Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2012, Az. IX ZR 77/11

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 1623

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

IX ZR 77/11

Verkündet am:

8. November 2012

Kluckow

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
8. November 2011
durch die Richter [X.], Prof. Dr. Gehrlein, die Richterin [X.] und die Richter [X.] und Dr. Pape

für Recht erkannt:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 13.
Zivilsenats des [X.] vom 20.
April 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke in L.

.
Am 11./13.
April 2006 schloss sie mit der K.

mbH einen Mietvertrag über das auf diesen Grundstücken zu errichtende Geschäfts-haus samt Tiefgarage. Diese Gesellschaft
war als Zwischenmieterin tätig und vermietete das Objekt ihrerseits an die K.

W.

GmbH. Mit einem am 29./30.
September 2008 abgeschlossenen dritten Nachtrag zu dem Mietver-trag zwischen der Klägerin und der Zwischenmieterin trat die A.

AG, vormals K.

AG, anstelle der K.

mbH in den bestehenden Mietvertrag mit Wirkung zum 1.
Oktober 2008 ein.

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Über das Vermögen der A.

AG (nachfolgend: Schuldnerin) ist auf Eigenantrag vom 9.
Juni 2009 mit Beschluss des [X.] vom 1.
September 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr.

G.

als Insolvenzverwalter bestellt worden. Dieser ist mit Wirkung vom 1.
Dezember 2011 während des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens aus dem Amt entlassen und an seiner Stelle Rechtsanwalt

J.

zum Verwalter bestellt
worden.

Mit vorliegender Klage begehrt die Klägerin von dem Beklagten, der das Mietverhältnis zum 31.
Dezember 2009 gekündigt hat, aus der Masse im Wege des [X.] nach unstreitige offene restliche Mietforde-rungen für den [X.]raum
nach Insolvenzeröffnung vom September 2009 bis ein-schließlich Dezember 2009 in Höhe von 664.415,40

655.310,44

e-zember, zusammen 2.624.975,04

glich Zinsen. In Höhe von [X.] 462.989,33

lage einseitig für erledigt erklärt.

Die Klägerin ist eine von fünf Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die Warenhausimmobilien an die K.

mbH vermietet hatten.
Dachgesellschaft dieser fünf Gesellschaften ist
die

F.

GmbH (nachfolgend: F.

GmbH). Diese schloss am 13.
Dezember 2002 mit der Schuldnerin, damals noch firmierend als K.

AG, einen [X.]. Danach hatte die Schuldnerin ge-genüber der F.

GmbH dafür einzustehen, dass die spätere Mieterin, die K.

mbH, sämtliche Verpflichtungen aus dem Mietvertrag erfüllt.

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Der Beklagte macht gegen die Klageforderung die Anfechtbarkeit des Eintritts der Schuldnerin in das bestehende Mietverhältnis unter dem Gesichts-punkt der Schenkungs-

134 [X.]) und der Vorsatzanfechtung (§
133 Abs.
1 und Abs.
2 [X.]) geltend.

Das [X.] hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und dem Beklagten die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelas-senen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des ange-griffenen Urteils und zur Zurückverweisung.

Mit dem Wechsel des Insolvenzverwalters im laufenden Zulassungsbe-schwerde-
und Revisionsverfahren ist in entsprechender Anwendung der §§
241, 246 ZPO ein gesetzlicher Parteiwechsel eingetreten ([X.], Urteil vom 12.
Mai 2011 -
IX
ZR 133/10, [X.], 1220 Rn.
6; vom 26.
April 2012 -
IX
ZR 146/11, [X.], 1183 Rn.
17). Dies führte nicht zu einer Unterbrechung des Rechtsstreits, weil der zunächst als Beklagter auftretende Insolvenzverwalter anwaltlich vertreten war. Der neue Insolvenzverwalter hat die Aussetzung des Verfahrens nicht beantragt (vgl. [X.], Urteil vom 12.
Mai 2011, aaO; vom 26.
April 2012, aaO).

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I.

