Bundessozialgericht, Urteil vom 27.04.2010, Az. B 5 R 8/08 R

5. Senat | REWIS RS 2010, 7227

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Revisionszulassung - Verjährungseinrede - Verwaltungsverfahren - Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung


Leitsatz

1. Die Begrenzung der Revision auf die Verjährungseinrede ist zulässig, weil es sich insofern um einen (ab)trennbaren Streitgegenstand im revisionsrechtlichen Sinne handelt (Anschluss an BSG vom 12.12.2007 - B 12 AL 1/06 R = BSGE 99, 271 = SozR 4-2400 § 27 Nr 3 und BSG vom 13.9.2006 - B 12 AL 1/05 R = SozR 4-2400 § 27).

2. Der Begriff des Beitragsverfahrens iS von § 198 S 1 SGB 6 ist weit auszulegen und erfasst auch Verwaltungsverfahren, in denen zunächst nur die Nachversicherungsvoraussetzungen geprüft werden.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte den Kläger auf Zahlung von [X.] für die Beigeladene zu 1) in Anspruch nehmen durfte.

2

Die Beigeladene zu 1), die am 1920 geboren und am 16.10.2008 verstorben ist, trat am [X.] in die Schwesternschaft des [X.] und [X.]/[X.] ([X.]utterhaus) ein und ließ sich dort erfolgreich zur examinierten Krankenschwester ausbilden. Anschließend arbeitete sie als Krankenschwester im [X.]. Das [X.]utterhaus zahlte für sie ab dem 12.1.1950 Beiträge zur Freiwilligen Rentenversicherung der [X.] in Höhe von [X.] ([X.]) monatlich. Am [X.] wurde die Beigeladene zu 1) zur [X.] eingesegnet, womit nach § 16 Satz 4 der Satzung des [X.]utterhauses vom [X.] "die definitive Zugehörigkeit zur [X.]" begann. Zur (Alters-)Versorgung der [X.] legt § 16 Satz 8 der [X.] fest:

        

"Alt und schwach oder sonst dienstunfähig gewordene Schwestern versorgt das [X.]utterhaus, solange dieselben im [X.]utterhaus bleiben. Ein Anspruch auf Pension oder Rente außerhalb des Hauses steht keiner Schwester zu."

3

[X.]it Vollendung des 60. Lebensjahres am 1980 beendete die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit als Krankenschwester und bezog ab dem 1.11.1980 Altersrente aus der Sozialversicherung der [X.] in Höhe der damaligen [X.]indestrente von 270,00 [X.] monatlich. Diesen Rentenbetrag behielt das [X.]utterhaus ein, zahlte der Beigeladenen zu 1) ein monatliches Taschengeld von 100,00 [X.] sowie bei Bedarf einmalige Leistungen und gewährte ihr als Feierabend-[X.] bis zum 16.12.1981 Kost und Logis im [X.]utterhaus.

4

Am 17.12.1981 siedelte die Beigeladene zu 1) in die [X.] über, ohne auf ihre Rechte und Ansprüche gegenüber dem [X.]utterhaus zu verzichten. Die Oberin des [X.]utterhauses wandte sich daraufhin mit Schreiben vom 15.3.1982 an die Beigeladene zu 1) und führte aus: Die Beigeladene zu 1) habe das [X.]utterhaus "aus persönlichen Gründen freiwillig aus der Versorgungspflicht" entlassen und außerhalb des [X.] der [X.] keine Versorgungsansprüche an den Beigeladenen zu 2) "oder an eine andere kirchliche Dienststelle". Sobald sie in den Währungsbereich der [X.] zurückkehre, "werde die Versorgungspflicht des [X.]utterhauses wieder wirksam".

5

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die [X.] ([X.]), bewilligte der Beigeladenen zu 1) ab dem 1.2.1982 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Bescheid vom 20.12.1982) und ab dem 1985 [X.] wegen Vollendung des 65. Lebensjahres (Bescheid vom 3.9.1985). Die [X.] zahlte ergänzende Sozialhilfe.

