Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.03.2016, Az. I ZR 110/15

I. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 15121

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:030316UIZR110.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM NAMEN [X.]S VOLKES
URTEIL
I [X.]/15
Verkündet am:
3. März 2016
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Herstellerpreisempfehlung bei [X.]
UWG §
5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 2, § 8 Abs. 4
a)
Die Prüfung, ob die Geltendmachung von Ansprüchen wegen Rechtsmissbrauchs nach § 8 Abs. 4 UWG unzulässig ist, hat unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände zu erfolgen. In diese Beurteilung sind nach der vorgerichtlichen Abmahnung auftretende Umstände auch dann einzubeziehen, wenn ein rechtsmissbräuchliches Verhalten im [X.]punkt der Abmahnung nicht festzustellen ist.
b)
Die durch das [X.] zur Änderung des [X.] den unlauteren Wett-bewerb ([X.] I 2015, S. 2158) in § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG eingefügte [X.] trägt dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Ge-schäftspraktiken Rechnung und beinhaltet gegenüber der bisherigen Rechtslage im Hinblick darauf, dass
schon bisher im Rahmen des § 3 Abs. 1 UWG aF die Spürbarkeit der Interessenbeeinträchtigung zu prüfen war, keine inhaltliche Änderung.
c)
[X.] mit einer nicht mehr bestehenden Herstellerpreisempfehlung ist regelmäßig geeignet, den Verbraucher im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er ansonsten nicht getroffen hätte. Die [X.]ehlung stellt für den Verbraucher eine wesentliche Orientierungshilfe bei der Einschätzung der Vorteilhaftigkeit von Marktangeboten dar.
d)
Ein Händler, der auf einer [X.]-Handelsplattform in seinem Namen ein Verkaufsan-gebot veröffentlichen lässt, obwohl er dessen inhaltliche Gestaltung nicht vollständig beherrscht, weil dem Plattformbetreiber die Angabe und Änderung der unverbindlichen [X.]ehlung vorbehalten ist, haftet als Täter für den infolge unzutreffender Angabe der [X.]ehlung irreführenden Inhalt seines Angebots.
[X.], Urteil vom 3. März 2016 -
I [X.]/15 -
[X.]
-
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[X.]

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-

[X.]:[X.]:[X.]:2016:030316UIZR110.15.0
Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. März 2016 durch [X.]
Dr.
Büscher,
die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff, Prof.
Dr.
Koch und Feddersen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 24. April 2015 wird auf Kosten der [X.] zurück-gewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien handeln über das [X.] mit Uhren.
Die Beklagte bot
auf der [X.]plattform [X.] am 2. Juli 2013 eine Uhr der Marke "[X.]"
wie aus dem nachstehenden Klageantrag ersichtlich zu

. Über der Preisangabe war der Hinweis "[X.]. [X.].:" und dahinter die durchgestrichene Angabe "[X.] 39,90" ange-bracht.
Der Betreiber des [X.]portals
[X.]
vergibt für jedes identi-sche Produkt, das auf seiner Plattform angeboten wird, eine Identifikationsnummer ("[X.]"). Jeder Anbieter, der ein Produkt anbieten möchte, für das bereits eine Identifikationsnummer vergeben ist, muss sein Angebot ebenfalls unter dieser Nummer auflisten. Bei der Angebotserstellung kann der Anbieter den eigenen Verkaufspreis angeben. Die Angabe einer unverbindlichen [X.]ehlung hin-1
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gegen kann allein der Plattformbetreiber
einstellen oder
verändern.
Auch die [X.] beanstandete [X.]ehlung hat der Plattformbetreiber eingestellt.
Die Klägerin beanstandet das Angebot der [X.] mit der Begründung als irreführend, die darin angegebene unverbindliche [X.]ehlung habe im [X.] tatsächlich nicht bestanden.
Sie hat die Beklagte im Juli 2013 erfolglos abgemahnt
und am
22. Juli 2013 gegen die Beklagte eine einstweilige Verfügung erwirkt, die im Widerspruchsverfahren aufgehoben, jedoch vom [X.] mit Urteil vom 28. Mai 2014 neu erlassen worden ist.
Die Klägerin hat -
soweit für die Revision von Bedeutung -
beantragt,
1.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 491,90

von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Januar 2014 zu zahlen;

