Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13.12.2018, Az. 3 B 37/17

3. Senat | REWIS RS 2018, 447

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Eignung des Grünlandumbruchverbots; Vereinbarkeit des Grünlandumbruchverbots mit dem Grundgesetz


Gründe

1

Der Kläger begehrt eine nachträgliche Ausnahmegenehmigung für die Umwandlung von Grünland und wendet sich gegen eine Anordnung der Rückumwandlung.

2

Die auf eine grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache und eine Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte [X.]eschwerde hat keinen Erfolg.

3

1. Eine grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Dies ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO darzulegen. Erforderlich ist die Formulierung einer bestimmten, jedoch fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 29. Januar 2018 - 3 [X.] 25.17 [[X.]:[X.]:[X.]] - [X.] 2018, 142 Rn. 3 m.w.N.). [X.] ist die Verletzung von [X.]recht und von Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines [X.], die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des [X.] übereinstimmen (§ 137 Abs. 1 VwGO). Diese [X.]eschränkung hat zur Folge, dass die Rüge, [X.]recht sei bei der Auslegung und Anwendung irrevisiblen [X.]rechts nicht beachtet worden, eine [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nur dann zu begründen vermag, wenn das als korrigierender Maßstab angeführte [X.]recht seinerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher [X.]edeutung aufwirft. Anderenfalls nimmt es das Revisionszulassungsrecht des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hin, sollte ein Gericht in Fragen des [X.]rechts unter Verstoß gegen [X.]recht fehlerhaft entschieden haben. Insoweit unterliegen eine zugelassene Revision und eine [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision unterschiedlichen Prüfungsmaßstäben ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 17. Januar 2000 - 6 [X.] 2.99 - NVwZ-RR 2000, 339). Vor diesem Hintergrund genügt es für die Zulassung der Revision nicht, eine maßgebliche Vorschrift des [X.]rechts als verfassungsrechtlich bedenklich zu beschreiben. Vielmehr ist im Einzelnen darzulegen, gegen welche Verfassungsnorm verstoßen wird und inwiefern sich bei deren Auslegung Fragen von grundsätzlicher [X.]edeutung stellen, die sich noch nicht auf der Grundlage bisheriger höchstrichterlicher Rechtsprechung beantworten lassen (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 2. Februar 2011 - 6 [X.] 37.10 - [X.] Hochschulrecht Nr. 173 m.w.N. und vom 3. Juni 2008 - 9 [X.] 3.08 - juris Rn. 9). Diesen Anforderungen wird die [X.]eschwerde nicht gerecht.

4

Der Kläger möchte in einem Revisionsverfahren die Vereinbarkeit des [X.] mit dem Grundgesetz geklärt wissen und stellt die Verhältnismäßigkeit des Verbots in Frage. Grundlage des [X.] ist § 27a des Landwirtschafts- und [X.]kulturgesetzes des [X.] [X.]aden-Württemberg ([X.]) vom 14. März 1972 (G[X.]l. [X.]). Die Vorschrift wurde mit Gesetz vom 13. Dezember 2011 (G[X.]l. [X.]) in das Landwirtschafts- und [X.]kulturgesetz eingefügt und gilt seit 1. Januar 2016 - in seinen Grundzügen unverändert - in der Fassung vom 15. Dezember 2015 (G[X.]l. S. 1155). Der Kläger formuliert hierzu die Frage,

"ob ein Grünlandumbruchverbot gemäß § 27a [X.] [X.]W stets und unabhängig von den tatsächlich feststellbaren positiven Wirkungen für Gewässer, [X.]oden, Arten und Klima abhängig von der Nutzung des individuellen Grundstücks als Grünland statt als Acker für die Schutzgüter im Lichte einer Angemessenheitsprüfung und der dabei zu berücksichtigenden betroffenen Rechtsgüter des Adressaten verfassungsgemäß ist".

5

Damit ist eine rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftige Frage hinsichtlich des (bundes-)verfassungsrechtlichen Maßstabs der Verhältnismäßigkeit nicht aufgeworfen. Abgesehen davon geht die Frage über die landesrechtlich vorgesehene Möglichkeit einer Ausnahme im Falle einer unzumutbaren [X.]elastung (§ 27a Abs. 2 Nr. 3 [X.]) ebenso hinweg wie darüber, dass dem angefochtenen Urteil ein solcher Rechtssatz nicht zugrunde liegt.

