Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.06.2010, Az. VII R 39/09

7. Senat | REWIS RS 2010, 6111

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Gegenstand

Durch Telefax übersandte Abtretungsanzeige ist formwirksam. - Zum Aufrechnungs- oder Verrechnungsvertrag


Leitsatz

1. Die auf einem vollständig ausgefüllten amtlichen Vordruck erklärte und eigenhändig unterschriebene Abtretungsanzeige wird wirksam, wenn sie dem FA per Telefax zugeht (Änderung der Senatsrechtsprechung) .

2. Das FA kann gegen einen Anspruch auf Investitionszulage mit Ablauf des Wirtschaftsjahres, in dem die Investitionen vorgenommen worden sind, mit fälligen Steuerforderungen aufrechnen. Auf den Zeitpunkt der Festsetzung oder Fälligkeit der Investitionszulage kommt es nicht an .

3. Ein Aufrechnungs- oder Verrechnungsvertrag kommt nicht schon dadurch zustande, dass das FA einem dem Investitionszulageantrag beigefügten Antrag auf Stundung fälliger Steuern zur Verrechnung mit der noch festzusetzenden Investitionszulage durch zinslose Stundung der Steuern entspricht    .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist ein Versicherungsunternehmen. Zur Sicherung eines von ihr mit Vertrag vom 13. Juni 2001 gewährten Darlehens trat der Darlehensnehmer (A) am 3. Januar 2002 seinen erwarteten Anspruch auf Investitionszulage 2001, die ihm auf seinen Antrag vom 10. Januar 2002 mit [X.] vom 8. April 2002 in [X.]öhe von 1.334.607 € gewährt worden ist, an die Klägerin ab. Die Klägerin übersandte dem seinerzeit zuständigen Finanzamt [X.] mit Telefax vom 13. Februar 2002 die [X.].

2

Der A schuldete zu diesem Zeitpunkt Abgaben, die ihm das Finanzamt [X.] zu einem erheblichen Teil auf seine, dem [X.] beigefügten Anträge hin gestundet hatte. In diesen Anträgen hatte der [X.] schon in [X.] unter Verwendung des Begriffs "Verrechnungsstundung" gebeten, von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen und keine Säumniszuschläge anzufordern, bis das Guthaben aus der Investitionszulage 2001 zur Verrechnung zur Verfügung stehen werde.

3

Nach diversen Verrechnungen mit Abgabenrückständen und zinslosen Verrechnungsstundungen, u.a. hinsichtlich Umsatzsteuer in [X.]öhe von 536.126,10 € bis zum 30. April 2002 ([X.] vom 21. Dezember 2001 und 22. Januar 2002), überwies das Finanzamt [X.] in den Jahren 2002 und 2003 in Teilbeträgen insgesamt 444.361,76 € an die Klägerin.

4

Gegen die Auskunft des Finanzamts [X.] über die zur Verrechnung mit dem Guthaben aus der Investitionszulage verwendeten Abgabenschulden legte die Klägerin "Einspruch" ein, mit dem sie sich gegen die Verrechnung der an sie abgetretenen Investitionszulage mit nicht fälligen Steuerforderungen wandte und die Zahlung weiterer 578.372,70 € forderte. Das zuständig gewordene Finanzamt T (Beklagter und Revisionskläger --[X.]--) rügte zunächst, dass die [X.] nicht im Original vorliege, und erließ --nachdem die Klägerin das Original zwischenzeitlich vorgelegt hatte-- am 14. Juli 2004 einen Rückforderungsbescheid nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung ([X.]) über 444.361,76 € wegen Unwirksamkeit der seinerzeit nur in Kopie vorgelegten [X.]. Der Einspruch der Klägerin, der zum einen mit dem Fehlen eines für die Rückforderung erforderlichen Abrechnungsbescheids nach § 218 Abs. 2 [X.], zum anderen mit der Formwirksamkeit der durch Telefax übermittelten [X.] und schließlich damit begründet war, das [X.] könne sich nach [X.] und Glauben nicht auf die Formunwirksamkeit berufen, da das Finanzamt [X.] die Anzeige am 18. Februar 2002 nicht beanstandet, sondern bestätigt habe, blieb erfolglos.

