Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.04.2018, Az. 5 AZR 245/17

5. Senat | REWIS RS 2018, 10175

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Gegenstand

Vergütung für Umkleidezeiten - auffällige Dienstkleidung


Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 28. März 2017 - 14 [X.] 877/16 - aufgehoben, soweit das [X.] auf die Berufung der [X.] das Urteil des [X.] vom 26. August 2016 - 4 Ca 161/16 - hinsichtlich der Verurteilung der [X.] zur Zahlung von 69,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Januar 2016 abgeändert und die Klage abgewiesen hat. Im Umfang der Aufhebung wird die [X.]che zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

2. Im Übrigen wird auf die Revision der Klägerin das Urteil des [X.] vom 28. März 2017 - 14 [X.] 877/16 - aufgehoben und die Berufung der [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 26. August 2016 - 4 Ca 161/16 - mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziff. 1 des Urteils des Arbeitsgerichts zur Klarstellung wie folgt neu gefasst wird:

Es wird festgestellt, dass die unter Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin erforderliche Zeit des An- und Ablegens der Dienstkleidung bestehend aus Poloshirt und Sicherheitsschuhen im Betrieb der [X.] zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zählt und von der [X.] zu vergüten ist.

Tatbestand

1

[X.]ie Parteien streiten über Vergütung für [X.]en.

2

[X.]ie Klägerin ist seit 1994 bei der [X.] bzw. deren [X.], zuletzt als Mitarbeiterin in der stationären [X.]ienstleistung im Betrieb in [X.] beschäftigt. [X.]ie [X.] betreibt ein Unternehmen, das bundesweit im Bereich Geld- und [X.] sowie [X.] tätig ist. [X.]er schriftliche Arbeitsvertrag der Klägerin vom 18. April 1994 bestimmt [X.].:

        

§ 1   

Beginn des Arbeitsverhältnisses

        

(1)     

…       

        

(2)     

Auf das Arbeitsverhältnis finden die zwischen dem Bundesverband [X.]eutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen und der [X.] ÖTV abgeschlossenen Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.

        

…       

        
        

§ 4     

Entgelt

                 

Es werden … die … vereinbarten Arbeitsstunden vergütet.

                 

[X.]er [X.] beträgt …“

3

[X.]er Mantelrahmentarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die Bundesrepublik [X.]eutschland vom 1. [X.]ezember 2006 ([X.]) enthält [X.]. folgende Regelungen:

        

§ 4   

Allgemeine Bestimmungen

        

1.    

[X.]er [X.]ienst beginnt mit der Aufnahme der Tätigkeit gemäß [X.]ienstanweisung oder der Übergabe der Arbeitsmittel und endet mit der Beendigung der Tätigkeit gemäß [X.]ienstanweisung oder der Rückgabe der Arbeitsmittel. …

        

…       

        
        

§ 6     

Arbeitszeit

        

1.1.   

[X.]ie regelmäßige tägliche Arbeitszeit soll 8 Stunden nicht überschreiten. …

        

…       

        
        

§ 10   

Ausrüstung und Bekleidung

        

1.    

[X.]ie für den [X.]ienst erforderliche Ausrüstung und die erforderliche [X.]ienstkleidung sind dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber in ordnungsgemäßem Zustand unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. [X.]er Arbeitnehmer ist verpflichtet, diese Sachen im [X.]ienst zu gebrauchen. Zum Gebrauch außer [X.]ienst ist er ohne ausdrückliche Genehmigung der Betriebsleitung nicht befugt.

        

…       

        
        

§ 12   

Ausschlussfristen

        

1.    

Sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erlöschen beiderseits drei Monate nach Fälligkeit, von oder gegen ausgeschiedene Arbeitnehmer jedoch nicht später als einen Monat nach Fälligkeit der Ansprüche für den Kalendermonat, in dem das Arbeitsverhältnis endet, sofern sie nicht vorher unter Angabe der Gründe schriftlich geltend gemacht worden sind.