2.
die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurtei-len, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Bereich des Handels mit Armbanduhren unter Gegenüberstellung des eige-nen Verkaufspreises mit unverbindlichen [X.]ehlungen des Herstellers zu werben, die zum [X.]punkt der Werbung nicht bestehen, wie am 2. Juli 2013 auf der Handelsplattform [X.] im Angebot "[X.] Collection Herren-Armbanduhr Solar-Kollektion Digital Quarz AL-190WD-1AVEF"
und nachfol-gend wiedergegeben
geschehen:

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5
-

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung
der [X.] ist
ohne Erfolg geblieben ([X.], [X.] 2015, 387 = [X.], 983).
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klä-gerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung
weiter.
Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat die Klage für zulässig und begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
Die Abmahnung der Klägerin sei
nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne des §
8 Abs. 4 UWG gewesen. Die Klägerin betreibe zwar kein Ladengeschäft, son-dern nur einen Online-Handel.
Sie sei aber gleichwohl Mitbewerberin
mit
einem
ernsthaften
Gewinnerzielungsinteresse. Die Behauptung, die Klägerin sei vielfa-che Abmahnerin
mit einem nur marginalen
Umsatz, habe die Beklagte nicht sub-stantiiert dargelegt. Auch eine Mehrzahl von Abmahnungen begründe nicht ohne weiteres den Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens. Für die Annahme, der Prozessbevollmächtigte der Klägerin betreibe das Abmahngeschäft "in [X.]", fehle es an Belegen. Weitere von der [X.] in der Berufungsinstanz benannte einzelne Abmahnvorgänge sprächen weder für sich genommen für ei-nen Rechtsmissbrauch noch könnten sie überhaupt
den Vorwurf des [X.] zum [X.]punkt der Verfahrenseinleitung im Juli 2013 begründen, da sie aus dem [X.] stammten. Nehme der Gläubiger eine berechtigte Abmahnung vor, so erscheine auch die gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs regelmäßig legitim und nicht sachfremd.
Der Unterlassungsanspruch der Klägerin sei gemäß
§§ 8, 3, 5 Abs. 1 Satz
2 Nr. 2 UWG
wegen Irreführung über das Bestehen einer unverbindlichen 6
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[X.]ehlung begründet. Die beanstandete Werbung sei irreführend, weil die darin angegebene, durchgestrichene unverbindliche [X.]ehlung im [X.]punkt der Werbung nicht mehr bestanden habe. Eine zulässige unverbindliche Preis-empfehlung setze nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 GWB voraus, dass sie in der Erwartung ausgesprochen werde, der empfohlene Preis entspreche dem von der Mehrheit der Empfehlungsempfänger voraussichtlich geforderten Preis. Von der Fortgeltung der [X.]ehlung könne vorliegend nicht ausgegangen werden, weil das an-gebotene Uhrenmodell im [X.]punkt des Angebots weder in
den Fachhandels-
und [X.] noch in den geltenden Fachhandelspreislisten des Herstellers aufgeführt gewesen sei. Dass nach Auskunft des Herstellers die Uhr zwar nicht mehr zum aktiven Sortiment zählte, aber Bestandteil des Gesamtsortiments ge-blieben und auch noch lieferbar sei, stehe dieser Annahme nicht entgegen. Es handele sich um ein Auslaufmodell mit entfallener [X.]ehlung
des Herstel-lers.
Die Beklagte hafte als Täterin für diesen Wettbewerbsverstoß. Zwar könne nur
der Betreiber der [X.]plattform [X.]
die Angabe [X.] [X.]ehlungen vornehmen oder korrigieren. Jedoch mache sich die [X.] solche
produktbezogenen Angaben im Angebot zu eigen und sie treffe als Nutzerin des von [X.] bereitgestellten [X.]portals die Pflicht, ihre dort an-gezeigten Angebote auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen.
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der [X.] hat kei-nen Erfolg. Die Revision ist uneingeschränkt zulässig (dazu
II
1). Die Klage ist nicht wegen rechtmissbräuchlicher Anspruchsverfolgung im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG unzulässig
(dazu
II
2). Zu Recht hat das Berufungsgericht die Voraus-setzungen eines Unterlassungsanspruchs gemäß §§ 8, 3, 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 2
UWG angenommen
(dazu
II
3).
1.
Die Revision der [X.] ist uneingeschränkt zulässig.
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Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] kann die Zulas-sung der Revision nur auf einen selbständigen, durch Teil-
