Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2016, Az. AnwZ (Brfg) 63/15

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2016, 7708

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[X.]:[X.]:[X.]GH:2016:220716[X.]ANWZ.[X.]RFG.63.15.0

[X.]UN[X.]SGERICHTSHOF
[X.]ESCHLUSS
AnwZ
([X.]) 63/15
vom

22.
Juli 2016

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
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Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch [X.] [X.], [X.] [X.]ünger und [X.] sowie die Rechtsanwältin Schäfer und den Rechtsanwalt Dr.
Lauer

am 22.
Juli 2016

beschlossen:

Der Antrag des [X.] auf Zulassung der [X.]erufung gegen das ihm am 25. November 2015 an [X.] statt zugestellte

Urteil des 2.
Senats des [X.] wird abgelehnt.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000

t-gesetzt.

Gründe:
I.
Der 1953 geborene Kläger ist seit 1990 als Rechtsanwalt zugelassen. Mit [X.]escheid vom 23. Juni 2014 widerrief die [X.]eklagte die Zulassung des [X.] zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]). Die hiergegen gerichtete Klage hat der [X.] abgewiesen. Der Kläger hat nunmehr einen als "Nichtzulassungsbeschwerde" bezeichneten Rechtsbehelf eingelegt, mit dem er die Zulassung der [X.]erufung gegen das Ur-teil des [X.]s erreichen will.
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II.
Der Antrag des [X.]
kann als Antrag auf Zulassung der [X.]erufung ausgelegt werden (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Juli 2014 -
AnwZ ([X.]) 45/13, [X.]. 2014, 316 Rn. 3). Als solcher ist er nach § 112e Satz
2 [X.], §
124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er
hat jedoch kei-nen Erfolg. Der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund liegt nicht vor (§ 112e Satz
2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§
112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Dieser [X.] setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebli-che Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2011 -
AnwZ ([X.]) 11/10, [X.], 187 Rn. 3; vom 21. April 2016 -
AnwZ ([X.]) 1/16, juris Rn. 3; vom 8. Juni 2016 -
AnwZ ([X.]) 18/16, juris Rn. 3; jeweils m.w.[X.]). Daran fehlt es hier.
1. Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] ist die Zulassung zur Rechtsanwalt-schaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Für die [X.]eurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist dabei allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des be-hördlichen Widerrufsverfahrens, vorliegend mithin auf den Erlass des Wider-rufsbescheids der [X.]eklagten vom 23. Juni 2014, abzustellen; die [X.]eurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vor-behalten (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29.
Juni 2011 -
AnwZ ([X.]) 11/10, aaO Rn. 9 ff.; vom 9. Juni 2015 -
AnwZ ([X.]) 16/15, juris Rn. 7; vom 21.
April 2016 -
AnwZ ([X.]) 1/16, aaO Rn.
4; jeweils m.w.[X.]).
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2. Der Kläger hat sich zum maßgeblichen Zeitpunkt des [X.] in Vermögensverfall befunden. Über sein Vermögen ist durch [X.]e-schluss des Amtsgerichts M.

