Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.11.2007, Az. IX ZB 231/06

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 561

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[X.][X.] vom 29. November 2007 in dem [X.] Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 15 Abs. 6; KO § 88; [X.] § 69 Satz 2 Ein Mitglied des Gläubigerausschusses hat dann Anspruch auf Aushändigung der für eine Kassenprüfung erforderlichen Unterlagen, wenn es darlegt und glaubhaft macht, dass ihm eine Kassenprüfung am Verwahrungsort der [X.] nicht möglich ist. [X.], [X.]uss vom 29. November 2007 - [X.] 231/06 - [X.] [X.]- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.] Ganter und [X.], die Richterin [X.] und [X.] [X.] am 29. November 2007 beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uss der 3. Zivilkammer des [X.] vom 16. November 2006 wird auf Kos-ten des weiteren Beteiligten zu 2 zurückgewiesen. Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 4.000 Euro festgesetzt. Gründe: [X.] Der weitere Beteiligte zu 1 (fortan: Verwalter) ist Verwalter im Gesamt-vollstreckungsverfahren über das Vermögen der G.

GmbH (fortan: Schuldnerin), das am 31. März 1993 eröffnet worden ist. Der (weitere) Beteiligte zu 2 wurde am 31. März 1993 in den vorläufigen Gläubigerausschuss berufen und am 12. Mai 1993 zum Mitglied des Gläubigerausschusses bestellt. Mit Schreiben vom 24. Mai 2006 teilte der Beteiligte zu 2 dem [X.] mit, er habe eine Kassenprüfung angeordnet; der Verwalter weigere sich jedoch, ihm 1 - 3 - die relevanten Unterlagen des Zeitraums ab Anordnung der [X.] bis einschließlich 1997 herauszugeben. Der Verwalter erklärte, er habe dem [X.] angeboten, die Unterlagen am Ort der Aufbewahrung einzusehen und dabei die Hilfe einer Buchhalterin der Schuldnerin in Anspruch zu nehmen. Damit, dass die Unterlagen an einen anderen Ort verbracht würden, sei er nicht einverstanden. Der Beteiligte zu 2 hat beantragt, den Verwalter anzuweisen, ihm die [X.] auszuhändigen, hilfsweise ihm eine vollstreckbare Ausfertigung einer Urkunde über seine Bestellung zum Mitglied des Gläubigerausschusses zu [X.]. Mit [X.]uss vom 18. Juli 2006 hat das [X.] beide Anträge abgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2 ist zurückgewiesen worden. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beteiligte zu 2 die bisherigen Anträge weiter. 2 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft (vgl. [X.], [X.]. v. 15. Januar 2004 - [X.] 62/03, [X.], 490 f; v. 15. [X.] 2005 - [X.] 135/03, [X.], 778) und auch im Übrigen zulässig. Sie bleibt jedoch ohne Erfolg. 3 1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Der Beteiligte zu 2 sei als [X.] des Gläubigerausschusses verpflichtet, sich vom Gang der Geschäfte zu unterrichten, Bücher und Schriften einzusehen und den Kassenbestand zu überprüfen (§ 15 Abs. 6 [X.]). Wie die Kassenprüfung zu erfolgen habe, sei in der Gesamtvollstreckungsordnung nicht geregelt. Gemäß § 1 Abs. 3 [X.] gel-4 - 4 - te insoweit § 299 Abs. 1 ZPO. Nach dieser Vorschrift habe die Akteneinsicht am Verwahrungsort zu erfolgen. Dadurch werde die Kontrolle durch Mitglieder des Gläubigerausschusses nicht erschwert. 5 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand. a) Der Beteiligte zu 2, nicht das Organ "Gläubigerausschuss", ist für das Einsichtsbegehren aktivlegitimiert. Entgegen dem Wortlaut des § 15 Abs. 6 [X.] treffen die dort genannten Pflichten nicht den Gläubigerausschuss als solchen, sondern die einzelnen Ausschussmitglieder ([X.]/[X.]/[X.], [X.] 4. Aufl. § 15 Rn. 67; [X.], [X.] 3. Aufl. § 15 Rn. 74 ff, 76). Dies folgt zum einen aus einem Vergleich mit den entsprechenden Bestimmungen der Konkurs- und der [X.]. Nach § 88 Abs. 1 Satz 1 KO traf die Pflicht, den Verwalter bei seiner Geschäftsführung zu unterstützen und zu überwachen, die Mitglieder des Gläubigerausschusses; gleiches gilt für § 69 [X.]. Zum anderen führt eine Verletzung dieser Pflichten zur persönlichen Haf-tung des einzelnen Mitglieds analog § 89 KO (OLG Rostock Z[X.] 2004, 814, 815; [X.]/[X.], [X.] 17. Aufl. § 15 [X.] Anm. 3a; vgl. auch § 89 KO, § 71 [X.]). Eine Haftung setzt voraus, dass das Mitglied persön-lich - nicht nur als Teil des Organs - zur Erfüllung derjenigen Pflichten in der Lage ist, aus deren Verletzung die Haftung folgt. 6 b) Ob der Beteiligte zu 2 die Kassenprüfung an einem von ihm zu [X.] Ort vornehmen darf, richtet sich danach, ob dies zur Erfüllung der ihm nach § 15 Abs. 6 [X.] obliegenden Pflichten erforderlich ist. Die Vorschrift des § 299 Abs. 1 ZPO, welche das Beschwerdegericht angewandt hat, findet insoweit weder unmittelbar noch über die Verweisung des § 1 Abs. 3 [X.] 7 - 5 - Anwendung. Sie regelt die Einsicht in Gerichtsakten, nicht jedoch die [X.] einer Kassenprüfung. 