es sich dann, wenn ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der nicht bereits durch vorhandene Möbel und andere Einrichtungsgegenstände gedeckt ist. Der Anspruch ist insoweit bedarfsbezogen zu verstehen (BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - [X.], 268 = [X.]-4200 § 23 [X.], Rd[X.] 19; BSG vom 27.9.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.]-4200 § 23 [X.], Rd[X.] 16). In Abgrenzung zu einem Erhaltungs- und Ergänzungsbedarf, der aus der Regelleistung zu bestreiten ist, kommt eine Wohnungserstausstattung allerdings auch bei einem erneuten Bedarfsanfall in Betracht, wenn der Hilfebedürftige nachweist, dass er - regelmäßig im Zusammenhang mit besonderen Ereignissen - über die nunmehr notwendigen Ausstattungsgegenstände bisher nicht oder nicht mehr verfügt. Von den in den Gesetzesmaterialien beispielhaft genannten Bedarfen für eine Wohnungserstausstattung, zB nach einem Wohnungsbrand oder bei Erstanmietung nach einer Haft (BT-Drucks 15/1514, [X.] zum gleichlautenden § 32 Abs 1 SGB XII), steht jedenfalls der Wohnungsbrand für Konstellationen, bei denen - nach dem Willen des Gesetzgebers - Leistungen nach § 23 Abs 3 S 1 [X.] für einen erneuten Bedarfsanfall im Sinne einer Ersatzbeschaffung als "Wohnungserstausstattung" gewährt werden können. Entsprechend hat der [X.] bereits entschieden, dass der erstmaligen Ausstattung einer Wohnung wertungsmäßig diejenigen Fälle einer Ersatzbeschaffung gleichzustellen sind, bei denen vorhandene Ausstattungsgegenstände allein durch einen vom Grundsicherungsträger veranlassten Umzug in eine angemessene Wohnung unbrauchbar geworden (BSG vom [X.] - [X.] AS 77/08 R - [X.]-4200 § 23 [X.], Rd[X.] 14 f) oder bei einem [X.] aus dem Ausland im Ausland untergegangen sind (BSG vom 27.9.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.]-4200 § 23 [X.], Rd[X.] 17).

Bei der Anschaffung eines [X.]es handelt es sich im konkreten Fall um eine Erstausstattung in diesem Sinne. Ein für den Kläger geeignetes Bett war, nachdem er nach den Feststellungen des [X.] dem "Gitterbett" entwachsen war, nicht mehr vorhanden. Das "Gitterbett" ist zwar nicht "untergegangen". Der Kläger benötigte jedoch erstmals in seinem Leben ein seiner Körpergröße angepasstes größeres Bett. Bei dem [X.] handelt es sich um ein Aliud gegenüber dem Gitter- oder Kinderbett. Anders wäre die Lage zu beurteilen, wenn der Kläger bereits über ein im Kleinkindalter angeschafftes [X.] verfügen, dieses jedoch etwa in der Pubertät nicht mehr seinen geschmacklichen Vorstellungen entsprechen würde. Dann handelte es sich bei einem neuen Jugend- oder Erwachsenenbett um eine Ersatzbeschaffung, die tatsächlich Ersatz für einen bereits vorhandenen und geeigneten Einrichtungsgegenstand ist.

Mit dieser Bewertung begibt sich der [X.] auch nicht in einen Widerspruch zur Entscheidung des 14. [X.]s betreffend den Ersatz von Kinderkleidung, der Kinder entwachsen sind (BSG vom [X.] AS 81/08 R - [X.]-4200 § 20 [X.] 8). Der 14. [X.] hat dort die Erstausstattung im Sinne eines einmaligen Bedarfs nach § 23 Abs 3 [X.] von dem für regelmäßig laufende Anschaffungen und Instandhaltungen von Kleidung nach § 20 [X.] abgegrenzt (BSG vom [X.] AS 81/08 R - [X.]-4200 § 20 [X.] 8, Rd[X.] 16). Genau hier verläuft auch die Grenzlinie im vorliegenden Fall. Bei der Anschaffung des [X.]es handelt es sich hier - wie oben dargelegt - um einen ein- und erstmaligen Bedarf im Unterschied zu den laufenden Bedarfen für Kinderkleidung. Soweit das [X.] zur Untermauerung der fehlenden "Erstmaligkeit" des Bedarfs den Bedarf nach einem [X.] von dem nach einem Schreibtisch, der zur Einschulung angeschafft werden soll, abgrenzt, folgt hieraus nichts anderes. Die Beschaffung sowohl des [X.]es als auch des Schreibtisches können eine Leistung zur Erstausstattung iS des § 23 Abs 3 S 1 [X.] sein. Ob für den Schreibtisch eine solche Leistung vom Grundsicherungsträger zu erbringen wäre, entscheidet sich demnach nicht bei der Prüfung der Erstmaligkeit, sondern in Beantwortung der Frage nach der Angemessenheit dieses Einrichtungsgegenstandes dem Grunde nach. Hiervon scheint auch das [X.] unausgesprochen auszugehen, denn es räumt ein, dass beim Schreibtisch zu prüfen sei, ob insoweit überhaupt ein Bedarf angenommen werden könne. Gemeint ist damit wohl, dass geprüft werden müsse, ob es sich um einen grundsicherungsrechtlich relevanten Bedarf handelt, also ob die Beschaffung dieses Einrichtungsgegenstandes dem Grunde nach angemessen ist.