5

Am Tage der Einspruchsentscheidung erließ das [X.] einen Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs. 2 [X.], in dem es die Zahlung der geforderten weiteren 578.372,70 € wegen Formunwirksamkeit der [X.] ablehnte. Das Klageverfahren ist noch beim Finanzgericht ([X.]) anhängig.

6

Der Klage gegen den Rückforderungsbescheid hat das [X.] stattgegeben. Es ist anders als der erkennende Senat im Urteil vom 13. Oktober 1987 [X.]/84 (BF[X.]/NV 1988, 416) der Auffassung, dass die per Telefax übermittelte [X.] [X.] sei. Der Zweck der nach § 46 Abs. 3 Satz 2 [X.] geforderten Unterschrift des A, ihm die Bedeutung seiner Erklärung vor Augen zu führen, bedeute nicht, dass die Unterschrift im Original eingehen müsse, sondern dass sich deren Bedeutung dem Erklärenden bereits durch den Vollzug der eigenhändigen Unterschrift erschließe. Auch lasse sich den Geboten der Verwendung des amtlich vorgeschriebenen Vordrucks, der Schriftlichkeit und der Feststellung der Urheberschaft der Erklärung und deren Wirkung für den Rechtsverkehr nicht nur anhand des Originals Rechnung tragen; vielmehr könnten sich diese ebenso gut aus einer per Telefax übermittelten Kopie ergeben. Auch das am 10. Januar 2002 zugestellte vorläufige Zahlungsverbot und der von einer Bank erwirkte Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Investitionszulage in [X.]öhe von 675.097,01 € stünden der wirksamen Abtretung schon deshalb nicht entgegen, weil auch unter Berücksichtigung dieser Pfändung von der Investitionszulage noch ein überschüssiger Betrag von 659.509,99 € habe wirksam abgetreten werden können. Das [X.] könne einen Rückzahlungsanspruch auch nicht aus den von ihm genannten Aufrechnungen herleiten. Denn hinsichtlich der Forderungen, mit denen das Finanzamt [X.] aufgerechnet habe, habe zu einem hier entscheidenden Teil am 13. Februar 2002 keine Aufrechnungslage bestanden. Dies betreffe u.a. die bis zum 30. April 2002 gestundeten 536.126,10 € Umsatzsteuer, die am 13. Februar 2002 somit nicht fällig gewesen seien. Das Finanzamt [X.] habe demnach nur mit den übrigen am 13. Februar 2002 fälligen Forderungen in [X.]öhe von 172.317,69 € wirksam aufrechnen können. Daraus ergebe sich rechnerisch ein verbleibender Anspruch der Klägerin in [X.]öhe von 487.192,30 € (1.334.607 € Investitionszulage minus 675.097,01 € Bankpfändung minus 172.317,69 € berechtigte Aufrechnung des [X.]). Der Betrag liege unter dem vom Finanzamt [X.] an die Klägerin ausgezahlten und zurückgeforderten Betrag von 444.361,76 €. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2009, 1614 veröffentlicht.

7

Das [X.] begründet seine Revision zum einen damit, dass die Übermittlung einer [X.] per Telefax nicht dem Formerfordernis des § 46 Abs. 3 [X.] entspreche und dass an der vom [X.] (BF[X.]) vertretenen Rechtsauffassung dazu festzuhalten sei. Zum anderen hält es die Auffassung des [X.] für rechtsfehlerhaft, dass die zur Aufrechnung mit der Investitionszulage gestellten Umsatzsteuerrückstände wegen der bei Erlass des Investitionszulagebescheids fortbestehenden Stundung nicht fällig gewesen seien und das Finanzamt [X.] deshalb damit nicht rechtswirksam habe aufrechnen können.

8

Die Klägerin hält die Abtretung für wirksam, weil auch durch die Übermittlung der Anzeige per Fax das mit dem Formerfordernis der eigenhändigen Unterschrift verfolgte Ziel, den unerfahrenen Steuerpflichtigen davor zu schützen, seine Ansprüche unüberlegt, zu unangemessenen Bedingungen oder an unseriöse Zessionare abzutreten, gewahrt werde und die neuere Rechtsprechung und Gesetzgebung zur Anwendung neuer Kommunikationsmittel eine Änderung der Rechtsprechung betreffend die Formwirksamkeit von [X.]n per Fax rechtfertige. [X.] sei die Annahme, die Finanzbehörde könne bei Faxübermittlung durch den Zessionar nicht erkennen, ob der A die [X.] tatsächlich habe in den Verkehr bringen wollen oder ob er sich zu diesem Zeitpunkt vom Zessionar das Original bereits habe aushändigen lassen, um es zu vernichten. Dies sei nicht möglich. [X.] nämlich der Zessionar nicht das Original ein, so habe das [X.] nach der Rechtsprechung des BF[X.] unabhängig von der Vorlage der Anzeige durch Fax eine Prüfung der Bevollmächtigung zur Einreichung der Anzeige vorzunehmen, weil diese nur bei Vorlage der Originalabtretungsanzeige als nachgewiesen gelte. Für das [X.] sei daher sehr wohl erkennbar, dass der Sachverhalt weiter zu prüfen sei.

