Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.06.2017, Az. IX ZB 65/15

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 9208

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:220617BIXZB65.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX
ZB
65/15
vom

22. Juni 2017

in dem Insolvenzverfahren

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Dr.
Kayser,
[X.] Dr. Gehrlein, [X.], [X.] und Meyberg

am
22. Juni 2017
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des [X.] vom 4. August 2015 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zurückgewiesen.

festgesetzt.

Gründe:

I.

Der weitere Beteiligte ist Verwalter in dem am 1.
Februar 2004 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der G.

GmbH (nachfolgend: Schuldnerin). Zuvor war er mit Beschluss vom 15.
De-zember 2003 zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und mit der Erstellung eines
Sachverständigengutachtens
zur Prüfung eines [X.], der Deckung der Verfahrenskosten und der [X.] beauftragt [X.].
Während des Insolvenzverfahrens führte der weitere Beteiligte (fortan auch: Verwalter)
einen langwierigen, letztlich erfolglosen Rechtsstreit gegen 1
-

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-
den Geschäftsführer der Schuldnerin wegen eines Anspruchs nach §
64 Abs.
2 Satz 1 GmbHG aF. Von den Vorschüssen, die der Verwalter auf Gerichts-
und Rechtsanwaltskosten geleistet hatte, wurden 8.224,79

Im November 2010 zeigte der weitere Beteiligte Masseunzulänglichkeit an. Mit Schreiben vom 18.
Februar 2015 beantragte er, die Vergütung für seine Tätig-keit als Insolvenzverwalter auf 63.968,19

, Zustel-lungskosten
und Umsatzsteuer festzusetzen.
Er ging von einer Berechnungs-grundlage in Höhe von 161.354,31

und begehrte einen Zuschlag in Höhe der vollen
Regelvergütung mit der Begründung, der Geschäftsführer der Schuldnerin habe sich obstruktiv verhalten.

Das Insolvenzgericht hat die Vergütung auf insgesamt 49.128,69

t-gesetzt. Es hat die Berechnungsgrundlage um die erstatteten [X.] in Höhe von 8.224,79

gekürzt und nur einen
Zuschlag von 45
v.H. der
Re-gelvergütung gewährt.
Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des [X.] hat keinen Erfolg gehabt. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelas-senen Rechtsbeschwerde verfolgt der Verwalter seinen Vergütungsantrag wei-ter.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund ihrer Zulassung durch das Be-schwerdegericht uneingeschränkt statthaft (§
574 Abs.
1 Satz 1 Nr. 2 ZPO, §§
4, 6 Abs.
1, §
64 Abs.
3
Satz 1
[X.])
und auch im Übrigen zulässig. Die Rechtsbeschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg.

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1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Die Berechnungsgrundlage sei um die Kostenerstattungen zu reduzieren. Es handle sich bei den [X.] nicht um die Masse erhöhende Einnahmen, sondern um die Minderung von Ausgaben. Die Masse sei durch die Erstattungen
lediglich -
teilweise
-
auf ihren ursprünglichen Wert zurückgeführt worden. Auf die Regelvergütung sei wegen der Mehrbelastung des Verwalters aufgrund der Dauer des Verfahrens und des geführten Rechtsstreits ein Zuschlag von 25
v.[X.] gerecht-fertigt. Weitere Zuschläge
wegen obstruktiven Verhaltens des Geschäftsführers der Schuldnerin
und wegen der Anzahl von 121 Gläubigern seien nicht gebo-ten, weil nicht erkennbar sei, dass diese Umstände für den Verwalter zu einem erheblichen Mehraufwand über das übliche Maß hinaus geführt hätten. Die [X.] wegen der Tätigkeit eines vorläufigen Insolvenzverwalters
recht-fertige demgegenüber einen Abschlag von 10
v.H. Das Fehlen von anfech-tungsrelevanten Tatbeständen, die frühzeitige Erledigung der Personalangele-genheiten, die geringe Anzahl von Debitoren und der mit der Einstellung man-gels Masse einhergehende geringere Arbeitsaufwand führten zu einem weite-ren Abschlag von insgesamt 5
v.H. Bei einer Gesamtbetrachtung der [X.] Umstände ergebe sich ein Zuschlag von 10
v.H. Die
Gesamt-vergütung betrage dann
37.178,66

h-ren geltenden Verschlechterungsverbots habe es aber bei der vom [X.] festgesetzten Vergütung von 49.128,69

2. Bereits die Bemessung des Zuschlags auf 25
v.[X.] hält der rechtlichen Nachprüfung
stand.
Eine höhere als die vom Insolvenzge-richt festgesetzte Vergütung kann dem Verwalter daher in keinem Fall zuge-sprochen werden.