vom 13. Februar 2014 das [X.] eröffnet worden. Dies hat zur Folge, dass der Eintritt des Vermögensverfalls gesetzlich vermutet wird (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbs. 2 [X.]).
a) Diese gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls ist im Fall eines Insolvenzverfahrens erst dann widerlegt beziehungsweise können die Vermö-gensverhältnisse wieder als geordnet angesehen werden, wenn dem Schuldner entweder durch [X.]eschluss des Insolvenzgerichts die Restschuldbefreiung an-gekündigt wurde (§ 291 [X.] a.F. bzw. § 287a [X.] n.F.) oder ein vom Insol-venzgericht bestätigter Insolvenzplan (§ 248 [X.]) oder angenommener Schul-denbereinigungsplan (§ 308 [X.]) vorliegt, bei dessen Erfüllung der Schuldner von seinen übrigen Forderungen gegenüber den Gläubigern befreit wird (st.
Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 3. Juni 2015 -
AnwZ ([X.]) 11/15, juris Rn. 4; vom 9. Juni 2015 -
AnwZ ([X.]) 16/15, juris Rn. 9 f.; vom 17. Sep-tember 2015 -
AnwZ ([X.]) 29/15, juris Rn. 5; jeweils m.w.[X.]). Dies war zum maßgeblichen Zeitpunkt des [X.] der [X.]eklagten nicht der Fall.
Hieran hat sich im Übrigen nach Aktenlage bis heute nichts geändert.
b) Hiervon ausgehend vermag der Kläger mit seinem Vorbringen, wo-nach es gleichwohl an einem Vermögensverfall fehle, nicht durchzudringen. Die vom Kläger insoweit vertretene Ansicht, es sei entgegen der Auffassung des [X.]s für die [X.]eurteilung der Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 --
hier bezogen auf den Zeitraum zwischen dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (11. November 2013) und dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
(13. Februar 2014), [X.] einen Zeitraum von rund drei Monaten -
abzustellen und aus dieser [X.]etrach-tung ergebe sich, dass zu keinem Zeitpunkt während des genannten Zeitraums 5
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eine Zahlungsunfähigkeit vorgelegen habe, geht in mehrfacher Hinsicht schon im Ansatz fehl. Der Kläger lässt hierbei -
ebenso wie bei seinen Ausführungen zur möglichen zukünftigen Entwicklung seiner finanziellen Situation -
zum einen außer [X.]etracht, dass es hier für die [X.]eurteilung des Vermögensverfalls im
Sinne des § 14 Abs. 2 Nr.
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[X.], wie bereits erwähnt, entscheidend auf den Zeitpunkt des [X.] ankommt. Zum anderen verkennt der Kläger, dass im Verfahren des Antrags auf Zulassung der [X.]erufung grundsätzlich we-der die Voraussetzungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch diejeni-gen der weiteren vorstehend genannten insolvenzrechtlichen Entscheidungen zu überprüfen sind; dies obliegt vielmehr der [X.]eurteilung des Insolvenzgerichts (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10.
Juli 2015 -
AnwZ ([X.]) 25/14, juris Rn. 9; vom 9.
Juni 2015 -
AnwZ ([X.]) 16/15, juris Rn. 10).
3. Vergeblich macht der Kläger ferner geltend, es mangele an einer Ge-fährdung der Interessen der Rechtsuchenden (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]). Dies sieht der Senat -
in Übereinstimmung mit dem [X.] -
anders.
a) Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] zum Ausdruck kommenden [X.] des Gesetzgebers ist mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines Vermögensverfalls folgt, kann die Gefährdung im nach der ge-setzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt die Feststellungslast trifft. Die Annahme einer derartigen Sondersituation setzt jedoch zumindest
voraus, dass der Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnah-men verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern 8
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(vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 26. August 2013 -
AnwZ ([X.]) 31/13, juris Rn.
5; vom 9. Februar 2015 -
AnwZ ([X.]) 46/14, juris Rn. 12; vom 17. März 2016 -
AnwZ ([X.]) 6/16, juris Rn. 4; jeweils m.w.[X.]). Eine solche Ausnahmesi-tuation ist hier nicht gegeben. Der Kläger ist nach wie vor als Einzelanwalt tätig.
Mit seinem Vortrag zu den von ihm ergriffenen Maßnahmen, mit denen der Eingang von [X.] beziehungsweise der Umgang des [X.] mit [X.] vermieden werden soll, vermag er nicht durchzudringen. Selbst auferlegte [X.]eschränkungen des in Vermögensverfall geratenen Rechtsanwalts sind näm-lich -
wie der Senat in ständiger Rechtsprechung annimmt (vgl. nur [X.] vom 16. März 2015 -
AnwZ ([X.]) 47/14, juris Rn. 6; vom 3. Juni 2015 -
AnwZ ([X.]) 11/15, juris Rn. 8; vom 8. Juni 2016 -
AnwZ ([X.]) 18/16, juris Rn.
5; jeweils m.w.[X.]) -
nicht geeignet, eine Gefährdung der Rechtsuchenden auszuschließen.
Abgesehen davon erfordert die Annahme eines Ausnahmetatbestands neben dem Vorliegen der angesprochenen -
hier nicht gegebenen -
Vorausset-zungen auch, dass der Rechtsanwalt seinen [X.]eruf bisher ohne jede [X.] geführt hat (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 18. Oktober 2010 -
AnwZ ([X.]) 21/10, juris Rn. 13; vom 3. Juni 2015 -
AnwZ ([X.]) 11/15, aaO; vom 8. Juni 2016 -
AnwZ ([X.]) 18/16, aaO; jeweils m.w.[X.]). Auch daran fehlt es. Gegen den Kläger sind nach den von ihm insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des [X.]s in den Jahren 2011 und 2012 drei rechtskräftige Straf-befehle des Amtsgerichts P.

wegen -
im Zeitraum von März 2006 bis Dezember 2010 begangenen -
[X.]etruges in fünf Fällen und falscher uneidlicher Aussage ergangen; im letzten dieser Strafbefehle ist der Kläger unter Einbezie-hung der zuvor verhängten Strafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Mona-ten verurteilt worden, deren Vollstreckung für die Dauer von drei Jahren zur [X.]ewährung ausgesetzt worden ist. Zudem hat das Anwaltsgericht O.

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durch rechtskräftiges Urteil vom 29. Januar 2014 gegen den Kläger wegen der vorstehend genannten Vorwürfe die Maßnahme eines Vertretungsverbots für die Dauer von drei Jahren auf den Gebieten des Strafrechts und des [X.] mit Ausnahme des Verkehrsrechts verhängt.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 194 Abs. 2 Satz 1 [X.].
Kayser
[X.]ünger
Remmert

Schäfer
Lauer

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 25.11.2015 -
AGH 18/14 ([X.]) -

12

Meta

AnwZ (Brfg) 63/15

22.07.2016

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2016, Az. AnwZ (Brfg) 63/15 (REWIS RS 2016, 7708)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 7708

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