oder Grundurteil ab-trennbaren Teil des Rechtsstreits, nicht aber auf einen bestimmten rechtlichen Gesichtspunkt oder auf ein einzelnes Entscheidungselement beschränkt werden (vgl. etwa [X.], Urteil vom 10. Juli 1986 -
I [X.], [X.], 63 = [X.], 103 -
Kfz-Preisgestaltung; Urteil vom 2. April 1998 -
I ZR 1/96, [X.], 1052 = [X.], 881 -
Vitaminmangel; Urteil vom 23. September 2015
-
I [X.], [X.], 2014 Rn. 16 = [X.], 1181 -
Goldbären). Eine Beschränkung auf einen in diesem Sinn selbständigen Teil des Rechtsstreits ist vorliegend nicht erfolgt.
2. Die Klage ist zulässig. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen des Rechtsmissbrauchs im Sinne des §
8 Abs. 4 UWG im Hinblick auf die Abmahnung der Klägerin nicht vorliegen.
a)
Nach § 8 Abs. 4 UWG ist die Geltendmachung der in § 8 Abs. 1 UWG bezeichneten Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung wegen einer nach §
3 UWG oder § 7 UWG unzulässigen geschäftlichen Handlung unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung aller relevanten
Umstände missbräuchlich ist, [X.] wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen [X.] auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entste-hen zu lassen. Ist eine vorgerichtliche Abmahnung rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG erfolgt, so sind nachfolgende gerichtliche Anträge unzulässig (vgl. [X.], Urteil vom 15.
Dezember 2011 -
I [X.], [X.], 730 Rn. 47 = [X.], 930 -
Bauheizgerät, mwN). Von einem Missbrauch im Sinne
von § 8 Abs. 4 UWG ist auszugehen, wenn das beherrschende Motiv des Gläubigers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde, für sich genom-men nicht schutzwürdige Interessen und
Ziele sind (vgl. [X.], Urteil vom 6. April 2000 -
I [X.], [X.]Z 144, 165, 170 -
Missbräuchliche Mehrfachverfolgung). Diese müssen allerdings nicht das alleinige Motiv des Gläubigers sein. Es reicht 13
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aus, dass die sachfremden Ziele überwiegen ([X.], Urteil vom 6. April 2000
-
I [X.], [X.], 1266, 1267 -
Neu in [X.]; Urteil vom 17. [X.] -
I [X.], [X.], 243 Rn. 16 = [X.], 354 -
M[X.]A
SALE).
Die Annahme eines derartigen Rechtsmissbrauchs erfordert eine sorgfälti-ge Prüfung und Abwägung der maßgeblichen Einzelumstände (vgl. [X.], [X.], 730 Rn. 15 -
Bauheizgerät). Ein Anhaltspunkt für eine missbräuchliche Rechtsverfolgung kann sich daraus ergeben, dass die Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Abmah-nenden steht, der Anspruchsberechtigte die Belastung des Gegners mit möglichst hohen Prozesskosten bezweckt oder der Abmahnende systematisch überhöhte Abmahngebühren oder Vertragsstrafen verlangt (vgl. [X.]Z 144, 165, 170 -
Miss-bräuchliche Mehrfachverfolgung; [X.], Urteil vom 5. Oktober 2000 -
I [X.], [X.], 260, 261 = [X.], 148 -
Vielfachabmahner; Urteil vom 6. Okto-ber 2011 -
I [X.], [X.], 286 Rn. 13 = [X.], 464 -
Falsche Such-rubrik,
jeweils mwN).
b) Danach hält die Beurteilung des Berufungsgerichts der rechtlichen Nachprüfung stand.
aa) Allerdings kann dem Berufungsgericht nicht darin zugestimmt werden, dass zeitlich nach der Abmahnung
auftretende
Umstände bei der Beurteilung
der Frage, ob die gerichtliche Durchsetzung des mit der Abmahnung verfolgten [X.]s rechtsmissbräuchlich ist,
regelmäßig
unberücksichtigt zu bleiben hätten.
Erweist sich eine vorgerichtliche Abmahnung als
rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG, so fehlt es für ein gerichtliches Vorgehen an der Pro-zessführungsbefugnis
und sind
nachfolgende gerichtliche Anträge unzulässig (st. Rspr.;
vgl. nur [X.]Z 144, 165, 170 -
Missbräuchliche Mehrfachverfolgung; [X.], Urteil vom 17.
Januar 2002 -
I [X.], [X.]Z 149, 371, 379 f. -
Missbräuchli-che Mehrfachabmahnung; [X.], [X.], 730 Rn.
47 -
Bauheizgerät, mwN).
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Erfüllt
hingegen die vorgerichtliche Abmahnung nicht die Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 UWG, so bleibt es dabei, dass die Frage, ob die nachfolgende gerichtliche Anspruchsdurchsetzung als rechtsmissbräuchlich zu bewerten ist, unter Berück-sichtigung sämtlicher, auch im Verfahrensverlauf auftretender
Umstände zu beur-teilen
ist.
bb) Der unzutreffende rechtliche Ansatzpunkt des Berufungsgerichts wirkt sich im Ergebnis jedoch nicht aus. Das Berufungsgericht hat in Ansehung der von der [X.] vorgebrachten tatsächlichen Umstände die Voraussetzungen des Rechtsmissbrauchs im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG zutreffend verneint.
3. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen eines Unterlas-sungsanspruchs gemäß §§ 8, 3, 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 2 UWG angenommen.
