Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.04.2013, Az. VII R 44/12

7. Senat | REWIS RS 2013, 6600

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Gegenstand

Maßgebliche Sach- und Rechtslage bei Anfechtungsklage; Rückforderung einer Investitionszulage vom Zessionar nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Zedenten


Leitsatz

1. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines gebundenen Verwaltungsakts kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der finanzgerichtlichen Entscheidung an, wenn der angefochtene Bescheid im Verlaufe des Gerichtsverfahrens --etwa durch ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO-- rechtmäßig wird.

2. Der Bescheid über die Bewilligung einer Investitionszulage, der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann, erledigt sich mit der Verfahrenseröffnung auf andere Weise. Im Verfahren der Rückforderung gegenüber dem Zessionar ist inzident zu prüfen, ob der Zedent materiell-rechtlich einen Anspruch auf den Zulagebetrag hatte.

3. Die Feststellung des Rückzahlungsanspruchs zur Insolvenztabelle muss auch der Zessionar gegen sich gelten lassen.

Tatbestand

1

I. Mit Bescheid vom 19. Februar 2009 gewährte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) der [X.] (GmbH) eine Investitionszulage. Einen Teilbetrag daraus trat die GmbH an die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ab. Auf die entsprechende Abtretungsanzeige hin überwies das [X.] der Klägerin diesen Betrag.

2

Am 1. September 2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Da das [X.] der Auffassung war, die Voraussetzungen für die Gewährung der Investitionszulage lägen nicht mehr vor, meldete es die Rückforderung des [X.] zur Insolvenztabelle an. Gleichzeitig forderte es mit Bescheid vom 18. September 2009 von der Klägerin den an sie gezahlten Betrag zurück. Zur Begründung führte es an, da die Voraussetzungen für die Gewährung der Investitionszulage wegen der Produktionseinstellung im Juni 2009 nicht mehr vorgelegen hätten, sei die Bewilligung "mit Forderungsanmeldungen vom 18. September 2009" geändert worden.

3

Der Insolvenzverwalter und ein Insolvenzgläubiger bestritten die zur Tabelle angemeldete Forderung. Mit Bescheid vom 29. Juni 2010 stellte das [X.] daraufhin gegenüber dem Insolvenzverwalter den angemeldeten [X.] als Insolvenzforderung fest. Der Bescheid wurde bestandskräftig, nachdem das [X.] den Einspruch des Insolvenzverwalters mit Einspruchsentscheidung vom 4. Januar 2011 zurückgewiesen hatte.

4

Ebenfalls am 4. Januar 2011 wies das [X.] den Einspruch der Klägerin gegen den Rückforderungsbescheid vom 18. September 2009 zurück. Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht ([X.]) hob den Rückforderungsbescheid letztlich mit der Begründung auf, der Rechtsgrund für die Zahlung der Investitionszulage sei in dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Rückforderungsbescheids maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung über den angefochtenen Verwaltungsakt noch nicht weggefallen gewesen. Sowohl der rechtskräftige Abschluss des Feststellungsverfahrens gegenüber dem Insolvenzverwalter als auch die Eintragung des [X.] zur Tabelle seien nach Erlass der Einspruchsentscheidung zum streitgegenständlichen Rückforderungsbescheid erfolgt; sie seien schon deshalb für die Beurteilung des Streitfalls ohne Belang.

5

Das [X.] begründet seine Revision zum einen damit, dass das [X.] für die Beurteilung, ob der Rechtsgrund für die Auszahlung eines Teilbetrages der Investitionszulage an die Klägerin i.S. des § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung ([X.]) weggefallen sei, rechtsfehlerhaft auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung über den Rückforderungsbescheid abgestellt habe. Zum anderen vertritt es die Auffassung, dass sich bereits durch die Anmeldung des Rückzahlungsanspruchs zur Insolvenztabelle, spätestens aber durch den Erlass des entsprechenden Feststellungsbescheids --beide hätten im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Einspruchsentscheidung bereits vorgelegen-- der Rechtsgrund für das Behaltendürfen der ausgezahlten Investitionszulage auf andere Weise i.S. des § 218 Abs. 1, § 124 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 13 des [X.] 2007 ([X.]) erledigt habe. Dies müsse auch die [X.] gegen sich gelten lassen mit der Folge, dass von ihr die Rückzahlung des ihr ausgezahlten Teilbetrages verlangt werden könne.