        

2.    

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht wird.

        

…“    

        

4

Mit Wirkung ab dem 1. Jan[X.]r 2014 hat die Bundesvereinigung [X.]eutscher Geld- und Wertdienste e.V. mit der Vereinten [X.]ienstleistungsgewerkschaft ver.di am 11. November 2013 eine Rahmenvereinbarung für Geld- und Wertdienste in der Bundesrepublik [X.]eutschland ([X.]) vereinbart, die [X.]. bestimmt:

        

§ 2   

Besitzstandsfortschreibung und Arbeitsortprinzip

        

…       

        
        

1.    

[X.]ie Tarifparteien vereinbaren für die Laufzeit dieser Tarifvereinbarung, dass zunächst alle bis 31. [X.]ezember 2013 für die Geld- und Wertdienstleistungsunternehmen gültigen oder nachwirkenden regionalen Tarifverträge und der Mantelrahmentarifvertrag vom 1. [X.]ezember 2006 für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die Bundesrepublik [X.]eutschland für die Geld- und Wertdienstleistungsunternehmen ab 1. Jan[X.]r 2014 weitergelten, sofern nachfolgend nichts anderes vereinbart ist.

                 

…       

        

3.    

[X.]ie Tarifvertragsparteien sind sich einig, dass der Ort der Erbringung der Arbeitsleistung für die mobile [X.]ienstleistung im [X.] für inländische Unternehmen der Ort ist, an dem die Arbeit aufgenommen und beendet wird.

                 

[X.]ie Tarifvertragsparteien sind sich einig, dass für die stationäre [X.]ienstleistung in der [X.] Ort der Erbringung der Arbeitsleistung der Ort ist, an dem die Arbeit im [X.]szentrum aufgenommen und beendet wird.

        

…       

        
        

§ 12   

Ausschlussfristen

                 

…       

                 

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis entfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden.

                 

Lehnt die Gegenpartei die Ansprüche schriftlich ab, sind die Ansprüche innerhalb einer weiteren Ausschlussfrist von drei Monaten ab Zugang der schriftlichen Ablehnung gerichtlich geltend zu machen.

        

§ 13   

Sonderregelung [X.] und [X.]

                 

…       

                 

Für die Bundesländer [X.] und [X.] werden die Tarifvertragsparteien manteltarifliche Regelungen vereinbaren.

                 

…“    

5

[X.]ie manteltariflichen Sonderregelungen [X.] und [X.] gem. § 13 [X.] vom 11. November 2013 für Geld- und Wertdienste in der Bundesrepublik [X.]eutschland (iF Sonderregelungen [X.]-[X.]) enthalten folgende Bestimmung:

        

6. [X.]ienstbeginn und -ende

        

[X.]er vergütungspflichtige [X.]ienst beginnt mit der Aufnahme der Tätigkeit gemäß [X.]ienstanweisung oder der Übergabe der Arbeitsmittel (Ausrüstungsgegenstände) und endet mit der Beendigung der Tätigkeit gemäß [X.]ienstanweisung oder der Rückgabe der Arbeitsmittel.“

6

[X.]ie Bundesvereinigung [X.]eutscher Geld- und Wertdienste e.V. hat mit der Vereinten [X.]ienstleistungsgewerkschaft ver.di am 11. November 2013 auch einen [X.] für Geld- und Wertdienste in der Bundesrepublik [X.]eutschland ([X.] 2013) mit Wirkung ab dem 1. Jan[X.]r 2014 und mit Wirkung ab 1. Jan[X.]r 2017 den [X.] vom 1. Febr[X.]r 2017 ([X.] 2017) vereinbart. In § 2 [X.] 2013 und [X.] 2017 werden die Stundenlöhne für mobile und stationäre [X.]ienstleistung in Abhängigkeit vom jeweiligen Bundesland und bestimmten Stichtagen festgesetzt. In [X.] 2013 und [X.] 2017 wird gleichlautend [X.]. bestimmt:

        

§ 5   

Arbeitsortprinzip

        

1.    