Das Berufungsgericht hat gemeint, der Klägerin stehe die geltend ge-machte Mietzinsforderung zu, weil die Schuldnerin wirksam in das [X.] eingetreten sei. Die Eintrittsvereinbarung sei nicht nach § 134 Abs.
1 oder §
133 Abs.
1 oder Abs.
2 [X.] anfechtbar, weil es an einer objektiven Gläubi-gerbenachteiligung fehle. Zwar werde die Insolvenzmasse aufgrund der Über-nahme des Mietvertrags insofern verkürzt, als die Masse nach §
108 Abs.
1 Satz
1 [X.] für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschuldeten Mie-ten hafte, während ohne die Vertragsübernahme aufgrund der im [X.] vereinbarten Mithaftung der Schuldnerin für die Verbindlichkeiten der früheren Mieterin lediglich eine Insolvenzforderung bestünde. Diese Bes-serstellung der Klägerin dürfe jedoch nicht isoliert betrachtet werden. Hier stehe eine zu berücksichtigende Massemehrung durch die Gewährung des [X.] entgegen. Dass die vertraglich vereinbarte Miete über-höht sei, habe der Beklagte nicht mit den im [X.] zulässigen Be-weismitteln nachgewiesen. Der Einwand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schä-digung greife jedenfalls mangels eingetretener Schädigung nicht durch.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.

Der Klage kann nicht mit der Begründung des Berufungsgerichts stattge-geben werden. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt ist nicht auszuschließen, dass bereits im [X.] von einer wirksa-9
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men Anfechtung des dritten Nachtrags zum Mietvertrag vom 28./29.
September 2008 auszugehen ist.

1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die nach §
129 Abs.
1 [X.] für alle Anfechtungstatbestände erforderliche objektive Gläubigerbenachteiligung generell verneint. Es hat nicht danach unterschieden, ob eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich ist oder ob eine mittelbare Gläubigerbe-nachteiligung ausreicht. Für die vom Berufungsgericht erwogene Anfechtung nach §
134 und §
133 Abs.
1 [X.] genügt eine mittelbare Gläubigerbenachteili-gung, für die ebenfalls in Erwägung gezogene Anfechtung nach §
133 Abs.
2 [X.] ist demgegenüber eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich ([X.], Urteil vom 26.
April 2012, aaO Rn. 19).

a) Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung hat das Berufungsgericht zu Unrecht verneint.

aa)
Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die [X.] vermehrt oder die [X.] verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert,
oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der [X.] ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise güns-tiger gestaltet hätten ([X.], Urteil vom 9.
Juli 2009 -
IX
ZR 86/08, [X.], 1750 Rn.
25; vom 17.
März 2011 -
IX
ZR 166/08, [X.], 824 Rn.
8; vom 29.
September 2011 -
IX
ZR 74/09, Z[X.] 2011, 1979 Rn.
6 mwN).

Für eine mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger reicht es aus, wenn es zwar an einer unmittelbaren Benachteiligung durch die Rechtshand-lung fehlt, sich aber im [X.]punkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung 12
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im Anfechtungsprozess ergibt, dass die Möglichkeit der Gläubiger, sich aus dem Vermögen des Schuldners zu befriedigen, durch das Hinzutreten weiterer Umstände beeinträchtigt wurde (vgl. [X.], Urteil vom 26.
April 2012, aaO
Rn.
22).

Das gilt jedenfalls dann, wenn die hierfür maßgeblichen Tatsachen be-reits in erster Instanz vorgetragen waren oder zwar erst in der Berufung vorge-tragen, aber zugelassen oder zuzulassen waren oder wenn es sich um [X.] handelt, die sich erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster In-stanz zugetragen haben (vgl. [X.], Urteil vom 26.
April 2012, aaO Rn. 23).