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5

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a) Die Bemessung von Zu-
und Abschlägen ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Sie ist in der [X.] nur darauf zu überprü-fen, ob sie die Gefahr der Verschiebung von Maßstäben mit sich bringt (st. Rspr., vgl.
etwa [X.], Beschluss vom 9.
Juni 2016 -
IX
ZB 17/15, [X.], 1304 Rn.
14; vom 6.
April 2017 -
IX
ZB 48/16, [X.], 459 Rn. 8, jeweils mwN).

Dem Umfang und der Schwierigkeit der Geschäftsführung des
[X.]s wird gemäß §
63 Abs.
1 Satz 3 [X.] durch Abweichungen vom Regelsatz Rechnung getragen. §
3 [X.] konkretisiert diese gesetzlichen Vorgaben. Die einzelnen Zu-
und Abschlagstatbestände in dieser Vorschrift haben jedoch nur beispielhaften Charakter. Darüber hinaus gibt es weitere Umstände, die für die Bemessung der Vergütung im Einzelfall Bedeutung gewinnen können. [X.] ist, ob die Bearbeitung den Insolvenzverwalter stärker oder schwächer als in entsprechenden Insolvenzverfahren allgemein üblich in Anspruch genommen hat, also der real gestiegene oder gefallene Arbeitsaufwand ([X.], Beschluss vom 11.
Mai 2006 -
IX
ZB 249/04, [X.], 464 Rn. 41 f mwN; vom 8.
März 2012 -
IX
ZB 162/11, [X.], 372 Rn. 10; vom 26.
Februar 2015 -
IX
ZB 34/13, Z[X.] 2015, 765 Rn. 7; st. Rspr.). Allerdings rechtfertigt nicht jede Ab-weichung vom Normalfall einen Zu-
oder Abschlag; vielmehr muss die [X.] so signifikant sein, dass erkennbar ein Missverhältnis entstünde, wenn nicht die besondere und vom Umfang her erhebliche Tätigkeit des Verwalters auch in einer vom Normalfall abweichenden Festsetzung der Vergütung ihren Niederschlag fände ([X.], Beschluss vom 11.
Oktober 2007 -
IX
ZB 15/07, [X.], 33 Rn. 15). Das Insolvenzgericht hat dabei insbesondere die vom [X.] geltend gemachten Zuschlagstatbestände, aber auch die sonstigen in [X.] kommenden Tatbestände im Einzelnen zu überprüfen und zu beurteilen (vgl. [X.], Beschluss
vom
18.
Dezember 2003 -
IX
ZB 50/03, [X.], 518, 6
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6

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520 f; vom 11.
Mai 2006 -
IX
ZB
249/04, [X.], 464 Rn. 11; zum vorläufigen Sachwalter vgl. [X.], Beschluss vom 21.
Juli 2016 -
IX
ZB 70/14, [X.], 796 Rn. 57; vom 22.
September 2016 -
IX
ZB 71/14, [X.], 1988
Rn. 43).
Einer Bewertung der Höhe jedes einzelnen Zu-
oder Abschlags bedarf es nicht. Es genügt, wenn der Tatrichter die möglichen Zu-
und Abschlagstatbestände dem Grunde nach prüft und anschließend in einer Gesamtschau unter Berück-sichtigung von Überschneidungen und einer auf das Ganze bezogenen Ange-messenheitsbetrachtung den Gesamtzuschlag oder [X.] bestimmt ([X.], Beschluss vom 20.
Mai 2010 -
IX
ZB 11/07, [X.]Z 185, 353 Rn. 9; vom 16.
September 2010 -
IX
ZB 154/09, [X.], 2056 Rn. 10,
jeweils
mwN).

