Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2012, Az. IV ZR 125/11

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 7457

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BUNDESGER[X.]CHTSHOF

[X.]M NAMEN DES VOLKES

URTE[X.]L
[X.]V ZR 125/11

Verkündet am:

4. April 2012

Kirchgeßner

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein

[X.]R: ja

[X.] § 193 Abs. 3 Satz 3

Eine Mitgliedschaft in der Krankenversorgung der [X.] ([X.]) fällt unter den Bestandsschutz für [X.] nach § 193 Abs. 3 Satz 3 [X.] und
genügt den Anforderungen an die Versicherungspflicht.

[X.], Urteil vom 4. April 2012 -
[X.]V ZR 125/11 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-

Der [X.]V.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.], [X.],
die Richterin [X.], den Richter [X.] und die Richterin [X.] auf die mündliche Verhandlung vom
4. April 2012

für Recht erkannt:

Die Revision des [X.] gegen das Urteil der 23.
Zivil-kammer des
[X.]s [X.] vom 11.
Mai 2011
wird zu-rückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger mit Ausnahme der Kosten der Streithilfe, die der Streithelfer zu tragen hat.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten den Abschluss einer ergän-zenden privaten Krankenversicherung zum Basistarif.

Er ist als Ruhestandsbeamter der [X.] Mitglied der Krankenversorgung der [X.] (im Folgenden: [X.]). Nach den für ihn geltenden Tarifbedingungen der [X.] werden unter an-derem
stationäre sowie ein Teil der ambulanten ärztlichen Behandlungen zu 100%, die übrigen ambulanten Behandlungen zu 90% erstattet. [X.] werden ebenfalls zu 90%, Zahnbehandlungen, -vor-1
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3
-

sorge und -ersatz sowie Kieferorthopädie werden zu 85%, Arzneimittel schließlich teilweise zu 90% und teilweise zu 100% übernommen. Der Landrat des R.

-Kreises, der dem Rechtsstreit als Streithelfer des [X.] beigetreten ist, gewährte dem Kläger zunächst ab dem 26.
Februar 2009 Krankenhilfe nach §
19 Abs.
3 i.V.m. §
48 SGB X[X.][X.] hin-sichtlich der nicht zu 100% erstatteten Krankheitskosten. [X.]m Mai 2009 forderte er den Kläger auf, einen Antrag auf Abschluss eines ergänzen-den Basistarifs bei einem Versicherer zu stellen. Der Antrag
auf Aufnah-me in einen Tarif, der eine Versicherung der Restkosten für [X.]-Versorgte aufgrund des Basistarifs enthält, lehnte die Beklagte
im Juli 2009 ab. Zum 31.
Oktober 2009 stellte der Streithelfer die Krankenhilfe-gewährung für den Kläger ein.

Mit
der Klage hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, mit ihm einen Krankenversicherungsvertrag nach §
193 Abs.
5 [X.]. §
12 Abs.
1a VAG im Umfang der durch die Krankenversicherung der [X.] nicht zu erstattenden Krankenkosten [X.]. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung zurückgewiesen. Hiergegen
wenden sich der Kläger und der Streithelfer mit der Revision, mit der sie das Klagebegehren wei-terverfolgen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

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-
4
-

[X.]. Das Berufungsgericht

dessen Urteil in juris veröffentlicht ist

hat es dahinstehen lassen, ob der Kläger durch die zu seinen Gunsten bei der [X.] bestehende Krankheitskostenversicherung als Beihilfebe-rechtigter anzusehen ist oder einen vergleichbaren Anspruch hat. Denn jedenfalls fehle es an der für den Kontrahierungszwang der Beklagten nach §
193 Abs.
5 Nr.
3 [X.] normierten Voraussetzung, dass er zur Er-füllung der Pflicht nach §
193 Abs.
3 Satz
1 [X.] ergänzenden [X.] benötige. Das Gesetz verlange keine 100%-ige Abdeckung der Krankheitskosten. Auch Versicherungen, die einen absoluten oder prozentualen Selbstbehalt vorsähen, seien grundsätzlich geeignet, der Versicherungspflicht nach §
193 Abs.
3 Satz
1 [X.] zu genügen, solange sich der Selbstbehalt nicht über einen Betrag von 5.000

r-lich auswirke. Es handele sich hier um eine Vollversicherung mit einem prozentualen Selbstbehalt für bestimmte Arten der Behandlung.

[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.

1. Das Berufungsgericht hat zutreffend einen Anspruch des [X.] auf Abschluss eines Versicherungsvertrages zum Basistarif nach §
193 Abs.
5 Nr.
3 i.V.m. §
193 Abs.
3 Satz
1 [X.] abgelehnt.