9

Richtig sei auch, dass die Aufrechnung des Finanzamts [X.] wegen der fortbestehenden Stundung der Steuerrückstände unwirksam gewesen sei. Für ein Abweichen von der in § 406 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geforderten gleichzeitigen Fälligkeit von [X.]aupt- und Gegenforderung bestehe ebenso wie in den vom BF[X.] zu § 406 BGB entschiedenen Fällen keine Veranlassung. Das [X.] habe bei der Gewährung der Stundung selbst alle Gestaltungsmittel in der [X.]and, sich bei Entstehung der [X.]auptforderung durch Aufrechnung von der Auszahlung der Investitionszulage zu befreien. Dass es diese Möglichkeit nicht genutzt, sondern durch Stundung selbst vereitelt habe, könne nicht zulasten der Klägerin gehen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet. Das Urteil des [X.] entspricht dem Bundesrecht (§ 118 [X.]bs. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Der Rückforderungsbescheid ist rechtswidrig. Das [X.] hat keinen [X.]nspruch auf Rückzahlung des an die Klägerin ausgezahlten Betrages von 444.361,76 €.

1. Die Rückforderung ist nicht --wie das [X.] meint-- schon deshalb berechtigt, weil die [X.]btretung am 13. Februar 2002 wegen der Übersendung der [X.] per Telefax nicht wirksam geworden ist.

Gemäß § 46 [X.]bs. 2 und 3 [X.] wird die [X.]btretung erst wirksam, wenn sie der Gläubiger der zuständigen Finanzbehörde unter [X.]ngabe des [X.], des [X.] sowie der [X.]rt und [X.]öhe des abgetretenen [X.]nspruchs und des [X.] auf einem vom [X.] und vom [X.] unterschriebenen amtlich vorgeschriebenen Vordruck anzeigt. Der Senat schließt sich der Rechtsauffassung des [X.] an, dass eine durch Telefax übersandte [X.] diesen [X.]nforderungen genügt. [X.]n der in seiner Entscheidung in [X.], 416 geäußerten Rechtsauffassung, dass die [X.] [X.] des § 46 [X.] nur bei Vorlage des eigenhändig unterschriebenen Originals rechtswirksam sei, hält der Senat nicht mehr fest.

Die formalisierte [X.] soll die Zedenten davor schützen, ihre Erstattungsansprüche unüberlegt, zu unangemessenen Bedingungen oder an unseriöse Zessionare abzutreten; darüber hinaus soll sie der Finanzbehörde die Bearbeitung der Erstattungsanträge erleichtern (Urteile des Senats vom 6. Dezember 1988 [X.]/83, [X.], 40, [X.] 1989, 223; vom 25. Juni 1985 [X.]/82, [X.], 2, 5, [X.] 1985, 572, m.w.N.). Bei den [X.]nforderungen an die Wahrung der Formerfordernisse des § 46 [X.]bs. 3 [X.] ist zu beachten, dass deren Schutzfunktion für den [X.] die Regelung des § 46 [X.]bs. 5 [X.] gegenübersteht. Danach müssen [X.] und [X.] der Finanzbehörde gegenüber die angezeigte [X.]btretung gegen sich gelten lassen, auch wenn sie nicht erfolgt, nicht wirksam oder nichtig ist. Durch diese der Vorschrift des § 409 [X.]bs. 1 [X.] nachgebildete Regelung soll das durch die [X.] des Gläubigers erzeugte Vertrauen des Schuldners, hier des [X.], darauf, dass die Forderung abgetreten ist, geschützt werden. Nach der Rechtsprechung des Senats braucht die Finanzbehörde die Wirksamkeit der [X.]btretung nicht zu prüfen und kann, wenn ihr die [X.]btretung angezeigt ist, grundsätzlich auch dann mit befreiender Wirkung an den [X.] leisten, wenn sie positiv weiß, dass die [X.] nicht der vorgeschriebenen Form entspricht oder die [X.]btretung aus sonstigen Gründen unwirksam ist (vgl. Beschluss vom 24. [X.]pril 2006 VII [X.], [X.], 1442, m.w.N.). Diese einschneidenden Wirkungen misst der Senat allerdings nur einer [X.] zu, die der [X.]btretende oder sein Vertreter selbst unterschrieben hat; bei fehlender oder gefälschter Unterschrift kann das [X.] als Schuldner nicht beanspruchen, mit befreiender Wirkung an den in der [X.]nzeige angegebenen [X.] leisten zu können (Beschluss vom 19. März 2009 [X.]/08, [X.], 1236). Nach den Feststellungen des [X.] haben Zessionarin (durch ihren gesetzlichen Vertreter) und Zedent jedoch im Streitfall die [X.] eigenhändig unterzeichnet.

