Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.06.2000, Az. 4 StR 202/00

4. Strafsenat | REWIS RS 2000, 1800

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[X.] StR 202/00vom29. Juni 2000in der Strafsachegegenwegenunerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.- 2 -Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 29. Juni 2000 gemäß § 349 Abs. 2und 4 StPO beschlossen:[X.] Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 8. November 1999a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte desunerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in31 Fällen, davon in 19 Fällen mit Betäubungsmitteln in nichtgeringer Menge, schuldig [X.]) im gesamten Strafausspruch mit den Feststellungen aufge-hoben.I[X.] Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Jugendkammer des [X.].II[X.] Die weiter gehende Revision wird verworfen.- 3 -Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten "wegen Handeltreibens mit [X.] in nicht geringer Menge in 36 Fällen, wobei es in drei [X.] Versuch blieb, zu einer Freiheitsstrafe" (richtig: Gesamtfreiheitsstrafe)von fünf Jahren verurteilt. Ferner hat es die Einziehung eines Mobiltelefons [X.] und Tasche angeordnet.Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen undsachlichen Rechts. Das Rechtsmittel führt zur Änderung des Schuldspruchsund Aufhebung des gesamten Strafausspruchs; im übrigen ist es [X.] Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.[X.]Nach den Feststellungen hat sich der Angeklagte nicht in 36, [X.] in 31 Fällen des unerlaubten Handeltreibens mit [X.] gemacht; die Voraussetzungen des Handeltreibens mit Betäubungs-mitteln in nicht geringer Menge (§ 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) sind nur in 19 [X.] hinreichend belegt.1. In den [X.], 9, 19, 20, 24, 25, 26, 30, 31 der Urteilsgründe hatdas [X.] das Konkurrenzverhältnis rechtsfehlerhaft beurteilt. [X.] nicht neun, sondern nur vier materiell-rechtlich selbständige Taten vor,die jeweils als unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht gerin-ger Menge zu werten [X.] 4 -a) Die Fälle [X.] und 9 der Urteilsgründe bilden nur eine Tat im [X.]. Zwar ist es im Fall [X.] der Urteilsgründe, den das [X.] - was [X.] für sich genommen nicht beschwert - nicht als vollendetes (vgl.dazu [X.], 483; [X.]R BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 31),sondern als versuchtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringerMenge gewertet hat, zunächst nicht zur Durchführung des [X.] gekommen, weil der Lieferant des Angeklagten am 17. Septemberkein Amphetamin vorrätig hatte. Dies rechtfertigt aber unter den hier gegebe-nen Umständen nicht die Annahme einer weiteren rechtlich selbständigen Tathinsichtlich der 100 g Amphetamin, die der Angeklagte am 20. September 1998von seinem Lieferanten nach erneuter telefonischer Bestellung ([X.] 9 [X.]) erworben und, wie entgegen der Auffassung der Revision durchdie Feststellungen hinreichend belegt ist ([X.]), auch in diesem Fall mit [X.] weiterverkauft hat. Nach den Grundsätzen zur Bewertungseinheit beimHandeltreiben mit Betäubungsmitteln (vgl. [X.]St 30, 28) sind vielmehr, sofernein und derselbe Güterumsatz Gegenstand der strafrechtlichen Bewertung ist([X.] aaO S. 31), sowohl deren Erwerb und Lieferung an Abnehmer als auchder (zunächst gescheiterte) Versuch, die Betäubungsmittel zu beschaffen, un-selbständige Teilakte des Handeltreibens mit der schließlich gelieferten [X.] (vgl. [X.], 483; [X.], Beschluß vom [X.] - 4 StR 547/96). Die Fälle [X.] und 9 der Urteilsgründe betreffen densel-ben Güterumsatz. Der Angeklagte war als selbständiger Zwischenhändler inein eingespieltes Bezugs- und Verkaufssystem eingebunden. Seine Abnehmergaben ihre Bestellungen jeweils über das Handy des Angeklagten unter [X.] bestimmter Code- Bezeichnungen auf. Dabei mußten sie - ebensowie der Angeklagte, der die bestellten Betäubungsmittel jeweils von demselbenLieferanten erwarb - keine Vorkasse leisten.