Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.01.2014, Az. AnwZ (Brfg) 62/13

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2014, 8926

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[X.]UNDESGERICHTSHOF

[X.]ESCHLUSS
AnwZ
([X.])
62/13
vom
4. Januar
2014
in der
verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Widerrufs
der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
-
2
-
Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch [X.] [X.], [X.], die Richterin [X.] sowie die Rechtsanwälte Dr. [X.] und Prof. Dr. Quaas

am
4. Januar 2014 beschlossen:

Der Antrag des [X.] auf Zulassung der [X.]erufung gegen das Urteil des 5.
Senats des [X.]ayerischen
[X.]s vom 7.
Juni
2013 wird abgelehnt.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf
50.000

fest-gesetzt.

Gründe:
I.
Die [X.]eklagte hat mit [X.]escheid vom 4. Oktober 2012 die Zulassung des
[X.] zur Rechtsanwaltschaft wegen [X.] (§
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.]RAO) widerrufen. Die dagegen gerichtete Anfechtungsklage ist vor dem [X.] ohne Erfolg geblieben. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der [X.]erufung.
1
-
3
-
II.
Der Antrag des [X.] auf Zulassung der [X.]erufung hat keinen Erfolg; ein Zulassungsgrund nach §
124 Abs.
2 VwGO ist nicht gegeben (vgl. §
112e Satz
2 [X.]RAO, §
124a Abs.
5 Satz
2 VwGO).
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils beste-hen nicht (§
112e Satz
2 [X.]RAO, §
124 Abs.
2 Nr.
1 VwGO). Dieser Zulas-sungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird ([X.] Rspr.; vgl. etwa [X.], [X.]eschluss vom 28.
Oktober 2011 -
AnwZ ([X.]) 30/11, NJW-RR
2012, 189
Rn.
5 m.w.N.). Daran fehlt es hier.
a) Über das
Vermögen
des [X.] ist durch
[X.]eschluss des Amtsge-richts
W.

-
Insolvenzgericht
-
vom 11. August
2011 das Insolvenzverfah-ren eröffnet worden, mit der Folge,
dass der Eintritt des [X.] vermutet wird (§
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.]RAO). Am Eintritt des [X.] zum maßgeblichen Zeitpunkt des Zulassungswiderrufs
vermag auch die Freigabe der
selbständigen Tätigkeit des [X.] durch den Insolvenzverwalter zum [X.] des 31.
Oktober 2011 nichts zu ändern ([X.] Rspr.;
vgl. zuletzt [X.], [X.] vom 23. Juni 2012 -
AnwZ ([X.]) 23/12, juris Rn.
3 m.w.N.).
Der Kläger stellt demgemäß auch nicht in Abrede, in Vermögensverfall geraten zu sein.
b) Er
macht jedoch geltend, dass es einer Gefährdung der Interessen Rechtsuchender ermangele. Dieser Auffassung ist der [X.] mit Recht entgegengetreten. Nach der in §
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.]RAO
zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Wertung ist mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der [X.] verbunden. Auch wenn die Regelung nicht im Sinne eines Automatis-mus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahms-2
3
4
5
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4
-
los schon aus dem Vorliegen des [X.] folgt, wird sie im nach der gesetzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in [X.] Ausnahmefällen verneint werden können ([X.] Rspr.; vgl.
etwa [X.], [X.] vom 15.
März 2012 -
AnwZ ([X.]) 55/11, juris Rn. 9). Denn die Annah-me der Gefährdungswirkung bei einem Vermögensverfall
des beauftragten Rechtsanwalts ist regelmäßig schon im Hinblick auf dessen Umgang mit Fremdgeldern und den darauf möglichen
Zugriff von Gläubigern gerechtfertigt ([X.] Rspr.; vgl. [X.], [X.]eschluss vom 15.
März 2012 -
AnwZ ([X.]) 55/11, aaO m.w.N.).
aa) Dass eine Gefährdung der Rechtsuchenden ausgeschlossen ist, hat der Kläger nicht dargetan. Von dem in Vermögensverfall geratenen Rechtsan-walt
ist zu fordern, dass er die zum Schutz der Interessen Rechtsuchender
er-forderlichen Vorkehrungen trifft sowie
deren Einhaltung vertragsrechtlich und tatsächlich sicherstellt. Das setzt regelmäßig die Aufgabe einer Tätigkeit als Einzelanwalt und den Abschluss eines Anstellungsvertrags mit einer Anwalts-sozietät voraus, der nach der [X.], dem Umfang der Tä-tigkeitsverpflichtung des Rechtsanwalts gegenüber der Sozietät und den ge-troffenen Maßnahmen einen effektiven Schutz (auch in [X.]) er-warten lässt ([X.] Rspr.;
vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 4.
April 2012 -
AnwZ ([X.]) 62/11, juris Rn. 6; vom 5. September 2012 -
AnwZ ([X.]) 26/12, NJW-RR 2013, 175 Rn. 5; jeweils m.w.N.). Der Kläger ist indessen nach wie vor als
Einzelan-walt tätig und kann daher nicht wirksam darauf überwacht werden, ob er selbst auferlegte [X.]eschränkungen hinsichtlich der Annahme von Fremdgeld einhält (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 15.
März 2012 -
AnwZ
([X.]) 55/11, aaO Rn.
10 m.w.N.).