In seiner Entscheidung in [X.], 416 hat der Senat dem [X.] den Schutz des § 46 [X.]bs. 5 [X.] aber dann versagt, wenn ihm die [X.]nzeige lediglich durch Telefax übermittelt worden ist. Zur Begründung heißt es dort, die nach § 46 [X.]bs. 2 und 3 [X.] vorgesehene formalisierte [X.]nzeige sei nur in ihrer formgerechten Verkörperung im Original zugangsfähig. Die [X.]nzeige müsse daher demjenigen, an den sie gerichtet ist, in eben der vorgeschriebenen Form zugehen. Es genüge nicht den [X.]nforderungen des § 46 [X.]bs. 2 und 3 [X.], wenn die [X.]nzeige dem [X.] lediglich gezeigt, aber nicht übergeben oder eine [X.]blichtung davon übersandt werde.

Nach nochmaliger Überprüfung gelangt der Senat zu der [X.]uffassung, dass diese Einschränkung des durch § 46 [X.]bs. 5 [X.] geschützten Schuldnerinteresses nicht gerechtfertigt ist. Der mit den Formvorschriften des § 46 [X.]bs. 2 und 3 [X.] bezweckte Schutz des Zedenten vor einer unüberlegten, die Tragweite der Entscheidung verkennenden [X.]btretung wird allein durch die Faxübermittlung der auf einem amtlichen Vordruck von Zessionar und Zedenten unterschriebenen [X.]nzeige nicht beeinträchtigt. Der Wortlaut des § 46 [X.]bs. 2 und 3 [X.] verlangt, dass der Gläubiger die [X.]btretung in der vorgeschriebenen Form, also "unter [X.]ngabe des [X.], des [X.] sowie der [X.]rt und [X.]öhe des abgetretenen [X.]nspruchs und des [X.] auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck" und vom [X.] und vom [X.] unterschrieben anzeigt. [X.]uch die Faxkopie des amtlichen Vordrucks erfüllt diese Voraussetzung der [X.]nzeige "auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck", auch wenn es sich nicht mehr um den [X.], sondern um ein Bild davon handelt. Zwar mag der Wortlaut für sich genommen nahelegen, dass die Übersendung des [X.]s verlangt wird. Da der Gesetzgeber aber in --soweit ersichtlich-- allen anderen, die Nutzung eines amtlichen Vordrucks anordnenden Regelungen die Formulierung gewählt hat, dass die Erklärung "nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck" abzugeben ist (§ 138 [X.] [X.]nzeigen über die Erwerbstätigkeit, § 150 [X.] Form und Inhalt der Steuererklärungen, § 6 des [X.]ußensteuergesetzes, Besteuerung des Vermögenszuwachses etc.) und sich aus der Gesetzesbegründung (vgl. BTDrucks 7/2852, § 159 der Reichsabgabenordnung --R[X.]--, [X.]) keine [X.]inweise auf eine absichtsvolle abweichende Wortwahl ergeben, ist davon auszugehen, dass diesem Wortlaut allein keine entscheidende Bedeutung beizumessen ist. Im Übrigen hat der Senat bereits zur Verwendung eines überholten [X.]nzeigevordrucks geurteilt, dass die Vordrucke keinen Selbstzweck haben; mit ihnen soll lediglich die Warn- und Schutzfunktion zugunsten des [X.] und eine Bearbeitungserleichterung zugunsten der Verwaltung sichergestellt werden. Werden diese Zwecke erreicht, so ist auch die Verwendung eines nicht mehr "amtlichen" [X.]nzeigevordrucks für die Frage der Wirksamkeit der [X.]btretung unschädlich (Urteile vom 26. September 1995 [X.], [X.] 1996, 385, und vom 5. Oktober 2004 [X.]/03, [X.], 1, [X.] 2005, 238). Diese [X.]uffassung wird in Rechtsprechung und Literatur weitgehend geteilt (vgl. die Nachweise im Urteil des Niedersächsischen [X.] vom 30. November 2009  9 K 73/07, E[X.] 2010, 540).