a) Ohne Rechtsfehler und von der Revision unbeanstandet ist das [X.] davon ausgegangen, dass die beanstandete Handlung der [X.] eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellt und dass die Parteien des Rechtsstreits Mitbewerber im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG sind.
b) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die beanstandete Werbung sei im Sinne des § 5 Abs. 1
Satz
2
Nr. 2 UWG irreführend, hält den Angriffen der Re-vision stand.
aa) Die Neufassung des § 5 UWG durch das am 10. Dezember 2015 in [X.] getretene [X.] zur Änderung des [X.] den unlauteren Wettbewerb ([X.] I, S. 2158) lässt den
Unterlassungsanspruch
der Klägerin
un-berührt.
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(1) Die
Klägerin
hat ihren Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt und hierfür auf eine am 2. Juli 2013
vorgenommene Handlung der
[X.]n Bezug genommen. Der Unterlassungsantrag ist nur dann begründet, wenn das beanstandete Verhalten der
[X.] nach dem zur [X.] der Handlung [X.] Recht rechtswidrig war. Da der Unterlassungsanspruch in die Zukunft ge-richtet ist, muss das beanstandete Verhalten der
[X.] zudem nach dem zur [X.] der Entscheidung geltenden Recht rechtswidrig sein (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 3. März 2011 I ZR
167/09, [X.], 474 Rn. 13 = [X.], 1054 -
Kreditkartenübersendung; Urteil vom 6. November 2014 -
I [X.], [X.], 504 Rn. 8 = [X.], 565 -
Kostenlose [X.],
jeweils mwN).
(2) Durch das [X.] zur Änderung des [X.]
den unlau-teren Wettbewerb
ist am Ende des § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG mit Bezug auf die irre-führende geschäftliche Handlung der Relativsatz angefügt worden "die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Ent-scheidung zu
veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte". Diese Ände-rung trägt dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken Rechnung und beinhaltet gegenüber der bisherigen [X.] im Hinblick darauf, dass schon bisher im Rahmen des § 3 Abs. 1 UWG aF die Spürbarkeit der Interessenbeeinträchtigung zu prüfen war, keine inhaltliche Ände-rung (vgl.
Begründung des [X.] eines [X.] zur Ände-rung des [X.] den unlauteren Wettbewerb, BT-Drucks. 18/4535, S.
15).
bb)
Bei der Beurteilung von unverbindlichen [X.]ehlungen ist im [X.] zu beachten, dass kartellrechtlich erlaubte [X.]ehlungen grund-sätzlich auch lauterkeitsrechtlich zulässig sind ([X.], Urteil vom 27. November 2003 -
I [X.], [X.], 246, 247 = [X.], 343 -
Mondpreise?; [X.] in [X.]/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 5 Rn. 7.47; [X.].UWG/
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-
[X.], 2. Aufl., § 5 Rn. 463).
Nach der Abschaffung der Spezialregelungen zur unverbindlichen [X.]ehlung
in §§ 22, 23 GWB aF durch das Siebte [X.] vom 7. Juli 2005 ([X.] I,
S. 1954) unterliegen [X.]ehlun-gen allein dem
-
vorliegend nicht betroffenen
-
allgemeinen
kartellrechtlichen
Ver-bot abgestimmter Verhaltensweisen
gemäß § 1 GWB
und Art. 101 AEUV
([X.] in [X.]/Bornkamm aaO
§ 5 Rn. 7.45; [X.].UWG/[X.] aaO § 5 Rn. 463).
Die
Bezugnahme auf eine unverbindliche [X.]ehlung ist allerdings [X.], wenn nicht klargestellt wird, dass es sich bei der Herstellerempfehlung um eine unverbindliche [X.]ehlung handelt, wenn die Empfehlung nicht auf der Grundlage einer ernsthaften Kalkulation als angemessener Verbraucherpreis ermittelt worden ist oder wenn sie
im [X.]punkt der Bezugnahme nicht mehr gültig ist
(vgl. [X.], Urteil vom 15. September 1999 -
I [X.], [X.], 436, 437 = [X.], 383 -
Ehemalige Herstellerpreisempfehlung; Urteil vom 14. [X.] -
I [X.], [X.], 446
f. = [X.], 509 -
[X.]ehlung für Sondermodelle; Urteil vom 29. Januar 2004 -
I [X.], [X.], 437 = [X.], 606 -
Fortfall einer Herstellerpreisempfehlung).
cc) Die Revision greift danach ohne Erfolg die Beurteilung des Berufungs-gerichts an, die Werbung mit der unverbindlichen [X.]ehlung für das vorlie-gend beworbene Uhrenmodell
sei mangels fortbestehender
[X.]ehlung des Herstellers
irreführend
gewesen, weil es sich um ein Auslaufmodell gehandelt ha-be, das seinerzeit zwar noch habe geliefert werden können, aber in den Fachhan-dels-
und [X.] nicht
mehr angeboten und in den [X.] seit April 2012 nicht mehr aufgeführt worden sei.
Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Marktbedeutung der unver-bindlichen [X.]ehlung habe seinerzeit fortbestanden, weil von den bei [X.] vertretenen [X.] die Mehrzahl
das Uhrenmodell zum Preis von 39,90