bb) Auch mit seinem Vorbringen, er gehe als Fachanwalt für Verwal-tungsrecht in der Regel nicht mit Mandantengeldern um, kann der Kläger nicht durchdringen. Es existiert kein Erfahrungssatz des Inhalts, dass ein (nur) im 6
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-
Verwaltungsrecht tätiger Rechtsanwalt generell keinen Umgang mit Fremdgel-dern hat. Überdies
hat der [X.] zutreffend
darauf hingewiesen, dass der Kläger in der Vergangenheit zumindest gelegentlich auch andere Mandate wahrgenommen hat. Auch für die Zukunft kann dies nicht ausge-schlossen werden.
cc) Eine Gefährdung der Interessen Rechtsuchender
wird schließlich nach ständiger Rechtsprechung, an der der Senat festhält, allein durch die Freigabe der selbständigen Tätigkeit durch den Insolvenzverwalter weder aus-geschlossen noch vermindert (vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 23. Juni 2012 -
AnwZ ([X.]) 23/12, aaO Rn.
4; vom 26. November 2007
-
AnwZ ([X.]) 96/06, juris Rn.
10; vom 21. März 2011
-
AnwZ ([X.]) 37/10, [X.], 464 Rn. 8).
Die [X.] entfällt vielmehr grundsätzlich erst mit dem [X.]eschluss nach §
289 [X.]
([X.], [X.]eschluss vom 23. Juni 2012 -
AnwZ ([X.]) 23/12, aaO Rn.
4 m.w.N.).
c) Die durch den [X.]undesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung aufge-stellten strengen Anforderungen an die Ausräumung einer Gefährdung der Inte-ressen der Rechtsuchenden
verstoßen -
anders als der Kläger unter Hinweis auf eine
Entscheidung des Niedersächsischen [X.]s ([X.]RAK-Mitt.
2011, 287) meint
-
nicht gegen Art.
12 Abs.
1 GG (vgl.
[X.], [X.]eschluss vom 22.
Juni 2011 -
AnwZ ([X.]) 12/11, juris Rn. 6 m.w.N.).
aa) Die Regelung des §
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.]RAO dient dem Schutz der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege, also eines überragend wichtigen Gemein-schaftsguts ([X.], [X.]eschlüsse vom 12. Februar 2001 -
AnwZ ([X.]) 7/00, juris Rn.
13; vom 15.
März 2012 -
AnwZ ([X.]) 55/11, aaO Rn.
11 m.w.N.). [X.], ebenso wirksame Maßnahmen, die dem Anliegen des Gesetzes in gleicher Weise Rechnung trügen, kommen nicht in [X.]etracht.

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9
10
-
6
-
bb) Soweit der Kläger aus §
12 Abs.
2 Satz 2 [X.] eine
verfassungswid-rige
Ungleichbehandlung mit Personen
herleitet, die außergerichtliche Rechts-dienstleistungen erbringen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob §
12 Abs.
2 Satz 2 [X.] entsprechend dem Vortrag des [X.] höhere Anforderungen an die Annahme einer Gefährdung der Inte-ressen Rechtsuchender
stellt als §
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.]RAO
(vgl. dazu Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts,
[X.]T-Drucks. 16/3655,
S.
68; [X.], Urteil vom 21. November 2012 -
1 A 45/12, juris Rn.
29). Denn das in §§
1 bis 3 [X.]RAO zum Ausdruck kommende Leitbild des Anwaltsberufs weist dem Rechtsanwalt eine besondere Stellung zu.
Er allein ist als unabhängiges Organ der Rechtspflege zu einer umfassenden und unab-hängigen [X.]eratung sowie
Vertretung der Rechtsuchenden berufen. Diese [X.] Pflichten und [X.]efugnisse berechtigen den Gesetzgeber, höhere An-forderungen an die Eignung und Zuverlässigkeit von Rechtsanwälten zu stellen ([X.], [X.]eschlüsse
vom 31. Mai 2010 -
AnwZ ([X.]) 46/09, juris Rn. 11 m.w.N.; vom 4.
November 2013 -
AnwZ ([X.]) 49/13,
juris Rn.
8).
2. Aus dem Vorstehenden ergibt sich zugleich, dass der vom Kläger un-ter dem Aspekt einer Divergenz des §
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.]RAO
in seiner Ausfor-mung durch die Rechtsprechung des [X.]undesgerichtshofs zu der
in §
12 Abs.
2 Satz
2 [X.] getroffenen Wertentscheidung
des Rechtsdienstleistungsgesetzes
weiter geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen [X.]edeutung (§
112e Satz 2 [X.]RAO, §
124 Abs.
2 Nr.
3 VwGO) nicht gegeben i[X.]
11
12
-
7
-
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
112c Abs.
1 Satz 1 [X.]RAO i.V.m.
§
154 Abs.
2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf
§
194 Abs.
2 Satz
1 [X.]RAO.
Kayser

König

Fetzer

[X.] Quaas

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 07.06.2013 -
[X.]ayAGH -
I -
23/12 -

13

Meta

AnwZ (Brfg) 62/13

04.01.2014

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.01.2014, Az. AnwZ (Brfg) 62/13 (REWIS RS 2014, 8926)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8926

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