[X.]uch die Gefahr einer vom Zedenten nicht gewollten Übermittlung der [X.]nzeige, etwa einer unberechtigt gezogenen Kopie oder eines vorbereiteten, aber noch nicht zur Weitergabe vorgesehenen Vordrucks, rechtfertigt es trotz der weitreichenden Folgen, die sich aus der Übermittlung der [X.]nzeige nach § 46 [X.]bs. 5 [X.] ergeben, nicht, die per Fax übermittelte [X.] als ([X.] anzusehen. Denn der Schutz des Zedenten soll nach § 46 [X.]bs. 2 und 3 [X.] durch das [X.]usfüllen und Unterschreiben des amtlichen Vordrucks sichergestellt werden. Die [X.]rt der Übermittlung dieses Vordrucks --im Original per Post oder durch [X.] erfüllt danach keine Schutzfunktion. Gelangt die [X.]nzeige --auf welchem Weg auch [X.] in den Bereich des [X.], so greift vielmehr der Schuldnerschutz des § 46 [X.]bs. 5 [X.]. Dementsprechend hat der Senat bereits ausgeführt, dass der [X.]btretende, der eine formgerechte [X.] unterzeichnet und sie dem [X.] in der Weise überlassen hat, dass dieser zumindest tatsächlich in die Lage versetzt wurde, die [X.]nzeige der Finanzbehörde zu übermitteln, sich dem [X.] gegenüber auch dann nicht auf die Unwirksamkeit der [X.]btretung berufen könne, wenn es an der Bevollmächtigung zur [X.]nzeige der [X.]btretung durch den [X.] bzw. zur Übermittlung der [X.] durch diesen als Boten fehle. Denn der Schuldnerschutz greift nach dem Wortlaut des § 46 [X.]bs. 5 [X.] generell ein, wenn die angezeigte [X.]btretung "nicht erfolgt oder nicht wirksam oder ... nichtig ist". Die Unwirksamkeit einer [X.]btretung im Sinne dieser Vorschrift kann sich danach gemäß § 46 [X.]bs. 2 [X.] auch daraus ergeben, dass die vorgeschriebene [X.]nzeige an das [X.] zwar im tatsächlichen Sinne erfolgt, aber rechtlich nicht wirksam ist, weil es an der Bevollmächtigung des hierzu nach dem Gesetz nicht ermächtigten [X.] durch den [X.] fehlt (Senatsurteil vom 22. März 1994 [X.], [X.], 112, [X.] 1994, 789). [X.]at aber die Nichtberechtigung zur Übermittlung der Original-[X.] keinen Einfluss auf die [X.]nwendbarkeit des § 46 [X.]bs. 5 [X.], so erschließt sich nicht, weshalb dies bei nicht autorisierter Übermittlung einer Kopie der [X.] per Fax anders sein sollte. Das bei der Regelung des § 46 [X.]bs. 5 [X.] im Vordergrund stehende Ziel der Bearbeitungserleichterung für das [X.] gebietet vielmehr nicht zuletzt im [X.]inblick auf die fortgeschrittene Entwicklung der elektronischen Datenübermittlung, die Wirksamkeit der Faxübermittlung nicht an den theoretischen Möglichkeiten der unrechtmäßigen Nutzung einer ausgefüllten [X.] scheitern zu lassen.

