Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2014, Az. IV ZR 204/13

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 3843

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen



BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV [X.]/13
vom

23. Juli 2014

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin
Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr.
[X.], [X.] und die Richterin Dr.
Brockmöller

am 23.
Juli 2014

beschlossen:

Der Senat beabsichtigt, die Revision des [X.]
gegen das Urteil der 26. Zivilkammer des [X.] vom 8. Mai 2013 gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit,
hierzu binnen

eines Monats

Stellung zu nehmen.

Gründe:

[X.] Die
Ehefrau des [X.] war versicherte Person einer bei der Beklagten abgeschlossenen Kapitallebensversicherung mit einer vertrag-lichen Laufzeit vom 1.
Mai 1998 bis zum 1.
Mai 2012 und einer Versiche-rungssumme von 53.483
DM.

1
-
3
-

Im Versicherungsschein heißt es unter anderem:

"Die Versicherungsleistung aus der Lebensversicherung wird fällig bei Tod des Versicherten, spätestens bei Ablauf der Versicherung. Bei Eintritt des Versicherungsfalls aus-stehende Raten des laufenden Jahresbeitrags werden an der Leistung der G.

gekürzt."

In den dem Vertrag zugrunde liegenden "Allgemeine(n) [X.] für die kapitalbildende Lebensversicherung" der [X.] (im Folgenden: [X.]) heißt es in §
4 (3):

"Bei Fälligkeit einer Versicherungsleistung werden wir alle noch nicht gezahlten Raten des laufenden [X.] und etwaige Beitragsrückstände verrechnen."

Nach dem
Tode der Versicherten
am 11.
Juni 2010 rechnete die Beklagte den Vertrag ab und zahlte an den Kläger, dem ein widerrufli-ches Bezugsrecht eingeräumt war, einen Betrag von 27.246,64

bei der Ermittlung dieses Betrages brachte sie die offene [X.] für das laufende Versicherungsjahr vom 1.
Mai
2010 bis 30.
April 2011 in Höhe von 1.742,48

Der Kläger ist der Auffassung, dass die
Beklagte gemäß §
39 [X.] lediglich eine anteilige Jahresprämie für den Zeitraum vom 1.
Mai bis 11.
Juni 2010 in Höhe von 198,45

verlangen könne,
und macht den [X.] von 1.544,03

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben.

Das [X.] hat ausgeführt, dass die Beklagte gemäß §
35 [X.] in [X.] mit der Verrechnungsklausel im Versicherungsschein und in §
4
(3) [X.] zur Verrechnung der rückständigen vollen Jahresprämie mit 2
3
4
5
6
-
4
-

der Versicherungsleistung berechtigt gewesen sei. Dem stehe weder §
80 Abs.
2 [X.], der nur für die Schadenversicherung anwendbar sei, noch §
39 [X.] entgegen. Der hier vorliegende Fall eines [X.] durch Eintritt des Versicherungsfalles werde von dieser Norm nicht er-fasst.

Dagegen wendet sich der Kläger
mit der
Revision, mit der er sei-nen [X.] weiterverfolgt.

I[X.] Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß §
543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).

1. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von §
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 ZPO zu. Dies ist nur der Fall,
wenn sie ei-ne entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (Se-natsbeschluss vom 10.
Dezember 2003
IV ZR 319/02, [X.], 225 unter 2 a). Daran fehlt es. Die vom Berufungsgericht für grundsätzlich erachtete Frage, ob der Eintritt des Versicherungsfalles dem Anwen-dungsbereich des §
39 [X.] unterfällt, ist in Rechtsprechung und Schrift-tum nicht umstritten.

Weder im Schrifttum noch in der Rechtsprechung ist bislang ver-treten worden, dass auch der Eintritt des Versicherungsfalles, der in der Lebensversicherung stets zum Ende des Versicherungsvertrages führt, 7
8
9
10
-
5
-

weil sich kein weiterer Versicherungsfall mehr ereignen kann, unter die
Vorschrift des §
39 [X.] fällt.

Die Kommentarliteratur geht nahezu einhellig
davon aus, dass die Vorschrift das Schicksal des Prämienanspruchs für den Fall regelt, dass es zu einer vorzeitigen Vertragsbeendigung vor Ablauf der Versiche-rungsperiode gekommen ist, weil entweder der Versicherer vom Vertrag Abstand genommen oder der Versicherungsnehmer ein ihm zustehendes besonderes Lösungsrecht vom Vertrag ausgeübt hat (MünchKomm-[X.]/[X.], §
39 Rn.
4; [X.] in [X.], [X.] 2.
Aufl. §
39 Rn.
1; [X.] in [X.]/Matusche-[X.], [X.], 2.
Aufl. § 1a Rn.
27; HK-[X.]/[X.], 2.
Aufl. §
39 Rn.
2), oder beschränkt
ihren Anwendungsbereich sogar auf den Fall einer vorhergehenden Kündigung gemäß §
38 Abs.
3 [X.] ([X.]/[X.], §
39 [X.] Rn.
3; wohl auch [X.] in [X.]/[X.], [X.] 28. Aufl. §
39 Rn.
2). Lediglich [X.] führt aus, die Vorschrift erfasse "alle Fälle" der vor Ablauf der [X.] erfolgenden Beendigung des Versicherungsverhältnisses (in [X.]/Langheid, [X.] 4.
Aufl. §
39 Rn.
2), nennt aber als Anwendungsfälle ebenfalls nur Vertragsaufhebung und Kündigung. Es ist nicht ersichtlich, dass er auch den Eintritt des Versicherungsfalles in der Lebensversiche-rung als Beendigung i.S. von §
39 [X.] verstehen will.