b) Handelt es sich bei dem begehrten Gegenstand um eine Erstausstattung im zuvor dargelegten Sinne, so ist er vom Grundsicherungsträger nach § 23 Abs 3 S 1 [X.] nur dann zu finanzieren, wenn es sich um einen dem Grunde nach zum Wohnen und zur Haushaltsführung angemessen Gegenstand im Sinne des [X.] handelt (Fortführung von [X.] [X.]/10 R - [X.]-4200 § 23 [X.] 11, Rd[X.] 15 ff). Leistungen nach § 23 Abs 3 S 1 [X.] sind, wie die zuständigen [X.]e des BSG übereinstimmend entschieden haben, für die Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen (BSG vom 20.8.2009 - B 14 [X.]/08 R - [X.]-4200 § 23 [X.], Rd[X.] 14; BSG vom 13.4.2011 - B 14 [X.]/10 R - [X.]-4200 § 23 [X.], Rd[X.]). Wohnung oder Unterkunft - nach dem Sprachgebrauch des § 22 [X.] werden die Begriffe synonym verwandt - soll zwar nicht nur die Bedürfnisse nach Schutz vor Witterung und einer Gelegenheit zum Schlafen befriedigen, sondern auch die Unterbringung von Gegenständen aus dem persönlichen Lebensbereich ermöglichen (BSG vom 16.12.2008 - [X.] AS 1/08 R - [X.]-4200 § 22 [X.] 14, Rd[X.] 16) sowie die Führung eines Haushalts, wie sich aus der gesonderten Aufführung der Haushaltsgeräte in § 23 Abs 3 S 1 [X.] ergibt. Andererseits werden die Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs 1 S 1 [X.] nur übernommen, soweit sie angemessen sind. Dies erfordert, dass die Unterkunft nach Lage, Ausstattung und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Standard aufweist (BSG vom 16.12.2008 - [X.] AS 1/08 R - [X.]-4200 § 22 [X.] 14, Rd[X.] 15 mwN). Dies gilt auch für die Ausstattung der Wohnung mit Einrichtungsgegenständen und Haushaltsgeräten. Von daher wird von dem Begriff "Wohnen" iS des § 23 Abs 3 S 1 [X.] nur die Befriedigung von grundlegenden Bedürfnissen umfasst. Der 14. [X.] des BSG hat es folglich abgelehnt auch Gegenstände zur Freizeitbeschäftigung unter den Begriff der Erstausstattung zu fassen ([X.] [X.]/10 R - [X.]-4200 § 23 [X.] 11, Rd[X.] 16 - Fernsehgerät).

Im vorliegenden Fall bestehen keine Zweifel, dass die Beschaffung eines [X.]es dem Grunde nach angemessen in diesem Sinne ist. Durch das [X.] soll ein elementares Grundbedürfnis gedeckt werden, das Bedürfnis eine Stätte zum Schlafen zu erhalten.

5. Eine abschließende Bewertung der Höhe des Erstattungsanspruchs ist dem [X.] nach den Feststellungen des [X.] jedoch nicht möglich. [X.] ist insoweit zwar, dass das Bett für den Kläger bereits beschafft worden ist und er daher keine Sach- oder Geldleistung vom Beklagten, sondern eine Kostenerstattung begehrt. Nicht beurteilen kann der [X.] jedoch, ob die getätigte Anschaffung der Höhe nach angemessen war.

a) Mit der Beschaffung des Bettes durch die Mutter des [X.] ist der Bedarf des [X.] nach einem seiner Körpergröße angemessenen Bett zwar gedeckt worden. Da hier die "Selbstbeschaffung" der begehrten Leistung jedoch wegen der fehlenden Unterstützung durch den Beklagten erfolgt ist, ist dessen Leistung durch den Erwerb des Bettes lediglich substituiert worden. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden [X.]s kann eine solche Substitution wegen einer Rechtswidrigkeit der Leistungsablehnung dem Kläger nicht entgegengehalten werden (vgl BSG vom 27.9.2010 - [X.] [X.]/10 R - [X.]-4200 § 23 [X.], Rd[X.]3; für die Sozialhilfe [X.] vom 11.12.2007 - [X.]/9b [X.] - [X.]-3500 § 21 [X.] 1, Rd[X.] 11; [X.] vom 30.04.1992 - 5 C 12/87 - [X.]E 90, 154 ff; s zur Substitution durch Darlehensgewährung BSG vom 20.12.2011 - [X.] [X.]/11 R - [X.]-4200 § 11 [X.]5).