- 5 -b) In den [X.] und 20 der Urteilsgründe liegt ebenfalls nur eine Tatim Rechtssinne vor. Zwar wurden die am 22. Dezember 1998 bestellten 10 [X.] zunächst nicht geliefert, weil der Lieferant des Angeklagten kein Kokainvorrätig hatte. Dem Angeklagten wurden aber am 30. Dezember 1998 auf eineweitere Bestellung vom 28. Dezember 1998 (1 kg Haschisch, 100 g Ampheta-min sowie 20 g Kokain) "absprachegemäß" 1 kg Haschisch, 100 g [X.] 30 g Kokain geliefert. Hinsichtlich des am 30. Dezember 1998 erworbe-nen Kokains liegt daher, soweit es die bereits am 22. Dezember 1998 bestellteMenge von 10 g Kokain betrifft, nach den vorgenannten Grundsätzen über dieBewertungseinheit nur eine Tat vor. Hierzu steht das Handeltreiben mit denweiteren am 28. Dezember 1998 bestellten [X.] in Ta-teinheit, da der Angeklagte diese und die zugleich ausgelieferten weiteren 10 [X.] durch dieselbe Handlung erworben hat (vgl. [X.], 483).c) Demgemäß liegt auch in den [X.], 25 und 26 nur ein Fall [X.] mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vor. Der Ange-klagte hat am 5. Februar 1999 durch dieselbe Handlung 15 g Kokain, die er andemselben Tage bestellt hatte ([X.] der Urteilsgründe) und 1 kg Ha-schisch erworben ([X.]), das er bereits am 28. Januar 1999 bestellt [X.] das zunächst nicht geliefert werden konnte (Fall 24 der [X.]) Das Handeltreiben mit den am 23. März bestellten 20 g Kokain [X.] II 30 der Urteilsgründe steht in Tateinheit mit dem Handeltreiben mit 800 [X.] im [X.], da der Angeklagte diese Betäubungsmittel [X.] März 1999 durch dieselbe Handlung erworben hat.2. Die Wertung der Taten als unerlaubtes Handeltreiben mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) hält nur [X.] 6 -sichtlich 19 der aus den vorgenannten Gründen verbleibenden 31 Taten [X.] Nachprüfung stand:a) Zwar hatten die gelieferten Betäubungsmittel flimmer zumindest [X.] bis gute [X.] Damit ist aber hinsichtlich der zwölf jeweils lediglich 10 [X.] betreffenden Fälle des unerlaubten Handeltreibens ([X.], 6, 7, 11, 12,15, 16, 17, 23, 28, 29 und 33 der Urteilsgründe) nicht dargetan, daß jeweils derfür die Annahme einer nicht geringen Menge maßgebliche Grenzwert von 5,0 [X.]hydrochlorid ([X.]St 33, 133) erreicht ist, zumal das [X.] zu die-sen Fällen des Handeltreibens mit Kokain ausgeführt hat, insoweit [X.] auch eine Strafbarkeit nach § 29 Abs. 3 Nr. 1 BtMG [X.] weilder Angeklagte gewerbsmäßig gehandelt habe. Da nach den [X.] des Angeklagten von einer mittleren Qualität des Kokains auszuge-hen ist, also einem geringeren Wirkstoffgehalt als bei guter Qualität, die [X.] 40 % Wirkstoffgehalt anzunehmen ist ([X.] NStZ-RR 1996, 281), hat [X.] Angeklagte in den vorgenannten zwölf Fällen jeweils lediglich einer Straftatnach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG in der Form des unerlaubten Handeltreibensschuldig gemacht.b) In den weiteren, aus den oben angeführten Gründen als 19 rechtlichselbständige Taten zu wertenden Fällen ist die Annahme jeweils nicht [X.] jedoch hinreichend belegt. Hinsichtlich dieser Fälle, die den [X.] g Kokain ([X.] 21 der Urteilsgründe), mit Haschisch (in [X.] [X.] oder 2 kg) - in einigen der Fälle zusammen mit anderen Betäubungsmitteln -oder mit Amphetamin (in [X.] von jeweils 100, 200 bzw. 800 g) betreffen,sind die Grenzwerte nach Auffassung des [X.]s jeweils - soweit es [X.] betrifft, fldeutlichfl - überschritten. Zwar hat es auch insoweit keinenäheren Feststellungen zum Mindestwirkstoffgehalt der Betäubungsmittel ge-- 7 -troffen. Der [X.] kann aber in diesen Fällen mit Rücksicht auf die jedenfallsmittlere Qualität der Betäubungsmittel und auf den jeweiligen Umfang [X.] mit Betäubungsmitteln, den der Angeklagte ersichtlich ohne Bean-standung durch seine Abnehmer betrieben hat, ausschließen, daß eine hinrei-chend genaue Ermittlung des [X.] der in diesen Fällen geliefertenBetäubungsmittel, die allerdings insoweit für den (hier insgesamt der [X.] unterliegenden) Strafausspruch notwendig ist (vgl. [X.] [X.] 29 ff. [X.]