Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2007, Az. 3 StR 323/07

3. Strafsenat | REWIS RS 2007, 2098

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[X.] vom 11. September 2007 in der Strafsache gegen wegen Anordnung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 11. September 2007 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen: 1. Auf die Revision des Verurteilten wird das Urteil des [X.] vom 29. März 2007 mit den [X.]; die im Urteil des [X.] vom 1. Juli 2004 vorbe-haltene Anordnung der Sicherungsverwahrung unterbleibt. 2. Die Kosten des Verfahrens über die Anordnung der Siche-rungsverwahrung und die dem Verurteilten insoweit entstande-nen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen. Gründe: Das [X.] hatte den Beschwerdeführer am 1. Juli 2004 wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in zwei Fällen jeweils in Tatein-heit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen und mit Verbreitung pornografischer Schriften, wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in vier Fällen jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen und mit Verbreitung pornografischer Schriften, wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen sowie wegen weiterer Delikte zur Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verur-teilt und gemäß § 66 a StGB die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbe-halten. Mit Urteil vom 29. März 2007 hat es die (vorbehaltene) Sicherungsver-wahrung angeordnet. Hiergegen wendet sich die Revision des Verurteilten mit der Sachrüge; das Rechtsmittel hat Erfolg. 1 - 3 - Der Verurteilte hatte am 28. Februar 2007 zwei Drittel der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe verbüßt. Als die vorbehaltene Sicherungsverwahrung in dem angefochtenen Urteil vom 29. März 2007 angeordnet wurde, war somit der Zeitpunkt, bis zu dem gemäß § 66 a Abs. 2 Satz 1, § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB diese Entscheidung spätestens zu treffen war (28. August 2006), um rund sieben Monate überschritten. Das [X.] ist der Meinung, dass dies die Anordnung nicht hindere. Es teilt schon im Grundsatz nicht die [X.], dass § 66 a Abs. 2 Satz 1 StGB eine verbindliche materiell-rechtliche Voraussetzung der Maßregelanordnung beinhaltet ([X.], Urt. vom 14. Dezember 2006 - 3 [X.] = [X.], 327; zum Abdruck in [X.], 159 vorgesehen). Außerdem meint es, dass eine abweichende Beurteilung jedenfalls deswegen geboten sei, weil hier - im Gegensatz zu dem der [X.] zugrunde liegenden Sachverhalt - das Nachverfahren vor dem in § 66 a Abs. 2 Satz 1 StGB genannten Zeitpunkt eingelei- tet worden sei. 2 Hiergegen wendet sich die Revision mit Recht. Am 29. März 2007 durfte die vorbehaltene Sicherungsverwahrung nicht mehr angeordnet werden, weil der gesetzlich bestimmte letztmögliche Zeitpunkt für diese Entscheidung um mehr als ein halbes Jahr überschritten war und es damit an einer materiell-rechtlichen Voraussetzung für die Anordnung fehlte (BGH [X.], 327). Der [X.] hat die Gründe, die für die grundsätzlich abweichende Ansicht des Land-gerichts maßgeblich sind, in der zitierten Entscheidung bereits erwogen und nicht für durchgreifend erachtet. Hieran hält er fest. Das angefochtene Urteil zeigt auch keine Gesichtspunkte auf, die hier eine andere Beurteilung [X.] könnten. Insbesondere kommt dem in § 66 a Abs. 2 Satz 1 StGB genann-ten Zeitpunkt nicht etwa schon deswegen keine ausschlaggebende Bedeutung mehr zu, weil das Nachverfahren vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden und 3 - 4 - seine Überschreitung nicht durch die Justiz zu verantworten ist. Dem steht schon der eindeutige Wortlaut der Vorschrift entgegen, die ausschließlich auf den - erstinstanzlichen - Abschluss des [X.] abstellt, nicht auf des-sen Einleitung oder dessen Verlauf. Im Hinblick darauf, dass das angefochtene Urteil rund sieben Monate nach dem letztmöglichen Zeitpunkt für die Anordnung der vorbehaltenen Siche-rungsverwahrung verkündet wurde, liegt auch kein Fall einer ganz kurzfristigen (von der Justiz nicht zu verantwortenden) Überschreitung vor, für die der [X.] im Hinblick auf [X.], 63 offen gelassen hat, ob hier der Verstoß ge-gen § 66 a Abs. 2 Satz 1 StGB ausnahmsweise unschädlich sein könnte. 4 Ein Ausnahmefall ergibt sich - entgegen der Auffassung des General- bundesanwaltes - auch nicht daraus, dass der Beschwerdeführer und sein Verteidiger mit den Verlegungen der Hauptverhandlung im Nachverfahren auf Termine nach dem 28. August 2006 und der Beauftragung eines neuen Sachverständigen jeweils einverstanden waren bzw. hiergegen keine Einwände erhoben hatten. Denn die Einhaltung der sich aus § 66 a Abs. 2 Satz 1 StGB ergebenden Frist stellt eine materiell-rechtliche Voraussetzung für die [X.] dar. Auf sie konnte der Beschwerdeführer daher nicht mit der Folge verzichten, dass die Anordnung der Sicherungsverwahrung auch noch sieben Monate nach dem gesetzlich letztmöglichen Zeitpunkt erfolgen konnte. 5 - 5 - Nach alledem ist das angefochtene Urteil aufzuheben und auszuspre-chen, dass die Anordnung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung unter-bleibt. [X.] von Lienen [X.]

Meta

3 StR 323/07

11.09.2007

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2007, Az. 3 StR 323/07 (REWIS RS 2007, 2098)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 2098

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