Daher kann auch jemand, der zur [X.] der Vornahme der Rechtshand-lung noch nicht benachteiligt oder noch nicht einmal Gläubiger war, durch eine Rechtshandlung mittelbar benachteiligt sein. Der eingetretene weitere Umstand muss nicht seinerseits durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht worden sein. Es reicht aus, dass die Benachteiligung objektiv jedenfalls auch durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht wurde ([X.], Urteil vom 26.
April 2012, aaO Rn.
24).

bb) Die angefochtene Vertragsübernahme führte zu einer mittelbaren objektiven Gläubigerbenachteiligung. Die Insolvenzanfechtung wird erst durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ermöglicht. Im Insolvenzverfahren sind die Kosten des Verfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten gemäß §
53 [X.] vorweg zu begleichen, während die Insolvenzgläubiger nach [X.] der §§
38, 87, 187 ff [X.] gleichmäßig und [X.] befriedigt werden. Wird eine Forderung, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur [X.] gemäß §
38 [X.] geworden wäre, durch eine Rechtshandlung vor Eröff-nung des Insolvenzverfahrens so verändert, dass sie im Falle der Eröffnung des 16
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Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit zu begleichen ist, wird die [X.] der Insolvenzgläubiger mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens dadurch benachteiligt, dass diese Forderung vor ihren Forderungen befriedigt wird. Denn durch die Verminderung der Masse verringert sich ihre Quote und damit ihre Befriedigungsmöglichkeit im Insolvenzverfahren ([X.], Urteil vom 26.
April 2012, aaO Rn. 26).

Die angefochtene Vertragsübernahme vom 29./30.
September 2008 führ-te dazu, dass die Insolvenzmasse gemäß § 108 Abs.
1 Satz
1 [X.] für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen Mieten haftet, die gemäß §§
53, 55 Abs.
1 Nr.
2 [X.] vorweg als Masseverbindlichkeiten zu befriedigen sind. Ohne die Vertragsübernahme hätte die Schuldnerin zwar aus dem Miet-verschaffungsvertrag ebenfalls für die von der K.

mbH geschuldeten Mieten einzustehen gehabt. Insoweit hätte es sich aber lediglich um eine Insolvenzforderung gehandelt, die zur Tabelle hätte [X.] werden müssen und die [X.] wie alle anderen Insolvenzforderun-gen befriedigt worden wäre. Durch die mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens einhergehende Verminderung der Befriedigungsmöglichkeit der anderen [X.] ist deshalb eine -
durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mitverursachte
-
mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger eingetreten ([X.], Urteil vom 26.
April 2012, aaO Rn.
27).

b) Die für §
133 Abs.
2 [X.] erforderliche unmittelbare Gläubigerbenach-teiligung hat das Berufungsgericht demgegenüber im Ergebnis zutreffend [X.]. Diese setzt voraus, dass ohne Hinzutreten weiterer Umstände die Befrie-digungsmöglichkeiten aus dem Schuldnervermögen bereits durch die [X.] Rechtshandlung beeinträchtigt wurden ([X.], Urteil vom 19.
Mai 2009
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IX
ZR 129/06, [X.], 1333 Rn.
18;
vom 26.
April 2012, aaO Rn. 28).
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aa) Durch den Eintritt in den Mietvertrag ist die Schuldnerin unmittelbar zur Zahlung der Miete verpflichtet worden. Im Gegenzug hat sie jedoch die Rechte aus dem Mietvertrag erhalten und ist zudem von der Verpflichtung aus der Garantiehaftung nach dem [X.] frei geworden. War der Mietpreis angemessen, ist durch diesen Vertragseintritt eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht eingetreten.

bb) Dem steht das Urteil des Senats vom 9.
Juli 2009 (IX
ZR 86/08, [X.], 1674), anders als die Revision meint, nicht entgegen. Danach ist zwar für eine Gläubigerbenachteiligung unerheblich, wenn sich durch dieselbe Handlung nicht nur die [X.], sondern auch die [X.] erhöht hat. Denn eine Saldierung der Vor-
und Nachteile findet im Anfechtungsrecht nicht statt, eine Vorteilsausgleichung nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen ist [X.] nicht zulässig ([X.], aaO Rn.
36
f).