[X.]ie Tarifvertragsparteien sind sich einig, dass der Ort der Erbringung der Arbeitsleistung für die mobile [X.]ienstleistung im [X.] für inländische Unternehmen der Ort ist, an dem die Arbeit aufgenommen und beendet wird.

        

2.    

[X.]ie Tarifvertragsparteien sind sich einig, dass für die stationäre [X.]ienstleistung in der [X.] Ort der Erbringung der Arbeitsleistung der Ort ist, an dem die Arbeit im [X.]szentrum aufgenommen und beendet wird.“

7

[X.]ie Klägerin ist Mitglied der [X.] ver.di, die [X.] ist Mitglied der Arbeitgebervereinigung [X.]eutscher Geld- und Wertdienste. [X.]ie [X.] vergütet die Arbeit in der stationären [X.]ienstleistung vom Beginn der dienstplanmäßigen Tätigkeit bis zur Betätigung der Stempeluhr nach Arbeitsende mit 15,29 Euro brutto/Stunde. Neben der Stempeluhr am Haupteingang befinden sich weitere Stempeluhren vor den Abteilungen. [X.]ie Arbeitnehmer sind angewiesen, unmittelbar nach [X.] die Stempeluhr vor der jeweiligen Abteilung zu bedienen.

8

[X.]ie Klägerin ist im [X.]szentrum in der obersten Etage tätig. Wenn sie sich im Betrieb umzieht, sucht sie die Umkleideräume im Untergeschoss auf und legt dort ihre [X.]ienstkleidung an. [X.]iese besteht aus Sicherheitsschuhen und einem schwarzen Poloshirt, auf dem sich auf Vorder- und Rückseite in gelber Schrift das Firmenlogo befindet. [X.]anach betätigt die Klägerin die Stempeluhr vor ihrer Abteilung, verrichtet ihre Tätigkeit, betätigt unmittelbar nach deren Beendigung erneut die Stempeluhr vor der Abteilung und begibt sich wieder in die Umkleideräume. Manche Arbeitnehmer erscheinen bereits in [X.]ienstkleidung zur Arbeit und legen damit auch den Weg nach Hause zurück.

9

Mit Schreiben vom 2. November 2015 hat die Klägerin Vergütung für [X.]en vom 7. September bis 23. Oktober 2015 verlangt. Mit ihrer der [X.] am 14. Jan[X.]r 2016 zugestellten Klage hat sie die Feststellung der Vergütungspflicht für [X.]en im Betrieb und die Zahlung der sich ergebenden Bruttovergütung für die [X.] von 7. September bis 30. November 2015 gefordert.

[X.]ie Klägerin hat die Auffassung vertreten, [X.]en seien Teil der von der [X.] zu vergütenden Arbeitszeit. [X.]ie Vergütungspflicht sei nicht durch Tarifvertrag ausgeschlossen. Sie hat behauptet, sie kleide sich jeweils vor ihrer Tätigkeit im Betrieb um. Bei einem tariflichen Stundenlohn von 15,29 Euro brutto im Jahr 2015 schulde die [X.] Vergütung für [X.]en von 275 Minuten, insgesamt 69,00 Euro brutto.

[X.]ie Klägerin hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die [X.] des An- und Ablegens der [X.]ienstkleidung im Betrieb der [X.] zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zählt und von der [X.] zu vergüten ist,

        

2.    

die [X.] zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 69,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.

[X.]ie [X.] hat Klageabweisung beantragt. [X.]ie zur Verfügung gestellte [X.]ienstkleidung sei nicht besonders auffällig, weshalb die [X.] keine zu vergütende Arbeitszeit sei. Jedenfalls seien die von der Klägerin erfassten [X.]en überhöht.