6

Die Klägerin hält die Entscheidung des [X.] für richtig. Rechtsgrund für die Zahlung des [X.] an sie sei der Bewilligungsbescheid über die Investitionszulage vom 19. Februar 2009, aus dem sich der teilweise an sie abgetretene Zahlungsanspruch ergebe. Dieser Bewilligungsbescheid sei bis zur Beendigung des Verwaltungsverfahrens über den Rückforderungsbescheid weder durch Aufhebung noch durch Änderung weggefallen. Zwar könne die Feststellung zur Insolvenztabelle die gleiche Wirkung haben wie eine inhaltsgleiche förmliche Änderung des Bescheids über die Investitionszulage. Diese Wirkung müsse auch ein Abtretungsempfänger gegen sich gelten lassen. Da die Rückforderung des [X.] aber erst im Verlaufe des finanzgerichtlichen Verfahrens zur Tabelle eingetragen worden sei, könne sie sich auf die Rechtmäßigkeit des an sie, die Klägerin, gerichteten Rückforderungsbescheids nicht auswirken.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Revision ist begründet. Das Urteil des [X.] verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

8

1. Das [X.] hätte der Klage nicht deshalb stattgeben dürfen, weil im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung über den Rückforderungsbescheid der [X.] als Rechtsgrund für die Auszahlung des abgetretenen Teilbetrages nicht förmlich aufgehoben war.

9

Anders als das [X.] meint, kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines gebundenen Verwaltungsakts grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der finanzgerichtlichen Entscheidung an. Das gilt nicht nur für Verpflichtungsklagen (vgl. dazu u.a. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 101 Rz 6, m.w.N.), sondern auch in Anfechtungsfällen, in denen der angefochtene Bescheid während des Gerichtsverfahrens --etwa durch ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]-- rechtmäßig wird. Denn nach § 100 Abs. 1 Satz 1 [X.]O hebt das Gericht den angefochtenen Verwaltungsakt auf, wenn er rechtswidrig ist. Der Erfolg im [X.] hängt also davon ab, dass der in § 100 Abs. 1 Satz 1 [X.]O umschriebene "Anspruch auf Aufhebung des [X.]" im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nach materiellem und formellem Recht besteht. Das [X.] hat diese Sach- und Rechtslage bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen (vgl. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 27. Mai 2009 II R 53/07, [X.], 493, [X.], 852; [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 100 [X.]O Rz 6, 7; für den Fall, dass ein Anspruch das Nichtbestehen von Ausschlusstatbeständen voraussetzt: Urteil des [X.] vom 31. März 2004  8 [X.] 5.03, BVerwGE 120, 246, m.w.N.).

Dem steht auch nicht die [X.] vom 24. April 2008 IV R 50/06 ([X.], 324, [X.], 35) entgegen. Zwar findet sich dort die Formulierung, dass für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, vorliegend also der Einspruchsentscheidung abzustellen ist. Aus dem Kontext der Entscheidung und der Bezugnahme auf § 367 Abs. 2 Satz 1 [X.] ergibt sich aber zweifelsfrei, dass diese Aussage nur den dort beurteilten Sachverhalt betrifft, in dem es um die Heilung eines ursprünglich bei seinem Erlass mangelhaften Bescheids durch die Einspruchsentscheidung ging. Wenn die so verstandene Aussage im Hinblick auf die klare Regelung des § 367 Abs. 1 [X.] offensichtlich zutreffend ist, so ist sie ebenso offensichtlich nicht auf den anders gelagerten Streitfall zu übertragen.

2. Die Entscheidung des [X.], den angefochtenen Rückforderungsbescheid aufzuheben, kann auch nicht deshalb Bestand haben, weil sie im Ergebnis richtig ist. Das wäre nur dann der Fall, wenn sich die Klägerin --unter Berücksichtigung der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der [X.]-Entscheidung-- auf den [X.] als Rechtsgrundlage für das Behaltendürfen des an sie abgetretenen und gezahlten Teilbetrages berufen könnte. So verhält es sich aber nicht.