b) Von
diesen Maßstäben weicht die Beurteilung des [X.], es sei ein Zuschlag zur Regelvergütung in Höhe von 25
v.H. gerechtfer-tigt, nicht ab.

aa) Das Beschwerdegericht hat den Zuschlag von 25
v.H. wegen des zusätzlichen Aufwands gewährt, den der Verwalter im Zusammenhang mit dem gegen den Geschäftsführer der Schuldnerin durch mehrere Instanzen geführten Rechtsstreit hatte. Es hat dabei zutreffend darauf abgestellt, dass allein wegen der langen Dauer des Insolvenzverfahrens kein Zuschlag gewährt werden kann, sondern nur wegen der in dieser [X.] vom Insolvenzverwalter erbrachten [X.] ([X.], Beschluss vom 16.
September 2010 -
IX
ZB 154/09, [X.], 982 Rn. 8).
Das Beschwerdegericht hat ersichtlich den gesamten Aufwand, der dem Verwalter im Zuge des Rechtsstreits entstanden ist, in seine Bewertung
einbezogen. Dem Umstand, dass dieser Aufwand teilweise durch die vom Ge-schäftsführer der Schuldnerin eingelegten Rechtsmittel verursacht wurde, hat das Beschwerdegericht mit Recht keine gesonderte Bedeutung beigemessen.

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bb) Ebenfalls zutreffend hat das Beschwerdegericht den Aufwand, der dem Verwalter im Zusammenhang mit den vom Insolvenzgericht ergriffenen Aufsichtsmaßnahmen entstanden ist, außer Betracht gelassen. Sieht das Insol-venzgericht einen Anlass, die Tätigkeit des Insolvenzverwalters -
hier die Beauf-tragung externer Dienstleister auf Kosten der Masse
-
einer Prüfung zu unter-ziehen, kann der damit für den Verwalter verbundene Aufwand regelmäßig nicht zu einer Erhöhung seiner Vergütung führen. Die Mitwirkung an derartigen [X.] ist für den Verwalter verpflichtend und gehört zum Regelfall eines Insolvenzverfahrens. Dies gilt auch dann, wenn die Aufsichtsmaßnahme vom Geschäftsführer der Schuldnerin beantragt wurde.

cc) Ohne den anzuwendenden Maßstab zu verschieben, hat das Be-schwerdegericht einen Zuschlag wegen der Anzahl von 121 Gläubigern [X.]. Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine außergewöhnlich hohe Gläubigerzahl einen Zuschlag rechtfertigen ([X.], Beschluss vom 11.
Mai 2006 -
IX
ZB 249/04, [X.], 464 Rn. 43). Einen festen Grenzwert gibt es jedoch nicht. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist nicht stets ab einer [X.] Gläubigern ein Zuschlag zu gewähren. Entscheidend ist auch hier, ob die Bearbeitung den Insolvenzverwalter stärker als in entsprechenden Insol-venzverfahren allgemein üblich in Anspruch genommen hat ([X.], aaO Rn. 42). Dies
hat das Beschwerdegericht nicht feststellen können.

c) Auf weiteres kommt es nicht an. Da die Bemessung des Zuschlags zur Regelvergütung mit 25
v.H. der Überprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren standhält, scheidet eine Festsetzung der Vergütung auf einen höheren als den vom Insolvenzgericht festgesetzten und vom Beschwerdegericht im Ergebnis bestätigten Betrag aus. Selbst wenn die an die Masse erstatteten Kostenvor-schüsse entgegen der Ansicht der Vorinstanzen die Berechnungsgrundlage
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erhöhten und der vom Beschwerdegericht vorgenommene Abschlag von 15
v.[X.] nicht gerechtfertigt sein sollte, läge die Vergütung
einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer
unter dem Betrag von 49.128,69

den das Insolvenzgericht festgesetzt und das Beschwerdegericht wegen des Verschlechterungsverbots nicht herabgesetzt hat.

Kayser
Gehrlein
[X.]

Schoppmeyer
Meyberg

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 19.03.2015 -
1 IN 107/03 -

LG [X.], Entscheidung vom 04.08.2015 -
8 [X.]/15 -

Meta

IX ZB 65/15

22.06.2017

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.06.2017, Az. IX ZB 65/15 (REWIS RS 2017, 9208)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9208

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