6

[X.]ei der Frage,

"ob in jedem Fall die präferierte Nutzung 'Grünland' (insbesondere bei [X.]) eine günstigere Wirkung für die benannten Schutzgüter entfalten kann als eine Ackerbewirtschaftung, unabhängig von einer vom [X.]ewirtschafter angestrebten Nutzung und unabhängig von der Lage des jeweiligen Grundstücks",

handelt es sich nicht um eine Rechts-, sondern eine Tatsachenfrage. Auch mit ihren weiteren Ausführungen zeigt die [X.]eschwerde keine fallübergreifend klärungsbedürftige Rechtsfrage des revisiblen Rechts auf. Sie beschränkt sich in der Art einer [X.]erufungsbegründung auf Angriffe gegen die Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung in dem angefochtenen Urteil.

7

Im Übrigen wird aus dem [X.]eschwerdevorbringen aber auch nicht ersichtlich, dass die Regelungen des § 27a [X.] verfassungswidrig sein könnten. Das Grünlandumbruchverbot ist auf den Schutz von Arten, [X.]oden, Gewässern und Klima gerichtet ([X.]. 15/854 S. 1, 2, 16 und 15/7676 S. 2, 12, 15). Der Gesetzgeber bezweckt mit ihm folglich den Schutz verfassungsrechtlicher Güter von hohem Wert (Art. 20a GG). [X.]ei der Erfüllung des Auftrags zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen kommt ihm ein weiter (politischer) Gestaltungsspielraum zu (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 13. März 2007 - 1 [X.] [[X.]:[X.]:[X.]:2007:fs20070313.1bvf000105] - [X.]E 118, 79 Rn. 110). Hinsichtlich der Eignung des [X.] ist die verfassungsrechtliche Überprüfung darauf beschränkt, ob es schlechthin oder objektiv untauglich ist, den gewünschten Erfolg zu fördern (vgl. [X.], Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 [X.]vR 2821/11 u.a. [[X.]:[X.]:[X.]:2016:rs20161206.1bvr282111] - [X.]E 143, 246 Rn. 285). Sie lässt sich nicht schon mit dem Vorbringen ernstlich in Frage stellen, dass die ökologische Wertigkeit intensiver Grünlandnutzung gegenüber extensiver Grünlandnutzung geringer bzw. - namentlich mit [X.]lick auf die Artenvielfalt - gering sei. Das gilt ebenso für die in der [X.]eschwerde auf einzelne Autoren gestützte [X.]ehauptung, eine intensive Grünlandbewirtschaftung habe gegenüber einer Ackernutzung eine kaum günstigere Wirkung auf die Schutzgüter. Auch daraus, dass das Grünlandumbruchverbot des [X.] zur Verlagerung des [X.] jenseits der [X.]grenzen führen könnte und der Klimaschutz einer globalen Lösung bedarf, ergibt sich nichts anderes. Abgesehen davon, dass der Schutz von Dauergrünland wegen dessen positiven Umweltauswirkungen, namentlich der [X.]indung von Kohlenstoff, seit längerem auch Teil der Gemeinsamen Agrarpolitik der [X.] ist (vgl. z.[X.]. Erwägungsgründe 37, 42 f., 62 VO ([X.]) Nr. 1307/2013), kann die Eignung der Maßnahme nicht deshalb verneint werden, weil ihr Erfolg - namentlich bezüglich des Klimaschutzes - auch vom [X.]eitrag und [X.]emühen anderer abhängig ist. Gerade auch insoweit kommt dem Gesetzgeber eine [X.] zu. Nichts anderes gilt für die Erforderlichkeit. Sie lässt sich nur verneinen, wenn die Mittelauswahl offensichtlich fehlsam ist und eindeutig feststeht, dass sich der Zweck mit einem milderen Mittel sachlich gleichwertig erreichen lässt (vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 19. Juli 2000 - 1 [X.]vR 539/96 [[X.]:[X.]:[X.]:2000:rs20000719.1bvr053996] - [X.]E 102, 197 <218> und vom 18. Juli 2005 - 2 [X.] [[X.]:[X.]:[X.]:2005:fs20050718.2bvf000201] - [X.]E 113, 167 <252 f.>). Für die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, die Angemessenheit der Reglung, ist im Übrigen auf die Ausnahmemöglichkeit des § 27a Abs. 2 [X.] zu verweisen.