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angeboten und
ein weiterer Händler sogar einen
höheren Preis
verlangt habe. Die Revision setzt hiermit lediglich ihre eigene Würdigung an die Stelle der tatrichterli-chen Würdigung des Berufungsgerichts, ohne einen Rechtsfehler aufzuzeigen. Es verstößt weder gegen Denkgesetze noch erweist es sich als erfahrungswidrig, dass das Berufungsgericht unter Berücksichtigung der aus den Jahren 2012 und 2013 stammenden Handelsunterlagen des Herstellers angenommen hat, die [X.] sei entfallen, selbst
wenn einzelne Händler die Uhr noch zum zuvor empfohlenen Preis angeboten
hätten. Gleiches gilt für den Umstand, dass der Hersteller auf Nachfrage der [X.] behauptet hat, seine Preisemp-fehlung sei im [X.]punkt des Angebots noch gültig gewesen.
Auch
hier hat das Berufungsgericht im Rahmen seiner tatrichterlichen Würdigung in nach § 286 ZPO nicht zu beanstandender Weise dem Inhalt der Handelsunterlagen des Herstellers größeres Gewicht beigemessen als einer nachträglich von einer Prozesspartei eingeholten Auskunft.
dd) [X.] mit einer entfallenen Herstellerpreisempfeh-lung ist
geeignet, die Interessen der Verbraucher im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG aF spürbar zu beeinträchtigen und den
Verbraucher
im Sinne des § 5 Abs. 1
Satz
1
UWG zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er
ansons-ten nicht getroffen hätte. Die [X.]ehlung des Herstellers stellt für den [X.] eine wesentliche Orientierungshilfe bei der Einschätzung der [X.] dar. Wird nicht kenntlich gemacht, dass eine angege-bene Herstellerpreisempfehlung tatsächlich nicht mehr besteht, so besteht daher die Gefahr, dass der Verbraucher seine Kaufentscheidung auf einer unzutreffen-den Tatsachengrundlage trifft.
c) Die Revision wendet sich ferner ohne Erfolg gegen die Annahme des Be-rufungsgerichts, die Beklagte hafte als Täterin für die irreführende Werbung.

