Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.02.2020, Az. VI ZR 265/19

6. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 1032

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Gegenstand

Verletzung des rechtlichen Gehörs bei fehlender Bescheidung eines wesentlichen Vorbringens der Partei


Leitsatz

Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht unter anderem dazu, den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des jeweiligen Verfahrens betrifft - in den Gründen zu bescheiden.

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] wird das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 4. Juni 2019 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin auf die Berufung der Beklagten das Urteil der 24. Zivilkammer des [X.] vom 18. Januar 2013 in Bezug auf die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung der nicht streitgegenständlichen und von der Unterlassungsverpflichtungserklärung der Beklagten vom 24. August 2011 erfassten Äußerung abgeändert und die Klage auch insoweit nebst dem geltend gemachten Zinsanspruch abgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Beschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] zurückgewiesen.

Der Streitwert für das [X.] wird auf bis zu 35.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger verlangt die Unterlassung einer in dem Artikel "Daten zu Handygefahr unter Verdacht" in der Ausgabe der von der Beklagten verlegten [X.]       vom 12. Juli 2011 enthaltenen Äußerung. Daneben begehrt er die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, die ihm durch die Abmahnung der Beklagten hinsichtlich der streitgegenständlichen sowie einer weiteren Äußerung, bezüglich derer die Beklagte außergerichtlich eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben hat, entstanden sind.

2

Das [X.] hat der Klage im Wesentlichen - auch hinsichtlich der geltend gemachten Abmahnkosten - stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung der angegriffenen Äußerung, da diese den Kläger nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze. Mangels Begründetheit eines Unterlassungsanspruchs bestehe auch kein Anspruch auf Ersatz vorprozessualer Rechtsanwaltskosten.

3

Die Revision hat das [X.] nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

4

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat nur insoweit Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 9 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, als das [X.] unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage auch hinsichtlich der geltend gemachten Abmahnkosten für die nicht streitgegenständliche, von der Unterlassungsverpflichtungserklärung der Beklagten erfasste Äußerung abgewiesen hat. Insoweit macht die Beschwerde zu Recht eine Verletzung des Anspruchs des [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG geltend.

5

1. Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht unter anderem dazu, [X.] des Vorbringens der [X.] zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des jeweiligen Verfahrens betrifft - in den Gründen zu bescheiden (st. Rspr., vgl. nur Senatsbeschluss vom 27. August 2019 - [X.], [X.], 56 Rn. 12 mwN). Diese Pflicht hat das Berufungsgericht in entscheidungserheblicher Weise verletzt, indem es zwar den [X.] des [X.] im Tatbestand des Berufungsurteils richtig wiedergegeben, ausweislich der Entscheidungsgründe bei der vollständigen Abweisung der Klage aber offensichtlich aus dem Blick verloren hat, dass die mit dem [X.] geltend gemachten Abmahnkosten nicht nur die streitgegenständliche, sondern auch eine weitere, von der außergerichtlichen Unterlassungsverpflichtungserklärung der Beklagten erfasste Äußerung betreffen.

6

Dem Erfolg der vom Kläger erhobenen [X.] steht hier entgegen der Ansicht der Beschwerdeerwiderung nicht der Grundsatz der materiellen Subsidiarität entgegen. Der von der Beschwerdeerwiderung insoweit angeführte Hinweis des Berufungsgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 23. April 2019, dass es auf eine Erkennbarkeit des [X.] in dem angegriffenen Artikel möglicherweise nicht ankomme, weil die angegriffene Äußerung nicht mit einem Verbot belegt werden könne, gab dem Kläger keine Veranlassung, das Berufungsgericht darauf hinzuweisen, dass die von ihm geltend gemachten Abmahnkosten nicht allein die streitgegenständliche Äußerung betreffen.

7

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist dagegen unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage durch das [X.] im Übrigen wendet. Die Beschwerde zeigt insoweit nicht auf, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

[X.]     

      

von [X.]     

      

Offenloch

      

Klein     

      

Böhm     

      

Meta

VI ZR 265/19

11.02.2020

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 4. Juni 2019, Az: 7 U 14/13

Art 103 Abs 1 GG, § 544 Abs 9 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.02.2020, Az. VI ZR 265/19 (REWIS RS 2020, 1032)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 750-751 REWIS RS 2020, 1032

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