Der streitgegenständliche Rückforderungsbescheid gegen die [X.] ist rechtmäßig, weil der Rechtsgrund für die Zahlung der an sie abgetretenen Investitionszulage, die einer Steuervergünstigung im Wesentlichen gleichgestellt wird, weggefallen ist (§ 37 Abs. 2, § 218 Abs. 2, § 124 Abs. 2 [X.] i.V.m. §§ 13, [X.]; vgl. zum öffentlich-rechtlichen Rückzahlungsanspruch [X.]-Urteil vom 14. Februar 1989 VII R 55/86, [X.] 1989, 751, unter [X.], m.w.N.). Der [X.] hat sich mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens erledigt und der materiell-rechtliche Anspruch auf die Zulage ist rückwirkend entfallen.

a) Die Klägerin war infolge der Teilabtretung (§ 46 [X.] i.V.m. § 398 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) der der GmbH mit Bescheid bewilligten Investitionszulage Leistungsempfängerin der vom [X.] überwiesenen Summe (ständige Rechtsprechung, vgl. [X.]surteile vom 5. Juni 2007 VII R 17/06, [X.], 241, [X.], 738; vom 13. Juni 1997 VII R 62/96, [X.] 1998, 143, m.w.N.).

b) Im Zeitpunkt der Zahlung war der der GmbH gegenüber ergangene [X.] i.V.m. der nach § 46 Abs. 1 [X.] zulässigen Abtretung des Teilbetrages der rechtliche Grund für die erhaltene Zahlung i.S. des § 37 Abs. 2 [X.].

c) Da die Investitionszulage gemäß § [X.] unter bestimmten, in der Zukunft zu erfüllenden Voraussetzungen (Bindungszeitraum) gewährt wird, handelt es sich zunächst nur um eine (materiell) vorläufige Begünstigung. Können insbesondere die Verbleibensvoraussetzungen nicht mehr erfüllt werden, liegt verfahrensrechtlich ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] vor, das bei einem bereits bestandskräftigen [X.] grundsätzlich durch Erlass eines Änderungsbescheids zu berücksichtigen ist (vgl. Schreiben des [X.] betr. Gewährung von Investitionszulage nach dem [X.] 2007 vom 8. Mai 2008, BStBl I S. 590 --BMF IV [X.] 3–InvZ 1015/07/0001-- Rz 269).

Im Streitfall ist der [X.] als formeller Rechtsgrund der Zahlung vom [X.] nicht aufgehoben oder geändert worden. Zwar könnte auch in einer Rückforderung der gewährten Zulage von der GmbH die Änderung des ursprünglichen Bescheids liegen (vgl. schon [X.]-Urteil vom 16. Januar 1986 III R 116/83, [X.], 322, [X.] 1986, 467), ein Rückforderungsbescheid gegenüber der GmbH ist aber ebenfalls nicht ergangen. Die Rückforderung gegenüber der Klägerin hatte demgegenüber keine Auswirkungen auf den [X.]. Denn durch die Abtretung wird der Zessionar nicht Beteiligter des [X.], ihm wird lediglich die Rechtsstellung des Zedenten im Erhebungsverfahren übertragen (vgl. [X.] vom 30. Juni 2004 VII B 257/02, [X.] 2005, 3, und vom 13. Juli 2000 V B 5/00, [X.] 2001, 5, jeweils m.w.N.).

d) Das [X.] war zur Aufhebung/Änderung des [X.]s nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 [X.] bzw. zum Erlass eines diesen ersetzenden Rückforderungsbescheids wegen des über das Vermögen der GmbH eröffneten Insolvenzverfahrens nicht (mehr) berechtigt (§ 87 der Insolvenzordnung --[X.]--, § 251 Abs. 2 Satz 1 [X.]).

aa) Zwar hätte sich durch eine den ursprünglichen Bewilligungsbescheid ändernde Festsetzung der Investitionszulage auf null € nicht unmittelbar ein Zahlungsanspruch ergeben, der als Insolvenzforderung hätte angemeldet werden können.