2. Die Rückforderung des der Klägerin vom Finanzamt [X.] ausgezahlten Betrags von 444.361,76 € ist rechtswidrig, weil der [X.]nspruch des [X.] auf die Investitionszulage 2001 bei Zugang der [X.] beim Finanzamt [X.] jedenfalls in [X.]öhe des an die Klägerin ausgezahlten Betrags noch bestand und nicht durch Verrechnung gegenüber dem [X.] oder [X.]ufrechnung gegenüber der Klägerin erloschen war. Die [X.]uszahlung an die Klägerin ist mithin mit Rechtsgrund erfolgt, so dass das [X.] nicht nach § 37 [X.]bs. 2 Satz 1 [X.] berechtigt ist, den Betrag zurückzufordern.

Nach den Feststellungen des [X.] ergab sich rechnerisch ein verbleibender [X.]nspruch aus der abgetretenen Investitionszulage in [X.]öhe von 487.192,30 € (1.334.607 € Investitionszulage minus 675.097,01 € vorrangige Bankpfändung, minus 172.317,69 € nach [X.]uffassung des [X.] berechtigte [X.]ufrechnung des [X.]). Dabei hat das [X.] --im Ergebnis zu [X.] verneint, dass auch die rückständigen Umsatzsteuern in [X.]öhe von 536.126,10 € mit der Investitionszulage verrechnet worden sind.

Nach § 226 [X.]bs. 1 [X.] gelten für die [X.]ufrechnung gegen [X.]nsprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sinngemäß die Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Gemäß § 387 [X.] können Forderungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, gegeneinander aufgerechnet werden, sobald die eine Leistung gefordert und die andere Leistung bewirkt werden kann. Die [X.]ufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur [X.]ufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind (§ 389 [X.]).

Die [X.]ufrechnungslage bestand hinsichtlich der Umsatzsteuern in [X.]öhe von 536.126,10 € bis zur Stundung am 22. Januar 2002. Diese Steuern waren nach den finanzgerichtlichen Feststellungen sämtlich fällig und das [X.] konnte die ihm obliegende Leistung, die Investitionszulage 2001, bewirken. Der [X.]ufrechnende kann die ihm obliegende Leistung bewirken, wenn seine Schuld existiert. [X.]uf den Zeitpunkt der Festsetzung oder Fälligkeit kommt es nicht an (BF[X.]-Urteil vom 3. Mai 1991 [X.]/86, [X.] 1992, 77, m.w.N.). Der [X.]nspruch auf Investitionszulage ist mit [X.]blauf des Wirtschaftsjahres, in dem die Investitionen vorgenommen worden sind, hier also zum 31. Dezember 2001, entstanden (§ 38 [X.]; vgl. BF[X.]-Urteil vom 20. September 1999 [X.]/97, BF[X.]E 190, 266, [X.] 2000, 208, m.w.N.).

a) Gegenüber dem [X.] hat das [X.] jedoch vor Eingang der [X.] nicht aufgerechnet.

aa) Gegen die [X.]nnahme einer [X.]ufrechnung spricht zwar nicht von vornherein, dass das Finanzamt [X.] in der Folgezeit den jetzt zurückgeforderten Betrag an die Klägerin ausgezahlt hat. [X.]llein daraus kann nicht geschlossen werden, dass das Finanzamt [X.] selbst nicht von einer [X.]uf- oder Verrechnung der offenen Umsatzsteuerschuld ausgegangen ist. Denn die [X.]uszahlungen sind ersichtlich darauf zurück zu führen, dass die vorrangige Pfändung einer Bank in [X.]öhe von 675.097,01 € bis dahin übersehen worden war und das Finanzamt [X.] deshalb von einem nach Verrechnung verbleibenden Restbetrag aus der Investitionszulage 2001 ausging.

bb) Im Urteil des [X.] ist eine Erklärung der [X.]ufrechnung des Finanzamts [X.] gegenüber dem [X.] indes nicht festgestellt. Nach den in Bezug genommenen Teilen der Verwaltungsakten lässt sich eine [X.]ufrechnungserklärung nicht entnehmen. [X.]llerdings hat die höchstrichterliche Rechtsprechung an die Form der [X.]ufrechnungserklärung keine strengen [X.]nforderungen gestellt; sie hat sogar schlüssige [X.]andlungen genügen lassen, wenn der Wille zur Tilgung und Verrechnung klar und unzweideutig erkennbar war (BF[X.]-Urteil vom 21. November 1995 [X.], [X.] 1996, 387). Jedoch spricht im Streitfall die Stundungsverfügung vom 22. Januar 2002 gerade gegen eine [X.]ufrechnung zu diesem Zeitpunkt, da die Steuerforderungen mit der [X.]ufrechnung erlöschen und eine Stundung ins Leere gegangen wäre.

