Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.02.2022, Az. 2 ARs 376/21

2. Strafsenat | REWIS RS 2022, 3615

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Gegenstand

Nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe: Bestimmung des zuständigen Gerichts


Tenor

Zuständig für die Entscheidung über den Antrag auf nachträgliche Gesamtstrafenbildung ist das

Amtsgeri cht - Schöffengericht - Nürnberg .

Gründe

1

Das [X.] und das [X.] [X.] streiten darüber, welches von ihnen für die Entscheidung über den Antrag auf Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe zuständig ist.

I.

2

1. Mit Urteil vom 4. Juli 2012 hat das [X.] den Verurteilten wegen vorsätzlichen Bankrotts u.a. (Einzelstrafen zwischen drei und zehn Monaten) unter Einbeziehung von Einzelstrafen mehrerer amtsgerichtlicher Urteile und unter Auflösung dort gebildeter Gesamtstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Einbezogen hat es dabei u.a. auch die insgesamt höchste Einzelstrafe von einem Jahr und drei Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts [X.] vom 6. Mai 2011.

3

Bei der Gesamtstrafenbildung hat das [X.] Einzelgeldstrafen, die dem Gesamtstrafenbeschluss des [X.] vom 10. März 2010 und dem Urteil des [X.] vom 24. August 2009 zugrunde lagen, nicht berücksichtigt, da diese bereits vollständig vollstreckt seien.

4

2. Mit Schreiben vom 3., 11. und 12. Mai 2021 hat der Verurteilte beantragt, hinsichtlich der „Urteile des [X.] vom 10. März 2010 (...) und des [X.] vom 24. August (...)“ gemäß § 460, § 462 StPO eine nachträgliche Gesamtstrafe zu bilden oder einen Härteausgleich herbeizuführen. Die Ausführungen im Urteil des [X.] zur Gesamtstrafenbildung seien falsch; die rechtsfehlerhaft unterbliebene Gesamtstrafenbildung sei nachzuholen.

5

3. Die Staatsanwaltschaft [X.] hat daraufhin beim [X.] beantragt, durch Beschluss von der Bildung einer Gesamtstrafe abzusehen. Das [X.] hat sich für unzuständig erklärt. Zur Prüfung der Frage, ob eine nachträgliche Gesamtstrafe zu bilden sei, sei das Amtsgericht [X.] zuständig, weil es aus allen vom Antrag erfassten Einzelstrafen die höchste Einzelstrafe verhängt habe.

6

Das Amtsgericht [X.] hat sich ebenfalls für unzuständig erklärt. Das Urteil des Amtsgerichts [X.] sei am 4. Juli 2012 vollständig in die Entscheidung des [X.] im Wege des § 55 StGB bei Urteilsfindung einbezogen worden. Damit blieben zwar die Strafen des Urteils des Amtsgerichts [X.] rechtlich bestehen, sie könnten jedoch nicht mehr selbständig vollstreckt werden. Das einbezogene Urteil verliere seine rechtliche Wirkung. Da keine verschiedenen Urteile mehr vorlägen, sei eine Entscheidung nach § 460 StPO unzulässig.

7

4. Mit Beschluss vom 22. Juli 2021 hat das [X.] die Akten gemäß § 14 StPO dem [X.] als gemeinschaftliches oberes Gericht zur Bestimmung der Zuständigkeit vorgelegt.

II.

8

1. Der [X.] ist nach § 14 StPO als gemeinschaftliches oberes Gericht des [X.] ([X.]) und des Amtsgerichts [X.] (Oberlandesgerichtsbezirk [X.]) zur Entscheidung des [X.] berufen. Eine Zuständigkeit des [X.] besteht nicht (vgl. Senat, Beschluss vom 29. November 1957 - 2 [X.], [X.], 80, 82; BayObLG, Beschluss vom 16. Mai 2019 - 201 [X.]/19, BeckRS 2019, 17021).

9

2. Das [X.] [X.] ist gemäß § 460, § 462a Abs. 3 Satz 2 StPO für die Entscheidung über den Antrag des Verurteilten auf Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe zuständig, weil es bei gleicher Strafart auf die höchste Einzelstrafe erkannt hat (vgl. Senat, Beschluss vom 28. April 1976 - 2 [X.], NJW 1976, 1512 mwN). Die Einbeziehung der in einem Urteil festgesetzten Einzelstrafen in eine anderweitig gebildete Gesamtstrafe führt auch nicht dazu, dass das fragliche Urteil aufhört zu existieren (vgl. auch Senat, Beschluss vom 19. Juni 1996 - 2 [X.], [X.], 511, 512).

3. Der Senat merkt an: Hat der Tatrichter die Bildung einer Gesamtstrafe erkennbar geprüft und ausdrücklich - wenn auch rechtsfehlerhaft - abgelehnt, so ist eine Korrektur dieses Urteilsspruchs nur im Rechtsmittelzug möglich (vgl. etwa [X.]. [X.], [X.], 607; [X.], Beschluss vom 18. März 2013 - [X.] 3 RVs 7/13, BeckRS 2013, 11473; [X.]/[X.], § 460 Rn. 1; [X.], 8. Aufl., § 460 Rn. 5 mwN).

Franke     

        

Appl     

        

Zeng   

        

Grube     

        

Schmidt     

        

Meta

2 ARs 376/21

23.02.2022

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: ARs

§ 460 StPO, § 462a Abs 3 StPO, § 55 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.02.2022, Az. 2 ARs 376/21 (REWIS RS 2022, 3615)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 3615

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

2 ARs 490/22

Zitiert

201 AR 812/19

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