6

Der Kläger, der als selbständige Stiftung [X.]itglied des Beigeladenen zu 2) ist, ist seit dem 31.3.1991 Rechtsträger des [X.]utterhauses. Die Beigeladene zu 1) forderte ihn mit Schreiben vom 8.12.1993 und den Beigeladenen zu 2) mit Schreiben vom 5.5.1994 auf, ihr [X.] zu leisten. Dies lehnte der Kläger ab, weil die Beigeladene zu 1) mit ihrer Übersiedlung in die [X.] am 17.12.1981 aus dem [X.]utterhaus ausgetreten sei und deshalb keine Versorgungsansprüche mehr habe. [X.]it Schreiben vom 7.7.1994 wandte sich die Beigeladene zu 1) an die [X.] ([X.]) und bat zu prüfen, ob sie eine Altersrente erhalten könne, weil sie unversorgt aus dem Dienst des [X.] ausgeschieden sei.

7

Um den Kirchen die Nachversicherung von [X.] und [X.]itgliedern geistlicher Genossenschaften aus dem Beitrittsgebiet zu ermöglichen, stellte die [X.] im [X.] einmalig 100.000.000,00 D[X.] als "Pauschalausgleich für einigungsbedingte Sonderlasten" zur Verfügung. Der Beigeladene zu 2) beauftragte daraufhin das [X.], die Nachversicherungen für die [X.]-[X.]utterhäuser abzuwickeln. [X.]it Schreiben vom 23.12.1994 bot das [X.] der [X.] an, die Beigeladene zu 1) nachzuversichern und dafür 63.113,28 D[X.] zu zahlen. Die [X.], an die das Nachversicherungsangebot zuständigkeitshalber weitergeleitet worden war, teilte dem [X.] unter dem 20.6.1995 mit, es könne keine Nachversicherung durchgeführt werden, weil die Beigeladene zu 1) der Ordensgemeinschaft noch angehöre. Das [X.] zog das Nachversicherungsangebot zurück, weil der Kläger den Nachzahlungsbetrag für die Beigeladene zu 1) nicht aufbringen könne (Schreiben vom 23.8.1995). Schließlich erklärte auch die Beigeladene zu 1) das Nachversicherungsbegehren für erledigt (Schriftsatz vom 27.3.1996).

8

Gleichwohl beantragte sie am [X.], das [X.] fortzuführen. Im Verwaltungsverfahren teilte der Kläger unter dem [X.] mit, die Beigeladene zu 1) sei "mit ihrer Ausreise aus der [X.] … aus dem Versorgungsanspruch des [X.]utterhauses ausgeschieden". Daraufhin setzte die Beklagte für die [X.] vom [X.] bis 17.12.1981 die [X.] auf 63.255,16 D[X.] fest und nahm den Kläger auf Zahlung in Anspruch, weil die Beigeladene zu 1) unversorgt aus seinen Diensten ausgeschieden sei (Bescheid vom [X.]). Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom [X.] zurück.

9

Im Klageverfahren hat der Kläger die Einrede der Verjährung erhoben und geltend gemacht, dass der Nachversicherungsantrag vom [X.] erst nach Ablauf der gesetzlichen Ausschlussfrist (31.12.1994) gestellt worden sei. [X.]it Gerichtsbescheid vom 2.11.2004 hat das Sozialgericht (SG) die angefochtenen Bescheide aufgehoben: Die Beigeladene zu 1) sei aufgrund der entrichteten freiwilligen Beiträge zur Rentenversicherung der [X.] nicht ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung aus ihrer Beschäftigung ausgeschieden.

Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte den angefochtenen Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] durch Bescheid vom [X.] ersetzt und die Nachversicherungssumme auf 32.161,11 € reduziert: Sobald dieser Betrag eingehe, erhöhe sich die monatliche Rente der Beigeladenen zu 1) von 457,92 € auf 643,61 €, und für die [X.] vom [X.] bis zum 30.11.2007 seien 43.847,61 € nachzuzahlen (fiktiver Rentenbescheid vom 8.11.2007).

[X.]it Urteil vom 14.11.2007 hat das Landessozialgericht [X.] ([X.]) die Berufung zurückgewiesen und den Bescheid vom [X.] aufgehoben: Die Beitragsforderung, die am [X.] entstanden und fällig geworden sei, sei schon verjährt gewesen, als sie die Beklagte mit Beitragsbescheid vom [X.] geltend gemacht habe.