Ob eine antragsgemäß gewährte [X.] konkludent als aufschiebend bedingte [X.]ufrechnungserklärung des [X.] gewertet werden könnte, bedarf keiner Erörterung, da eine [X.]ufrechnungserklärung gemäß § 388 [X.] unwirksam ist, wenn sie unter einer Bedingung abgegeben wird.

cc) Dem vorliegenden Schriftverkehr ist auch nicht zu entnehmen, dass das Finanzamt [X.] mit [X.] einen [X.]ufrechnungs- oder [X.] geschlossen hat.

Durch [X.]ufrechnungs- oder [X.] können die Voraussetzungen der einseitigen [X.]ufrechnung weitgehend abbedungen werden (vgl. BF[X.]-Urteil in [X.] 1992, 77). Insbesondere kann eine aufschiebend bedingte Verrechnung vereinbart werden (Beschluss des [X.] --BayVG[X.]-- vom 12. März 2010  4 ZB 08.2455, juris, Rz 10). Dabei ist zu unterscheiden zwischen dem obligatorischen [X.], aufgrund dessen das [X.] einseitig verrechnen darf, und dem verfügenden [X.], durch den die Verrechnung aufschiebend bedingt, aber unmittelbar, d.h. ohne weitere Verfügung --und zwar rückwirkend auf den Zeitpunkt der erstmals bestehenden [X.]ufrechnungslage (§ 389 [X.])-- erfolgt (vgl. BF[X.]-Urteil vom 11. Dezember 1984 VIII R 263/82, BF[X.]E 143, 1, [X.] 1985, 278; BF[X.]-Urteil in [X.] 1992, 77; Beschluss des BayVG[X.] vom 12. März 2010  4 ZB 08.2455, juris; [X.]/ [X.], Vorbemerkungen zu §§ 387 ff. [X.]; [X.]/Wagner, [X.], 12. [X.]ufl., § 388 Rz 18 und 21). Eine solche [X.]ufrechnungsvereinbarung ist, auch wenn sie im [X.]inblick auf eine bereits bestehende [X.]ufrechnungslage objektiv überflüssig wäre, als [X.]usfluss der Vertragsfreiheit rechtlich zulässig (vgl. [X.]/[X.], a.a.O.).

[X.] hat mit seinem [X.]ntrag auf Stundung (bezeichnet als "[X.]") der Umsatzsteuern 2001 vom 10. Januar 2002 mitgeteilt, dass diese Umsatzsteuern mit der für 2001 auszuzahlenden Investitionszulage verrechnet werden sollten. Das Finanzamt [X.] hat dem [X.]ntrag mit der Stundungsverfügung vom 22. Januar 2002, von der [X.] Kenntnis hatte, entsprochen. In der Verfügung vom 22. Januar 2002 ist auch handschriftlich auf den Zulagenantrag vom 10. Januar 2002 Bezug genommen. Gleichwohl finden sich keine hinreichenden [X.]nzeichen für einen über [X.]ntrag und Gewährung einer Stundung hinausgehenden auf eine Verrechnungsvereinbarung gerichteten Bindungswillen der Beteiligten. Nach Form und Inhalt waren vielmehr sowohl [X.]ntrag als auch Gewährung auf Erlass einer --hoheitlichen-- Stundungsverfügung gerichtet, wie sie nach der Rechtsprechung des BF[X.] in Fällen, in denen der Steuerpflichtige in Kürze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einem Gegenanspruch rechnen kann, als sog. technische Stundung oder [X.] unter Verzicht auf Stundungszinsen zu gewähren ist (vgl. BF[X.]-Urteile vom 24. März 1998 [X.]/97, BF[X.]E 186, 98, [X.] 1999, 3; vom 7. März 1985 IV R 161/81, BF[X.]E 143, 397, [X.] 1985, 449; Beschluss vom 29. November 1984 [X.]/84, BF[X.]E 142, 418, [X.] 1985, 194; [X.]-Kartei § 222 Karte 3 Tz 3). Dementsprechend sind die Finanzämter angewiesen, [X.]en regelmäßig bis zu der im Stundungsantrag genannten Festsetzung des Gegenanspruchs, längstens bis zu einem besonders benannten Zeitpunkt auszusprechen ([X.]-Kartei § 222 Karte 3 Tz 7).