[X.]as Arbeitsgericht hat - soweit in der Revision von Bedeutung - der Klage stattgegeben. [X.]as [X.] hat auf die Berufung der [X.] die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr [X.] weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des [X.] ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), denn die Klägerin hat Anspruch auf Vergütung für Umkleidezeiten im Betrieb der [X.]. Der Feststellungsantrag ist begründet. Das kann der Senat nach § 563 Abs. 3 ZPO selbst entscheiden, weil das [X.] die hierfür erforderlichen Feststellungen getroffen hat. Hinsichtlich des [X.]s ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), weil es an Feststellungen zum Umfang der Umkleidezeiten der Klägerin fehlt.

I. Der Antrag auf Feststellung der Vergütungspflicht für Umkleidezeiten ist - in der gebotenen Auslegung - als Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO zulässig und begründet.

1. Der Feststellungsantrag ist zulässig, bedarf allerdings der Auslegung. Er ist dahin zu verstehen, dass mit ihm die Vergütungspflicht für Umkleidezeiten im Betrieb der [X.] unter Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin festgestellt werden soll.

a) Für die Auslegung von Klageanträgen gelten die für Willenserklärungen maßgeblichen Auslegungsregeln, §§ 133, 157 BGB. Die Gerichte sind gehalten, Klageanträge nach Möglichkeit so auszulegen, dass hierdurch eine vom Antragsteller erkennbar erstrebte Sachentscheidung ermöglicht wird. Im Zweifel ist gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage entspricht ([X.] 23. März 2016 - 5 [X.] - Rn. 26, [X.]E 154, 337). Danach war der Feststellungantrag bereits mit Klageerhebung nur auf Umkleidezeiten im Betrieb sowie auf [X.]en des An- und Ablegens des von der [X.] zur Verfügung gestellten Poloshirts nebst Sicherheitsschuhen gerichtet. Darüber hinaus ergibt die Auslegung des Antrags unter Berücksichtigung des Inhalts der Klageschrift, dass lediglich die unter Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin erforderlichen Umkleidezeiten vom Feststellungsantrag erfasst sein sollen. In dieser Auslegung ist er zulässig und hinreichend bestimmt.

b) Der so verstandene Antrag ist in Form der Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässig.

Nach § 256 Abs. 2 ZPO kann die Klägerin zugleich mit der Hauptklage - hier der Zahlungsklage auf Vergütung für Umkleidezeiten - auf Feststellung eines die Entscheidung bedingenden, dh. vorgreiflichen Rechtsverhältnisses klagen. Damit wird ein Element aus der Gesamtentscheidung verselbständigt und mit eigener Rechtskraft versehen, weil hierdurch Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für mögliche Folgestreitigkeiten hergestellt wird. Eine Zwischenfeststellungsklage bedingt daher, dass die Frage nach dem Bestehen des Rechtsverhältnisses notwendig auch bei der Entscheidung über den Hauptantrag beantwortet werden muss, aber darüber hinaus auch für andere denkbare Folgestreitigkeiten Bedeutung haben kann ([X.] 6. Juli 2011 - 4 [X.] - Rn. 25, [X.]E 138, 287). Diese Vorgreiflichkeit ist hier gegeben. Die Feststellung der Vergütungspflicht für Umkleidezeiten ist eine Vorfrage, die jedenfalls bei der Entscheidung über den Leistungsantrag beantwortet werden muss. Zugleich reicht sie über das dort erfasste Rechtsschutzziel der Klägerin hinaus. Denn der in der Leistungsklage geltend gemachte Anspruch ist auf die [X.] vom 7. September bis zum 30. November 2015 begrenzt.

2. Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Die Vergütungspflicht für Umkleidezeiten folgt aus § 611 Abs. 1 BGB. Sie ist nicht durch Arbeits- oder Tarifvertrag ausgeschlossen.

a) Bei den von der Klägerin benötigten Umkleidezeiten zum An- und Ablegen der Dienstkleidung im Betrieb handelt es sich um vergütungspflichtige Arbeitszeit nach § 611 Abs. 1 BGB.

aa) Die gesetzliche Vergütungspflicht des Arbeitgebers knüpft nach § 611 Abs. 1 BGB an die Leistung der versprochenen Dienste an. Zu den „versprochenen Diensten“ iSd. § 611 BGB zählt nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern jede vom Arbeitgeber im [X.] verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt. „Arbeit“ als Leistung der versprochenen Dienste iSd. § 611 Abs. 1 BGB ist jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient ([X.] 6. September 2017 - 5 [X.] - Rn. 12 mwN).

bb) [X.] handelt es sich bei dem An- und Ablegen einer besonders auffälligen Dienstkleidung. An der Offenlegung der von ihm ausgeübten beruflichen Tätigkeit gegenüber Dritten hat der Arbeitnehmer außerhalb seiner Arbeitszeit kein objektiv feststellbares eigenes Interesse. Die Notwendigkeit des An- und Ablegens der Dienstkleidung und der damit verbundene [X.]aufwand des Arbeitnehmers beruhen auf der Anweisung des Arbeitgebers zum Tragen der Dienstkleidung während der Arbeitszeit. Daher schuldet der Arbeitgeber Vergütung für die durch den Arbeitnehmer hierfür im Betrieb aufgewendete [X.] ([X.] 6. September 2017 - 5 [X.] - Rn. 13 mwN).

[X.] mit einer vorgeschriebenen Dienstkleidung ist nicht lediglich [X.] und damit keine Arbeitszeit, wenn sie zu Hause angelegt und - ohne besonders auffällig zu sein - auf dem Weg zur Arbeitsstätte getragen werden kann. Gleiches gilt, wenn es dem Arbeitnehmer gestattet ist, eine an sich besonders auffällige Dienstkleidung außerhalb der Arbeitszeit zu tragen, und er sich entscheidet, diese nicht im Betrieb an- und abzulegen. Dann dient das Umkleiden außerhalb des Betriebs nicht nur einem fremden Bedürfnis, weil der Arbeitnehmer keine eigenen Kleidungsstücke auf dem Arbeitsweg einsetzen muss oder sich aus anderen, selbstbestimmten Gründen gegen das An- und Ablegen der Dienstkleidung im Betrieb entscheidet ([X.] 6. September 2017 - 5 [X.] - Rn. 13 mwN).

cc) Danach ist die für das An- und Ablegen der Dienstkleidung, bestehend aus Poloshirt und Sicherheitsschuhen, im Betrieb benötigte [X.] als vergütungspflichtige Arbeitszeit anzusehen.

(1) Die bei der [X.] beschäftigten Arbeitnehmer sind unstreitig zum Tragen der Dienstkleidung verpflichtet.

(2) Nach den Feststellungen des [X.] ist die Klägerin durch den Schriftzug auf dem Poloshirt in der Öffentlichkeit als Mitarbeiterin der [X.] eindeutig zu erkennen. Die hierauf gestützte Annahme des Berufungsgerichts, bei dem zu tragenden Poloshirt handele es sich um besonders auffällige Dienstkleidung, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

(3) Eine ausschließlich [X.]e Tätigkeit liegt auch beim Tragen der Sicherheitsschuhe vor. Das [X.] hat zwar dahinstehen lassen, ob diese eine besonders auffällige Dienstkleidung darstellen. Doch kann der Senat aufgrund der getroffenen Feststellungen in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Denn die Klägerin erfüllt mit dem Tragen von Sicherheitsschuhen kein eigenes Bedürfnis, sondern kommt damit dem Erfordernis zur Nutzung einer von der [X.] zur Verfügung gestellten Schutzkleidung während ihrer Tätigkeit nach.