. 493 m. N.), unter den gegebenen Umständen die Annahme nichtgeringer [X.] in diesen Fällen in Frage stellen wird (vgl. [X.]R BtMG§ 29 a Abs. 1 Nr. 2 Menge 3).3. Der [X.] nimmt daher die aus den vorgenannten Gründen gebote-nen [X.] selbst vor. § 265 StPO steht nicht entgegen, [X.] ist, daß sich der Angeklagte gegen den geänderten [X.] anders als geschehen verteidigt hätte.I[X.]1. Der Strafausspruch hat insgesamt keinen Bestand.Zwar hat das [X.] die Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 [X.] die Anwendung von Jugendstrafrecht entgegen der Auffassung der [X.] rechtsfehlerfrei verneint. Die Bemessung der Einzelstrafen begegnet aber- unabhängig von den Auswirkungen der [X.] - insgesamtschon deshalb durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil das [X.]- ungeachtet der Menge der jeweils gehandelten Betäubungsmittel und ihresMindestwirkstoffgehaltes - "eine Kategorisierung der Fälle, insbesondere nachder Art der gehandelten Drogen" in der Weise vorgenommen hat, daß es in- [X.] drei nach seiner Auffassung lediglich als Versuch zu wertenden [X.] ein Jahr bzw. ein Jahr zwei Monate Freiheitsstrafe, in den Fällen, in [X.] auch mit Kokain gehandelt wurde, jeweils ein Jahr sechs Monate, und inden übrigen Fällen, in denen der Angeklagte nur mit Amphetamin oder nur mitHaschisch Handel getrieben hat, jeweils ein Jahr vier Monate Freiheitsstrafefestgesetzt hat. Nach Auffassung des [X.]s sind "vorliegend" nichtMenge und Qualität der Drogen ausschlaggebendes Strafzumessungskriteri-um. Vielmehr stehe im Vordergrund, "daß der Angeklagte bedenkenlos [X.], auch Drogen mit hohem (Kokain) und mittlerem (Amphetamin) [X.] neben weichen Drogen zu [X.] solche pauschale Bemessung von Einzelstrafen, trotz der auch in-nerhalb der gebildeten Kategorien bestehenden erheblichen Unterschiede,wird den Grundsätzen der Strafzumessung des § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2StGB nicht gerecht. Zwar kommt im Rahmen der Strafzumessung der Art desRauschgifts und seiner Gefährlichkeit eine eigenständige Bedeutung zu (vgl.[X.] NJW 1992, 380; [X.] vor §§ 29 ff. [X.]. 484 m.N.); maßgebendfür den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat sind daneben aber insbesonderedie Menge des Betäubungsmittels ([X.]R BtMG § 29 Strafzumessung 18, 26)sowie sein Wirkstoffgehalt ([X.] NJW 1992, 380, 1994, 1885, 1886 m.[X.] kann für eine sachgerechte schuldangemessene Festsetzung [X.] im Betäubungsmittelstrafrecht auf nähere Feststellungen zum Wirk-stoffgehalt - jedenfalls soweit eine nicht geringe Menge vorliegt - regelmäßignicht verzichtet werden (vgl. [X.] NJW 1994, 1885, 1886 m.N.). Solche Fest-stellungen sind - unter Beachtung des [X.] - mit hinreichenderGenauigkeit auch dann möglich, wenn Betäubungsmittel nicht sichergestelltwerden konnten und daher für eine Untersuchung durch Sachverständige nichtzur Verfügung stehen (zu den Grundlagen für die Bestimmung des [X.] -gehalts vgl. [X.] NStZ 1985, 221, 273; [X.]R BtMG § 29 a Abs. 1 Nr. 2 Men-ge 3; [X.] aaO Vor §§ 29 ff. [X.]. 500 ff.; zum Wirkstoffgehalt bei mittlererQualität vgl. [X.]St 42, 1, 14 : Haschisch; [X.] aaO [X.]. 521: [X.] neue Tatrichter ist nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zudem Wirkstoffgehalt der Betäubungsmittel zu [X.] Die rechtsfehlerfrei getroffene Einziehungsanordnung kann bestehenbleiben.[X.]

Meta

4 StR 202/00

29.06.2000

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.06.2000, Az. 4 StR 202/00 (REWIS RS 2000, 1800)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 1800

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