Im Streitfall hat sich das Finanzamt [X.] antragsgemäß und entsprechend der Verwaltungsanweisung verhalten, was sich nicht zuletzt daran zeigt, dass die Stundung im [X.]inblick auf die ausstehende Festsetzung der Investitionszulage zinslos gewährt worden ist.

[X.]uch seitens des [X.] kann ein auf einen [X.] gerichteter [X.] nicht unterstellt werden. Denn nach den Feststellungen des [X.] hatte er den [X.]nspruch auf Investitionszulage bereits am 3. Januar 2002 an die Klägerin abgetreten. Wenn diese [X.]btretung dem [X.] gegenüber auch erst mit Zugang der [X.] wirksam wurde, war sie doch im Innenverhältnis zwischen [X.] und der Klägerin wirksam, so dass eine nachfolgende Verrechnungsvereinbarung mit dem [X.] in diesem Verhältnis Schadenersatzansprüche hätte auslösen können. Ohne konkrete [X.]nhaltspunkte, die vom [X.] nicht festgestellt sind und zu deren ergänzenden Ermittlung auch nach [X.]ktenlage kein [X.]nlass besteht, kann deshalb allein aus dem Stundungsantrag nicht auf einen weitergehenden Bindungswillen geschlossen werden.

b) Das [X.] kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Klägerin mit der [X.]btretung des Investitionszulageanspruchs in die Gläubigerstellung des Zedenten [X.] gerückt ist und deshalb ihr gegenüber habe aufgerechnet werden können. [X.]llerdings kann nach § 406 [X.] der Schuldner mit einer ihm gegen den bisherigen Gläubiger ([X.]ltgläubiger, Zedenten) zustehenden Forderung auch dem neuen Gläubiger (Neugläubiger, Zessionar) gegenüber aufrechnen, es sei denn, dass er beim Erwerb der Forderung von der [X.]btretung Kenntnis hatte oder dass die Forderung erst nach Erlangung der Kenntnis und später als die abgetretene Forderung fällig geworden ist. Der allgemeine Rechtsgedanke dieser Vorschrift und der in ihr zum [X.]usdruck kommende Grundsatz, dass die [X.]btretung einer Forderung nicht die rechtliche Stellung des Schuldners beeinträchtigen darf, gelten auch im öffentlichen Recht und damit auch für die [X.]ufrechnung nach § 226 [X.]bs. 1 [X.] (Senatsurteil vom 25. [X.]pril 1989 [X.], BF[X.]E 156, 392, [X.] 1990, 352). Die [X.]nwendung dieser Vorschrift scheitert aber bereits daran, dass das [X.] --für den Senat bindend-- nicht festgestellt hat, dass das Finanzamt [X.] gegenüber der Klägerin die [X.]ufrechnung erklärt hat. Es bedarf deshalb keiner Erörterung, ob die im Streitfall verfügte Stundung der Umsatzsteuern bis zum 30. [X.]pril 2002 zum [X.]usschluss der [X.]ufrechnung gegenüber der Klägerin [X.] des § 406 [X.] (zweite [X.]usschlussalternative) führt, weil sie die Fälligkeit der Umsatzsteuer auf einen Zeitpunkt nach Eingang der [X.] hinausgeschoben hat, oder ob der Zessionar eine [X.]ufrechnungslage, die vor Zugang der [X.] schon einmal bestanden hat, stets gegen sich gelten lassen muss.

c) Nach alledem sind der Klägerin die vom [X.] zurückgeforderten Beträge infolge wirksamer [X.]btretung und mangels [X.]ufrechnungserklärung zu Recht ausgezahlt worden. Einen [X.]nspruch auf Rückzahlung nach § 37 [X.]bs. 2 [X.] hat das [X.] nicht.

Meta

VII R 39/09

08.06.2010

Bundesfinanzhof 7. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 1. Juli 2009, Az: 14 K 2532/04 B, Urteil

§ 37 Abs 2 AO, § 38 AO, § 46 Abs 2 AO, § 222 AO, § 226 Abs 1 AO, § 387 BGB, § 388 BGB, § 389 BGB, § 406 BGB, § 46 Abs 3 AO, § 46 Abs 5 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.06.2010, Az. VII R 39/09 (REWIS RS 2010, 6111)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6111

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