Die durch die Insolvenzeröffnung bewirkte Unterbrechung des Verfahrens (analog § 240 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 [X.]O) bezieht sich nach ständiger [X.]-Rechtsprechung aber nicht nur auf das eigentliche [X.], sondern auch auf andere Verfahren, die Auswirkungen auf die nach § 174 [X.] zur Tabelle anzumeldenden Steuerforderungen haben können. So dürfen nach der [X.]-Rechtsprechung (Urteil vom 2. Juli 1997 I R 11/97, [X.], 365, [X.] 1998, 428 zur Rechtslage während der Geltung der Konkursordnung) nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine [X.] bzw. Feststellungsbescheide mehr erlassen werden, die die Höhe der zur Tabelle anzumeldenden Steuerforderungen beeinflussen könnten. Dass diese Bescheide nicht unmittelbar auf eine Befriedigung des Steuergläubigers gerichtet sind, hat der [X.] als unerheblich angesehen (vgl. [X.]-Urteile vom 10. Dezember 2008 I R 41/07, [X.] 2009, 719, unter [X.]; vom 18. Dezember 2002 I R 33/01, [X.]E 201, 392, [X.] 2003, 630, unter [X.]).

Diese Erwägungen lassen sich auf die Konstellation des Streitfalls übertragen. Denn mit der Aufhebung des [X.]s wäre die Rechtsgrundlage für die gezahlte Investitionszulage --mit der Rechtsfolge des Rückzahlungsanspruchs aus § 37 Abs. 2 [X.], einer Insolvenzforderung-- entfallen.

bb) Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat der Fiskus wegen des Vorrangs der Insolvenzordnung (§ 251 Abs. 2 Satz 1 [X.]) nicht mehr die ihm sonst durch die Abgabenordnung eingeräumte Möglichkeit, die Rechtsgrundlage für die gewährte Investitionszulage durch Aufhebungs- bzw. Änderungsbescheid i.S. des § 218 Abs. 1 [X.] aus der Welt zu schaffen. Seinen gegen den bisherigen [X.] materiell-rechtlich entstandenen Rückzahlungsanspruch muss er stattdessen --wie jeder andere Insolvenzgläubiger-- durch Anmeldung zur Insolvenztabelle (§ 174 [X.]) geltend machen. Konsequenterweise kann sich der Insolvenzverwalter demgegenüber nicht auf den formell noch bestehenden [X.] berufen, sondern ist auf den insolvenzrechtlichen Weg des Widerspruchs mit der Folge des dann vom [X.] zu erlassenden Feststellungsbescheids verwiesen (§ 178 ff. [X.] i.V.m. § 251 Abs. 3 [X.]). Ist die Forderung schließlich in die Insolvenztabelle eingetragen (§ 178 Abs. 3, §§ 183, 185 [X.]), wirkt dies wie die bestandskräftige Festsetzung der Forderung (vgl. [X.]-Urteil vom 24. November 2011 V R 13/11, [X.]E 235, 137, [X.] 2012, 298; vom 23. Februar 2010 VII R 48/07, [X.]E 228, 134, [X.] 2010, 562). Im Ergebnis erweist sich damit der [X.] im Insolvenzverfahren als wirkungslos; er hat sich auf andere Weise i.S. des § 124 Abs. 2 [X.] erledigt.

e) Die mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetretene Rechtslage --Erledigung des [X.]s auf andere [X.] muss die Klägerin als [X.] des Anspruchs gegen sich gelten lassen. Wie der [X.] bereits entschieden hat, kann einem [X.] mit dem Zahlungsanspruch nur die Rechtsposition übertragen werden, die der [X.] selbst im Erhebungsverfahren innehat. Wer sich eine steuerrechtliche Förderung abtreten lässt, übernimmt eine mit dem Risiko ihres Bestehens behaftete Forderung. Durch eine Abtretung des Anspruchs ändert sich zwar der Zahlungsempfänger, das Steuerschuldverhältnis bleibt davon aber unberührt; mit der Abtretung eines aus einem Steuerschuldverhältnis herrührenden [X.] geht nur der Zahlungsanspruch auf den [X.] über. Ein besonderer Schutz für denjenigen, der --freiwillig-- eine risikobehaftete Forderung übernimmt, ist der Rechtsordnung nicht zu entnehmen.