[X.]it der - vom [X.] zugelassenen - Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 25 [X.] ([X.]), §§ 208, 209, 214, 217 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 198 [X.] ([X.]) in der bis zum 31.12.2001 geltenden Ursprungsfassung und § 52 [X.] ([X.]): [X.] vom [X.] sei innerhalb der Verjährungsfrist erlassen worden. Denn die vierjährige Verjährungsfrist sei aufgrund folgender Tatbestände über den [X.] hinaus verlängert worden: Erstens sei aufgrund des Schreibens der Beigeladenen zu 1) vom 7.7.1994 in unverjährter [X.] ein Verwaltungsverfahren eingeleitet worden, um die Voraussetzungen für eine Nachversicherung zu prüfen. Dieses Beitragsverfahren habe die Verjährung des Anspruchs auf Zahlung von Beiträgen bis zum 28.3.1996 unterbrochen, als die Beigeladene zu 1) das Verfahren für erledigt erklärt habe. Daraufhin habe die vierjährige Verjährungsfrist am 29.3.1996 erneut begonnen und sei erst am [X.] abgelaufen. Zweitens habe die Beigeladene zu 1) am 13.4.1995 beantragt, die Höhe ihrer Altersrente zu überprüfen. Dieses Verfahren über einen Rentenanspruch habe die Verjährung der Beitragsforderung bis zum [X.] unterbrochen. [X.] man schließlich drittens das Schreiben des [X.]es Ruhr-Witten vom 23.12.1994 als Anerkenntnis auf, habe es eine Unterbrechung der Verjährungsfrist bewirkt. Gehe man davon aus, dass das [X.] das Anerkenntnis am 28.8.1995 wirksam zurückgenommen habe, so habe die Verjährungsfrist am 29.8.1995 erneut begonnen und wäre am [X.] abgelaufen, wenn nicht das anhängige [X.] diese Frist erneut verlängert hätte.

Der Kläger, dem die Revisionsbegründung der Beklagten am 21.2.2008 zugestellt worden ist, hat in der mündlichen Verhandlung vom 27.4.2010 [X.] eingelegt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des [X.] [X.] vom 14.11.2007 und den Gerichtsbescheid des [X.] vom 2.11.2004 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom [X.] abzuweisen sowie

die [X.] des [X.] zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen,

hinsichtlich der Frist zur Einlegung der [X.] Wiedereinsetzung zu gewähren

sowie das Urteil des [X.] vom 14.11.2007 abzuändern und festzustellen, dass ein Nachversicherungstatbestand nicht vorliegt.

Er ist der Auffassung, der [X.] sei nicht entstanden, weil die Beigeladene zu 1) ihren Anspruch auf Versorgung mit dem Weggang aus dem [X.]utterhaus nicht verloren habe. Jedenfalls sei dieser Versorgungsanspruch mit der [X.] am 3.10.1990 wieder aufgelebt. Überdies sei der Nachversicherungsantrag vom [X.] erst nach Ablauf der gesetzlichen Ausschlussfrist (31.12.1994) gestellt worden. Im Übrigen sei das Schreiben der [X.] an das [X.] vom 20.6.1995, wonach keine Nachversicherung durchgeführt werden könne, ein begünstigender Bescheid, der nach Ablauf eines Jahres bestandskräftig geworden sei. Auf die Bestandskraft habe der Kläger vertraut und auch vertrauen dürfen, zumal ein begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - auch wenn er rechtswidrig sei - nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden dürfe.

Der Beigeladene zu 2) beantragt,

        

1.   

die Revision zurückzuweisen und

        

2.   

das Urteil des [X.] dahingehend abzuändern, dass der Beklagten die dem Beigeladenen zu 2) entstandenen außergerichtlichen Kosten auch im Berufungsverfahren auferlegt werden.

Er ist der Ansicht, die Beigeladene zu 1) sei nicht unversorgt aus dem [X.]utterhaus ausgeschieden, zumal sie aus der Beschäftigung Rentenansprüche in der ehemaligen [X.] und - nach der Übersiedlung - auch in der [X.] erworben habe. Der [X.] und dem Wiedereinsetzungsantrag des [X.] schließt sich der Beigeladene zu 2) hilfsweise an.

Die Beigeladene zu 1) ist im Revisionsverfahren nicht vertreten gewesen.

Entscheidungsgründe

Die [X.] ist unzulässig (A.), die Revision der Beklagten begründet (B.).