Die Entscheidung betrifft allerdings einen Fall der Anfechtung einer Rechtshandlung, die rein positive (Wertschöpfung durch das Brauen von Bier) wie negative (Entstehung von Biersteuer und Sachhaftung des Bieres für die Steuer) Auswirkungen auf das Schuldnervermögen hatte, ohne dass diese in zurechnungsrelevanter Weise voneinander abhingen. Bei der Feststellung der objektiven Gläubigerbenachteiligung sind aber solche Folgen zu [X.], die ihrerseits an die angefochtenen Rechtswirkungen einer Handlung an-knüpfen ([X.], Urteil vom 26.
April 2012, aaO Rn.
31).

Wird die Willenserklärung auf Abschluss eines gegenseitigen [X.] insolvenzrechtlich angefochten, so kann die gläubigerbe-nachteiligende Rechtsfolge nicht allein der Leistungspflicht des Schuldners ent-21
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nommen werden, die sich aus dem durch die Willenserklärung zustande ge-kommenen Vertrag ergibt, während die Pflicht zur Erbringung der [X.] unberücksichtigt bleibt. Besteht der anfechtungs-rechtlich rückabzuwickelnde Vorgang nicht lediglich in einer durch den [X.] des Vertrages hergestellten Aufrechnungslage, sondern in der [X.] der schuldrechtlichen Verpflichtung selbst, ist Gegenstand der Anfechtung die Willenserklärung,
die auf Eingehung der vertraglichen Verpflichtung gerich-tet ist. Die insolvenzrechtliche Anfechtung führt zwar nicht zur Nichtigkeit der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung, sondern gemäß §
143 Abs.
1 [X.] lediglich zu einer Rückgewährverpflichtung. Bei einer durch die [X.] Rechtshandlung begründeten schuldrechtlichen Verpflichtung hat dies aber zur Folge, dass sich der [X.] nicht auf die angefochtene, den Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages bewirkende Willenserklärung berufen kann ([X.], Urteil vom 26.
April 2012, aaO Rn. 32).

Damit entfallen mit der Anfechtung einer Erklärung auf Abschluss eines Vertrages auch alle Ansprüche des Schuldners aus dem durch die [X.] Rechtshandlung zustande gekommenen Vertrag. Für die objektive Gläubi-gerbenachteiligung ist deshalb in solchen Fällen der Anspruch auf die Gegen-leistung in die Beurteilung einzubeziehen.

cc) Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung ist hier selbst dann nicht eingetreten, wenn mit dem Beklagten davon auszugehen wäre, dass der in dem Mietvertrag vereinbarte Mietzins überhöht war und nicht dem Wert der Gegen-leistung der Klägerin entsprach. Die Pflicht der Schuldnerin, für eine derart überhöhte Miete einstehen zu müssen, war bereits in §
2 Abs.
1
des Mietver-schaffungsvertrages entgeltlich begründet worden. Hiernach hatte die Schuld-nerin uneingeschränkt dafür einzustehen, dass die Mieterin ihre Verpflichtungen 25
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erfüllt. Dazu gehörte auch die Pflicht zur Zahlung einer -
gegebenenfalls über-höhten
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Miete.

Diese Verpflichtung bestand zwar gegenüber der F.

GmbH, durfte von dieser aber gemäß §
2 Abs.
2 des [X.]es an die Vermieterin abgetreten werden. Die Einstandspflicht ging dahin, dass die Schuldnerin für die Erfüllung sämtlicher Pflichten der Mieterin einzustehen [X.]. Wirtschaftlich hatte die Schuldnerin damit schon damals -
entgeltlich
-
die Verpflichtung übernommen, in vollem Umfang für die Erfüllung des [X.] einzustehen, ohne dass ihr selbst mietvertragliche Rechte zugestanden hätten. Auch für einen überhöhten Mietzins hatte sie danach schon vor Eintritt in den Mietvertrag aufzukommen. Bei der erforderlichen wirtschaftlichen Be-trachtung hat sich ihre Vermögenslage deshalb durch den Eintritt in den Miet-vertrag nicht unmittelbar verschlechtert.