b) In welchem zeitlichen Umfang Umkleidezeiten zur Arbeitszeit rechnen, ergibt sich - soweit eine anderweitige Regelung nicht besteht - nach allgemeinen Grundsätzen. Der Arbeitnehmer darf seine Leistungspflicht nicht willkürlich selbst bestimmen, er muss vielmehr unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten. Dieser modifizierte subjektive Maßstab gilt auch für das Umkleiden. Nur die [X.]spanne, die dazu für den einzelnen Arbeitnehmer unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit erforderlich ist, zählt zur Arbeitszeit ([X.] 26. Oktober 2016 - 5 [X.] - Rn. 28, [X.]E 157, 116).

c) Die Vergütung der Umkleidezeiten ist nicht durch arbeitsvertragliche Vereinbarung und entgegen der Annahme des [X.] auch nicht durch Tarifvertrag ausgeschlossen.

aa) Mit der Einordnung der Umkleidezeiten als Teil der iSv. § 611 Abs. 1 BGB „versprochenen Dienste“ ist noch nicht geklärt, wie sie zu vergüten sind. Durch Arbeits- oder Tarifvertrag kann eine gesonderte Vergütungsregelung für eine andere als die eigentliche Tätigkeit und damit auch für Umkleidezeiten getroffen werden (vgl. [X.] 26. Oktober 2016 - 5 [X.] - Rn. 23 mwN).

(1) Der Arbeitsvertrag selbst schließt die Vergütung der Umkleidezeiten nicht aus. § 4 Arbeitsvertrag regelt lediglich die Höhe der Vergütung pro Arbeitsstunde.

(2) Aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf Tarifregelungen ergibt sich ebenfalls kein Ausschluss der Vergütung. Das [X.] hat ohne jede Begründung angenommen, die Regelungen des [X.] (2013/2017) fänden auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin Anwendung. Gemäß § 5 [X.] sei eine Vergütung für Umkleidezeiten nicht vorgesehen. Mit dieser Vorgehensweise hat das [X.] nicht berücksichtigt, dass nach seinen Feststellungen eine Tarifbindung der Parteien nicht bestand und die Bezugnahmeklausel des § 1 Abs. 2 Arbeitsvertrag den zwischen der [X.] und [X.] abgeschlossenen Tarifvertrag nicht einbezieht. Danach finden die zwischen dem [X.] und der [X.] abgeschlossenen Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin Anwendung. Hierzu zählen zwar auch die von [X.] als Rechtsnachfolger der [X.] abgeschlossenen Tarifverträge ([X.] 7. Dezember 2016 - 4 [X.] - Rn. 27) und damit der [X.], nicht jedoch der [X.], der auf Arbeitgeberseite von der [X.] abgeschlossen wurde.

(3) Auch unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig gestellten beiderseitigen Tarifbindung im Streitzeitraum verbleibt es bei dem gefundenen Ergebnis. Denn die dann anwendbare [X.] regelt nicht - insbesondere nicht in § 2 Nr. 3 - Beginn und Ende der vergütungspflichtigen Arbeitszeit. Dort ist nur bestimmt, dass für die stationäre Dienstleistung in der [X.] Ort der Erbringung der Arbeitsleistung der Ort ist, an dem die Arbeit im [X.]szentrum aufgenommen und beendet wird. Eine Regelung zu Beginn und Ende der tariflichen Arbeitszeit oder eine Zuordnung, welche Tätigkeiten zur Arbeitszeit zählen, enthält diese Tarifnorm nicht. Gleiches gilt für § 5 [X.] 2013 und [X.] 2017. Das darin geregelte Arbeitsortprinzip dient nach dem tariflichen Gesamtzusammenhang der Zuordnung der Sicherheitsmitarbeiter zu den in § 2 [X.] aufgeführten und je nach Bundesland unterschiedlich festgelegten Stundenlohnsätzen.