A. Die [X.] ist als unzulässig zu verwerfen (§ 169 Satz 2 iVm Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <[X.]>), weil sie nicht in der gesetzlichen Frist eingelegt worden ist. Nach § 202 [X.] iVm § 554 Abs 2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) ist die [X.] bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Revisionsbegründung zu erklären ([X.] 37, 28, 33 = [X.] zu § 556 ZPO; [X.] 44, 184 f = [X.] 1750 § 556 [X.] 1; [X.] 47, 168, 169 = [X.] 1750 § 556 [X.] 2; B[X.] [X.] 3-5050 § 15 [X.] 5 S 23; Fichte in Breitkreuz/Fichte, [X.], 2009, § 160 Rd[X.] 79; [X.] in: [X.]/[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl 2008, § 160 Rd[X.] 3f und § 164 Rd[X.] 12e). Die Revisionsbegründung ist dem [X.]lägerbevollmächtigten (§ 63 Abs 2 Satz 1 [X.] iVm § 172 Abs 1 Satz 1 ZPO) von Amts wegen (§ 63 Abs 1 Satz 1 [X.]) gegen [X.] (§ 63 Abs 2 Satz 1 [X.] iVm § 174 Abs 1, 4 Satz 1 ZPO) am 21.2.2008 wirksam zugestellt worden. Mit dem Tag nach der Zustellung, also am [X.], begann die einmonatige Frist zur Einlegung der [X.] (§ 64 Abs 1 [X.]). Sie endete gemäß § 64 Abs 2 Satz 1, Abs 3 [X.] am 25.3.2008 (Dienstag nach [X.]). Die [X.] ist aber erst am 27.4.2010 und damit nach Fristablauf eingelegt worden.

Gegen die Versäumung der Monatsfrist ist dem [X.]läger keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 67 Abs 1 [X.]) zu gewähren. Denn er hat den Wiedereinsetzungsantrag erst nach Ablauf der einjährigen Ausschlussfrist des § 67 Abs 3 [X.] gestellt. Nach dieser Vorschrift ist der Antrag nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist (hier: Mittwoch, der [X.]) unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war. Der [X.]läger hat keine Tatsachen glaubhaft gemacht (§ 67 Abs 2 Satz 2 [X.]), die auf das Vorliegen höherer Gewalt schließen lassen könnten.

B. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Zu Unrecht hat das [X.] die Berufung der Beklagten gegen den klagestattgebenden Gerichtsbescheid des [X.] zurückgewiesen und den Bescheid vom 9.11.2007, der den ursprünglich angefochtenen Bescheid vom 21.1.2000 ersetzte und deshalb nach § 153 Abs 1 [X.] iVm § 96 Abs 1 [X.] Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist, aufgehoben. Gegenstand der Revision ist nur die Frage, ob die Beitragsforderung, die das [X.] dem Grunde nach aus § 233a Abs 1 Satz 3 Ziffer 2 iVm Satz 1 [X.]B VI hergeleitet hat, verjährt ist. Die Beklagte hat die Revision entsprechend ihrer Interessenlage auf die [X.] begrenzt. Dies ist zulässig, weil es sich insofern um einen (ab)trennbaren Streitgegenstand im revisionsrechtlichen Sinne handelt ([X.] 99, 271 = [X.] 4-2400 § 27 [X.] 3, Rd[X.] 10; B[X.] [X.] 4-2400 § 27 [X.] 2 Rd[X.] 11; [X.] , Urteile vom 11.1.1974 - [X.] - [X.] 1974, 558, 559 und vom [X.] - VIII ZR 286/88 - [X.], 256). Ob eine Beitragsforderung dem Grunde nach entstanden ist, unterliegt mangels zulässig erhobener [X.] (vgl dazu A.) nicht mehr der [X.] Prüfung.

Die Beitragsforderung ist nicht verjährt. Denn die Voraussetzungen des § 25 Abs 1 Satz 1 [X.]B IV sind nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift (in ihrer hier noch maßgeblichen Fassung bis zum 31.12.2000) verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des [X.]alenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Der Anspruch auf Zahlung der Nachversicherungsbeiträge wurde am [X.] fällig ([X.]), so dass die Verjährungsfrist nach Ablauf des [X.]alenderjahres 1992 am [X.] begann und [X.] geendet hätte, wenn sie nicht in [X.] durch das [X.] unterbrochen worden wäre (I[X.]), das aufgrund des Antrags der Beigeladenen zu 1) vom 7.7.1994 eingeleitet worden ist. Nach Abschluss dieses [X.]s und dem Ende der Unterbrechung am 28.3.1996 hat die Beklagte vor dem (erneuten) Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist am [X.] den Beitragsbescheid vom 21.1.2000 in [X.] erlassen (II[X.]). Dieser Beitragsbescheid unterbrach die laufende Verjährungsfrist erneut, wobei aus der Unterbrechung am 1.1.2002 kraft gesetzlicher Fiktion eine Hemmung wurde (IV.). Mit dem Erlass des Beitragsbescheids vom 9.11.2007, der den ursprünglich angefochtenen Beitragsbescheid vom 21.1.2000 ersetzte, wurde die Hemmung der Verjährung nicht beendet (V.)