Das bedeutet allerdings nicht, dass der Rückzahlungsanspruch gegen einen Zessionar davon abhängt, ob das [X.] die Rückforderung im Insolvenzverfahren des Zedenten geltend macht und ob sie schließlich in die Insolvenztabelle eingetragen worden ist. Denn gerade in den Fällen, in denen das [X.] einen [X.] auftragsgemäß ganz oder teilweise an einen Zessionar geleistet hat, wird es häufig entweder zu gar keiner Anmeldung zur Insolvenztabelle kommen oder der angemeldete Betrag wird von der vom Zessionar zurückgeforderten Summe abweichen. Denn das [X.] ist nicht verpflichtet, den Zedenten neben dem Zessionar in Anspruch zu nehmen, sondern hat insoweit ein Auswahlermessen, das im Regelfall durch die Bestimmung des Leistungsempfängers vorgeprägt ist (vgl. Klein/ Ratschow, [X.], 11. Aufl., § 37 Rz 100 ff.). Jedenfalls in den Fällen, in denen der volle, ursprünglich festgesetzte Investitionszulagebetrag an den Zessionar ausgezahlt worden ist, kann das [X.] von einer Anmeldung des Rückzahlungsanspruchs zur Insolvenztabelle absehen. Auch in den Fällen der Teilabtretung sind Ermessenserwägungen denkbar, die das [X.] veranlassen mögen, von einer Anmeldung zur Tabelle im Insolvenzverfahren des Zedenten abzusehen. Diese Fallgestaltungen machen deutlich, dass der Rückzahlungsanspruch gegen den Zessionar nicht davon abhängen kann, ob und in welcher Höhe der Rückzahlungsanspruch im Insolvenzverfahren angemeldet und festgestellt worden ist. Vielmehr ist --unbeschadet der Anmeldung/Feststellung der Forderung des [X.] im Insolvenzverfahren des [X.] im Verfahren der Rückforderung gegenüber dem Zessionar inzident zu prüfen, ob der Zedent materiell-rechtlich einen Anspruch auf den [X.] hat.

Dem steht nicht entgegen, dass der [X.] in seinem Urteil vom 19. August 2008 VII R 36/07 ([X.]E 222, 205, [X.], 90) der Eintragung in die Insolvenztabelle Rechtswirkungen auch gegenüber einem am Insolvenzverfahren Nichtbeteiligten --hier dem [X.] wegen der rechtlichen Gleichstellung der Feststellung einer angemeldeten Umsatzsteuer zur Tabelle mit dem Erlass eines Berichtigungsbescheids zuerkannt hat, weil beide Maßnahmen Grundlage der Verwirklichung des Steueranspruchs i.S. des § 218 Abs. 1 [X.] sind und der Zessionar, obwohl am [X.] grundsätzlich nicht beteiligt, dessen Rechtswirkungen gegen sich gelten lassen muss. Denn diese Aussage betrifft nur den Fall, dass sich der Zessionar auf die Rechtswidrigkeit der Rückforderung wegen angeblichen (Fort-)Bestehens eines Anspruchs des Zedenten beruft, nachdem in dessen Insolvenzverfahren die Rückforderung widerspruchslos oder infolge eines Bescheids nach § 251 Abs. 3 [X.] zur Tabelle festgestellt worden ist. Zu der Frage, ob die Aufhebung/Änderung des ursprünglichen Erstattungs-/Vergütungsbescheids durch die Feststellung des Rückzahlungsanspruchs im Insolvenzverfahren des Zedenten Voraussetzung für die Rückforderung gegenüber dem Zessionar ist, musste der [X.] seinerzeit nicht Stellung nehmen.

f) Im Streitfall steht aufgrund der zwischenzeitlich vollzogenen Feststellung des Rückzahlungsanspruchs zur Insolvenztabelle auch für die Klägerin bindend fest --insoweit greifen die Ausführungen im Urteil in [X.]E 222, 205, [X.], 90, s.o.-- dass der Anspruch der GmbH auf die gewährte Zulage und damit der Rechtsgrund für die Zahlung des (Teil-)Betrages an die Klägerin nachträglich entfallen ist. Der [X.] des [X.] erweist sich danach als rechtmäßig.

Meta

VII R 44/12

16.04.2013

Bundesfinanzhof 7. Senat

Urteil

vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 15. Juni 2011, Az: 6 K 211/11, Urteil

§ 100 Abs 1 S 1 FGO, § 37 Abs 2 AO, § 124 Abs 2 AO, § 175 Abs 1 AO, § 175 Abs 2 AO, § 218 Abs 1 AO, § 251 Abs 2 AO, § 251 Abs 3 AO, § 13 InsO, § 14 InsO, § 174 InsO, §§ 178ff InsO, § 155 FGO, § 240 ZPO, § 178 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.04.2013, Az. VII R 44/12 (REWIS RS 2013, 6600)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6600

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