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aa) Schuldner der in § 8 Abs.
1 UWG geregelten Abwehransprüche ist je-der, der durch sein Verhalten den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung selbst, durch einen anderen oder gemeinschaftlich mit einem anderen adäquat kausal verwirklicht oder sich als Teilnehmer an der deliktischen Handlung eines [X.] beteiligt (vgl. [X.], Urteil vom 10. Februar 2011 [X.], GRUR
2011, 340 Rn. 30 = [X.], 459 [X.] Butter; Urteil vom 18. Juni 2014
[X.], [X.]Z 201, 344 Rn. 13 Geschäftsführerhaftung; Urteil vom 17.
September 2015 -
I [X.], [X.], 395
Rn. 23 = [X.], 454

-
Smartphone-Werbung).
bb) Entgegen der Ansicht der Revision ist
das Verhalten der [X.] adäquat kausal für die eingetretene Irreführung gewesen.
(1) Das Kriterium der Adäquanz dient im Rahmen der Feststellung des [X.] dem Zweck, diejenigen Kausalverläufe auszugrenzen, die dem Schädiger billigerweise nicht mehr zugerechnet werden können. Nach ständiger
Rechtsprechung besteht im Deliktsrecht ein adäquater Zusammenhang zwischen Tatbeitrag und [X.], wenn eine Tatsache im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach regelmäßi-gem Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeifüh-rung eines Erfolges geeignet ist (vgl. [X.], Urteil vom 14.
Oktober 1971
-
VII ZR 313/69, [X.]Z 57, 137, 141; Urteil vom 9.
Oktober 1997 -
III ZR 4/97,
[X.]Z 137, 11 , 19
mwN; [X.]/[X.], [X.], 75. Aufl., Vorb v
§ 249 Rn.
26; [X.].[X.]/[X.], 7. Aufl., § 249 Rn. 110). Hieran kann es fehlen, wenn der Geschädigte oder ein Dritter in völlig ungewöhnlicher und unsachgemäßer Weise in den schadensträchtigen Geschehensablauf eingreift und eine weitere Ursache setzt, die den Schaden erst endgültig herbeiführt (vgl. [X.], Urteil
vom 7.
Januar 1988 -
IX ZR 7/87 -
NJW 1988, 1262, 1263; [X.]Z 137, 11,
19, jeweils mwN).
Bei der Ermittlung der Adäquanz ist auf eine nachträgliche Prognose abzu-stellen, bei der
neben den dem Schädiger bekannten Umständen alle einem opti-32
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malen Betrachter zur [X.] des Eintritts des Schadensereignisses erkennbaren [X.] zu berücksichtigen
sind. Der so festgestellte Sachverhalt ist unter Heranziehung des gesamten, zur [X.] der Beurteilung zur Verfügung stehenden menschlichen Erfahrungswissens darauf zu prüfen, ob er den Eintritt des Scha-dens in erheblicher Weise begünstigt hat (vgl. [X.], Urteil vom 23.
Oktober 1951
-
I [X.], [X.]Z 3, 261, 266 f.; Urteil vom 15. Oktober 1971 -
I [X.]/70,
VersR 1972, 67, 69).
(2) Nach diesem Maßstab ist die Einstellung des Angebots der Uhr der Marke [X.] auf der [X.]plattform von [X.] durch die Beklagte adäquat kausal für die Irreführung des angesprochenen Publikums gewesen.
Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des [X.]s ist im Rahmen eines Angebots auf der [X.]plattform [X.]
die Angabe einer unverbindlichen [X.]ehlung ebenso wie ihre Veränderung nur dem Plattformbetreiber selbst, nicht aber dem
diese Platt-form nutzenden Händler
möglich.
Mit der Nutzung der Plattform
lässt der Händler im eigenen Namen ein Angebot veröffentlichen, obwohl er dessen inhaltliche Ge-staltung nicht vollständig beherrscht, weil dem Plattformbetreiber
die Angabe und Änderung der unverbindlichen [X.]ehlung vorbehalten ist.
Diese Möglichkeit der Einflussnahme auf die inhaltliche Gestaltung führt -
wie dem objektiven Be-trachter
im Vorhinein ohne weiteres erkennbar ist -
im Falle der Hinzufügung einer unzutreffenden Herstellerpreisempfehlung zum irreführenden Gehalt des vom Händler eingestellten Angebots.
Bei wertender Betrachtung liegt es aber [X.] außerhalb der Lebenserfahrung, dass es zur Einstellung falscher Hersteller-preisempfehlungen kommt, so dass ein entsprechender Fehler des [X.] nicht als völlig ungewöhnliche und unsachgemäße Handlungsweise ange-sehen werden kann, die die Adäquanz entfallen ließe. Dass der Plattformbetreiber selbst fehlerhafte Angaben für möglich hält, folgt nicht zuletzt daraus, dass er den [X.] nach den -