[X.] Die Fälligkeit von [X.] regelt § 184 Abs 1 [X.]B VI (vgl zum Normzweck: [X.] in [X.], [X.]B VI, Stand 2010, § 184 Rd[X.] 2, 3), der vorliegend in seiner bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung (aF) anzuwenden ist. Danach werden Beiträge gezahlt, wenn die Voraussetzungen für die Nachversicherung eingetreten sind, insbesondere Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung nicht gegeben sind. Die Voraussetzungen des § 233a Abs 1 Satz 3 Ziffer 2 iVm Satz 1 [X.]B VI für die Nachversicherung der Beigeladenen zu 1) traten ein, als die Norm gemäß Art 42 Abs 1 des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung ([X.] vom [X.], [X.], 1606) am [X.] in [X.] trat. [X.] von § 184 Abs 2 [X.]B VI aF lagen nicht vor. Da der [X.] somit am [X.] fällig wurde, begann die Verjährungsfrist - nach Ablauf des [X.]alenderjahres 1992 - am [X.].

I[X.] Der Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist am 31.12.1996 wurde noch in [X.] durch das Verwaltungsverfahren (§ 8 [X.]B X) unterbrochen, das die Beklagte zur Prüfung der Nachversicherung aufgrund der Schreiben der Beigeladenen zu 1) vom 7.7.1994 und des [X.] vom 23.12.1994 eingeleitet hatte (§ 18 Satz 2 [X.] 1 [X.]B X). Denn [X.] oder Verfahren über einen Rentenanspruch unterbrechen nach § 198 Satz 2 [X.]B VI (in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung) auch die Verjährung des Anspruchs auf Zahlung von Beiträgen (§ 25 Abs 1 [X.]B IV). Der Begriff des [X.]s ist weit zu verstehen und erfasst schon Verwaltungsverfahren, in denen (zunächst nur) die [X.] geprüft werden (vgl zur weiten Auslegung: [X.]/[X.]/[X.], Die Rentenversicherung im [X.]B, Stand: 12/2009, § 198 [X.] 2; [X.] in [X.]/[X.], [X.]B VI, Stand 2010, [X.] § 198 Rd[X.] 7; [X.] in [X.], [X.]B VI, aaO, § 198 Rd[X.] 4; [X.] in [X.]reikebohm, [X.]B VI, 3. Aufl 2008, § 198 Rd[X.] 8; von [X.], BeckO[X.] [X.]B VI, § 198 Rd[X.] 4; [X.]/[X.]Buschmann/[X.], [X.]B VI, Stand: 9/2009, § 198 Rd[X.] 3; differenzierend [X.] in jurisP[X.]-[X.]B VI, § 198 Rd[X.] 23 ff, der nur "Verfahren über die Versicherungsberechtigung, Beitragszahlung, Beitragstragung und Beitragshöhe" zu den [X.] zählt). Unerheblich ist dabei, ob es anschließend (dh nach Abschluss der Prüfung) tatsächlich zur Durchführung der Nachversicherung mit dem Ziel der Beitragszahlung kommt. Für diese weite Interpretation spricht entscheidend, dass § 198 Satz 2 [X.]B VI die Versicherten davor schützen soll, dass sich lange Verfahrenslaufzeiten zu ihren Lasten auswirken (BT-Drucks 11/4124, [X.] zu § 193 [X.] 1992; [X.], aaO, § 198 Rd[X.] 3 und 7; [X.], aaO, § 198 Rd[X.] 13). Soweit der Beigeladene zu 2) unter Berufung auf eine Literaturmeinung ([X.]reikebohm/[X.]uszynski in G[X.]-[X.]B VI, Stand: August 2009, § 198 Rd[X.] 15) einwendet, der Antrag der Beigeladenen zu 1) vom 7.7.1994 berühre das Verhältnis zwischen den Hauptbeteiligten nicht, weil der [X.]läger als Arbeitgeber am ([X.] zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Beklagten nicht beteiligt sei, so ist dies unzutreffend. Denn der [X.]läger war - jedenfalls über den Beigeladenen zu 2), der das [X.] Ruhr-Witten mit der Abwicklung der Nachversicherungsfälle beauftragt hatte - als potentieller Adressat eines Nachversicherungs- und Beitragsbescheids (§ 12 Abs 1 [X.] 2 [X.]B X) an dem Verwaltungsverfahren zur Prüfung der [X.] kraft Gesetzes beteiligt. Ungeachtet dessen kommt es auf die Beteiligtenstellung des beitragsbelasteten Arbeitgebers auch gar nicht an, wie ein Blick auf die gleichrangige zweite Alternative des § 198 Satz 1 [X.]B VI aF belegt: Denn am "Verfahren über einen Rentenanspruch" zwischen Versicherten und Rentenversicherungsträgern, das bis zum 31.12.2001 ebenfalls zur Unterbrechung der Verjährung des Anspruchs auf Zahlung von Beiträgen führte, ist der Arbeitgeber nie "beteiligt". Ein solches Rentenverfahren war hier im Übrigen auf Antrag der Beigeladenen zu 1) vom [X.] ebenfalls eingeleitet und erst am [X.] beendet worden.