(4) Die Vergütungspflicht für Umkleidezeiten ist auch nicht nach § 4 Nr. 1 [X.] iVm. § 1 Abs. 2 Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Diese Norm regelt Beginn und Ende des Dienstes. Dieser beginnt „mit der Aufnahme der Tätigkeit gemäß Dienstanweisung oder der Übergabe der Arbeitsmittel“ und endet „mit der Beendigung der Tätigkeit gemäß Dienstanweisung oder der Rückgabe der Arbeitsmittel“. Was „Aufnahme der Tätigkeit“ bedeutet, bestimmt der Tarifvertrag nicht näher. Denkbar ist zwar, dass damit auf die konkrete Arbeitsleistung in den jeweiligen, vom fachlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags erfassten Arbeitsbereichen, im Fall der Klägerin die [X.], abgestellt wird. Dann würde das An- und Ablegen der Dienstkleidung noch nicht zum „Dienst“ und damit nicht zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit gehören. Doch erlaubt der [X.] gleichermaßen die Auslegung, als Beginn der Tätigkeit „gemäß Dienstanweisung“ bereits das Umkleiden einzubeziehen, denn zum Tragen der Dienstkleidung ist die Klägerin durch eine Anweisung der [X.] verpflichtet. Der tarifliche Gesamtzusammenhang ist zur Beantwortung der Frage eines möglichen Ausschlusses der Vergütungspflicht von Umkleidezeiten nicht ergiebig. Ein klarer übereinstimmender Regelungswille der Tarifvertragsparteien lässt sich dem Tarifvertrag nicht entnehmen. Wollen die Tarifvertragsparteien die grundsätzliche bestehende Vergütungspflicht des Arbeitgebers ausschließen, bedarf dies jedoch einer klaren Regelung (zur tariflichen Festlegung einer abweichenden Bemessungsgrundlage des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts nach § 4 Abs. 4 Satz 1 EFZG vgl. [X.] 20. Januar 2010 - 5 [X.] - Rn. 12, [X.]E 133, 101). Daran fehlt es in § 4 Nr. 1 [X.].

(5) § 10 Nr. 1 [X.] schließt ebenfalls die Vergütungspflicht für Umkleidezeiten nicht aus. Die Bestimmung regelt die Pflicht des Arbeitsgebers zur unentgeltlichen Bereitstellung der Dienstkleidung und die Tragepflicht des Arbeitnehmers. Die Vergütung der Umkleidezeiten ist darin indes nicht angesprochen.

(6) Entgegen der Auffassung der Revision kann Nr. 6 der Sonderregelungen [X.] zur Auslegung des [X.] nicht herangezogen werden. Dem steht entgegen, dass diese Tarifregelungen von anderen Tarifvertragsparteien für einen anderen örtlichen Geltungsbereich abgeschlossen worden ist. Da es entscheidend auf den Willen der Vertragschließenden ankommt, ist nur ausnahmsweise bei gewichtigen Anhaltspunkten davon auszugehen, dass der Sprachgebrauch anderer Tarifvertragsparteien und die von ihnen getroffene Regelung für die Auslegung des in Streit stehenden Tarifvertrags von Bedeutung ist. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn mehrere Tarifverträge eine gewisse Einheit bilden ([X.] 18. Oktober 2017 - 10 [X.] - Rn. 28). Die Sonderregelungen [X.] bilden jedoch keine Einheit mit dem [X.].

II. Die Revision ist auch begründet, soweit das [X.] den [X.] der Klägerin zurückgewiesen hat. Ob und in welcher Höhe das [X.] begründet ist, vermag der Senat nicht zu entscheiden. Es fehlt an Feststellungen zum Umfang der Umkleidezeiten der Klägerin. Daher ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

1. Der [X.] ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin begehrt Vergütung für Umkleidezeiten für insgesamt 275 Minuten in der [X.] von 7. September bis 30. November 2015 in Höhe von jeweils 0,25 Euro brutto. Damit ist der Antrag für den streitbefangenen [X.]raum als abschließende Gesamtklage zu verstehen ([X.] 23. Januar 2018 - 9 [X.] - Rn. 13 mwN).