auch insoweit von der Revision nicht angegriffenen -
Fest-35
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-
15
-
stellungen des Berufungsgerichts im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen die Pflicht auferlegt, die für sein Angebot angezeigten Produktinformationen und deren Rechtmäßigkeit regelmäßig zu kontrollieren.
Die dem Plattformbetreiber eingeräumte Möglichkeit, dem Angebot des Händlers von diesem nicht kontrollier-te Informationen hinzuzufügen, erweist sich als Umstand, der einen irreführenden Gehalt des Angebots erheblich begünstigt.
Die Zurechnung der Gefahr, in dieser Konstellation für falsche Angaben Dritter zu haften, stellt
deshalb keine völlig unvorhersehbare Rechtsfolge
dar, weil sie gleichsam die Kehrseite der von den [X.] in Anspruch genommenen Vor-teile einer
internetbasierten, allgemein zugänglichen und eine weitgehende Preis-transparenz vermittelnden
Verkaufsplattform darstellt.
Wenn es -
wie das [X.]
ebenfalls von der Revision unbeanstandet festgestellt hat -
zur Wah-rung der Einheitlichkeit und Übersichtlichkeit des Produktangebots im [X.]por-tal erforderlich ist, identische Produkte unter einer Identifikationsnummer aufzulis-ten,
und Händler sich in diesem Zusammenhang einer inhaltlichen Einflussnah-memöglichkeit des [X.] unterwerfen, müssen sie auch mit der
hiermit potentiell verbundenen
Verfälschung ihres Angebots rechnen.
Der
Annahme der adäquaten Verursachung der Irreführung steht nicht ent-gegen, dass selbst bei Löschung des vorliegend beanstandeten Angebots die [X.] im Zusammenhang mit anderen Angeboten des [X.] im [X.]portal sichtbar
bleiben kann. Mit der Löschung [X.] das irreführende Angebot, für das die Beklagte verantwortlich ist. Im Übrigen kann derjenige, der wettbewerbswidrig handelt, seiner Haftung nicht dadurch [X.], dass er darauf
verweist, gleichgelagerte Wettbewerbsverstöße Dritter dau-erten fort
(vgl. [zur Verletzung des Urheberrechts] [X.], Urteil vom 26. November 2015 -
I [X.], [X.], 268
Rn. 47 = [X.], 341
-
Störerhaftung des Accessproviders).
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-
(3) Dieses Ergebnis steht nicht in Widerspruch dazu, dass einem Unter-nehmen, welches sich nach dem äußeren
Erscheinungsbild einer Werbung als hierfür verantwortlich geriert, der Nachweis offensteht, tatsächlich nicht in der [X.] gewesen zu sein, auf den Inhalt der beanstandeten Werbung Einfluss zu [X.] (vgl. [X.], [X.], 340 Rn.
31 [X.] Butter; [X.], 395
Rn. 23 -
Smartphone-Werbung).
Diese Rechtsprechung betrifft Sachverhalte, in denen das in Anspruch genommene Unternehmen gerade jeglichen
Tatbeitrag in Abrede stellt. In der vorliegenden Konstellation steht aber nicht im Streit, dass die Beklag-te
die Veröffentlichung des beanstandeten [X.] auf
der [X.]platt-form selbst veranlasst hat.
In diesem Fall haftet die Beklagte als Täterin für die adäquat kausal verursachte Irreführung (vgl. [X.], [X.], 395 Rn.
26

Smartphone-Werbung).
(4) Die Beklagte hat, indem sie dem Plattformbetreiber die Möglichkeit der Einflussnahme auf das Erscheinungsbild ihres Angebots eingeräumt hat, ohne sich ein vertragliches Entscheidungs-
oder Kontrollrecht vorzubehalten, die Ge-währ für die Richtigkeit der
vom Plattformbetreiber vorgenommenen Angaben übernommen.
39
40
-
17
-
II[X.] Die Revision ist danach zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Büscher
Schaffert
Kirchhoff

Koch
Feddersen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 02.10.2014 -
81
O 72/14 -

[X.], Entscheidung vom 24.04.2015 -
6 [X.] -

41

Meta

I ZR 110/15

03.03.2016

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.03.2016, Az. I ZR 110/15 (REWIS RS 2016, 15121)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 15121

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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6 U 208/99 (Oberlandesgericht Köln)


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I ZR 174/14

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