2. Die Voraussetzungen der Schenkungsanfechtung nach §
134 Abs.
1 [X.] liegen entgegen der Auffassung der Revision nicht vor.

a) Eine Leistung der Schuldnerin liegt vor. Die Regelungen des §
134 Abs.
1 [X.] will Gläubiger entgeltlich begründeter Rechte gegen die Folgen unentgeltlicher Leistungen des Schuldners innerhalb eines bestimmten [X.]-raums vor Insolvenzeröffnung schützen. Die Interessen der durch eine unent-geltliche Leistung Begünstigten sollen
den Interessen der Gläubigergesamtheit weichen. Dieser Zweck gebietet nicht nur eine weite Auslegung des Begriffs der Unentgeltlichkeit ([X.], Urteil vom 21.
Januar 1999 -
IX
ZR 429/97, [X.], 316, 317; Beschluss vom 21.
Dezember 2010 -
IX
ZR 199/10, [X.], 484 Rn.
10), sondern auch des Begriffes der Leistung ([X.], Urteil vom 26.
April 2012, aaO Rn.
37).
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Der Abschluss von Verträgen mit der Übernahme von Leistungspflichten durch den Schuldner ist als Leistung im Sinne des §
134 [X.] anzusehen ([X.], Urteil vom 26.
April 2012, aaO Rn.
38). Erfasst werden nicht nur Verfü-gungen, sondern auch verpflichtende Rechtsgeschäfte ([X.], Urteil vom 21.
Januar 1993 -
IX
ZR 275/91, [X.]Z 121, 179, 182). Ausreichend ist, dass die Handlung das Vermögen des Schuldners mindert. Das ist bei der [X.] vertraglicher Verpflichtungen der Fall ([X.], Urteil vom 26.
April 2012, aaO).

b) Unentgeltlich ist eine Leistung, hier die Einräumung vertraglicher Rechte gegen die Schuldnerin, wenn für sie vereinbarungsgemäß keine Gegen-leistung, sei es an den Schuldner, sei es an einen [X.], erbracht wird, der Leistungsempfänger also keine eigene Rechtsposition aufgibt, die der Leistung des Schuldners entspricht. Hierüber entscheidet grundsätzlich das objektive Verhältnis der ausgetauschten Werte ([X.], Urteil vom 5.
Juni 2008 -
IX
ZR 17/07, [X.], 1412 Rn.
11).

Im [X.] ist eine Leistung als unentgeltlich anzuse-hen, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenüber-steht, dem Leistenden also keine Gegenleistung zufließen soll, die dem aufge-gebenen Vermögenswert ([X.], Urteil vom 16.
November 2007 -
IX
ZR 194/04, [X.]Z 174, 228 Rn.
8) oder der eingegangenen Verpflichtung entspricht. Über-nimmt der spätere Insolvenzschuldner die Verpflichtung eines [X.] aus einem Vertrag, indem er an dessen Stelle in diesen Vertrag eintritt, kommt es für die Beurteilung der zu erbringenden Gegenleistung darauf an, welche Leistung der Vertragspartner des Insolvenzschuldners diesem künftig nach den [X.] zu erbringen hat. Hat der Vertragspartner für die [X.] als solche eine gesonderte Gegenleistung erbracht, ist diese bei der 30
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-
Beurteilung der Angemessenheit der Gegenleistung zusätzlich zu [X.]. Der Umstand, dass für die
Vertragsübernahme selbst keine gesonderte Gegenleistung erbracht wurde, macht diese jedoch nicht unentgeltlich.