8

2. Der geltend gemachte Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor. Die Ablehnung des in Rede stehenden Antrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den Auswirkungen der Ackerlandnutzung verletzt entgegen der Auffassung des [X.] nicht die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO).

9

Ein [X.]eweisantrag kann mangels Substantiierung dann "als ins [X.]laue hinein" abgelehnt werden, wenn für den Wahrheitsgehalt der [X.] nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, sie mithin ohne greifbaren Anhaltspunkt ohne tatsächliche Grundlage behauptet wird (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 26. Juni 2017 - 6 [X.] 54.16 [[X.]:[X.]:[X.]] - juris Rn. 7 und vom 22. Oktober 2014 - 8 [X.] 99.13 [[X.]:[X.]:[X.]] -juris Rn. 40). Welche Anforderungen dabei vom [X.] gestellt werden dürfen, bestimmt sich zum einen danach, ob die zu beweisende Tatsache in den eigenen Erkenntnisbereich des [X.]eteiligten fällt, und zum anderen nach der konkreten prozessualen Situation ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 26. November 2014 - 1 [X.] 25.14 - juris Rn. 10 m.w.N.).

Zugrunde zu legen ist hier der rechtliche Ausgangspunkt des angefochtenen Urteils. Diesem folgend kommt eine Ausnahme von dem Grünlandumbruchverbot nur unter engen Voraussetzungen in atypischen Fällen in [X.]etracht. Der [X.]hof stellt hinsichtlich der Flächen darauf ab, ob diese eine atypisch geringe ökologische Wertigkeit besitzen oder aber die beabsichtigte Nutzung in atypischer Weise besonders schonend ist. Gegen diesen rechtlichen Ansatz wendet sich die [X.]eschwerde nicht. In tatsächlicher Hinsicht geht der [X.]hof unter [X.]ezugnahme auf die Ausführungen des [X.] davon aus, dass die Flächen an einem Waldrand am [X.] eines kleinen Tälchens gelegen und sie einer erhöhten Erosionsgefährdung ausgesetzt sind (Gefährdungsstufe CCWasser 1). Hierfür verweist er auch auf die fachliche Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde.

Unter diesen Umständen ist es nicht zu beanstanden, dass der [X.]hof es abgelehnt hat, zu der [X.]ehauptung ein Gutachten einzuholen, die Nutzung der streitgegenständlichen Flächen als Ackerland habe gegenüber einer intensiven Grünlandnutzung keine negativen Auswirkungen auf Arten, [X.]oden, Gewässer und Klima. Anhaltspunkte hierfür, die sich mit [X.]lick auf die vom Kläger begehrte Ausnahme aus einer Atypik dieser Flächen ergeben müssten, sind nicht ersichtlich. Soweit der Kläger dem entgegenhält, bei guter fachlicher Ackerbewirtschaftung bestünden für die Schutzgüter Wasser und [X.]oden keine Gefahren, steht diese [X.]ehauptung in keinem spezifischen Zusammenhang mit den betroffenen Flächen. Dieses Vorbringen gibt keinen Hinweis auf eine Atypik und die insoweit gebotene Substantiierung des [X.]eweisantrags.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

3 B 37/17

13.12.2018

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 20. Juni 2017, Az: 10 S 739/16, Urteil

Art 20a GG, § 27a Abs 2 Nr 3 Lw/KultG BW, § 27a Abs 2 Nr 1 Lw/KultG BW, § 27a Abs 1 Lw/KultG BW

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13.12.2018, Az. 3 B 37/17 (REWIS RS 2018, 447)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 447

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

RO 4 K 20.821 (VG Regensburg)

Antrag auf Genehmigung für die Umwandlung eines als Dauergrünland eingestuften Feldstücks


14 ZB 23.6 (VGH München)

Grünlandumbruch, Dauergrünland bei gepachteten Flächen.


II R 7/19 (Bundesfinanzhof)

Bodenschätzung


6 B 149/18 (Bundesverwaltungsgericht)

Durchsetzung einer versammlungsrechtlichen Verfügung auf der Grundlage des allgemeinen Polizeirechts


2 L 56/16 (Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt)


Referenzen
Wird zitiert von

5 Bf 25/17

Zitiert

1 BvF 1/05

1 BvR 539/96

2 BvF 2/01

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.