Das [X.] (und damit auch die Unterbrechung der Verjährung) endete nicht mit dem Schreiben der Beklagten vom 20.6.1995 an das [X.] Ruhr-Witten. Denn dieses Schreiben stellt keinen (verfahrensabschließenden) Verwaltungsakt iS der §§ 8, 31 Satz 1 [X.]B X dar. Nach § 31 Satz 1 [X.]B X ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Dass die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 20.6.1995 nur ihre vorläufige Rechtsmeinung kundtun und (noch) nicht verbindlich regeln wollte, ob ein Nachversicherungsanspruch besteht, verdeutlicht ihre Bitte, "zur [X.]lärung der Angelegenheit" abschließend Stellung zu nehmen. Eine verbindliche Entscheidung über die [X.] sollte vielmehr erst nach Eingang der Stellungnahme ergehen. Hierzu kam es jedoch im weiteren Verlauf nicht mehr, weil das [X.] durch die Erledigungserklärungen des [X.]s Ruhr-Witten vom 23.8.1995 und der Beigeladenen zu 1) vom 27.3.1996 endete.

II[X.] Mit dem Eingang der letzten Erledigungserklärung am 28.3.1996 endete diese Unterbrechung der Verjährung. Da nach § 25 Abs 2 [X.]B IV aF iVm § 217 [X.] in seiner bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung die bis zur Unterbrechung verstrichene [X.] nicht in Betracht kommt, begann die vierjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs 1 Satz 1 [X.]B IV aF am 29.3.1996 neu. Sie wäre am [X.] abgelaufen, wenn die Beklagte den Ablauf der Verjährungsfrist nicht zuvor in [X.] durch Erlass des Beitragsbescheids vom 21.1.2000 gemäß § 52 Abs 1 [X.]B X in seiner bis zum 31.12.2001 geltenden (Alt-) Fassung erneut unterbrochen hätte. Nach dieser Vorschrift unterbricht ein Verwaltungsakt, der zur Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, die Verjährung dieses Anspruchs (Satz 1). Die Unterbrechung dauert fort, bis der Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist oder das Verwaltungsverfahren, das zu seinem Erlass geführt hat, anderweitig erledigt ist (Satz 2).