Gerichtsentscheidungen, die anders als die Vorinstanzen bei [X.] in der Lebensversicherung §
39 [X.] für anwendbar halten, werden
ebenfalls weder im angefochtenen Urteil noch von der Revision aufgezeigt.
11
12
-
6
-

2. Die Revision hat auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.
Das Berufungsgericht hat richtig entschieden.

Die Beklagte war gemäß §
4 (3)
[X.] zur Verrechnung der Versi-cherungsleistung mit der ausstehenden Prämie in voller Höhe berechtigt. Die gemäß §
42 [X.] halbzwingende Regelung des §
39 [X.] steht dem nicht entgegen. Die Beendigung eines [X.] in-folge des Eintritts des Versicherungsfalles durch den Tod der versicher-ten Person wird von §
39 [X.] nicht erfasst. Dabei kann dahinstehen, ob auch dieser Fall bei einer rein wörtlichen Auslegung unter den Begriff der "Beendigung des Versicherungsverhältnisses", die nach der [X.] eine "vorzeitige" sein muss, subsumiert werden kann. Es folgt zumindest
aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift.

Mit der Neuregelung in §
39 [X.] hat der Gesetzgeber das bis da-hin geltende Prinzip der Unteilbarkeit der Prämie aufgegeben. Motiv [X.] war, dass er in diesem Prinzip eine unangemessene Begünstigung des Versicherers zu Lasten des Versicherungsnehmers
gesehen hat. Dabei hat der Gesetzgeber, wie der einleitende Satz der Gesetzesbe-gründung zu §
39 [X.] deutlich macht, ebenfalls nur ein [X.] Ende des Versicherungsvertrages während der [X.], zum Beispiel durch Kündigung oder Rücktritt,
im Auge gehabt. Durch §
39 Abs.
1 Satz
1 [X.] sollte klargestellt werden, dass dem Versicherer in diesem Fall nur der Teil der vereinbarten Prämie zusteht, der dem von ihm zeitanteilig getragenen Risiko entspricht ([X.], Begründung zu §
39 [X.],
BT-Drucks. 16/3945 S.
72 li. Sp.).
13
14
15
-
7
-

Die Beendigung des [X.] durch den [X.] stellt bereits kein außerplanmäßiges Ende des [X.] dar, weil dieser ausnahmslos mit Eintritt des Versicherungsfalles endet, mithin bereits bei Abschluss des Vertrages feststeht, dass er in diesem Fall sein sofortiges Ende findet.

Die Höhe der Jahresprämie beruht deshalb auf einer Kalkulation des Versicherers, wie hoch das Risiko anzunehmen ist, dass
während
des Versicherungsjahres der Versicherungsfall eintritt. Dabei macht es keinen Unterschied, zu welchem Zeitpunkt während der [X.] die versicherte Person gegebenenfalls verstirbt. Die kalkulierte Prämie deckt das Risiko, das
sich nur einmal verwirklichen kann, von vornherein für die Dauer des gesamten Jahres ab. Anders als in Fällen der Vertragsbeendigung vor Ablauf der Versicherungsperiode durch Kündigung oder Rücktritt entfällt also nicht ein Teil des vom Versicherer übernommenen Risikos, das in die Prämienkalkulation für das gesamte Jahr eingeflossen ist. Vielmehr hat der Versicherer das Todesfallrisiko nicht nur zeitanteilig, sondern für das gesamte Jahr getragen. Der Eintritt des Todes ändert daran nichts. Der für die Regelung des §
39 [X.] tra-gende Gedanke, dass dem Versicherer nur der Teil der vereinbarten

16
17
-
8
-

Prämie zustehen soll, der
einem auch nur
zeitanteilig getragenen Risiko entspricht, greift nicht ein, wenn sich das für das gesamte Jahr über-nommene Risiko in vollem
Umfang verwirklicht hat.

[X.] Harsdorf-Gebhardt Dr.
[X.]

[X.] Dr. Brockmöller

Hinweis:
Das Revisionsverfahren wurde durch Rücknahme der

Revision beendet.
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.10.2012 -
126 [X.]/12 -

LG [X.], Entscheidung vom 08.05.2013 -
26 [X.]/12 -

Meta

IV ZR 204/13

23.07.2014

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2014, Az. IV ZR 204/13 (REWIS RS 2014, 3843)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3843

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV ZR 204/13 (Bundesgerichtshof)

Lebensversicherung: Verrechnung der ausstehenden Prämie mit der Versicherungsleistung bei Tod eines Versicherten


IV ZR 226/07 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 152/16 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 259/99 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 226/07 (Bundesgerichtshof)

Berufsunfähigkeitszusatzversicherung: Wirksamkeit einer AGB-Klausel über die Rechtsfolgen von Rückkauf oder Umwandlung der Hauptversicherung in eine …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IV ZR 204/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.