Durch den dritten Nachtrag zum Mietvertrag ist die Schuldnerin in den Mietvertrag anstelle der K.

mbH eingetreten und hat deren sämtliche Verpflichtungen übernommen, gleich aus welchem Rechts-grund, auch soweit sie bereits in der Vergangenheit entstanden waren (§
1). Eine gesonderte Gegenleistung allein für die Vertragsübernahme hat die Schuldnerin nicht erhalten. Deshalb kommt es auf die Leistungen an, die die Klägerin nach dem Mietvertrag schuldete. Hiernach hat sie sich dazu verpflich-tet, ihre Pflichten aus dem Mietvertrag
nunmehr
gegenüber der Schuldnerin zu erfüllen und die vormalige Mieterin aus allen Pflichten zu entlassen. Damit hatte die Klägerin nunmehr der Schuldnerin, der hierauf zuvor kein Anspruch zu-stand, obwohl sie für alle Pflichten der vormaligen Mieterin einzustehen hatte, die Mietsache zur Nutzung zu überlassen, und zwar auch für die [X.], in der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin der Mietvertrag mit Wirkung für die Masse nach §
108 Abs.
1 [X.] fortbestand.

Keine ausreichende Gegenleistung der Klägerin ergibt sich allein aus dem Nachtrag zum Mietvertrag allerdings im Hinblick auf die Verpflichtung der Schuldnerin, bereits in der Vergangenheit entstandene Ansprüche der Klägerin zu erfüllen. Zu berücksichtigen aber ist insoweit die zuvor schon bestehende Verpflichtung der Schuldnerin aus dem [X.]. Unabhängig davon, ob die vorherige Mieterin im [X.]punkt des Vertragseintritts noch zah-lungsfähig oder die Miete überhöht war, hatte die Schuldnerin für die jetzt über-nommenen Pflichten ohnehin einzustehen. Ihr wurden aber erstmals auch die vertraglichen Ansprüche der bisherigen Vermieterin eingeräumt.
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Soweit die Revision meint, für die Beurteilung der Unentgeltlichkeit sei ausschließlich auf das Verhältnis der im Rahmen des übernommenen Vertra-ges ausgetauschten Werte abzustellen, zuvor abgeschlossene Verträge dürften keine Berücksichtigung finden, übersieht sie den Regelungszweck des §
134 [X.]. Hat der Schuldner durch Vertrag eine eigene Verpflichtung übernommen, die er als Mitverpflichteter aus einem früheren Vertrag ohnehin zu erfüllen hatte, hat er der Masse nichts entzogen, was er nicht ohnehin hätte leisten müssen.

Durch die Vertragsübernahme hat sich die Klägerin zwar für ein mögli-ches Insolvenzverfahren der Schuldnerin insoweit einen Vorteil verschafft, als sie nunmehr nach Maßgabe des §
108 Abs.
1 [X.] Massegläubigerin wurde. Für die Frage der wirtschaftlichen Werthaltigkeit der Gegenleistung ist aber auf den [X.]punkt der Vollendung des [X.] abzustellen (vgl. [X.], Urteil vom 30.
März 2006 -
IX
ZR 84/05, [X.], 1156 Rn.
11). Dies war hier der [X.]punkt der Begründung der vertraglichen Verpflichtungen. Eine sich erst [X.] in einem Insolvenzverfahren für die Klägerin ergebende günstigere Situation hat bei der Beurteilung der Frage der Unentgeltlichkeit nach §
134 [X.] [X.] zu bleiben (vgl. [X.], Urteil vom 26.
April 2012, aaO Rn.
43).

III.

Die Sache ist nicht zu Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht hat zu den weiteren Voraussetzungen einer Anfechtung nach §
133 Abs.
1 [X.] keine Feststellungen getroffen (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 26.
April 2012 -
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73/11, [X.], 1079
Rn.
8
f). Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben
und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, §
563 Abs.
1 ZPO.

[X.]
Gehrlein
[X.]

Fischer
Pape

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 31.08.2010 -
7 [X.] 3990/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 20.04.2011 -
13 U 1416/10 -

Meta

IX ZR 77/11

08.11.2012

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2012, Az. IX ZR 77/11 (REWIS RS 2012, 1623)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1623

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IX ZR 77/11

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