2. Die Vergütungspflicht für die Umkleidezeiten folgt aus § 611 Abs. 1 BGB iVm. Arbeitsvertrag. Ob und in welcher Höhe der Antrag begründet ist, wird das [X.] zu prüfen haben. Der bisherige Vortrag der Klägerin hierzu ist nicht ausreichend substantiiert. Sie verweist lediglich auf die Anlage zur Klageschrift. Die Bezugnahme auf Anlagen ersetzt jedoch grundsätzlich keinen Sachvortrag ([X.] 23. Oktober 2013 - 5 [X.] - Rn. 14). Die Beklagte hat die Behauptungen der Klägerin zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten. Steht fest, dass Umkleidezeiten im Streitzeitraum entstanden sind, kann aber die Klägerin ihrer Darlegungs- oder Beweislast für den zeitlichen Umfang, in dem diese erforderlich waren, nicht in jeder Hinsicht genügen, hat das Gericht die erforderlichen Umkleidezeiten nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO zu schätzen ([X.] 6. September 2017 - 5 [X.] - Rn. 28 mwN).

3. Besteht ein Zahlungsanspruch, hat die Klägerin die Ausschlussfristen gemäß § 12 [X.] bzw. § 12 [X.] eingehalten.

a) Die Geltendmachung eines Anspruchs zur Wahrung einer Ausschlussfrist verlangt, dass die in Anspruch genommene Vertragspartei erkennen kann, welcher konkrete Anspruch ihr gegenüber erhoben wird. Dieser ist dem Grunde nach hinreichend deutlich zu bezeichnen. Eine Bezifferung der Forderung ist entbehrlich, wenn sie dem Schuldner der Höhe nach bekannt oder für ihn ohne weiteres errechenbar ist und die schriftliche Geltendmachung erkennbar davon ausgeht ([X.] 26. September 2017 - 1 [X.] - Rn. 36).

b) Bereits die der [X.] am 14. Januar 2016 zugestellte Klageschrift wahrt sowohl die erste als auch die zweite Stufe der Ausschlussfrist nach § 12 [X.] bzw. § 12 [X.]. Die Klägerin hat die im streitgegenständlichen [X.]raum ihrer Auffassung nach angefallenen Umkleidezeiten aufgeführt und mit Schreiben vom 2. November 2015 auch die Bemessung des Entgelts „Monatsbasis“ angegeben. Die Vergütung für den Monat September 2015 war sowohl nach § 4 Abs. 1 Satz 3 [X.] 2013 als auch nach § 8 Nr. 2 Satz 3 [X.] zum 15. Oktober 2015 fällig, die Frist zur schriftlichen Geltendmachung nach § 12 Nr. 1 [X.] bzw. § 12 Abs. 1 [X.] ist erst am 15. Januar 2016 abgelaufen.

III. Das [X.] wird über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

        

    [X.]    

        

    [X.]    

        

    Volk    

        

        

        

    E. Bürger    

        

    Jens M. Schubert    

                 

Meta

5 AZR 245/17

25.04.2018

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Düsseldorf, 26. August 2016, Az: 4 Ca 161/16, Urteil

§ 611 BGB, § 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.04.2018, Az. 5 AZR 245/17 (REWIS RS 2018, 10175)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 10175


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 5 AZR 245/17

Bundesarbeitsgericht, 5 AZR 245/17, 25.04.2018.


Az. 4 Ca 161/16

Arbeitsgericht Düsseldorf, 4 Ca 161/16, 26.08.2016.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

9 Ca 5217/20

7 Sa 275/22

5 Sa 122/17

9 TaBV 9/18

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