8 c) Grundsätzlich hat die Kassenprüfung am Verwahrungsort der zu [X.] Unterlagen zu erfolgen. aa) Ebenso wie die Mitglieder eines nach der Konkurs- oder der Insol-venzordnung bestellten Gläubigerausschusses ist das Mitglied eines nach § 15 Abs. 6 [X.] bestellten Gläubigerausschusses zur Kassenprüfung berechtigt und verpflichtet. Die Aufgaben der [X.] und ihrer Mitglieder nach den drei genannten Verfahrensordnungen unterscheiden sich nur inso-weit, als nach § 88 Abs. 2 Satz 2 KO eine Kassenprüfung zwingend mindestens einmal im Monat stattzufinden hatte; die Gesamtvollstreckungs- und die Insol-venzordnung enthalten dagegen keine Vorschrift über Mindestzeiträume. Dass [X.] zu erfolgen haben, gilt jedoch für alle Fälle, in denen ein Gläubigerausschuss bestellt ist. 9 bb) Die Kassenprüfung darf sich nicht nur auf die [X.], sondern muss sich auch auf die Konten und Belege erstrecken. Nur so kann das Ausschussmitglied seiner Kontrollpflicht nachkommen. Die Prüfung der Kassenbelege und das Zählen des Bargelds würde für sich allein nur einen höchst unvollständigen Einblick in die geschäftliche Tätigkeit des Verwalter ge-ben; mit Sinn und Zweck der Einsetzung eines Gläubigerausschusses zur Überwachung des Verwalters wäre das nicht zu vereinbaren (vgl. bereits [X.] 49, 121, 123; 71, 253, 256). § 88 Abs. 1 Satz 2 KO ordnete an, dass die [X.]er des Gläubigerausschusses die Bücher und Schriften des Verwalters einsehen konnten. Ähnlich heißt es in § 69 Satz 2 [X.], die Mitglieder des Gläubigerausschusses könnten die Bücher und Geschäftspapiere des [X.] - 6 - ters einsehen. Diese im Wesentlichen inhaltsgleichen Regelungen sind in die Vorschrift des § 15 Abs. 6 Satz 3 [X.] hineinzulesen, wonach der [X.] (genauer: das einzelne Mitglied des Gläubigerausschusses) "[X.] vornehmen" kann. 11 cc) Der in der Konkurs- und in der [X.] jeweils verwandte, auch für die Gesamtvollstreckung geltende Begriff der "Einsichtnahme" bedeu-tet, dass das Ausschussmitglied die erforderlichen Unterlagen dort einsieht, wo sie sich befinden. Eine Herausgabe oder Übersendung der Unterlagen ist von dem Begriff der Einsichtnahme nicht umfasst. Gleiches gilt für den Begriff der "Kontrolle", den die Gesamtvollstreckungsordnung verwendet. Auch eine [X.] erfolgt an Ort und Stelle. Auf der einen Seite ist das Ausschussmitglied so nicht auf diejenigen Unterlagen beschränkt, die der Verwalter ihm heraussu-chen und übergeben lässt. Auf der anderen Seite ist die Aushändigung von [X.] an Dritte stets mit der Gefahr des Verlustes, der Manipulation oder der verzögerten Rückgabe verbunden. Auch dieser (abstrakten) Gefahr soll durch die Beschränkung auf eine bloße Gewährung von "Einsicht" in die Unterlagen unter Aufsicht des Gewahrsamsinhabers begegnet werden. Ein Misstrauen ge-genüber den Mitgliedern des Gläubigerausschusses ist damit nicht verbunden. Diesen bringt das Gesetz vielmehr den gleichen Vertrauensvorschuss entgegen wie dem Verwalter. d) Anders ist allerdings dann zu entscheiden, wenn das Mitglied des Gläubigerausschusses darlegt und glaubhaft macht, dass es die Kasse dort, wo die Unterlagen verwahrt werden, nicht prüfen kann. Die Überwachung des Ver-walters und insbesondere die Prüfung der Kasse ist eine gesetzliche Verpflich-tung, der die Mitglieder des Gläubigerausschusses nachkommen müssen und für deren Verletzung sie gegebenenfalls einzustehen haben. Ist eine sinnvolle 12 - 7 - Erfüllung dieser Pflichten nur durch Übersendung der Unterlagen an einen an-deren Ort als denjenigen der Aufbewahrung oder durch Herausgabe an das Ausschussmitglied gewährleistet, muss so verfahren werden. So liegt der vor-liegende Fall jedoch nicht. In den Tatsacheninstanzen hat der Beteiligte zu 2 nie in Zweifel gezogen, dass die Kasse - wie vom Verwalter vorgeschlagen - vor Ort geprüft werden kann. Er hat vielmehr die Ansicht vertreten, dass er als [X.] die Art und Weise der Prüfung bestimmen könne. Wohl deshalb hat er auch von der "Anordnung" einer Kassenprüfung gesprochen. Diese An-sicht trifft jedoch nicht zu. Das Gesetz geht vom Regelfall der "Einsichtnahme" aus, nicht von einer "Übersendung" oder "Herausgabe" der Bücher und Belege. Liegen keine besonderen Umstände vor, hat es dabei zu bleiben. In aller Regel - 8 - wird es zu einer sinnvollen Verständigung zwischen dem Verwalter und dem Mitglied des Gläubigerausschusses über die äußeren Umstände der Kassen-prüfung kommen. Dr. [X.] [X.] [X.] [X.] Dr. [X.]

Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 18.07.2006 - N 91/93 - [X.], Entscheidung vom 16.11.2006 - 3 T 773/06 -

Meta

IX ZB 231/06

29.11.2007

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.11.2007, Az. IX ZB 231/06 (REWIS RS 2007, 561)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 561

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