b) Ebenso ist es unschädlich, dass sich hier der Sach- oder Geldleistungsanspruch in einen Kostenerstattungsanspruch gewandelt hat. § 23 Abs 3 [X.] räumt dem Leistungsträger zwar ein [X.] dergestalt ein, dass er die Leistungen entweder als Sachleistungen oder als Geldleistungen, letztere auch in Form von Pauschalbeträgen erbringen kann. Dieses [X.] kann der Beklagte nach der Selbstbeschaffung des Bettes durch den Kläger nicht mehr ausüben. Wie der 14. [X.] des BSG jedoch bereits entschieden hat, ist die Erstattung von Kosten bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen (also in Eil- und Notfällen) sowie im Falle rechtswidriger Leistungsablehnung Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens im Sozialrecht (vgl bereits BSG vom 30.10.2001 - B 3 KR 27/01 R - [X.], 50, 56 f = [X.] 3-3300 § 12 [X.] 1 S 8, juris Rd[X.] 36; BSG vom [X.] [X.]/09 R - Rd[X.]1; Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Liegen seine Voraussetzungen vor, wandelt sich auch im Anwendungsbereich des [X.] ein Sachleistungsanspruch in einen Kostenerstattungsanspruch, gerichtet auf Geld, um (vgl [X.] vom [X.] [X.]/09 R - [X.], 190 = [X.]-4200 § 22 [X.]1, Rd[X.]1). So liegt der Fall hier. Der Beklagte hat die Gewährung von Leistungen nach § 23 Abs 3 S 1 [X.] abgelehnt und der Kläger hat die Selbstbeschaffung erst deutlich nach der Verwaltungsentscheidung getätigt. Die ablehnende Entscheidung des Beklagten war auch - wie oben dargelegt - rechtswidrig.

c) Ob der Kläger jedoch einen Erstattungsanspruch in Höhe seiner tatsächlich getätigten Ausgaben hat, kann der [X.] in Ermangelung von Feststellungen des [X.] hierzu nicht entscheiden. Der selbstbeschaffte Einrichtungsgegenstand muss von seinem Wert her - also der Höhe nach -, ausgedrückt im Preis für den Erwerb, angemessen sein. Insofern besteht kein Unterschied zwischen dem Kostenerstattungsanspruch und der Geldleistung iS des § 23 Abs 3 [X.]. Beide sind so zu bemessen, dass sie [X.] einen einfachen und grundlegenden Bedarf decken können. Anhaltspunkte zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit können dabei aus der Regelung des § 23 Abs 3 S 6 [X.] und den vom BSG entwickelten Regeln zur Bestimmung des angemessenen [X.] gewonnen werden. Dabei ist allerdings einerseits zu beachten, dass der Leistungsberechtigte möglicherweise keinen Zugriff auf kostengünstige Sachleistungen hat, wie sie ein Grundsicherungsträger anbieten kann, sodass der Marktpreis beim eigentätigen Erwerb unter Umständen höher sein kann. Die Obergrenze der Angemessenheit ist andererseits dort zu ziehen, wo die Aufwendungen für den selbst beschafften Gegenstand der Erstausstattung aus Sicht eines verständigen Leistungsberechtigten offenkundig außer Verhältnis zu dem stehen, was einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht (vgl hierzu die Rspr zur Schließung von Versorgungslücken bei Hilfsmitteln, BSG vom 12.9.2012 - B 3 KR 20/11 R - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen, Rd[X.]0).

Das [X.] wird demnach im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu prüfen haben, ob die Höhe der Aufwendungen des [X.] für die Beschaffung von Bett und Lattenrost in diesem Sinne angemessen war.

Das [X.] wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Meta

B 4 AS 79/12 R

23.05.2013

Bundessozialgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Freiburg (Breisgau), 13. Januar 2012, Az: S 10 AS 365/11, Urteil

§ 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB 2 vom 24.12.2003, § 23 Abs 3 S 2 SGB 2 vom 24.12.2003, § 23 Abs 3 S 5 SGB 2 vom 24.12.2003, § 54 Abs 1 S 1 SGG, § 54 Abs 4 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 23.05.2013, Az. B 4 AS 79/12 R (REWIS RS 2013, 5600)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5600

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