IV. Aus dieser Unterbrechung ist am 1.1.2002 kraft gesetzlicher Fiktion eine Hemmung geworden. Denn nach Art 229 § 6 Abs 2 des Einführungsgesetzes zum [X.] (EG[X.]) gilt, soweit die Vorschriften des [X.] in der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung anstelle der Unterbrechung der Verjährung deren Hemmung vorsehen, eine Unterbrechung der Verjährung, die nach den anzuwendenden Vorschriften des [X.] in der vor dem 1.1.2002 geltenden Fassung vor dem 1.1.2002 eintritt und mit Ablauf des 31.12.2001 noch nicht beendigt ist, als mit dem Ablauf des 31.12.2001 beendigt, und ist die neue Verjährung mit Beginn des 1.1.2002 gehemmt. Diese Bestimmung gilt gemäß § 120 Abs 5 [X.]B X entsprechend bei der Anwendung des § 52 [X.]B X in seiner neuen Fassung (nF), die er durch Art 11 [X.] 3 des Gesetzes zur Einführung einer kapitalgedeckten Hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherung und zur Änderung anderer Gesetze ([X.] - [X.]) vom 21.6.2002 ([X.], 2167) mit (Rück-)Wirkung zum 1.1.2002 (Art 25 Abs 5 [X.]) erhalten hat. § 52 Abs 1 [X.]B X nF lautet: "Ein Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, hemmt die Verjährung dieses Anspruchs. Die Hemmung endet mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts oder sechs Monate nach seiner anderweitigen Erledigung."

Die Unterbrechung der Verjährung des [X.] galt mit Ablauf des 31.12.2001 als beendet, und die Verjährung war mit Beginn des 1.1.2002 gehemmt. Denn die Tatbestandsvoraussetzungen des Art 229 § 6 Abs 2 EG[X.], der bei Anwendung des § 52 [X.]B X nF entsprechend gilt, waren vorliegend erfüllt: § 52 [X.]B X nF sieht die Hemmung der Verjährung anstelle der Unterbrechung vor, die hier mit Erlass des Beitragsbescheids vom 21.1.2000 (und damit vor dem 1.1.2002) eingetreten und mit Ablauf des 31.12.2001 - aufgrund des anhängigen [X.]lageverfahrens - noch nicht beendigt war.

V. Seither ist die Verjährung durchgehend gehemmt. Denn nach § 52 Abs 1 Satz 2 [X.]B X nF endet die Hemmung nur mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts oder sechs Monate nach seiner Erledigung. Obwohl sich der Beitragsbescheid vom 21.1.2000 anderweitig erledigte, als ihn die Beklagte mit Bescheid vom 9.11.2007 während des Berufungsverfahrens aufhob, entfiel die Verjährungshemmung nicht nach Ablauf von sechs Monaten. Denn die Beklagte hat am gleichen Tag - und damit innerhalb der Sechsmonatsfrist - einen neuen Beitragsbescheid erlassen, der den ursprünglichen Beitragsbescheid ersetzte, deshalb Gegenstand des Berufungsverfahrens wurde und den Eintritt der Verjährung gemäß § 52 Abs 1 Satz 1 [X.]B X nF erneut hemmte.

Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 Satz 1 [X.] in der bis zum 1.1.2002 geltenden Fassung; § 197a [X.] ist nicht anwendbar, weil diese Vorschrift nach Art 17 Abs 1 Satz 2 des [X.] (6. [X.]-ÄndG) vom [X.] ([X.], 2144) nur Verfahren erfasst, die nach dem 1.1.2002 rechtshängig geworden sind (vgl dazu ausführlich B[X.] [X.] 3-2500 § 116 [X.] 24 S 115 ff).

Meta

B 5 R 8/08 R

27.04.2010

Bundessozialgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: R

vorgehend SG Stendal, 2. November 2004, Az: S 2 RJ 186/00, Gerichtsbescheid

§ 184 Abs 1 SGB 6 vom 25.09.1996, § 184 Abs 2 SGB 6 vom 25.09.1996, § 198 S 1 SGB 6 vom 18.12.1989, § 198 S 2 SGB 6 vom 18.12.1989, § 233a Abs 1 S 1 SGB 6, § 233a Abs 1 S 3 Nr 2 SGB 6, § 25 Abs 1 S 1 SGB 4 vom 04.11.1982, § 52 Abs 1 SGB 10 vom 18.01.2001, § 52 Abs 1 SGB 10 vom 21.06.2002, § 120 Abs 5 SGB 10, Art 229 § 6 Abs 2 BGBEG, § 63 SGG, § 67 Abs 1 SGG, § 67 Abs 2 S 2 SGG, § 67 Abs 3 SGG, § 169 S 1 SGG, § 169 S 2 SGG, § 172 ZPO, § 174 ZPO, § 554 ZPO, § 217 BGB vom 01.01.1964

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 27.04.2010, Az. B 5 R 8/08 R (REWIS RS 2010, 7227)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7227

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