Grundsätzlich hat nach §
193 Abs.
3 Satz
1 [X.] seit dem 1.
Januar 2008
jede Person mit Wohnsitz im [X.]nland die Pflicht zur Grundabsicherung in einer Krankheitskostenversicherung bei einem in [X.] zugelassenen Versicherungsunternehmen. Ein Anspruch des [X.] auf Abschluss eines Versicherungsvertrages zum Basistarif besteht aber schon deshalb nicht, weil die Sonderregelung für Altverträ-5
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5
-

ge nach §
193 Abs.
3 Satz
3 [X.] Anwendung findet. Danach genügt ein vor dem 1.
April 2007, d.h. vor [X.]nkrafttreten des GKV-Wettbewerbsstär-kungsgesetzes (Art.
46 Abs.
1) vereinbarter [X.] den Anforderungen des Satzes
1.

a) Die [X.] ist
zwar weder der gesetzlichen (§
21 Abs.
2 SGB
[X.], §§
143
ff. [X.]) noch der privaten Krankenversicherung zuzuordnen, letzteres nicht wegen ihres Status als öffentlich-rechtlicher Körperschaft ([X.], 177 Rn.
20
ff.), sondern sie ist ein mitgliedschaftlich organi-sierter rechtsfähiger Verband öffentlichen Rechts. Die Ansprüche ihrer Mitglieder auf Gewährung von Leistungen nach ihrem Tarif sind aber gleichwohl privatrechtlicher Art. Sie sind durch Satzung und
Tarif den Ansprüchen eines Versicherungsnehmers einer privaten Krankenversi-cherung nachgebildet und gehen über diejenigen öffentlich-rechtlichen Ansprüche hinaus, die Beamten nach den Beihilfevorschriften zustehen. Es besteht keine Zwangsmitgliedschaft, sondern Beiträge werden nur aufgrund der auf Antrag erworbenen Mitgliedschaft an die [X.] entrich-tet. Die Beiträge sind nicht primär risikobezogen, aber auch nicht unmit-telbar prozentual einkommensabhängig; es werden [X.] zugehörige [X.] entsprechend ihrer wirtschaftli-chen Leistungsfähigkeit zusammengefasst. Die [X.] kennt daher auch keinen einheitlichen Erstattungssatz (vgl. grundlegend Senatsurteile vom 5.
Februar 1981

[X.], [X.]Z 79, 320
unter [X.] und vom 29.
Ok-tober 2003

[X.]V ZR 38/03, [X.], 58
unter 1). Zwischen den [X.]

damit auch dem Kläger

und der [X.] besteht nach alledem ein privatrechtliches
Verhältnis, das
ein besonderes Krankenversor-gungssystem zum Gegenstand hat und der Regelung des §
193 Abs.
3 Satz
3 [X.] unterfällt.

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6
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b) Die Vorschrift gilt für jeden vor dem 1.
April 2007 abgeschlosse-nen Krankheitskostenversicherungsvertrag, und zwar unabhängig von dessen [X.]nhalt. [X.] genügen den Anforderungen an die Versicherungspflicht auch dann, wie der Gesetzesbegründung un-missverständlich zu entnehmen ist, wenn sie den in §
193 Abs.
3 Satz
1
[X.]
beschriebenen Mindestumfang des Versicherungsschutzes nicht er-füllen. Einer entsprechenden Anpassung an den gesetzlichen Mindest-standard bedarf es nicht. Der Gesetzgeber wollte damit den Bestands-schutz dieser Verträge gewährleisten (BT-Drucks.
16/4247 S.
67; so auch: [X.], Private Krankenversicherung
§
193 Rn.
110, 111; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 2.
Aufl. §
193
Rn.
29; [X.]/[X.], §
193 Rn.
20
f.; [X.], Private Kran-kenversicherung 2.
Aufl. B
14
ff.; [X.] in [X.]/[X.],
[X.] 28.
Aufl. §
193 Rn.
15). Es kommt danach
nicht darauf an, ob die tariflichen Leis-tungen, welche die [X.] dem Kläger gewährt, den gesetzlichen Mindest-umfang abdecken. Der Altvertrag wird auf jeden Fall von der Bestands-schutzregelung erfasst.

2. Unabhängig davon ist bei den tariflichen Leistungen, welche die [X.] dem Kläger gewährt, eine Umgehung der Versicherungspflicht nach §
193 Abs.
3 Satz
1 [X.] nicht anzunehmen. Für ab dem 1.
April 2007 geschlossene Verträge, d.h. für Neuverträge, ordnet §
193 Abs.
3 Satz
1 [X.] an, dass der Vertrag "mindestens eine Kostenerstattung für ambu-lante und stationäre Heilbehandlung"
umfassen muss. Ergänzend ist §
192 Abs.
1 [X.] heranzuziehen. Gefordert wird insoweit
nur eine Kos-tenerstattung für "medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krank-heit oder Unfallfolgen". Bei der Frage nach dem Umfang der Versiche-rungspflicht ist vom Ziel des Gesetzgebers auszugehen, dass jeder Bür-ger vor einer Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz bei Krankheit 10
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geschützt werden soll. [X.]n der Gesetzesbegründung heißt es, dass aus-reichend eine Absicherung in Tarifen ist, die eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung vorsehen (BT-Drucks.
16/4247, S.
67). Der Basistarif soll nach Art, Höhe und Umfang der gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbar sein (§
12 Abs.
1a Satz
1 VAG).
Der Gesetzgeber hat explizit auch die Möglichkeit der Ver-einbarung
von (absoluten und prozentualen) tariflichen Selbstbehalten bis zu einer betragsmäßigen Auswirkung von 5.000


193
Abs.
3
Satz
1
[X.]). Dass
diese sinngemäß anzuwendende Regelung (vgl. [X.]
aaO Rn.
25) hier in unzulässiger Weise überschrit-ten würde, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Um der Versiche-rungspflicht zu genügen,
ist keine Absicherung zu 100% geboten.

[X.] [X.] [X.]

[X.]

[X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.05.2010 -
146 C 257/09 -

LG [X.], Entscheidung vom 11.05.2011 -
23 [X.]/10 -

Meta

IV ZR 125/11

04.04.2012

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2012, Az. IV ZR 125/11 (REWIS RS 2012, 7457)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7457

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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